Ich kann mir im Übrigen auch schlecht vorstellen, dass die Darstellungen darüber, welche Mittel an den Krankenhäusern notwendig sind, um den Sanierungsstau zu beheben, „aus Gründen der Geheimniswahrung“ nicht mitgeteilt werden sollen. Dabei hätte die Nennung einer Gesamtsumme vonseiten der Krankenhäuser vollkommen ausgereicht.
In einzelnen Bereichen des Landes gibt es herausragende Angebote. Allerdings stehen diese Angebote aus unserer Sicht oft noch zu sehr alleine, ohne dass sie über die Landesgrenzen hinaus Bedeutung erlangen, obwohl sie das Potenzial für besondere Alleinstellungsmerkmale hätten.
Ein konkretes Beispiel hierfür ist das Gütesiegel „Medizinische Rehabilitation in geprüfter Qualität“. 27 Reha-Kliniken, die in der Krankenhausgesellschaft oder im Verband der Privatkliniken in Schleswig-Holstein organisiert sind, haben dieses Gütesiegel freiwillig in einem eigeninitiierten Projekt realisiert. Wie wichtig und erfolgreich dieses Qualitätssiegel ist, wurde im Rahmen einer aufwendigen Studie festgestellt.
Während der Amtszeit von Ministerin Heide Moser stand das Qualitätssiegel noch unter ihrer Schirmherrschaft: Ich meine, jetzt fehlt diesem Leitprojekt
die notwendige politische Unterstützung, um es bundesweit als besonderes Alleinstellungsmerkmal zu vermarkten.
Ein weiteres Beispiel ist die „Patientenbrücke“. Wir diskutieren regelmäßig - mit dem nächsten Tagesordnungspunkt wieder - über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit insbesondere mit unseren skandinavischen Nachbarn. Die Kliniken haben mittels der „Patientenbrücke“ erreicht, dass 15 % der Auslandsbehandlungen norwegischer Patienten in Schleswig-Holstein erfolgen.
Wenn aber dauerhaft kompetente medizinische Angebote aus Schleswig-Holstein grenzüberschreitend auch nach wirtschaftlichen Kriterien realisiert und gegen internationale und nationale Konkurrenz etabliert werden sollen, brauchen die Leistungserbringer die Landesregierung weiterhin als Türöffner. Frau Ministerin, genau an dieser Stelle fehlt eine Aussage darüber, welche konkreten Vorstellungen Sie hierzu für die Zukunft haben.
Die Große Anfrage deckt also auch Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit in diesem Feld auf. Ein Beispiel ist der Gesundheits- und Wellnesstourismus. Als Leitprojekt der Landesregierung propagiert, will man zunächst die potenziellen Leistungsanbieter „sensibilisieren“. Mit den Bereichen Gesundheit und Tourismus soll das Urlaubsland Schleswig-Holstein im Bereich der präventivmedizinischen Versorgung eine Vorreiterrolle einnehmen.
Ich sage ganz deutlich: Dies ist ein richtiger Ansatz, wenn man die beiden Kernkompetenzen wirklich miteinander verbinden will. Warum sollte man sich nicht, wenn man seinen Urlaub in Schleswig-Holstein verbringt, auch hier vor Ort operieren lassen, wenn dies nötig ist, um anschließend die hervorragenden Reha-Angebote im Land zu nutzen?
Wenn aber diese Kompetenzen zielgerichtet miteinander verknüpft werden sollen, dann muss man die Leistungserbringer in diesen Feldern kennen. Das ist im Moment noch nicht ausreichend der Fall. Nein, Frau Ministerin, gerade von jenen, die an dieser Initiative mitarbeiten, wird dies bestritten. Das belegen auch zum Teil die Antworten, die Sie ja ganz ehrlich zu diesem Fragenkomplex geben. Weder diese noch andere medizinische Leistungserbringer sind Ihnen wirklich bekannt. Das ist eine erschreckende Erkenntnis, wenn man bedenkt, dass der Gesundheitstourismus eines der Leitprojekte der Landesregierung sowohl für die Tourismus- als auch für die Gesundheitswirtschaft sein soll.
Insofern wurde durch diese Große Anfrage eine strategische Schwäche deutlich, die wir uns, so meine ich, nicht weiter erlauben sollten, wenn Politik gemeinsam mit den Leistungserbringern Strategien und Rahmenbedingungen zur Stärkung des Gesundheitsstandortes Schleswig-Holstein entwickeln soll.
Die Antworten der Landesregierung zur Versorgungslage im klassischen medizinischen Bereich bei der wohnortnahen ambulanten Versorgung der Patienten zum Beispiel durch Hausärzte - machen deutlich, dass man von einer generellen Unterversorgung in den nächsten Jahren nicht ausgeht. Allerdings gibt es bereits erste Anzeichen dafür, dass sich hieran etwas ändert. Ich will an dieser Stelle abkürzen, Frau Ministerin. Nein, es gibt im Moment keinen Grund, die flächendeckende Versorgung mit ambulanten und stationären medizinischen Leistungen in Zweifel zu ziehen. Aber auch Sie wissen - und dies nicht erst seit der Erhebung der Kassenärztlichen Vereinigung -, dass wir uns in den nächsten zehn, fünfzehn oder auch zwanzig Jahren insbesondere Gedanken über die Attraktivität der Versorgung in den ländlichen Räumen, in den Flächenkreisen, insbesondere in Bezug auf die hausärztliche Versorgung machen müssen. Ich denke, dies ist in einer älter werdenden Gesellschaft von zentraler Wichtigkeit, und an dieser Stelle muss nachgearbeitet werden.
Lassen Sie mich zu einem Punkt kommen, der meiner Fraktion besonders wichtig ist, nämlich zu den Fragen nach der zukünftigen Entwicklung vor dem Hintergrund der Auswirkrungen des sogenannten GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes und nach den Auswirkungen dieses Gesetzes auf den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein. Diesbezüglich bleibt bedauerlicherweise vieles im Vagen, Frau Ministerin. Deshalb sage ich ganz deutlich: Das spricht natürlich nicht für die Qualität dieses Gesetzes.
Allerdings werden auch Fragen, die aufgrund einer eigenen Einschätzung der Landesregierung hätten beantwortet werden können, teilweise ausweichend oder gar nicht beantwortet. Ich denke, hierüber sollten wir im Ausschuss noch einmal intensiv reden. An mancher Stelle erhält man den Eindruck, dass sich die Landesregierung vor der politischen Verantwortung drückt, konkrete Auswirkungen zu prognostizieren oder wenigstens Trends und Entwicklungen zu analysieren. Stattdessen werden Eckpunkte des GKV-WSG referiert, oder es wird er
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dort, wo die Kompetenzen gebündelt wurden, ist der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein nicht nur sehr erfolgreich, sondern dort ist er herausragend und auch von nationaler Bedeutung. In anderen Bereichen, die ich kurz angesprochen habe, muss nachgearbeitet werden, um einzelne nebeneinander stehende Projekte zu bündeln, damit sich wirkliche Exzellenzen im Bereich der Gesundheitswirtschaft entwickeln können. Das Potenzial haben wir allemal. Wir stehen nicht ganz am Anfang, aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, bis Schleswig-Holstein wirklich das Gesundheitsland werden kann, das vielen Menschen auch dauerhaft Arbeit und Beschäftigung sichert.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Ursula Sassen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP zum Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein ist ein umfassendes Werk von 159 Seiten, für dessen Erstellung ich im Namen meiner Fraktion herzlich danke.
Die Landesregierung hat sich Mühe gegeben, die gestellten Fragen im Sinne des Fragestellers zu beantworten, und die Ernsthaftigkeit, mit der sich die Landesregierung für den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein einsetzt, wird auch in der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich.
So werden die Leitprojekte der Gesundheitsinitiative ausführlich beschrieben und die dafür eingesetzten Fördermittel detailliert aufgeführt, wobei aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht alle Einzelheiten genannt werden konnten.
Ziffer 2.6 widmet sich der elektronischen Gesundheitskarte. Das, was die Ministerin dargestellt hat, sehe ich etwas anders. Aber vielleicht können wir das aufklären. Dort heißt es:
„Die elektronische Gesundheitskarte ist als Schlüssel für die neuen Telematikanwendungen ein entscheidendes Strukturelement. Im
Rahmen der längerfristig zu sehenden Entwicklung einer bundesweiten Telematikinfrastruktur kann Schleswig-Holstein mit der aktiven Teilnahme an der Entwicklung und Einführung der elektronischen Gesundheitskarte dem Entstehen telematischer Insellösungen in Schleswig-Holstein, die nicht mit der bundesweit sich entwickelnden Infrastruktur kompatibel wären, entgegenwirken. Die frühzeitige reale und zugleich in die bundesweite Entwicklung intensiv eingebundene Entwicklung kann Schleswig-Holstein einen technologischen Vorsprung vor anderen Bundesländern ermöglichen.“
Diese etwas umständliche Beschreibung der Stellung der Testregion Flensburg im Vergleich zu den Modellregionen anderer Bundesländer muss angesichts der jüngsten Pressemeldungen hinsichtlich der Schwierigkeiten mit dem PIN-Code hinterfragt werden. Professor Roland Trill, Lehrstuhlinhaber für Krankenhausmanagement, wurde in der „Financal Times Deutschland“ zitiert: „Wenn die Verantwortlichen an der PIN festhalten, ist das Projekt gestorben.“
Meine Fraktion hat Aufklärungsbedarf darüber, was die elektronische Gesundheitskarte wirklich leisten kann und ob zur Speicherung von Notfalldaten die datenschutzrechtlichen Vorgaben einer Überarbeitung bedürfen. Wir werden darauf zurückkommen.
Interessant sind auch die Aussagen zur grenzüberschreitenden medizinischen Versorgung. Hier ist ausschließlich von norwegischen Patienten im Zusammenhang mit der Akkreditierung zur Patientenbrücke die Rede. Es wurden im Zeitraum von April 2001 bis April 2003 mehr als 1.200 norwegische Patientinnen und Patienten behandelt, während die Kooperation mit Dänemark im Bericht nicht erwähnt wird.
Das Kapitel „Apotheken“ ist sehr aufschlussreich: Die Tabelle zur Entwicklung der Zahl der Apotheker und die der Apotheken seit 2000 zeigt deutlich, dass bis zum Jahr 2004 die Zahl der Apotheker mit mehr als 10 über der Anzahl der Apotheken lag. Mit dem Jahr 2005 ändert sich dies, was wohl auf Filialen zurückzuführen ist. Leider spiegeln sich die Zahlen nach dem Inkrafttreten des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes in dieser Antwort noch nicht wider, können sie auch noch gar nicht, weil die Zeit noch zu kurz ist.
Offensichtlich ist sich die Landesregierung der Tatsache bewusst, dass eine Abschaffung des Fremdund Mehrbesitzverbotes zu einer Liberalisierung des Apothekenmarktes führen wird. In der Antwort auf die Große Anfrage heißt es:
„Die Zulassung von Apotheken-Ketten kann insbesondere in Ballungszentren zu einem erhöhten Verdrängungswettbewerb und dadurch zu einer Marktkonzentration führen. Inwieweit dies Auswirkungen auf die Versorgungsqualität insbesondere in ländlichen Regionen haben kann, wird mit großer Aufmerksamkeit zu verfolgen sein.“
Ich bitte ausdrücklich darum, denn weitere Benachteiligungen des ländlichen Raumes sind für die dort Lebenden nicht akzeptabel.
Auch die Zulassung von apothekenfremden Branchen zum Arzneimittelvertrieb könnte laut Antwort der Landesregierung eine wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln in der Fläche langfristig gefährden. Trotz dieser Erkenntnisse spricht sich die Landesregierung nicht gegen die Deregulierung und Marktliberalisierung im Arzneimittelvertrieb aus, sondern verweist auf das Apothekenrecht, das im Falle eines Notstandes in der Arzneimittelversorgung die Gründung von Zweig- beziehungsweise Notapotheken unter erleichterten Bedingungen vorsieht. Es ist bemerkenswert, dass im Notfall wieder die gute, alte Apotheke gefragt sein soll, während die Geschäfte anderswo gemacht werden. Auch dieser Thematik sollten wir uns widmen.
Die Ausführungen enthalten viele Themenkomplexe, die eine genauere Betrachtung verdient haben und die in der Kürze der Zeit - die Antwort auf die Große Anfrage liegt erst seit gut einer Woche vor noch nicht analysiert werden konnten.
Das Thema „Umweltmedizin“ und die ärztliche Betreuung Umwelterkrankter hat der Fragesteller außer Acht gelassen. Diese Thematik kommt in der Gesundheitspolitik stets zu kurz, obgleich es in Schleswig-Holstein, insbesondere in Nordfriesland, hervorragende Umweltmediziner und Behandlungsmöglichkeiten gibt. Umweltmedizin hat keine Lobby.
Wie nicht anders zu erwarten, hat der Fragesteller die letzten 14 Seiten den Auswirkungen des GKVWettbewerbsstärkungsgesetzes gewidmet. Die Fra
gen und Antworten beinhalten nichts Neues; wir haben diese Aussagen größtenteils bei diversen Landtagsdebatten schon vernommen. Aber ich bin sicher, zukünftige Anfragen werden, wenn eine Weile verstrichen ist und wir die Auswirkungen kennen, sicherlich Genaueres darüber enthalten.
Alles in allem liefert die Große Anfrage und die Antwort der Landesregierung für die Akteure im Gesundheitswesen einen hervorragenden Überblick über die wesentlichen Faktoren des Gesundheitsstandortes Schleswig-Holstein, sodass wir reichlich Diskussionsstoff in den Fachausschüssen haben werden.
Ich danke der Frau Abgeordneten Ursula Sassen. Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Jutta Schümann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort auf die Große Anfrage zum Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein zeigt, dass die Gesundheitswirtschaft in unserem Bundesland eine hohe Bedeutung hat und sich in den letzten Jahren quantitativ und qualitativ weiterentwickelt hat. Die „gesunde Branche“ boomt, in der bei uns in Schleswig-Holstein 137.000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Das ist ein Anteil von 17,5 % der Beschäftigten, also eine Spitzenposition unter allen Bundesländern.
Schleswig-Holstein verfügt - so können wir kursorisch feststellen - über hohe Kompetenzen und umfassende Potenziale in der Gesundheitswirtschaft. Das bedeutet Sicherung von Arbeitsplätzen, Perspektiven für die wirtschaftliche Entwicklung, Perspektiven für die gesundheitliche Versorgung, aber auch Potenzial für die Tourismuswirtschaft, insbesondere für den Gesundheitstourismus. Ich bin gespannt, wie wir das im Ausschuss debattieren werden. Herr Kollege Garg, ich sehe wenig wie Sie auch die Ministerin macht das deutlich - dort ein hohes Potenzial, über das wir diskutieren sollten. Da gibt es sicherlich noch Möglichkeiten und Ressourcen, dies stärker mit zu nutzen und zu verknüpfen, Medical Wellness und so weiter.