Solange indes Direktzahlungen in die Landwirtschaft erfolgen - und in Deutschland betragen sie immerhin rund 5 Milliarden € jährlich -, erwarten Politik und Gesellschaft Gegenleistungen für die Bereitstellung dieser Mittel und das ist durchaus legitim. Allerdings erfüllen unsere Landwirte in Deutschland und in Schleswig-Holstein bereits heute Umwelt- und Sicherheitsstandards, die in der Welt einzigartig sind. Damit verbunden sind zahlreiche Dokumentations-
Genau hier liegt das Problem. Denn daraus resultiert ein Übermaß an bürokratischem Aufwand und nutzlosen Auflagen - verbunden mit allen statistischen Erhebungen, um das auch zu belegen -, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen, die in Europa ihresgleichen suchen und damit unüberwindbare Nachteile für unsere Landwirtschaft bedeuten.
Vor diesem Hintergrund lässt es sich meines Erachtens auch nicht mehr schön reden, dass die amtlichen Landwirtschaftsstatistiken ohne Frage auch als zulässige Entscheidungsgrundlage für die Gestaltung von Reformen der Agrar-, Regional- und Wirtschaftspolitik herangezogen werden können.
Ziel muss es sein, überflüssige Datenerhebungen künftig zu vermeiden. Das Zusammenlegen von Erhebungen, die Straffung von Merkmalskatalogen oder auch ein Übergang von totaler zu repräsentativer Erfassung bestimmter Merkmale kann dafür ein Ansatz ein.
Vielen Dank, Kollege Hildebrand. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Statistiken in der Landwirtschaft immer wieder Thema im Landtag sind, ist nicht verwunderlich. Immerhin machen nach Schätzungen die Statistiken der Landwirtschaft zwischen 70 und 80 % aller Statistiken des Landes aus, obwohl die Landwirtschaft als Wirtschaftszweig nur mit 2 % zum Sozialprodukt beiträgt. Da fragt man sich natürlich: Wie kommt das? - Das ist natürlich kein Zufall. Man muss auch wissen, warum das so ist, bevor man darüber redet.
- Da sind Sie neugierig, nicht wahr? - Das hat einen Grund. Die Landwirtschaft lebt zu 50 % von EUSubventionen. Die EU hat natürlich ein hohes Interesse ein daran, dass die Subventionen nicht einfach irgendwie eingesteckt werden. Die EU will vielmehr etwas über die Verwendung der Subventionen erfahren und sie kontrollieren.
Denn wir wissen - gerade sind ja die Fälle aus Südeuropa genannt worden -, dass Subventionen missbraucht worden sind. Deswegen hat die EU aufgrund des Drucks der Mitgliedstaaten ein sehr komplexes Kontrollsystem aufgebaut und das ist der Grund für die vielen Statistiken. Das muss man einfach wissen, wenn man darüber redet.
Die Alternative wäre die Abschaffung der Subventionen. Dann müssten zwei Drittel der Bauern in Deutschland ihren Hof aufgeben; das muss man auch wissen. Das wollen wir alle nicht. Deswegen müssen wir die Diskussion ehrlich führen.
Das Land hat bereits alle eigenständigen Statistiken abgeschafft; es ist den Weg also schon sehr weit gegangen. Wir haben die Fristen für die einzelnen Statistiken so weit wie möglich erweitert; was früher jährlich gemacht wurde, wird zum Teil nur noch zweijährlich oder vierjährlich gemacht. Von daher bleibt jetzt nur noch, im Konzert mit den anderen Bundesländern auf die EU einzuwirken, alle Statistiken grundlegend zu überprüfen. Auf diesem Weg unterstützen wir Sie; hier sind wir uns sicherlich alle einig.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, hat mich Ihr Antrag natürlich zum Schmunzeln gebracht. Im Januar hatten Sie einen Antrag eingebracht, der die Landesregierung zum Handeln aufgefordert hat, obwohl Sie sehr gut wussten, dass der alte Landwirtschaftsminister dies bereits sehr konsequent getan hat.
Nun - da Sie an der Regierung sind - stellen Sie den Antrag, der neue Minister solle die Bemühungen des bisherigen Ministers nicht nur fortsetzen, sondern noch verstärken. Das finde ich sehr lobenswert und es wundert mich auch. Denn: Hätte der neue Minister das ohne diesen Antrag nicht getan?
Wir freuen uns jedenfalls, dass Sie nun endlich die bisherige Arbeit anerkennen und werden Ihnen in Ihrem Bemühen, Ihren eigenen Minister auf die richtige Bahn zu bringen, nicht im Wege stehen. Deshalb stimmen wir dem Antrag gern zu.
Vielen Dank, Kollege Hentschel. - Für den SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir in der Januarsitzung dieses Jahres eine Debatte zu diesem Thema hatten, stand diese eindeutig unter dem Stern der Landtagswahl und bedauerlicherweise hatten wir seinerzeit nicht mehr die Möglichkeit, uns mit dem Antrag der CDU im Ausschuss näher zu beschäftigen, da er mit den Stimmen der damaligen Mehrheit abgelehnt wurde. Das war damals schon bedauerlich und glücklicherweise wird das heute anders sein.
Aber nun haben wir aufs Neue Gelegenheit, uns in dieser Sache auszutauschen und ich kann vorweg sagen, dass sich die Position des SSW in dieser Angelegenheit seitdem nicht geändert hat. Wir werden natürlich zustimmen. Wir bleiben dabei, dass wir uns dort, wo es möglich ist, auch weiterhin für eine Vereinfachung bei den statistischen Erhebungen in der Landwirtschaft einsetzen.
Wir wissen, dass der größte Teil der durchgeführten Erhebungen auf EU-Recht und der geringere Teil auf Bundesrecht beruhen. Daher müssen wir uns in dieser Angelegenheit von vornherein darauf einstellen, dass wir einen sehr langen Atem brauchen. Nichtsdestotrotz sollten wir das Machbare auf den Weg bringen und zügig im Sinne unserer Landwirte handeln, um Vereinfachungen herbeizuführen. Diesbezüglich gibt es bei der Umsetzung auf Landesebene mehr Möglichkeiten als die, die wir bisher genutzt haben.
Um dies noch einmal deutlich zu machen: Die Erhebungen in der Landwirtschaft werden nicht aus Jux und Dollerei gemacht. Vielmehr sollen sie - wie es der Kollege Hentschel eben ausgeführt hat - für Transparenz sorgen, und zwar für Transparenz, die notwendig ist, wenn es beispielsweise um Mittelverwendungen geht. Denn wer Fördermittel in Anspruch nimmt, sagt damit auch Ja zu den notwendigen Kontrollmechanismen.
Das bedeutet aber nicht, lieber Kollege Neugebauer, dass wir das Ziel aus den Augen verlieren dürfen, agrarstatistische Erhebungen weiter auf Aufwand und Nutzen zu überprüfen und den Umgang mit den vorhandenen Daten zu vereinfachen.
Hierbei müssen wir aber berücksichtigen, dass es sich durchaus um sensible Bereiche handeln kann, die nicht ohne weiteres weitergegeben werden dürfen. Daher sollten wir auch die Frage aufgreifen, inwieweit die statistischen Erhebungen vereinfacht werden können, ohne den Datenschutz zu verletzen. Dies ist durchaus ein Aspekt, der berücksichtigt werden muss,
obwohl der Kollege Ehlers im Januar noch behauptet hat, dass sich die Landwirtschaft an dieser Stelle nicht kleinkariert verhalten werde. Das wird sie sicherlich auch nicht.
Es kann nämlich auch passieren, dass aus Datenschutzgründen vordergründig sinnvolle Vereinfachungen nicht möglich sind. Wir sollten unseren Datenschutzbeauftragten hier auf jeden Fall rechtzeitig einbinden, um für uns das zu erreichen, was möglich ist. Es gilt, so viele Vereinfachungen wie möglich zu ermöglichen, jedoch darf der Datenschutz nicht vergessen werden.
Im gemeinsamen Antrag von Schwarz-Rot werden Erhebungen genannt, die auch aus Sicht des SSW Einsparpotenziale bieten. Ich nenne als Stichwort die HIT-Datenbank in München; hierauf haben wir in der Januar-Tagung ausführlich hingewiesen, sodass ich dies heute nicht weiter zu vertiefen brauche.
Ein anderes Beispiel sind die Flächen- und Nutzungsangaben beim Grundantrag. In diesem Zusammenhang sind die landwirtschaftlichen Berater gerade jetzt tierisch in Gange und haben Stress ohne Ende. Sie haben Arbeitstage von zwölf bis 14 Stunden, um all ihre Leute beraten zu können, damit diese ihre Anträge rechtzeitig abgeben können. Insofern ist es klar, dass wir in diesem Bereich versuchen müssen, Vereinfachungen hinzubekommen, damit dieses Verfahren nicht jedes Jahr aufs Neue durchgeführt werden muss. Dies ist ein wirkliches Hemmnis und da gebe ich dem Kollegen Hildebrand Recht: Dann sind es „Schreibwirte“ und keine Landwirte und deshalb müssen wir von diesem Verfahren weg; das ist richtig.
Auch hier sehen wir Einsparpotenziale, wenn diese Daten beispielsweise dem Statistischem Landesamt zur Verfügung gestellt werden und die Daten dort zentral immer wieder genutzt werden könnten. Auch wenn die genannten Beispiele auf unterschiedlichen Vorgaben beruhen, so sollten wir doch versuchen, die bestehenden Schnittpunkte herauszukristallisieren, um festzustellen, wo Vereinfachungen im Sinne der Landwirte erzielt werden können. Daher freue ich mich, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, dafür zu sorgen, dass unseren Landwirten ein Teil der Bürolast abgenommen wird. Der SSW steht zu dem, was er im Januar gesagt hat und wie er im Januar gestimmt hat. Wir werden wieder zustimmen.
Ich danke dem Kollegen Harms. - Für die Landesregierung erteile ich dem Landwirtschaftsminister Dr. Christian von Boetticher das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es herrscht so viel Einigkeit. Ich stelle fest, dass die Einigkeit sogar von Claus Ehlers bis zu Herrn Hentschel geht. Das ist wirklich eine große Bandbreite.
Die Landesregierung wird nicht hintenanstehen. Zunächst gilt es in der Tat, die statistischen Erhebungen und Maßgaben auf ein unabdingbares Maß zu begrenzen. Wer einmal auf Höfen unterwegs gewesen ist und sich angeguckt hat, was der Landwirt im Betrieb für das Tier und in der Erzeugung gesunder Nahrungsmittel auf der einen Seite leistet und wie viel Zeit er auf der anderen Seite noch in seiner Kammer verbringt, um Unterlagen auszufüllen, darunter auch Unterlagen zur Agrarstatistik, der fragt sich manchmal schon, ob das noch in einem vernünftigen Maß zueinander steht. Darum kann ich den Antrag nur begrüßen. Wir müssen wieder weg vom „Papierwirt“ und hin zu mehr Landwirt.
Natürlich ist es richtig, dass ein Teil schon gemacht worden ist. Natürlich wurde die Statistik schon reduziert. Natürlich sind die Zählungsintervalle schon entsprechend gestaffelt worden. Ich glaube aber, wir können durchaus noch mehr leisten. Das ist hier auch schon einige Male angesprochen worden. Zum Beispiel können die unterschiedlichen Daten aus den unterschiedlichen Prämienverfahren Einzug finden. Man kann sich an einigen Stellen fragen, ob man bei den Tierzählungen oder bei den Betriebsgrößen noch andere Erhebungen braucht. Hier haben wir immer wieder Doppelnennungen. Darum werden wir ganz konkret drei Dinge prüfen: Erstens. Welche Statistiken brauchen wir überhaupt noch? Zweitens. Welche Vereinfachungs- und Kombinationsmöglichkeiten bestehen? Drittens. Welche statistischen Nebeneffekte bieten uns die europäischen Prämienanträge?
Es ist schon mehrfach erwähnt worden, dass wir uns an Bundes- und an Europarecht halten müssen. Da darf man sich aber nicht zurücklehnen. Ich glaube, es wäre falsch zu sagen, wir können hier nichts tun, alles sei Europa- und Bundesrecht. Da muss man eben dort aktiv werden, dort auf die Probleme hinweisen und
Von dem Kollegen Harms wurde auch schon ein konkretes Beispiel genannt, nämlich die HIT-Datenbank. Für alle Nicht-Agrarexperten: Das ist das Herkunftssicherungs- und Identifizierungssystem für Tiere. Auch diese lässt sich für statistische Zwecke nutzen. Wir werden dies bereits ab November 2006 ganz konkret für die amtliche Rinderzählung einführen.
Auf der anderen Seite müssen wir natürlich darauf achten, dass die Prämienanträge schlanker werden. Ich kann nicht alles in die Prämienanträge packen und sagen, hier erhebe ich auch gleichzeitig meine Statistik, denn das alles ist nachher durch die Europäische Union überprüfbar und im Zweifelsfall auch im Anlastungsrisiko enthalten. Darum bin ich schon dafür, dass wir die Prämienanträge schlank halten.
Das sind also die Punkte. Wir brauchen die Vereinfachung, die muss vorangetrieben werden. Wir müssen gucken, welche Daten wir schon haben und welche wir nicht doppelt brauchen. Ich bin mir ganz sicher: Wenn wir das konzentriert überprüfen, dann werden wir einige Bereiche - einige nannte ich schon - finden, in denen wir selber hier in Schleswig-Holstein reduzieren können.
Zum Abschluss wurde noch die europäische Debatte angesprochen. Vielleicht hilft uns jetzt dieser Status quo, den Europa wahrscheinlich zunächst einmal halten wird, um das deutlich zu machen, was Präsident Barroso am Anfang gesagt hat, nämlich dass sich die Europäische Union in den nächsten Jahren auch darauf konzentrieren wird, bisher schon vorhandene Gesetze auf Deregulierung und Entbürokratisierung hin zu überprüfen. Wir als schleswig-holsteinische Landesregierung haben uns unsere eigenen Gesetze vorgenommen. Es wäre für uns alle sehr hilfreich, wenn die Europäische Union bei dem Bestand, den wir dort an Regulierungen und Regeln haben, für sich selber auch eine Überprüfung wahrnehmen würde. Wir machen uns insofern auf einen guten Weg. Ich sehe, wir haben als Regierung das Parlament hinter uns. Wir freuen uns darauf.
Das Präsidium dankt dem Herrn Minister. Das Parlament dankt auch. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist Abstimmung in der Sache beantragt worden. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthal