Protokoll der Sitzung vom 15.06.2005

Es ist unumstritten - auch bei allen Rednern hier -, dass wir seit 1996 eine sehr erfolgreiche Bahnpolitik durchgeführt, dass wir nicht nur das Fahrgastaufkommen um 20 % erhöht haben, dass wir nicht nur die Qualität verbessert haben, wir haben auch jährlich 20 Millionen € eingespart. Bei der Haushaltlage des Landes Schleswig-Holstein ist das - glaube ich - eine Erfolgsstory und ein Betrag, den wir dringend für andere Bereiche benötigt haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es ist auch so - damit da kein falscher Eindruck entsteht -, dass die DB AG nach wie vor ein großer und wesentlicher Partner für uns ist. Es geht um Beträge, die jedes Jahr in den Bereich der 100 Millionen € gehen und die für Aktivitäten, die im ganzen Land im Bereich der Bahn durchgeführt werden, aufgebracht werden - ob das Preise für die Strecken, für die Nutzung, für die Zugkilometer sind oder für das direkte Angebot mit der DB AG.

Darüber hinaus gibt es Investitionen. Ich erinnere daran, dass wir für die Restaurierung der so genannten Silberlinge erhebliche Mittel eingesetzt haben und noch einsetzen. Das sichert Arbeitsplätze und ist auch für die DB AG ein wichtiger Punkt in Bezug auf den Erhalt der Arbeitsplätze in den Ausbesserungswerken.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD sowie Bei- fall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn man sieht, was allein die Finanzierung im Schwerbehindertenbereich und im Schülerverkehr angeht, ist das ein dicker Brocken, der ungefähr mit 20 Millionen € zu Buche schlägt. Das ist eine für uns insgesamt wichtige Problematik, die im Gesamtzusammenhang dieser Diskussion nicht untergehen darf.

Es wird auch eine rechtliche Bewertung sein - machen wir uns doch nichts vor -, ob wir den Weg A oder B gehen. Alle Wettbewerber, die hier im Land

(Bernd Schröder)

tätig sind, werden mit Argusaugen beobachten - das tun sie jetzt auch schon - und genau darauf achten, ob die Ausschreibungskriterien, die Rahmenbedingungen, die EU-weiten juristischen Bestimmungen einhalten werden oder nicht.

Deshalb werden wir den Weg, der hier vorgeschlagen wird, im zuständigen Fachausschuss diskutieren; wir werden im Wirtschaftsausschuss das, was vom Ministerium, vom Minister, vorbereitet wurde, diskutieren.

Bisher wird erwartet, dass bei der Ausschreibung Ost, das ist die Grundlage, noch einmal 12 Millionen € im Jahr eingespart werden. Das kann nur die Messlatte für einen Weg sein, der zukünftig gegangen werden soll. Wenn wir diese Summe erreichen, ist das in Ordnung. Das muss für dieses Land auch die Prämisse sein. Wenn wir sie - unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen - nicht erreichen, muss ein anderer Weg gegangen werden.

Lassen Sie uns also im Ausschuss darüber sachlich diskutieren und dann den für Schleswig-Holstein richtigen Weg gehen. Bisher hat sich der Wettbewerb für dieses Land auf jeden Fall gelohnt und ist der richtige Weg gewesen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU sowie der Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spoorendonk [SSW])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schröder. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Lieber Kollege Schröder, im Verhältnis zu dem Kelch, der angeblich an der Union vorbeigegangen ist, ist das ein wahrer Bottich, der an den Sozialdemokraten gerade noch einmal vorbeigerollt ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Ich freue mich, dass jetzt ganz offensichtlich das zusammenwächst, was vermutlich schon immer zusammengehört hat.

Kollege Müller, ich habe mir auch überlegt, ob ich jetzt damit anfangen soll - ähnlich wie es der Kollege Callsen getan hat -, ihnen vorzuwerfen oder auch aufzuzählen, an welcher Stelle auch ich meine, dass Sie ordnungspolitisch nicht sauber sind: Tariftreuegesetz, Mindestlöhne, Entsendegesetz, Dieselrussfilter. - Die Liste ließe sich natürlich fortführen. Trotzdem haben Sie an dieser Stelle Recht und ich finde, dann

kann man das auch klipp und klar sagen. An dieser Stelle ist das schon sehr merkwürdig, was uns ordnungspolitisch im Ausschuss serviert wurde.

Lieber Herr Minister Austermann, es ist richtig, dass ich mich im Ausschuss freundlicher ausgedrückt habe als hier am Mikrofon. Ich habe Ihnen ausdrücklich gesagt - übrigens wie alle Vorredner auch; auch der Kollege Müller -, dass ich selbstverständlich davon ausgehe, dass Sie nur zum Wohl des Landes handeln. - Ja, zu welchem Wohl denn sonst! Darauf haben Sie einen Eid geleistet. Ich gehe davon aus, dass Sie das tun. Ich habe aber auch gesagt - darauf kommt es mir an und deshalb habe ich mich noch einmal gemeldet -, dass wir an den Ausschreibungskriterien noch nacharbeiten müssen, dass wir in Zukunft ganz präzise sagen müssen, was wir von potenziellen Bietern haben wollen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie der damalige finanzpolitische Sprecher und heutige Finanzminister Wiegard mit der Unionstruppe gemeinsam mit mir den Ausschuss verlassen hat, als es um die Zustimmung beziehungsweise um die Einwilligung in die FLEX-Nachfolge ging. Kollege Harms, da saßen Sie mit dabei. Denn wir haben damals gesagt, die Bahn hat ein ordentliches Angebot abgeliefert, aber eben nicht das Beste. Und in diesem Zusammenhang von einer Benachteiligung der Bahn zu sprechen, wie Sie das im Ausschuss getan haben, finde ich schon eher albern.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Der nächste Punkt! Vielleicht hätten wir uns eine ganze Menge Aufregung sparen können, wenn Sie sich im Ausschuss genauso präzise, wie Sie das hier getan haben, geäußert hätten. Ich weiß nicht, ob das jeder mitgekriegt hat, Minister Austermann hat eben gesagt: Die Ausschreibung kommt. Sie kommt 2009. Das hat er im Ausschuss so nicht gesagt. Sie haben dort gesagt, möglicherweise kommt die Ausschreibung, sie kommt vielleicht nicht in diesem Jahr, sie kommt vielleicht nicht im nächsten Jahr, sie kommt vielleicht nicht in drei Jahren. Sie haben nicht gesagt, dass die Ausschreibung kommt, dass sie 2009 kommt. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass er das im Ausschuss so gesagt hat.

Nichts anderes als ein klares Bekenntnis zur Ausschreibung, zum Wettbewerb auf der Schiene, nichts anderen haben die Fraktionen der FDP, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SSW heute von Ihnen verlangt. Wenn das das klare Bekenntnis ist, ist es gut. Aber, Lieber Kollege Arp, dieses klare Bekenntnis für Wettbewerb, für verbesserte Angebote im Schienenverkehr, dieses klare Bekenntnis will ich von dem zuständigen Minister haben und nicht nur

(Dr. Heiner Garg)

formal. Ich will das dann auch so, dass tatsächlich auch wieder Wettbewerb auf der Schiene stattfindet.

(Zurufe)

- Ja, ich weiß, dass er da sitzt, aber Sie haben vorhin gesagt, wir machen das auf jeden Fall formal. So geht es nicht. Wir wollen Ergebnisse und nicht ein formales Bekenntnis zum Wettbewerb.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Garg. - Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat Herr Abgeordneter Hentschel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zwei Vorbemerkungen! Erstens zu Herrn Callsen: Die Wettbewerbspolitik Schleswig-Holsteins im Bahnbereich habe ich im Jahre 1996 persönlich mit Peer Steinbrück ausgehandelt.

(Demonstrativer Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei CDU und FDP)

Damals haben wir uns darauf geeinigt. Es war eine grüne Forderung, in den Wettbewerb zu gehen, weil wir glaubten, dass wir dadurch erhebliche Verbesserungen beim Personenverkehr würden erreichen könnten.

(Claus Ehlers [CDU]: Am Katzentisch habt ihr gesessen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Diese Politik hat dazu geführt, dass wir in SchleswigHolstein mit dem eingesparten Geld insgesamt 30 % mehr Züge auf die Schiene setzen konnten, während der Zugverkehr in anderen Bundesländern stagnierte. Das ist eine Erfolgsstory ohne gleichen und das wurde auch von allen Fraktionen hier anerkannt. Ich habe mich immer dafür bedankt, dass dieser Erfolg von allen gesehen worden ist.

Zum FLEX, Herr Austermann! Was den FLEX angeht, so wurde zunächst nicht ausgeschrieben. Seinerzeit ging es darum, dass die Bundesbahn einseitig den Inter-Regio-Verkehr nach Flensburg eingestellt hatte. Darauf musste kurzfristig reagiert werden. Die Bundesbahn hatte angeboten, für 8 € pro Kilometer zu fahren. Es fand sich dann aber eine Gesellschaft, die einen Kilometerpreis von 3 € anbot. Das war erheblich billiger. Diese Gesellschaft ist dann pleite gegan

gen. Daraufhin hat es eine Ausschreibung gegeben und als Ergebnis dieser Ausschreibung wird jetzt für 5,50 € gefahren, also immer noch 2,50 € unter dem ursprünglichen Angebot der DB AG. Es ist also erheblich billiger, als wenn wir beim Monopolisten geblieben wären.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Ausschreibung war nie ein leichter Weg, weil dieser einsame Weg Schleswig-Holsteins nur von wenigen Bundesländern in Einzelfällen nachvollzogen worden ist - mit dem Ergebnis, dass die DB AG immer wieder versucht hat, Schleswig-Holstein zu erpressen und zur „Vernunft“ zu bringen.

Das haben wir beim Ausbau des Bahnhofs Kiel erlebt. Jedes Mal, wenn eine Ausschreibung von Schleswig-Holstein angekündigt worden ist, wurden die Ausbauarbeiten gestoppt. Die Wiederinbetriebnahme der Strecke zwischen Neumünster und Segeberg ist dreimal verzögert worden, angeblich wegen Problemen, aber in Wirklichkeit, weil die DB AG immer wieder versucht hat, das Land unter Druck zu setzen, damit diese die Ausschreibungspolitik aufgibt.

Das ist aus Sicht der DB AG verständlich. Denn der Monopolist DB AG hat natürlich in SchleswigHolstein wesentlich weniger Einnahmen als in anderen Bundesländern. Aber aufgrund dieser Einnahmen aus dem Personenverkehr findet die Quersubventionierung des Fernverkehrs statt. Das ist allen bekannt, die sich mit diesem Thema auskennen. Deswegen ist es absolut wichtig, diesen Erpressungsversuchen, die gegenüber Schleswig-Holstein immer wieder gestartet worden sind, nicht nachzugeben.

Es wurde gedroht, der Fernverkehr werde eingestellt, es würden keine Investitionen mehr getätigt werden. All das ist immer wieder passiert, obwohl die Investitionsmittel, mit denen die DB AG diesen Druck ausübt, Investitionsmittel des Bundes sind, keine Investitionsmittel der DB AG. Das ist die Sauerei, die dahinter steht. Trotzdem hat die DB AG, weil sie diese Investitionsmittel hat und weil sie Einfluss auf die Planfeststellungsverfahren hat, immer wieder Druck auf Schleswig-Holstein ausgeübt.

Gerade weil das so war, hat der letzte Minister, Herr Rohwer, mit der DB AG einen Zwölfjahresvertrag geschlossen. Er wurde geschlossen, damit endlich Klarheit herrscht, damit nicht wieder bei jeder einzelnen Ausschreibung versucht wird, das Land unter Druck zu setzen. In diesem Vertrag wurde der DB AG zugesichert, dass es auf dem Ostnetz und auf dem Zentralnetz nach Kiel noch soundso viel Jahre keine Ausschreibung gibt. Es wurden Festverträge

(Karl-Martin Hentschel)

mit der DB AG vereinbart, damit sie Planungssicherheit hat, damit Investitionen in SchleswigHolstein planmäßig stattfinden können. Dieser Vertrag ist genau deshalb geschlossen worden, um solche Erpressungsversuche zu verhindern. Beide Seiten haben diesen Vertrag unterzeichnet.

Das, was Sie, Herr Austermann, machen, ist deswegen so fahrlässig, weil Sie im Grunde der DB AG signalisieren, dass Sie bereit sind, diesen Vertrag aufzuheben. Damit machen Sie die Tür für neue Erpressungsversuche seitens der DB AG, seitens des Quasi-Monopolisten, auf. Ich halte das für ausgesprochen fahrlässig gegenüber der Politik dieses Landes, ich halte es für fahrlässig gegenüber den Finanzen dieses Landes

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

und kann Sie nur dringend auffordern, Klarheit gegenüber der DB AG zu schaffen, weil wir sonst einer ganz schwierigen Situation ausgeliefert sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Zurufe von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hentschel. - Für die Landesregierung hat Herr Verkehrsminister Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es scheint nicht einfach zu sein, das zum Verständnis zu bringen, was man tatsächlich gesagt hat.

(Beifall des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])