Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, zwei Berichte vorzulegen. Im Berichtsantrag der Grünen geht es um die wirtschaftliche Wirkung der erneuerbaren Energien. Der Berichtsantrag der Koalitionsfraktionen befasst sich mit den Projekten Power und Power Plus. Beide Berichte liegen Ihnen vor, sodass ich nicht im Detail darauf eingehen muss.
Obwohl keine Zahlen bis hinters Komma genau vorgelegt werden, möchte ich eines deutlich machen: Die Nutzung der erneuerbaren Energien ist für Schleswig-Holstein eine Erfolgsgeschichte. Bei uns haben sich maßgebliche Windanlagenhersteller angesiedelt, darunter Weltmarktführer Vestas, REpower Systems, Nordex und DeWind. Hinzu kommen eine Vielzahl kleinerer Unternehmen aus den Bereichen Entwicklung, Service, Wartung, Planung, Beratung, aber auch Versicherer und andere Spezialisten.
Wir können davon ausgehen, dass etwa 7.000 Menschen allein im Bereich der Windenergie zusätzliche Arbeitsplätze gefunden haben. Wenn Sie am Wochenende die Stellenanzeigen in den Tageszeitungen lesen, sehen Sie, welche Fachleute für den Bereich der Windenergie gesucht werden. Dem kann man deutlich entnehmen, dass diese Erfolgsgeschichte fortgeschrieben wird.
Sie können weiter davon ausgehen, dass 1.700 Menschen in den sonstigen erneuerbaren Energien außerhalb der Windenergie eine Tätigkeit gefunden haben. Etwa 3 Milliarden € sind seit 1990 in die Windenergie investiert worden. Ein Großteil dieser Investitionen ging nach Schleswig-Holstein und hier an lokale Bau- und Handwerksfirmen. Etwa 460 Millionen € flossen im vergangenen Jahr den Betreibern der Anlagen als Einspeisevergütung zu.
In diesem Zusammenhang darf ich an eines erinnern: Als wir uns in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts zusammen überlegt haben, was man im Bereich der Windenergie tun könne, bestand einer der Ansätze darin, dafür zu sorgen, dass Landwirte durch Bereitstellung ihrer Flächen für Windmühlen zusätzliche Einnahmen erzielen. Wenn wir heute zur Kenntnis nehmen, dass über Einspeisevergütung 480 Millionen € pro Jahr in windstarke, aber bevölkerungsschwache Regionen fließen, dann kann man zu Recht von einer Erfolgsgeschichte sondergleichen sprechen. Hier findet gewissermaßen eine Umverteilung von den Ballungsgebieten in die strukturschwächeren Gebiete statt, und die positive Wirkung ist bereits jetzt zu erkennen.
Schleswig-holsteinische Gemeinden nehmen viel Geld ein. Man geht davon aus, dass eine Gemeinde bei einer 20-jährigen Laufzeit von einer 1-MW-Anlage jährlich 100.000 € an Gewerbesteuer einnimmt. Bei der jetzigen Situation macht das ein Gewerbesteueraufkommen von etwa 12 Millionen € pro Jahr aus.
Erneuerbare Energien in Schleswig-Holstein - allen voran die Windenergie - sind ein bedeutender Faktor für Hightech, für Beschäftigung und für produktive Arbeitsplätze. Auf längere Sicht leisten sie über direkte und indirekte Wirkungen einen wesentlichen Beitrag für Wachstum und Wohlstand. Deswegen treten wir für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien ein. Der Landesentwicklungsplan, der in den letzten Tagen diskutiert worden ist, möchte die Fläche für Windmühlen auf
1 % der Landesfläche erweitern. Wir möchten darüber hinaus zu einer größeren Flexibilität beim Repowering kommen. Wir stehen unmittelbar davor, dass mit dem Bau von Offshore-Parks begonnen wird, und viele Firmen, die in diesem Bereich tätig sind, beginnen nun, sich anzusiedeln. Wir sind in guten Gesprächen mit einer Firma für riesige Masten und riesige Fundamente im Offshore-Bereich. Wir werden sicherlich viele Hunderte neue Arbeitsplätze schaffen.
In Schleswig-Holstein werden rund 40 % des Stromverbrauchs von der Windenergie gedeckt. Bis 2020 erwarten wir mehr Strom aus Windenergie als aus der übrigen Produktion im Land.
Auf der anderen Seite müssen wir aber erkennen, dass dies nur dann funktioniert, wenn der Wind weht. Das heißt, wir brauchen auch in Zukunft einen vernünftigen Energiemix. Mehr brauche ich zu diesem Thema zurzeit nicht auszuführen.
Lassen Sie mich zum zweiten Teil, zum Antrag der Koalitionsfraktionen, kommen. Das Potenzial der Windkraft für die Energiegewinnung, für den Klimaschutz ist auch Gegenstand internationaler Zusammenarbeit. Das Projekt POWER und das mögliche Nachfolgeprojekt POWER CLUSTER liegen Ihnen vor. Unter dem Kürzel POWER haben sich 37 Nationen zusammengefunden, die überlegen, wie sie im Bereich des Umweltschutzes, im Bereich der Planung, im Bereich der Kooperation, zur Vorbereitung von Anlagen, zur Vorbereitung der Akzeptanz in der Bevölkerung besser zusammenarbeiten können. Dieses Projekt ist federführend mit der Wirtschaftsförderung Nordfriesland entwickelt worden und soll fortgeführt werden.
Ich kann Ihnen heute mitteilen, dass die zuständige Kommission entschieden hat, das Nachfolgeprojekt POWER+ weiterzuführen, sodass auch von daher die gemeinsame Arbeit der 37 Nationen um die Nordsee herum stattfinden kann. Vor zwei Tagen wurde mir aus meinem Haus mitgeteilt, dass das Projekt POWER CLUSTER vom Steering Committee für das Nordseeprogramm genehmigt wurde. Ich denke, dass auch dies ein gutes Signal für die erneuerbaren Energien ist.
Herr Minister, ich lobe Sie. Ich bedanke mich bei dem Herrn Wirtschaftsminister und eröffne die Aussprache.
Das Wort für den Antragsteller BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Branche der erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein, allen voran die Windenergie, ist ein Jobmotor und Treibstoff für unsere Wirtschaft in Schleswig-Holstein. 37.000 Arbeitsplätze im Bereich Windenergie. Hinzu kommen etwa 1.700 Arbeitsplätze in anderen Bereichen der regenerativen Energien.
Hintergrund unserer Antragstellung war auch die Antragstellung anderer Fraktionen hier im Haus, die wirtschaftlich negative Folgen des Stillstands von großen Atomkraftwerken in Schleswig-Holstein befürchten. Gestatten Sie mir daher einen Vergleich, einen Ausblick hinsichtlich der Arbeitsplatzproduktivität dieser Branchen.
Im Atomenergiebereich sind weniger als 1.000 Menschen beschäftigt, bei Kohlekraftwerken im Bestand, über alle Kohlekraftwerke in SchleswigHolstein gerechnet, gilt etwa dasselbe. Beispiel: Gemeinschaftskraftwerk Kiel-Ost. Dort sind zurzeit etwas über 100 Menschen beschäftigt. Für das geplante und jetzt Gott sei Dank in der Planung ausgesetzte Kraftwerk waren weniger vorgesehen. Obwohl es wesentlich größer sein soll, nämlich dreimal so groß, ist die Planung, dort weniger Menschen zu beschäftigen. Absehbar wird der Zubau von Kohlekraftwerken, selbst wenn er in der geplanten Größenordnung in Schleswig-Holstein umgesetzt wird, weniger Arbeitsproduktivität zeigen, nämlich weniger als ein Siebentel dessen, was wir heute im Windenergiebereich haben. Das ist ein Bereich, der in Zukunft, wenn die Kohlekraftwerke fertig sind, etwa dreimal so groß sein wird. Damit wollte ich Ihnen die Dimensionen hinsichtlich der Arbeitsplatzproduktivität der verschiedenen Energiebereitstellungstechniken verdeutlichen. Die erneuerbare Energie hat da die Nase um ein Vielfaches vorn.
Namen meiner Fraktion beim Wirtschaftsministerium sehr herzlich bedanke, vorsichtig umgeht. Die Besitzverhältnisse in den Projekten sind zum Teil nicht bekannt. Nicht bekannt ist, ob die Investoren in Schleswig-Holstein ansässig sind oder von außerhalb kommen. Das sind bedeutende Unterschiede für die Wirtschaftseffekte. Nimmt man die Arbeitsstunden eines Notars zur Notifizierung von Verträgen hinzu, stellt sich die Frage, wie man das erfassen kann. Das alles sind Imponderabilien, die es sehr schwierig machen, exakte Zahlen für einen solchen Bericht zu ermitteln.
Da ist die aus dem Strom erwirtschaftete Summe sicherlich ein Maßstab, der objektiv ist, aber auch nur mit begrenzter Aussagekraft. Insofern bleiben es Abschätzungen und Plausibilitäten. Selbst bei Abweichungen ändert sich an den Größenordnungen nichts.
Wir haben in Schleswig-Holstein auch Hersteller. Der Minister erwähnte dies. Mit Industrie ist unser Bundesland nicht üppig ausgestattet. Daher hätte ich eine deutlichere Darstellung dieses Teils in Ihrem Bericht erwartet. Die Firmen finden dort keine Erwähnung. Ich tue das aus diesem Grund. Die Firma DeWind in Lübeck, Nordex in Norderstedt, REpower in Husum und demnächst auch in Rendsburg auch mit der Produktion ansässig - jetzt gibt es bereits eine Abteilung Entwicklung dort - und nicht zuletzt Vestas in Husum mit bedeutender Produktion großer Anlagen. Vestas ist der international führende Konzern auf diesem Gebiet. Dabei ist bemerkenswert, dass unsere Windanlagenbauer inzwischen eine Exportquote haben. Ich erinnere an die windfeindlichen Debatten, die hier in den vergangenen Legislaturperioden geführt worden sind, adressiere das darum an CDU und FDP. Die Exportquote der Windanlagenhersteller in Schleswig-Holstein liegt inzwischen deutlich über dem Durchschnitt des Maschinen- und Anlagenbaus in Deutschland.
Das Gesetz, der Treibriemen, ist das ErneuerbareEnergien-Gesetz. Statt die EEG-Novelle zu einer Vergütungsanpassung zu nutzen - was tat der zuständige Minister? Er stellte im Wirtschaftsausschuss des Bundesrats den Antrag, den Referenzertrag von Windenergieerzeugungsanlagen zu erhöhen. Das bedeutet: Keine Windkraft auf weniger windhäufigen Standorten. Das wiederum betrifft auch Schleswig-Holstein, zumindest aus der Perspektive der Hersteller und Lieferanten. Das ist die einzige zumindest mir bekannte Initiative des Ministeriums in Sachen EEG-Novellierung, die für unser Bundesland diese herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat.
Der Minister fällt auch den Stromkonzernen nicht in den Arm, die durch Nichtabnahme von Windstrom mit vorgeblichen Netzengpässen großen wirtschaftlichen Schaden für unsere Windmüller anrichten. Das sogenannte Erzeugungsmanagement muss scharf kontrolliert werden.
Der Netzausbau ist das Nadelöhr für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der erneuerbaren Energien und der Windenergie. Es gibt dazu Landtagsbeschlüsse und mehrere Kreistagsbeschlüsse. Der zuständige Minister scheint den Interessen der großen Energiemonopolisten näher zu stehen als unseren Windmüllern. Ungerührt schaut er auch da zu.
Die erneuerbaren Energien bieten große wirtschaftliche Chancen für unser Land. Der zuständige Minister dieser Landesregierung nutzt diese Chancen nicht. Er kümmert sich lieber um große Kohlekraftwerke. Das EEG befindet sich in Novellierung. Glücklicherweise - nicht von Schleswig-Holstein getrieben - soll die Windenergievergütung etwas heraufgesetzt werden.
Ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin. Auf Intervention der CDU im Bund soll die Biomassevergütung im Gegenzug heraufgesetzt werden. Ich mache dazu nur eine Bemerkung. Die Flächenproduktivität von physikalischer Sonnenkrafterschließung im Verhältnis zur Biomasse ist etwa um den Faktor 50 günstiger. Also lasst uns mit Biomasse in Zukunft vorsichtiger umgehen, als es in der Vergangenheit der Fall war!
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Hartmut Hamerich.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat in seiner Januar-Tagung auf Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung gebeten, einen schriftlichen Bericht zu den wirtschaftlichen und finanziellen Effekten der Nutzung erneuerbarer Energien in Schleswig-Holstein abzugeben. Hinzu kam in der Februar-Tagung ein weiterer Antrag zu einem Bericht über die Nordseekooperation und hier speziell zum Stand der Projekte POWER und POWER+, und das auf Antrag der CDU und der SPD. Beide Berichte liegen uns jetzt vor. Dafür bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion bei Herrn Minister Austermann und seinen Mitarbeitern.
Auch wenn der Landesregierung zu wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen keine belastbaren Daten zur Verfügung stehen, kann man aufgrund von Schätzungen aus der Branche davon ausgehen, dass aus Produktion, Entwicklung und Nutzung der erneuerbaren Energien eine wesentliche Wertschöpfung entsteht. Sieht man einerseits, dass bis zum Jahr 2006 allein circa 3 Milliarden € private Investitionen in die Windenergie zum großen Teil in Schleswig-Holstein geflossen sind, und auf der anderen Seite, dass nach Aussage des Bundesverbandes der Windenergie 7.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze entstanden sind, zusätzlich circa 1.700 weitere Arbeitsplätze im Bereich der anderen erneuerbaren Energien, kann man sich den Wirtschaftszweig erneuerbare Energien in unserem Land nicht mehr wegdenken.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wohl wahr! - Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Zu Ihnen komme ich gleich noch, Herr Hentschel. - Er ist ein bedeutender Faktor für Wirtschaft, Beschäftigung und Klimaschutz in unserem Land.
Was sich mir allerdings immer wieder nicht erschließt, ist die Argumentation der Grünen. Ich werde hier auch noch einmal das leidige Thema Fehmarnbelt ansprechen müssen. Herr Kollege Hentschel, seltsamerweise wird die Möglichkeit, dass sich Schweinswale an den Brückenpfeilern der Fehmarnbelt-Querung stoßen könnten, immer wieder herangezogen, um gegen diese Belt-Querung zu sein. Seltsamerweise sind hier auch immer wieder die Verwirbelung des Wassers im Bereich der Brücke und der Austausch von Salz erhebliche Faktoren. Das finden wir allerdings im Zusammenhang
Wir sind für den Ausbau der erneuerbaren Energien, und in diesem Bereich sind wir in SchleswigHolstein auch international involviert.
Ich habe Sie so verstanden, dass die grüne Fraktion im Zusammenhang mit der Fehmarnbelt-Querung das Kollisionsrisiko von Schweinswalen mit den Brückenpfeilern thematisiert hätte. Mir ist das nicht bekannt. Meinen Sie damit irgendetwas, was ich in den Protokollen des Landtages wiederfinden kann, oder haben Sie sich das eben ausgedacht?