Protokoll der Sitzung vom 25.04.2008

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kubicki. - Für den SSW im Landtag hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort. - Wir hatten zwar kein Kreuz auf dem Zettel, aber ich denke, dies ist Sache der Vorsitzenden. - Bitte sehr.

Das war ein Fehler, Frau Präsidentin. Dafür entschuldige ich mich.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW begrüßt, dass unser Landtagspräsident, Martin Kayenburg, und der Fraktionsvorsitzende der SPD, Dr. Stegner, gemeinsam mit anderen Vertretern der Landtage aus der Föderalismuskommission II einen Brief an die beiden Vorsitzenden geschrieben haben. In diesem Brief weisen sie auf die Problematik der insbesondere vom Bund vorgeschlagenen Änderungen der Schuldenregeln hin.

Ich glaube - das hat die Debatte gezeigt -, dass wir alle hier im Landtag die Zielrichtung dieses Briefes unterstützen, weil darin klar gemacht wird, dass es mögliche Einschränkungen des Budgetrechts nur in einer gemeinsamen Lösung mit den Landtagen geben darf. Denn schließlich - das ist eine Binsenweisheit - ist das Budgetrecht das Königsrecht der Landtage. Eine wesentliche Aushöhlung dieses Rechts durch eine sehr restriktive Schuldenbremse würde das parlamentarische System in den Ländern wirklich infrage stellen, weil dann die Landtagsabgeordneten nichts mehr zu entscheiden hätten.

In der Tat scheinen die Vorschläge von Bundesfinanzminister Steinbrück darauf abzuzielen, die neuen Schuldenregeln über das Grundgesetz einheitlich und bindend zu regeln. Dazu hat der Kollege Kayenburg vorhin schon das Wichtigste gesagt. Natürlich dürfen die Landesparlamente einen solchen Vorschlag, der auf eine einseitige Grundgesetzänderung hinausläuft, nicht akzeptieren. Wir brauchen weiterhin eine gemeinsame Lösung von Bund und Ländern hinsichtlich der Föderalismusreform II. Dazu gehört, dass man sich auf ein gemeinsames Konzept zur Begrenzung neuer Schulden festlegt, aber eben auch, dass man sich über die Reduzierung der Altschulden einigt.

Gerade in diesem Bereich hapert es leider bisher bei den Beratungen der Föderalismuskommission II.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Der Vorschlag der Landesregierung, die Altschulden durch einen gemeinsamen Fonds der Länder und ihrer Kommunen, zum Beispiel durch einen Teil der Mehrwertsteuereinnahmen, über 50 Jahre zu tilgen, ist leider - wir haben es bereits gehört auf sehr ablehnende Reaktionen gestoßen. Dabei haben die Landesregierung und Finanzminister Wiegard in ihrer Stellungnahme zur Entwicklung der öffentlichen Verschuldung vom 5. Februar dieses Jahres die finanzielle Zwangslage Schleswig-Holsteins sehr eindrucksvoll dargestellt. Besonders bemerkenswert fand ich - das darf ich wohl noch hinzufügen -, dass der Finanzminister, der die Finanzpolitik der Vorgängerregierung immer wieder kritisiert hatte, darauf hinweist, dass ein Teil der Ursachen der Überschuldung Schleswig-Holsteins strukturell bedingt ist.

Der SSW teilt diese Auffassung. Ein Teil der Finanzprobleme des Landes liegt ja in der Tat in einer nicht aufgabengerechten Finanzausstattung, die

(Wolfgang Kubicki)

nur sehr schwer beeinflussbar ist. Das sind vor allem unterdurchschnittliche Steuereinnahmen und überdurchschnittliche Zinsausgaben, die auch auf die nur unzureichend entwickelte Verkehrsinfrastruktur und auf verhältnismäßig geringe Forschungsinvestitionen zurückzuführen sind.

Daher lagen die Steuereinnahmen Schleswig-Holsteins im Jahr 2007 mit 119 € je Einwohner weit unter dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer. Dann hilft es strukturell relativ wenig, dass Schleswig-Holstein für die Ausgaben der Kernaufgaben des Landes weniger Euro pro Einwohner als im Durchschnitt vergleichbarer Länder verbraucht.

Insgesamt kommt der Finanzminister daher zu der richtigen Aussage, dass Schleswig-Holstein die Schuldenlast nicht dauerhaft aus eigener Kraft bewältigen kann. Dies gilt natürlich auch für einige andere Bundesländer. Daher ist es richtig, dass man über eine Schuldenbremse für die Neuverschuldung nur reden kann, wenn man gleichzeitig eine solidarische Lösung für die Altschulden findet. Insoweit unterstützt der SSW voll und ganz die Position der Landesregierung.

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wir können auch den Antrag der Grünen unterstützen, in dem gefordert wird, dass die Landesregierung und unsere Vertreter in der Föderalismuskommission alles dafür tun sollen, dass ein vertretbares Ergebnis zustande kommt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was ist ein ver- tretbares Ergebnis?)

Aber mit dem zweiten Punkt des Antrages der Grünen haben wir wirklich Probleme. Wir treten nicht für eine Bundessteuerverwaltung ein. Ich denke, wenn man sich die Erfahrungen mit der Bundesagentur für Arbeit noch einmal durch den Kopf gehen lässt, so sollten diese vielleicht auch eine Warnung sein.

Auch der Forderung der Grünen, dass die Ergebnisse der Föderalismuskommission einen finanziellen Kraftakt für Bildung beinhalten müssten, stehen wir skeptisch gegenüber. Wir sind schon dafür, dass mehr Investitionen in den Bildungsbereich hineinfließen, aber es wäre besser, wenn die Länder dafür in Zukunft generell ausreichend Finanzen zur Verfügung hätten, anstatt dies noch einmal gesondert im Rahmen der Föderalismusreform zu beschließen.

(Beifall bei SSW und FDP)

Ich fasse zusammen. Der ersten Forderung des Antrages der Grünen können wir ohne Weiteres zustimmen, den beiden weiteren Punkten nicht.

Wir werden dem Antrag der Fraktionen von CDU und SPD hingegen ohne Weiteres zustimmen können.

(Beifall bei SSW, CDU und SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Für einen Kurzbeitrag hat nun der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Beitrag meines Kollegen Kubicki hat mich ein wenig gereizt.

Ich habe seine Pressemitteilung gelesen, die er heute Morgen veröffentlicht hat. Darin schreibt er:

„Und Ministerpräsident Carstensen poliert seinen Bettelstab und geht gebückt durch die angeblich unabbaubare Last der Altschulden in die Föderalismuskommission II. Dort hat er nun von den übrigen Ländern die kalte Schulter gezeigt bekommen. Ohne Eigenanstrengung keine Entschuldung. Das ist das desolate Ergebnis der Haushaltspolitik von SPD und CDU.“

Schauen wir uns einmal an, was der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin und was auch Herr Steinbrück vorgeschlagen haben. Sarrazin empfahl, so die „Lübecker Nachrichten“ von heute, sich an Berlin zu orientieren und zum Beispiel den Beamten die Gehälter um 10 % zu kürzen.

(Zuruf von der CDU)

- Ich frage Herrn Kubicki, ob er das will oder was er mit seinen Aussagen meint, wenn er von der angeblich unabbaubaren Last der Altschulden spricht und dass sich das Land an dieser Stelle endlich einmal anstrengen sollte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich habe Ihren Redebeitrag gehört und freue mich, dass Sie bereits nach drei Redebeiträgen hier im Landtag nach Canossa gegangen sind und das Gegenteil erzählt haben und mittlerweile den Vorschlag der beiden Regierungsfraktionen mittragen.

(Anke Spoorendonk)

Man lernt immer dazu. Das gilt auch für Sie. Das ist beruhigend.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von Wolfgang Kubicki [FDP])

Für einen Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.

(Zuruf von der CDU - Wolfgang Kubicki [FDP]: Weil wir uns an euch ein Beispiel nehmen!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mittlerweile wird mir klar, warum mir einer der Vertreter der Grünen in der Föderalismuskommission dauernd erklärt, dass es keinen Sinn hat, mit ihnen in Schleswig-Holstein zu reden. Niemand von uns will eine zehnprozentige Gehaltskürzung bei den öffentlichen Bediensteten, und das kann auch niemand verantworten. Aber, Herr Finanzminister, ich erinnere daran, dass wir seit Jahren - dafür haben wir sogar eine eigene Kommission unter der großen Überschrift „Schlie“ eingerichtet - die Situation diskutieren, dass Schleswig-Holstein, wenn es aus seinem strukturellen Defizit herauskommen will, Personal einsparen und abbauen muss. Wir haben bekanntlich alle gemeinsam eine Aufgabenkritik beschlossen, die dazu führen soll, dass sich das Land auf Kernaufgaben konzentriert, sodass Schleswig-Holstein, wie von Herrn Professor Seitz vorgeschlagen und von Ihnen, Herr Hentschel, ja bejubelt, zwischen 3.000 und 5.000 Planstellen längerfristig einspart, weil nur so die Personalkostensituation zugunsten des Landeshaushalts geändert werden kann. Wir warten bisher darauf. Das wäre eine Möglichkeit, hierauf zu reagieren.

Ich habe das beispielsweise auch im Zusammenhang mit der HSH Nordbank erklärt. Herr Minister, Sie werden ein Problem bekommen. Das sage ich Ihnen voraus. Selbstverständlich werden Bayern und Baden-Württemberg erklären, dass sie nicht bereit sind, mit dem 600 Millionen €, die sie demnächst in den Landeshaushalt zurückholen, quasi als Kapitalspritze die HSH Nordbank im Rahmen der Altschuldenregelung mitzufinanzieren.

Das heißt, es gibt eine Reihe von Problemfeldern, in denen wir flexibler als bisher reagieren müssen, wenn wir eine gemeinsame Lösung erhalten wollen.

Herr Kollege Hentschel, ich wäre Ihnen dankbar, Sie würden an den Debatten des Haushaltsaus

schusses und an anderen Debatten zu diesen Fragen auch einmal teilnehmen, um festzustellen, dass wir versuchen, eine gemeinsame Position aufzubauen, die sich nicht nur darin erschöpft, gegenüber anderen zu deklamieren, sondern die zum Erfolg führt, sodass wir unsere Handlungsfähigkeit erweisen.

Es ist unabweisbar, dass wir auch noch eigene Hausaufgaben erledigen müssen - Sie sprechen das auch regelmäßig an -, beispielsweise die Verwaltungsstrukturreform oder die Gebietsreform, was auch immer Sie darunter verstehen. Wir müssen also unsere eigenen Aufgaben erledigen, bevor wir von anderen erwarten können beziehungsweise von ihnen berechtigt fordern dürfen, dass sie uns ein Stück entgegenkommen.

Ich möchte Ihnen, Herrn Finanzminister, vielleicht noch einen Gedanken mit auf den Weg geben: Es wäre sinnvoll, im Rahmen dieser Diskussion wirklich einmal aufzulisten, welche Mittel im Rahmen des Länderfinanzausgleichs und vom Bund in die Verbesserung der Infrastruktur der einzelnen Länder in den letzten 30 Jahren geflossen sind. Denn wenn wir hier keine Anrechnungssystematik vorgelegt bekommen, kann man uns nicht vorwerfen, dass wir - also aus eigener Kraft - einiges tun müssen, um unsere Infrastruktur zu verbessern, während andere eine hervorragende Infrastruktur aus der Kraft der anderen Länder oder des Bundes erhalten haben. Das betrifft auch Bildungsinvestitionen. Wenn man uns vorwirft, wir müssten mehr tun, sollten wir sagen: Was tun diejenigen, für die in der Vergangenheit mehr getan worden ist als für uns?

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung erhält jetzt der Finanzminister als Vertreter des Ministerpräsidenten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich zunächst einmal sehr für die allgemeine Unterstützung, nicht nur heute in dieser Plenardebatte, sondern auch in den vergangenen Monaten durch vielfältige Kontakte, die Sie uns über alle Parteien hinweg zu den Vertretern anderer Parlamente ermöglicht haben, zu denen wir Zugang haben.

Wenn ich an den gestrigen Redebeitrag von Fritz Kuhn denke - Herr Hentschel, Frau Heinold -, dann

(Karl-Martin Hentschel)

kann ich nur sagen: Das hätte ziemlich exakt unser Papier sein können. Ich glaube, da sind wir schon einen guten Schritt weiter.

Ich werde Ihnen zu Beginn der nächsten Woche einen Aufsatz zuleiten, den ich in dieser Woche geschrieben habe und der verkürzt in einer schleswigholsteinischen Zeitung schon einmal abgedruckt war, weil er die Positionen der Landesregierung zusammenfasst und die Begründung etwas umfangreicher darstellt, weil die Debatte hierfür nicht ausreicht. Selbstverständlich biete ich gern an, dass wir im Finanzausschuss, insbesondere auch mit den Vertretern der Fraktionen, Herrn Martin Kayenburg und Herrn Stegner, sehr intensiv über den derzeitigen Stand der Beratungen informieren, weil es jetzt nämlich spannend und interessant wird, da ja in den nächsten acht Wochen etwa die wesentlichen Entscheidungen durch die Empfehlung, die die beiden Vorsitzenden in die Diskussion einbringen werden, vorbereitet werden.