Protokoll der Sitzung vom 16.06.2005

- Die Kunsthalle? - Das ist nicht etwas, was Leute, die von außerhalb kommen, in aller Regel als beeindruckend empfinden. Die sind anderes gewöhnt.

Was macht man noch? Man geht mit ihnen aufs Wasser. Man hat die maritime Lage.

(Günter Neugebauer [SPD]: Und ins Lan- deshaus!)

- Und ins Landeshaus! Selbstverständlich! Dort zeige ich Ihnen dann, wo der bedeutende Abgeordnete Neugebauer sitzt. Danach haben sie immer schon gefragt.

(Heiterkeit)

Wenn wir jetzt schon einmal die Chance haben, in Kiel, in der Landeshauptstadt, die sehr stark frequentiert wird - man muss sich einmal die Besucherzahlen von Berlin oder anderen Städten angucken -, wenn man die Möglichkeit hat, hier eine Einrichtung wie das Science Center zu schaffen, wäre es geradezu fahrlässig, ergriffe man diese Gelegenheit nicht. Die einzig spannende Frage, die im Raum steht, ist: Trägt die Konzeption der Stadt Kiel?

(Zuruf: So ist es!)

(Wolfgang Kubicki)

Die Stadt Kiel muss sich entscheiden, ob sie mit den Folgekosten fertig wird, ja oder nein. Wenn sie Ja dazu sagt, wären wir geradezu gezwungen, eine solche Einrichtung zu unterstützen. Ich bin dankbar, dass das auch in dieser Größenordnung passiert. Wenn es keine tragfähige Konzeption gibt, wird die Stadt Kiel Nein sagen. Dann ist die Diskussion im Raum auch nicht so, wie sie gegenwärtig geführt wird. So einfach ist Latein.

Ich habe eine herzliche Bitte, die auch in Richtung der Stadt Kiel geht. Der Begriff „Science Center“ gibt eigentlich nicht das wieder, womit man einen Werbeeffekt erzielen kann. Wenn es darum geht, auch ein Spiegelbild für die maritime Wirtschaft SchleswigHolsteins zu sein, dann muss die Begrifflichkeit enthalten sein. Denn Science Center gibt es unglaublich viele. Das ist kein Newswert. Eine entsprechend gute Lage und eine entsprechende Wertschöpfung in einem Land wie Schleswig-Holstein in Relation zu allen anderen Wertschöpfungsbereichen im Bereich der maritimen Wirtschaft gibt es nur einmalig und das hier. Das sollten wir nutzen. Insofern bitte ich darum, dass wir die Debatte beenden und dem Wirtschaftsminister und dem Ministerpräsidenten endlich einmal dafür danken, dass etwas ins Werk gesetzt wird, was lange liegen geblieben ist.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung erteile ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Richtig ist, dass sich die Stadt entscheiden muss. Die Stadt hat sich bisher nicht für das Science Center entschieden. Das liegt schlicht und ergreifend nicht daran, dass sie Probleme mit der Investitionsquote hat. Die Stadt Kiel hat Probleme damit, dass es kein Konzept gibt, das sich auf Dauer wirtschaftlich trägt.

Nun ist die Frage, wenn die Landesregierung die Investitionsförderung erhöht, ob das dazu führt, dass wir anschließend ein Konzept haben, das sich trägt. Was nicht sein kann, ist, dass wir erst bauen und die Stadt dann über Jahre Defizite einfährt und wieder beim Land anklopft. Die Mittel aus dem Regionalprogramm sind begrenzt. Insofern ist es verständlich, dass die Debatte mit anderen Investitionen verknüpft wird.

Die Förderquote von 75 % ist einmalig. Sie muss begründet sein. Wie wollen Sie begründen, wenn wir selbst für Konversionsprojekte nur 60 % an Förderung ausgeben, dass es hier plötzlich 75 % gibt? Das ist die Frage, die auch der SSW gestellt hat.

Es ist schön für Kiel, wenn sie ein Science Center bauen kann. Aber: Hat die Landesregierung vor, zukünftig aus dem Regionalprogramm 75 % Förderung zu geben? Wenn ja, für welche Projekte? Wenn ja, mit welcher Begründung? Welche Projekte fallen dann raus? Denn die Mittel sind begrenzt.

Es geht hier um eine Entscheidung - wir sprechen hier gleich über das Landesblindengeld -, bei der die Landesregierung eben mal verkündet: Über 3 Millionen € mehr an Förderung. Da wird doch ein Parlament das Recht und die Pflicht haben zu fragen: Was heißt denn das?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Was heißt das für den Landeshaushalt? Was heißt das für andere Förderprojekte? Was heißt das für das Regionalprogramm insgesamt? Es kann ja nicht sein, dass sich die Regierung hier hinstellt und sagt: Na ja, dann sind wir eben grundsätzlich ein bisschen großzügiger.

Solange ich dabei bin, haben wir immer Probleme mit der Frage, wo wir sinnvollerweise die knappen Landesmittel ausgeben. Plötzlich entsteht hier eine Situation im Land nach dem Modell Füllhorn. Wenn eine Oberbürgermeisterin etwas zögerlich ist, kommt das Land und sagt: Komm, ich gebe dir ein bisschen mehr Geld, mach doch!

Ich erwarte, dass es für das Regionalprogramm eine grundsätzliche Entscheidung gibt, wie zukünftig nach welchen Kriterien gefördert werden soll, und dass es nicht eher zufällig ist, was ein Minister verkündet. Das kann nicht sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Zu einem weiteren Beitrag nach § 58 Abs. 1 der Geschäftsordnung erteile dem Herrn Abgeordneten Jürgen Weber das Wort.

(Zuruf von der SPD: Es folgen Aussagen zum Kieler Flughafen! - Heiterkeit)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Problem der Debatte scheint mir nicht zu sein, dass

(Jürgen Weber)

sie übertrieben provinziell ist. Das Problem der Debatte scheint mir zu sein, dass sie an einigen Stellen bar jeder Sachkenntnis geführt wird. Dazu will ich einige Punkte sagen.

Ich will mich nicht zu Husum äußern, weil ich nachweislich nichts davon verstehe. Aber wer sich irgendwann einmal mit dem Regionalprogramm beschäftigt hat, weiß, dass es Förderkulissen und Förderrichtlinien gibt. Man kann schon innerhalb des Regionalprogramms nicht einfach zwischen den verschiedenen Kategorien hin- und herschieben. Es ist schlichtweg Unfug zu sagen, man nimmt das aus der einen Kulisse raus und packt das in die andere. Das geht gar nicht. Es wäre wirklich hilfreich, wenn man sich diese Sachen einmal etwas präziser anguckte.

Jetzt kommen auch noch andere Beispiele, die gar nichts mehr mit dem Regionalprogramm zu tun haben. Hier ist das Wort „Blindengeld“ als Stichwort gefallen. Dazu sage ich nur: Wir können Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Wir können auch nicht investive Mittel mit anderen Mitteln vergleichen. Wir sollten uns schon ein bisschen an der Sache orientieren.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Ich möchte noch ein Missverständnis ausräumen. Natürlich hat die Landeshauptstadt Kiel viele Hausaufgaben. Ich will nicht ins Detail gehen; sonst müsste ich mich wieder aufregen. Eines muss man aber einmal sagen: Es geht nicht darum, völlig neue Konzepte zu schreiben. Ich erinnere Sie daran, dass es ein umfängliches Konzept der Stadt Kiel gibt. Es gab übrigens auch eines der Stadt Flensburg. Es ist im Bildungs- und im Wirtschaftsausschuss beraten worden. Es hat zwei gutachterliche Betrachtungen durchlaufen. Es ist dann nach Kabinettsbeschluss mit einer Reihe von Auflagen versehen worden. Es hat - meine Herren aus der Verwaltung, korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage - etwa 365 Seiten und eine umfängliche Wirtschaftlichkeitsberechnung gehabt.

Wir fangen in dieser Debatte doch nicht bei null an. Bitte tun Sie nicht so, als könnten wir alles freihändig neu gestalten. Sehen Sie sich die Fakten, die Tatsachen an.

Die richtig spannende Diskussion ist in der Tat, ob und wie man so einfach schlanker Hand auf 75 % kommen kann. Man wird noch einmal darüber reden müssen, wie das machbar ist, wie das finanzierbar ist. In der Sache sind wir nicht dagegen. Ich sagte vorhin schon: Wir haben noch ein paar Fragen dazu. Fragen über Finanzierbarkeit zu stellen, ist nicht provinziell, sondern legitim, denn auch der Landeshaushalt

befindet sich nicht in einer übermäßig rosigen Situation.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

In diesem Sinn hoffe ich, dass wir die Detailfragen in der Sache in den zuständigen Ausschüssen weiter beraten können. Ich beantrage die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss und an den Bildungsausschuss.

(Zuruf: Finanzausschuss!)

- Und den Finanzausschuss!

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich besteht ein Zusammenhang zwischen den verschiedenen Regionen im Regionalprogramm. Wenn der Teil von Kiel weitgehend erschöpft ist, insbesondere durch die hohen Zusagen wegen des Flughafens, und wenn jetzt in Kiel erhöht wird, fragt man sich natürlich, wo es hergenommen wird. Das ist eine logische Frage.

Im Regionalprogramm gibt es klare Spielregeln. Das ist ein Wettbewerb, der landesweit ausgeschrieben wird. Die Regionen können sich für Projekte bewerben. Da steht ganz klar drin: 50 % Förderung, für Konversionsstandorte 60 %. Wenn Sie diese Prozentzahl erhöhen, können Sie wesentlich weniger Projekte fördern. Das heißt, hier sind die Spielregeln gebrochen worden. Das Parlament möchte wissen, warum. Das ist eine berechtigte Frage.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich würde nicht darauf eingehen, wenn Sie nicht darüber gesprochen hätten: Husum. Natürlich gibt es in Husum nicht zwei Firmen, die mit Windenergie zu tun haben, sondern es gibt 64 Firmen. Sie kommen ja aus der Gegend; vielleicht wissen Sie das. Diese 64 Firmen bauen nicht nur Großkomponenten. Es war nie von Großkomponenten die Rede beim Hafen Husum, weil Husum keine Großkomponenten verschiffen kann, weil der Hafen nur einen Tiefgang von vier Metern hat. Es war aber immer die Rede von Wartungsarbeiten, von Reparaturarbeiten und von Kleinkomponenten von anderen Firmen, von den Zulieferfirmen. Darum ging es in Husum. So steht es auch in der Planfeststellung. Es ist nie über etwas anderes

(Karl-Martin Hentschel)

geredet worden. Wenn jetzt plötzlich gesagt wird, die Argumentation trage nicht, dann wundere ich mich, dass der Minister nicht bereit war, hier im Landtag zu berichten, was denn eigentlich los ist. Da stelle ich mir schon Fragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

So wie es jetzt läuft mit 3,1 Millionen € wird es nicht funktionieren. Das Problem sind die Investitionen im Südhafen. Der Nordhafen wird in Zukunft nicht mehr handlungsfähig sein, weil die Verkehrswege gar nicht mehr bereitgestellt sind. Die neuen Verkehrswege laufen zum Südhafen. Das weiß jeder, der Husum kennt. Deswegen muss im Südhafen investiert werden, sonst kann Husum seinen Hafen dicht machen, und zwar nicht nur bezüglich Windenergie, sondern in Zukunft auch bezüglich Getreideverschiffung, Rinderverschiffung und was sonst noch alles in Husum stattfindet. Ein bisschen weiß ich auch, was da in Husum ist. Ich war gerade vorgestern da.

Noch einmal zum Science Center in Kiel! Ich bin absolut der Meinung, dass wir in Kiel eine Einrichtung haben müssen, wo die Touristen, die mit den Kreuzfahrtschiffen kommen, hingeführt werden und wo wir ein attraktives Angebot haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da bin ich Ihrer Meinung und da bin ich auch einer Meinung mit der Stadt Kiel und mit den Fraktionen. Da gibt es überhaupt keine Frage. Das Projekt, das dann gebaut werden muss - da bin ich Herrn Kubicki dankbar -, muss erstens maritimen Charakter haben - das ist ganz eindeutig -, es muss zu Kiel passen, die Identität muss stimmen. Es muss sich zweitens tragen. Ich habe die Gutachten gelesen. Das zweite Gutachten des Wirtschaftsministers war vernichtend. Deswegen sind erhebliche Auflagen formuliert worden, was nachgebessert werden muss. Das ist nicht passiert, die Stadt Kiel hat vielmehr gesagt: Wir erarbeiten ein neues Konzept. Die Stadt hat gebeten, ein neues Konzept zu erarbeiten, um ein historisches maritimes Museum mit einer technischen modernen Abteilung zu kombinieren. Dieses neue Konzept wurde vom Ministerium abgelehnt, es wurde gesagt, das solle nicht gemacht werden.

Herr Kollege Hentschel, formulieren Sie bitte Ihren letzten Satz.