Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es sind drei Argumente gekommen, die angeblich gegen unseren Gesetzentwurf sprechen.
Es wurde gesagt, es würde sich nicht auf die Direktmandate auswirken. Diese Frage haben wir ausführlich diskutiert. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir eine Quote bei der Landesliste haben, dann wirkt sich das auch auf die Direktmandate aus. Zum einen wird der Anreiz für die Kreisverbände erhöht, Kandidatinnen aufzustellen. Denn dann kommen sie eher auf die Landesliste. Und zum anderen meine ich: Wenn Frauen schon einmal im Parlament sind und sich nachher bewerben, dann haben sie eine wesentlich größere Chance, ein Direktmandat zu bekommen. Ich bin mir absolut sicher, dass sich durch diesen Vorschlag auch die Zusammensetzung der Geschlechter bei den Direktmandaten ändert.
Zur grünen Bundestagsfraktion. Natürlich gibt es in den Landeslisten Quoten. Um die Menge bei den anderen Parteien auszugleichen, sehen wir vor, dass Platz eins immer von Frauen besetzt wird und das hat über die Landeslisten dazu geführt, dass im Bundestag mehr Frauen als Männer vertreten sind. Alle Listen waren durchquotiert.
Zu den Aspekten Skandinavien und Vorbildern kann ich nur sagen, dass wir zwei Vorbilder für unsere Regelung haben. Das ist zum einen Spanien. Dort ist eine 40-%-Quote gesetzlich festgelegt. Und zum anderen ist es Norwegen. Norwegen hat für alle möglichen Gremien Quotierungen eingeführt, unter anderem gilt für die Besetzung von Aufsichtsräten eine 50-% Quote.
Ich würde nie sagen, dass es nur einen Weg zum Glück gibt, Anke. Es gibt immer verschiedene Wege zum gleichen Ziel. Das ist ein Weg. Ich halte ihn für sinnvoll und wirkungsvoll. Außerdem sehe ich eine verfassungsmäßige Verpflichtung, etwas in diese Richtung zu tun. Ich wäre nicht dagegen, andere Wege zu bestreiten, wenn es diese gäbe. Dann muss allerdings vorgetragen und aufgezeigt werden, wie die Alternativen aussehen.
Zum Schluss eine Anmerkung zur FDP. Die FDP hat in einem Bundesvorstandsbeschluss festgelegt, dass mögliche Satzungsregelungen für die Besetzung von politischen Gremien verstärkt mit Frauen vorgelegt werden. Alternativ ist die Durchführung eines „Wohlfühlchecks“ vorgeschlagen worden. Dabei geht es um einen Fragebogen und Frauen werden politische Fragen gestellt. Außerdem ist der Aufbau eines Frauennetzwerkes „Ladies Lunch“ vorgeschlagen worden, nach dem Vorbild der FDP, um die Frauen mehr für die FDP zu begeistern und es soll ein dauerhafter Frauenbeirat unter Vorsitz von Cornelia Pieper eingerichtet werden. Bislang waren diese Maßnahmen nicht sehr erfolgreich. Immerhin ist die FDP die Partei in Deutschland, in der es die geringste Frauenquote gibt. Sie liegt deutlich unter 25 %. Ich hoffe, dass sich dies ändert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde die Debatte sehr angenehm und sie wird überwiegend sachlich geführt. Ich will nicht verhehlen das sage ich gleich vorweg -, dass wir das Problem in unserer Partei haben; das hat niemand unter den Tisch gekehrt. Wie wir zu einer gesetzlichen Regelung stehen, hat meine Kollegin Tengler deutlich gemacht.
Ich möchte das Thema um eine Variante bereichern, weil ich es nicht als richtig empfinde, dass wir die Gesellschaft und die Politik in zwei soziologische Gruppen teilen, nämlich nur in Männer und Frauen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich eine junge Frau aus dem Öffentlichen Dienst von einem jungen Mann, der auch aus dem Öffentlichen Dienst kommt, im Parlament besser vertreten fühlt als von einer 65-jährigen Sozialpädagogin. Ich glaube auch, dass der Generationenkonflikt eine viel größere Rolle als der Geschlechterkonflikt in der heutigen Politik spielt. Das kann auch daran liegen, dass ich meine politische Sozialisation später erfahren habe als Sie.
Deshalb will ich das Thema ansprechen. Denn bevor man mit dem Finger auf andere zeigt, sollte man vor der eigenen Tür kehren. Wenn ich es richtig sehe - ich habe das Handbuch angeschaut -, haben sich seit 1996 keine Änderungen in der Zusammensetzung der grünen Fraktion ergeben. Zumindest gibt es keine neuen Gesichter.
Also, bevor man mit dem Finger auf andere zeigt, sollte man vor der eigenen Tür kehren. Ich kann bei den Grünen keine Veränderungen erkennen. Ich habe Veränderungen bei den Grünen lediglich dahin gehend gesehen, dass einige das Land verlassen haben. Ich finde es gut, dass wir über mehr Frauen in der Politik reden, aber bei Ihnen sehe ich erheblichen Nachholbedarf, wenn es darum geht, junge und neue Leute in die Politik zu holen.
(Beifall bei CDU und SPD - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauke Tengler hat eine Reihe ernsthafter Fragen gestellt, warum so wenige Frauen in der Politik zu finden sind. Sie hat nach der Selbstmotivation der Frauen gefragt. Ich glaube, alle ihre Fragen sind richtig. Nun geht es aber darum, wie der strategische Hebel anzusetzen ist, damit es nicht nur gute Vorsätze und ab und zu einen „Ladies Lunch“ gibt. Vielmehr muss es darum gehen, dass Parteivorstände ein gesetzliches Problem bekommen, wenn diese Regelungen nicht nur Goodwill-Angelegenheiten sind, sondern tatsächlich ein Muss darstellen.
Genau an dieser Stelle setzen wir an. Liebe Anke Spoorendonk, die norwegischen Frauen sind wohl schon so weit, dass es bei ihnen nur noch um Macht in der Wirtschaft geht. Da sind sie weiter als wir und sie haben im Parlament eine andere Möglichkeit gefunden, ihre Frau zu stehen. Das ist zwar wunderbar, aber bei uns sind wir noch nicht so weit. Deswegen müssen wir hier bei uns das Instrument der Quote ansetzen und dieses Instrument müssen wir natürlich in der Wirtschaft wiederfinden; dazu hat unsere Bundestagsfraktion Vorschläge unterbreitet, die sich am norwegischen Modell orientieren.
Also, immer wenn es um Macht geht, ist es wichtig, dass die freiwilligen Maßnahmen mit einer Verbindlichkeit fixiert werden, damit sie nicht lediglich ein kleiner Luxus bleiben, den man dann vernachlässigt, wenn es um die wirklich wichtigen Posten geht. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn unsere Partei eine solche Quotenregelung 1979 nicht gefunden hätten, dann hätten wir niemals eine Renate Künast, eine Bärbel Höhn oder eine Monika Heinold hier sitzen. Dazu wäre es nicht gekommen das kann ich Ihnen ganz sicher sagen -, weil es immer harte Konkurrenz gab und weil es immer mehr gute Männer gab. Es geht nicht darum zu sagen, dass Männer automatisch schlechter und Frauen automatisch besser sind.
Es geht einfach um ein Stück Chancengerechtigkeit. In dem Moment, wo Sie eine Quote gesetzlich verbindlich vorschreiben, wird sich jede Partei anstrengen müssen, Frauen wirklich etwas zu bieten. Darüber könnten Sie sich in der CDU doch wirklich nur freuen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Birk, ich bin nicht von einem humanistischen Wischiwaschi ausgegangen. Ich habe darzulegen versucht, dass es keinen einfachen Weg gibt. Dazu stehe ich.
Wenn Sie das Beispiel Norwegen hier anführen, dann empfehle ich, dass Sie vielleicht ein bisschen mehr über Norwegen lesen. Auch ich habe mich mit Norwegen befasst.
Ich könnte hier wieder den Kollegen Astrup zitieren, der gesagt hat: Nicht alles, was hinkt, ist ein Beispiel. In Norwegen hat es in den 80er-Jahren eine intensive Debatte über Gleichstellung und Frauenpolitik gegeben. Auch in den anderen skandinavischen Staaten war das so. Diese Debatte hat in Norwegen dazu geführt, dass man in den Parteien - das haben die Parteien selbst beschlossen - und in den Gremien eine Quotierung eingeführt hat. Diese hat natürlich zu Ergebnissen geführt, zu denen ebenfalls der SSW steht.
Was Sie jetzt vorschlagen, ist aber das, was ich in meinem Redebeitrag so formuliert habe, dass Sie jetzt einen innerparteilichen Prozess durch ein Gesetz diktieren wollen. Das ist der einfache mathematische Weg. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Ich glaube, dass Parteien diskutieren müssen. Ich glaube, dass es Krach in den Parteien geben muss. Ich glaube natürlich auch, dass in öffentlichen Gremien und im Öffentlichen Dienst, wo wir beschließen können, die Quotierung eingeführt werden muss. Natürlich stehe ich dazu. Aber Wählerinnen und Wähler - dabei bleibe ich - müssen die Möglichkeit haben, Parteien abzuwählen, die nicht für Gleichstellung sind, keine Quotierung wollen und auch sonst nichts für die Gleichstellung von Frauen und Männern tun. Diese Abwahl muss möglich sein. Das gehört zu einer offenen Gesellschaft.
Zu einer offenen Gesellschaft gehört auch, dass sich die Wirtschaft verändert. Es muss doch endlich einmal so sein, dass junge Ingenieure oder Angestellte in Betrieben sagen können: Lieber Chef, ich muss heute um 13 Uhr gehen, weil mein Kind krank ist oder weil ich mein Kind aus dem Kindergarten abholen muss. Es muss also auch dort zu Normenänderungen kommen.
Weitere Kurzbeiträge werden nicht gewünscht. Das Wort gebe ich jetzt der Landesregierung, nämlich dem Herrn Innenminister.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt das mit dem Gesetzesantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN verfolgte Ziel, eine möglichst ausgewogene Repräsentanz von Frauen und Männern im Schleswig-Holsteinischen Landtag zu erreichen. Eine gleichgewichtige aktive Beteiligung beider Geschlechter an der politischen Willensbildung des Volkes ist die Grundlage für eine erfolgreiche parlamentarische Arbeit, mit der das Ziel der Verwirklichung der Chancengleichheit erreicht werden kann.
So fordert auch Art. 6 der Landesverfassung die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern.
Aus der Sicht der Landesregierung stellt sich allerdings die Frage, auf welchem Wege sich solche Ziele erreichen lassen. Die Aufstellung der Bewerberinnen und Bewerber zu Landtagswahlen ist als Angelegenheit der inneren Ordnung der Parteien grundsätzlich dem Satzungsrecht sowie anderen parteiinternen Regularien vorbehalten. Der Gesetzgeber hat lediglich die Formulierung von Mindestanforderungen zur Einhaltung demokratischer Spielregeln vorgegeben, die vornehmlich dafür sorgen, dass die verfassungsrechtlichen Grundsätze der geheimen und freien Wahl auch bei der Bewerberaufstellung in den Mitglieder- und Delegiertenversammlungen eingehalten werden.
Diesem Grundgedanken, der sich in allen Wahlgesetzen widerspiegelt, stimme ich ausdrücklich zu, sichert er doch nachhaltig den an die Parteien gerichteten Verfassungsauftrag des Artikels 21 des Grundgesetzes.
Das Wahlrecht verfolgt in erster Linie das Ziel einer möglichst hohen Akzeptanz bei den Wählerinnen und Wählern und bedarf aus diesem Grund eines gewissen Maßes an Beständigkeit. Veränderungen, bei denen die Grundlagen des Wahlrechts berührt werden, sollten daher mit hoher Sorgfalt und in möglichst hohem Konsens mit allen Beteiligten vorgenommen werden.
Insbesondere vor diesem Hintergrund darf ich darauf hinweisen, dass trotz der bereits vor 13 Jahren erfolgten Einführung des staatlichen Förderauftrags der Gleichstellung in Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes Quotierungsvorschriften bei der Aufstellung von Landeslisten weder in das Bundeswahlgesetz noch in die Landeswahlgesetze anderer Länder Eingang gefunden haben.
Das zeigt, dass wir der Frage mit Sensibilität nachgehen müssen, ob und in welchem Umfang mit der Einführung einer verbindlichen Quotierungsregelung die auch bei der Kandidatenaufstellung geltenden verfassungsrechtlichen Prinzipien der Wahlgleichheit und der Wahlfreiheit in zulässiger Weise beschränkt werden können. Hier geht es darum, dass der Gesetzgeber quasi in den Gestaltungsspielraum der Parteien eingreift und die Freiheit der an der Aufstellungsversammlung teilnehmenden Parteimitglieder und deren Kandidaturmöglichkeiten mit gleichen Chancen auf jeden Listenplatz einschränken würde.
Neben diesen grundsätzlichen Gesichtspunkten wäre im Verlauf der weiteren Betrachtungen zu klären, ob überhaupt und auf welche Weise dem Landeswahlausschuss im Rahmen seiner Entscheidung über die Zulassung der eingereichten Landeslisten eine verlässliche Beurteilung der Frage möglich ist, ob das unter den Mitgliedern einer Partei in der Minderheit befindliche Geschlecht wirklich in einem zahlenmäßigen Verhältnis auf der Liste vertreten ist, wie es in dem Gesetzesantrag heißt.
Das sind schwierige Fragen für den Wahlausschuss. Übrigens haben wir gerade eine Frau zur ersten Wahlleiterin in der Geschichte des Landes Schleswig-Holstein benannt.
Im Übrigen möchte ich ganz deutlich sagen: Dieses Thema ist weniger eine Frage des Rechts als eine der praktischen Politik. Im Ehrenamt bin ich Vorsitzender einer Volkspartei. In deren Verantwortung gehört das.
Da allerdings, Frau Kollegin Spoorendonk, teile ich nachdrücklich das, was Sie gesagt haben. Ich finde, es sollte eine Frage des politischen Wettbewerbs sein, wie die Parteien damit umgehen. Diesem Wettbewerb stellt sich jedenfalls die Partei, der ich angehöre, ganz besonders gern. Die anderen Fragen, die möglicherweise das Gegenteil dessen erreichen, was bezweckt worden ist, sollten jedenfalls sehr sorgfältig miteinander erörtert werden. Denn es wäre sehr schade, wenn das, was politisch beabsichtigt ist, durch Diskussionen beeinträchtigt würde. Dabei könnte letztlich gesagt werden: Wir schränken das Wahlrecht oder andere Dinge in ei