Die Anstaltsmodernisierung ist angesprochen worden; sie wird vorangetrieben. Es geht hier nicht - um Missverständnissen vorzubeugen - um „Luxusgefängnisse“, sondern schlicht um Verhältnisse, die einen erfolgreichen Justizvollzug und eine gute Justizvollzugsarbeit gewährleisten. In Lübeck hat man ja das Problem mit der Höhe der Mauer gehabt. Aber es geht nicht nur darum, sondern auch um die Ausgestaltung der Räumlichkeiten selbst.
- Na gut, Sie waren näher dran und haben das Gefängnis wohl auch schon von innen gesehen, Herr Kollege Kubicki. Im Ergebnis ging es aber darum, das Entfleuchen zu verhindern.
Da die Maßnahmen im laufenden Betrieb durchgeführt und fortgesetzt werden müssen, kann natürlich nicht nur nach finanziellen Gesichtspunkten vorgegangen werden. Dies ist denjenigen entgegenzuhalten, die kritisieren, dass es nicht schnell genug ge
he. Die Finanzen sind der eine Faktor - sicherlich haben sie immer eine begrenzende Wirkung -, das andere ist jedoch, dass es im laufenden Betrieb vonstatten gehen muss. Insofern, glaube ich, kann man auch hier sagen, dass das, was man sich vornimmt, in der Tat bei der Abwicklung sicherlich auf einem guten Weg ist.
Besonderes Augenmerk gilt natürlich immer dem Thema „Gewalt in Anstalten“. Hier brauchen, glaube ich, insbesondere auch diejenigen, die diesen - der Minister hat es dargestellt - oft durchaus schweren Dienst in den Anstalten leisten, unseren Rückhalt. Mir ist zwar nicht bekannt - vielleicht ist das auch nicht feststellbar -, dass es eine übermäßig hohe Zahl von Widerstandshandlungen gäbe; insofern müssen wir heute eigentlich auch keine größeren Besorgnisse artikulieren. Trotzdem, meine ich, ist, auch wenn es sich nur um wenige Fälle von Widerstandshandlungen handelt, darüber nachzudenken, ob diese Fälle von den zuständigen Staatsanwaltschaften wirklich immer gleich zur Einstellung gebracht werden müssen. Darüber wird man zumindest noch einmal nachdenken dürfen.
Nach den Vorfällen in der Justizvollzugsanstalt Siegburg - der Minister hat das Thema angesprochen - haben wir natürlich eine öffentliche Sensibilisierung - darauf habe ich schon hingewiesen auch hier im Land im Hinblick auf die Vorkommnisse der Jugendvollzugsanstalt in Schleswig. Zu verhindern ist dies nicht vollständig; absolute Sicherheit gibt es nirgends. Aber auch dies zeigt vielleicht, welchen unterschiedlichen Anforderungen auch die Bediensteten in den Anstalten jeweils ausgesetzt sind und wo auch die Grenzen eines sich öffnenden Vollzugs, eines auf Resozialisierung angelegten Vollzugs - Stichwort Haftgruppen, wo man dieses stärkere Miteinander im Rahmen einer verlässlichen, kontrollierten, aber doch freizügigeren Umgebung, um auf das Leben vorzubereiten, wünscht - liegen.
Man muss sich eben vergegenwärtigen, dass es in solchen Gruppen Gewaltausübungen geben kann, die das Maß der Vorstellung - jedenfalls, wenn man es von außen betrachtet - sprengen. Da kommt dann immer gleich die Frage auf: Wie kann so etwas passieren? Hier kommt es eben auf die Art und Weise der Führung vor Ort an; das Personal muss auch richtig geschult und eingesetzt werden. Aber auch hier ist etwas Eigenverantwortung gefordert. Es macht daher hellhörig, wenn man hört, dass in Schleswig jemand derart drangsaliert wurde, wie dies geschehen ist, aber diese Person noch nicht einmal selbst frühzeitig davon Mitteilung gemacht
Die Aufgabe, Therapieangebote und Therapieplätze zu verstetigen, ist eine der Anforderungen, die auch das Bundesverfassungsgericht vorgegeben hat. Die höchstrichterliche Rechtsprechung macht hier Vorgaben; das Land kommt dem nach. Sie haben bereits darauf hingewiesen, dass dies sicherlich auch im Stellenplan noch einmal seinen Niederschlag wird finden müssen. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir - Sie haben die Diskussion vom gestrigen Tag erwähnt - natürlich hier die Koalitionsvereinbarungen nicht erweitern können, was deren Ergebnis angeht.
Auch wenn ich aktuell jetzt hinsichtlich der Maßnahmen und Aufgaben keine Sparpotenziale benennen kann - wahrscheinlich wäre sogar eher das Gegenteil der Fall -, ist es gleichwohl so, dass wir über das, was wir gemeinsam im Koalitionsvertrag vereinbart haben, an dieser Stelle hier und heute nicht hinausgehen können.
Insgesamt, glaube ich, kann man sagen: SchleswigHolstein hat ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Strafe und Resozialisierung geschafft. Ich glaube, dass sich dies auch in der weiteren Gesetzgebung abbilden wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den USA sind, wie ich kürzlich gelesen habe, Gefängnisse ein blühender Wirtschaftszweig mit hohem Wachstumspotenzial. Es herrscht ein Wettbewerb um den härtesten und billigsten Strafvollzug.
Auch wenn bei uns immer wieder der Ruf nach mehr Privatisierung und nach härteren und längeren Strafen ergeht, sind wir doch von amerikanischen Verhältnissen im Strafvollzug in Deutschland und insbesondere in Schleswig-Holstein meilenweit entfernt.
- Ja, dankenswerterweise. - Auch die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der FDP, für die ich Herrn Minister Döring und vor allem seinen fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke, belegt dies. Ich danke auch der FDP für die zielführende Fragestellung, die uns nun zu dieser Arbeitsunterlage verholfen hat.
Grundsätzlich wird in dem vorliegenden Bericht die Leitlinie deutlich, an der sich die Politik in Schleswig-Holstein seit vielen Jahren orientiert. Diese Leitlinie heißt, dass die soziale Integration von Straftätern im Vordergrund stehen muss und dass dies gleichzeitig der beste Opferschutz ist. Der Schwerpunkt dieser Integrationsarbeit muss in den Justizvollzugsanstalten geleistet werden. Wir haben deshalb große Anstrengungen unternommen - und tun dies immer noch -, um hierfür möglichst optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, und zwar mit einem millionenschweren, noch nicht abgeschlossenen Investitionsprogramm für eine umfassende Modernisierung, aber auch im personellen Bereich.
Deshalb hat es - anders als in fast allen anderen Politikbereichen - im Justizvollzug keine Personaleinsparungen gegeben. Im Gegenteil: Die Gesamtzahl der Stellen hat sich seit dem Jahr 2002 von 841 auf 865 erhöht. Ich gehe auch davon aus, dass von den 24 Anwärtern und Anwärterinnen, die zum Stichtag 31. Dezember 2006 noch in der Ausbildung waren, nun alle erfolgreich ihre Ausbildung absolviert haben. Ich hoffe, dass ein Großteil der bislang unbesetzten Stellen nun durch sie besetzt werden kann.
Aber das können wir ja in den weiteren Beratungen im Ausschuss noch nachprüfen und gegebenenfalls hinterfragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Bericht macht deutlich, welch großen Belastungen die Bediensteten im Justizvollzug ausgesetzt sind. 6-Tage-Woche, Schichtdienst und Überstunden sind die Regel; 42 % der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen leisteten im letzten Jahr Überstunden, und fast 47 % von ihnen warten auf ihre Beförderung. Hinzu kommen die Beeinträchtigungen durch die seit Jahren laufenden und noch immer andauernden Bauarbeiten. Ich weiß, dass dies alles nicht lustig für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. Wir wissen jedoch aufgrund unserer Besuche in den Justizvollzugsanstalten und den dort geführten Gesprächen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort ihre Arbeit dennoch engagiert und mit großer
Motivation und Zuverlässigkeit leisten. Seit dem Jahr 2002 beträgt die Zahl derer, die freiwillig aus dem Dienst ausgeschieden sind, gerade einmal fünf. Ich glaube, auch das ist eine Zahl, die durchaus für sich spricht.
Mein Dank und der Dank meiner Fraktion geht an dieser Stelle an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist gut und wichtig, dass der Minister unmissverständlich deutlich macht, dass angesichts der Aufgaben und der hohen Belastung im Strafvollzug keinerlei Raum für Einsparungen besteht. Unser Fraktionsvorsitzender hat sich da in der gestrigen Aktuellen Stunde eindeutig positioniert. Ich möchte das hier gern wiederholen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Anke Spoorendonk [SSW])
Weiter zu den Kosten: Zugegeben, der Tageshaftkostensatz ist mit 90,62 € im Vergleich zum Bundesdurchschnitt relativ hoch. Das liegt nicht zuletzt an der erfreulich geringen Inhaftierungsquote und den folglich relativ kleinen Anstalten in Schleswig-Holstein. Die Quote liegt bei 65 Gefangenen pro 100.000 Einwohner, der Bundesdurchschnitt bei 100. Eine so geringe Inhaftierungsquote ist in Schleswig-Holstein Tradition.
Die relativ hohen Kosten entstehen aber auch durch eine große und differenzierte Palette von schulischen und beruflichen Bildungsmaßnahmen sowie Therapie- und Beratungsangeboten, zu denen auch die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter freier Träger und nicht zuletzt die Berufsschulen einen wichtigen Beitrag leisten. Einen Dank an dieser Stelle auch an sie alle. Sie leisten hervorragende Arbeit in einem Bereich, der nicht immer die Sympathie der Öffentlichkeit hat.
Die Antwort auf die Große Anfrage nennt als Summe für Resozialisierungsmaßnahmen 3,88 Millionen €. Das sind ohne Berücksichtigung der Personalaufwendungen 21,7 % der Gesamtaufwendungen für den Justizvollzug. Das ist ein Betrag, der sich sehen lassen kann, und das ist gut angelegtes Geld. Denn ein nachgeholter Hauptschulabschluss oder ein in der Haft erworbener Gesellen- oder Facharbeiterbrief oder auch eine Schuldnerberatung sind für viele Gefangene die Grundvoraussetzung, nach der Verbüßung der Gefängnisstrafe wirklich neu starten zu können - keine Garantie, aber doch eine wichtige Voraussetzung.
Gerade im Jugendvollzug sind die Bildungs-, aber auch die Erziehungsangebote außerordentlich umfangreich und differenziert. Das ist auch notwendig, wenn man den Teufelskreis von Rückfallen vermei
den will. Viele der jugendlichen Straftäter kommen nicht nur ohne Schulbildung und somit ohne Berufsaussichten, sondern auch lebensuntüchtig und emotional verwahrlost in den Strafvollzug.
Dass sich der Anteil der Gewaltdelikte - das ist schon genannt worden - von 19,1 % auf 35,9 % innerhalb von zwei Jahren derart massiv erhöht hat und dass dadurch auch eine stetige Verlängerung der durchschnittlichen Straflänge zu beobachten ist, spricht eine deutliche Sprache. Mit dem Thema Jugendkriminalität, Jugendstrafvollzug werden wir uns aus Anlass des zu erwartenden Gesetzentwurfs noch ausführlich beschäftigen.
Abgesehen von der beruflichen Qualifizierung ist die Arbeitsmarktsituation im Vollzug grundsätzlich von großer Bedeutung. Arbeit strukturiert den Tag, Arbeit bringt Geld für Sonderwünsche, für Ausgleichszahlungen an die Opfer und für die Zeit nach der Entlassung. Auch wenn man berücksichtigt, dass lediglich etwa 85 % der Gefangenen arbeitsfähig und arbeitswillig sind, reichen die zur Verfügung stehenden rund 500 Beschäftigungsmöglichkeiten leider nicht aus.
Bemerkenswert ist, dass es wie im Leben draußen auch im Knast unbesetzte Arbeitsplätze gibt, vor allem in den Eigenbetrieben, weil es bei den Gefangenen an der nötigen Qualifikation mangelt. Andererseits fehlen Arbeitsplätze mit einfachem Anforderungsprofil, weil - wie im Leben draußen Unternehmer, die früher in den Anstalten produzieren ließen, ihre Aufträge inzwischen ins Ausland verlegt haben. Hier besteht Handlungsbedarf. Eine neue Arbeitshalle in der JVA Kiel mit 50 neuen Arbeitsplätzen, eine verstärkte Akquise und nicht zuletzt die veränderte konjunkturelle Lage sollen die Arbeitsplatzsituation im kommenden Jahr verbessern. So der Bericht des Ministers.
Noch ein paar Worte zur Gefangenenentlohnung, weil ich mich in der letzten Zeit massiv über recht ruppige Forderungen nach mehr finanzieller Eigenbeteiligung der Gefangenen geärgert habe, nicht nur an den Kosten der Gesundheitsfürsorge, sondern darüber hinaus auch an Stromkosten und so weiter. Die Entlohnung - das ist nicht jedem bekannt - beträgt zurzeit exakt 10,58 €, nicht pro Stunde, sondern pro Tag. Jeder möge sich fragen, wie viel an Abzügen davon noch zumutbar ist und ob bei diesen Größenordnungen der Verwaltungsaufwand wirklich vertretbar ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe in der Kürze der Zeit nur wenige Punkte der umfangreichen Vorlage ansprechen können. Im Ausschuss
wird Gelegenheit zu weiteren Beratungen sein; wir wollen ja auch eine Anhörung durchführen. Ein kurzes Fazit möchte ich schon jetzt ziehen. Sie kennen vielleicht den viel zitierten Spruch von Leo Tolstoi: „Um einen Staat zu beurteilen, muss man seine Gefängnisse von innen ansehen.“
Bei einem Blick in unsere Gefängnisse müssen wir feststellen, dass auch dort natürlich nicht alles perfekt ist. Obwohl die wirklich kritischen Vorfälle im Jahr an einer Hand abzuzählen sind, muss uns jede Gewalttätigkeit zwischen Häftlingen oder gegen Bedienstete, muss uns jeder Ausbruchversuch, jeder Suizidversuch nachdenklich und wachsam machen und zum Handeln auffordern.
Ich bin aber überzeugt, dass wir - was das Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit angeht, was die Belange der Bediensteten angeht, aber auch was die Interessen der Gefangenen angeht - guten Gewissens auf die Situation in unseren Gefängnissen und die weitere Entwicklung in den Justizvollzugsanstalten blicken können.
(Beifall bei SPD und CDU sowie der Abge- ordneten Wolfgang Kubicki [FDP] und An- gelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Schleswig-Holstein hat durch jahrelange Politik der verantwortbaren Haftvermeidung und Haftreduzierung eine ausgesprochen niedrige Inhaftierungsquote.
Die niedrige Inhaftierungsquote spart auch viel Geld. Diese wurde auch durch die Fortentwicklung der Sozialen Dienste in der Justiz und durch die Übertragung von Aufgaben auf Träger der freiwilligen Straffälligenhilfe erreicht.
Ich möchte auch das Investitionsprogramm Justizvollzug hervorheben, das hier schon mehrfach genannt worden ist, das die rot-grüne Landesregierung in den Jahren 2000 bis 2005 mit 57 Millionen € auf den Weg gebracht hat, um Modernisierungen zu finanzieren sowie mehr Arbeitsmöglichkeiten und insgesamt bessere Voraussetzungen für einen modernen Vollzug zu schaffen.