Protokoll der Sitzung vom 09.05.2007

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Länge der Wahlperiode für Kreistagsabgeordnete

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/1373

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein mündli

(Minister Dr. Ralf Stegner)

cher Bericht in dieser Tagung erbeten. Wer dem Berichtsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen. Ich bitte den Herrn Innenminister, dem Landtag den Bericht zu geben.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies wird ein sehr kurzer Bericht werden.

Die FDP-Fraktion hat die Landesregierung aufgefordert, mündlich mitzuteilen, ob die Wahlperiode für Kreistagsabgeordnete, die am 25. Mai 2008 gewählt werden, fünf Jahre währt.

Ich könnte es mir ganz leicht machen und auf die Rechtslage nach unserem Kommunalwahlrecht verweisen. In § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes heißt es: „Die Vertretungen der Gemeinden und Kreise werden auf fünf Jahre gewählt.“

Heute war schon von den Grundrechenarten die Rede. Das bedeutet, die am 1. Juni 2008 beginnende neue Wahlzeit der Vertretungen dauert bis zum 31. Mai 2013. Das sind nach meiner Rechnung genau fünf Jahre.

(Beifall bei der FDP)

Sollten es allerdings als Folge einer möglichen Kreisgebietsreform - Ergebnisoffenheit; ich werde dieses wundervolle Wort so oft verwenden, wie ich nur kann - zu einer Neubildung von Kreisen kommen, wäre nach § 1 Abs. 3 des Gemeinde- und Kreiswahlgesetzes in den betroffenen Kreisen binnen drei Monaten an einem von mir als Kommunalaufsichtsbehörde zu bestimmenden Sonntag für den Rest der Wahlzeit, also bis zum 31. Mai 2013, eine neue Vertretung zu wählen.

Es ist der Grundgedanke dieser Neuwahlbestimmung im herrschenden Gesetz, dass eine gewählte Vertretung ihre Legitimation dann verloren hat, wenn die Gebietskörperschaft als solche nicht mehr besteht. Das macht auch Sinn.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Unser Grundgesetz gibt nämlich in Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 vor, dass das Volk in den Gemeinen und Kreisen eine Vertretung haben muss, und zwar eine solche, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Dagegen würde natürlich in allen anderen Kreisen, die von einer Gebietsreform nicht be

rührt werden - Ergebnisoffenheit -, und auch in den Gemeinden nicht zu wählen sein.

Ich bin mit zwei Minuten ausgekommen. Ich finde, das war ein guter Bericht.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Innenminister für seinen Bericht und eröffne die Aussprache. - Ich erteile für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

(Zurufe)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Innenminister, wenn es so einfach wäre!

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

Der Weg der Landesregierung und der Großen Koalition für eine Kreisgebietsreform ist bereitet. Die CDU wiegelt zwar immer noch ab und tut so, als wäre der Prozess ergebnisoffen, und der Innenminister von der SPD hat das eben auch noch einmal wieder kundgetan, Tatsache ist aber, dass der einzig mögliche Weg zur Beendigung der Pläne der Großen Koalition ein Volksentscheid der Bürgerinnen und Bürger ist, der es dem Landesgesetzgeber in der Folge unmöglich macht, ohne Zustimmung der Kreise eine Kreisgebietsreform zu beschließen.

An einer Kreisgebietsreform werden auch die Gutachten nichts ändern, die wir jetzt zu erwarten haben. Es heißt ja nicht, dass alle Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen müssen, eine wie auch immer gestaltete Kreisgebietsreform würde zu Effizienzsteigerung und Kostenreduzierung führen. Eines der Gutachten wird für die Koalition als Begründung schon ausreichen, die Gebietsreform vorzunehmen.

Der Fahrplan der Koalition steht ohnehin schon fest: Vor der Kommunalwahl wird - wie man im Sportjargon sagt - der Ball flach gehalten, damit die Stimmenverluste der CDU aufgrund der Gebietsreform nicht zu hoch ausfallen. Dann wird nach der Kommunalwahl Gas gegeben, damit im Jahr 2009

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

die entsprechenden Gesetze für eine Kreisgebietsreform beschlossen und 2010 in Kraft treten können, um mit der Landtagswahl in den neuen Kreisen Kreiswahlen abhalten zu können.

Wir finden, dass der Gesetzgeber mit den kandidierenden Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Freizeit für ihre Arbeit im Kreistag opfern und sich ehrenamtlich engagieren wollen, so nicht umgehen kann.

(Beifall bei der FDP)

Diese Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf eine klare Aussage, für welchen Zeitraum sie sich am 25. Mai 2008 wählen lassen sollen - nur bis 2010, wie es offensichtlich die Koalition will, oder für eine volle Legislaturperiode von fünf Jahren.

Ganz abgesehen davon, dass wir die Kreisgebietsreform schon in ihrer Idee für falsch halten, kann es aus unserer Sicht nicht angehen, dass die ansonsten bis 2013 vorgesehene Wahlperiode in zwei Teile zerschnitten wird. Denn anders wird es ja nicht gehen. Wenn die Landesregierung zur nächsten Landtagswahl neue Kreise schaffen will, für die dann konsequenterweise neue Vertretungen gewählt werden müssen, wird es auch im Jahr 2013 Neuwahlen zu den Kreistagen geben müssen. Oder ist die Koalition etwa gewillt, künftig die Gemeindevertretungen und die Kreistage nicht mehr an einem Termin wählen zu lassen?

Ich zumindest kann es mir kaum vorstellen, im Jahr 2010 Kreistage zu wählen und dann im Jahr 2013 Gemeindewahlen abzuhalten, um dann wiederum im Jahr 2015 - fünf Jahre später - neue Kreistage wählen zu lassen. Wenn aber im Jahre 2013 auch die Kreistage neu gewählt werden müssen, hätten wir zwei Kurzlegislaturperioden. Das wäre dann etwas völlig Neues.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Aber ich habe schon einmal etwas von zwei Kurzschuljahren in den 60er-Jahren gehört.

(Sylvia Eisenberg [CDU]: Das war hervorra- gend!)

Oder ein Langschuljahr; so hieß das - glaube ich damals. Immerhin hätte es das dann schon einmal gegeben.

Dieses Durcheinander wird es den Parteien und Wählergemeinschaften erheblich erschweren, interessierte Kandidaten zu finden. Das macht auch die Arbeit in den Kreistagen nicht einfacher. Kaum gewählt müssen sich die Abgeordneten schon wieder auf die nächste Wahl vorbereiten und Wahlkampf

führen. Es besteht das Risiko, dass die Qualität der Erledigung von Aufgaben - auch von Landesaufgaben - und eine sachorientierte Diskussion darunter leiden.

Meine Damen und Herren, falls die Landesregierung entgegen aller Widerstände doch ihre Kreisgebietsreform durchsetzen will, kann sie es vernünftigerweise nur zur Kommunalwahl im Jahr 2013 durchziehen. Dann allerdings dürfte es der SPD zu spät sein. Bei realistischer Betrachtungsweise ist es ausgeschlossen, dass die SPD nach der Landtagswahl 2010 - wenn es nicht schon vorher Neuwahlen gibt - noch Teil der Landesregierung ist. Mit der FDP ist eine Kreisgebietsreform par ordre du mufti ohne den ausdrücklichen Willen der betroffenen Kreise nicht zu machen - nicht vor und nicht nach 2010.

(Beifall bei FDP und SSW - Birgit Herdejür- gen [SPD]: Das macht ja nichts! - Holger As- trup [SPD]: Das ist ja unschädlich, Herr Kol- lege!)

Meine Damen und Herren, unser Antrag ist kurz und simpel. Nichtsdestotrotz ist er wichtig. Die Bürgerinnen und Bürger, die sich zu einer Kandidatur für den Kreistag bereit erklären, müssen Klarheit haben. Sie müssen wissen, ob sie bei ihrem Engagement davon ausgehen können, für volle fünf Jahre im Kreistag arbeiten zu können. Ein oder zwei Kurzlegislaturperioden sind nicht zumutbar. Wenn die Große Koalition eine Kreisgebietsreform durchführen will, die wir ausdrücklich nicht unterstützen, dann bitte erst zum Jahr 2013!

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fragen sind dann zu entscheiden, wenn sie anstehen, und der Minister hat dargelegt, dass sie derzeit nicht anstehen.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Das ist eine gute, akzeptable Position, es sei denn, Kreise würden sich freiwillig zusammenlegen. Das ist gesetzlich geregelt. Erst wenn es neue Gebietszuschnitte gäbe, stellte sich die Frage einer möglichen Zwischenwahl. Diese Frage hat der Minister so beantwortet, dass ich denke, dass wir es klar gehört haben.

(Günther Hildebrand)

Ergänzend möchte ich aber einige Aspekte hinzufügen.

Wahlrechtsänderungen sind ein sehr sensibler Prozess, besonders wenn Mandatsträger schon gewählt sind. Es ist gut, in solchen Fragen einen breiten Konsens zu finden.

Wir haben das heute bei unserem Wahlrechtsänderungsgesetz gesehen, wo wir Einstimmigkeit erzielt haben. Der Minister hat am 1. Juni 2006 in der Debatte über das Wahlrecht im Lande einen wichtigen Satz gesagt: Eine tiefgreifende Wahlrechtsreform - wie von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen - sollte nach meiner Auffassung behutsam und vor allem im Konsens mit allen politischen Kräften im Lande vorgenommen werden. - Ich glaube, das ist ein gutes Zitat, das für diese Fragestellungen insgesamt gilt.