Protokoll der Sitzung vom 30.05.2008

Ich habe Sie so verstanden, dass die grüne Fraktion im Zusammenhang mit der Fehmarnbelt-Querung das Kollisionsrisiko von Schweinswalen mit den Brückenpfeilern thematisiert hätte. Mir ist das nicht bekannt. Meinen Sie damit irgendetwas, was ich in den Protokollen des Landtages wiederfinden kann, oder haben Sie sich das eben ausgedacht?

Herr Kollege Matthiessen, nach meinem Kenntnisstand ist der ehemalige Umweltminister Trittin Mitglied der Grünen in Deutschland. Der hat diese Äußerung öffentlich gemacht.

Ich nenne für die internationale Beteiligung Schleswig-Holsteins die Projekte POWER und POWER CLUSTER. POWER hat hier in keiner Weise mit Macht oder Stärke zu tun, sondern bedeutet Pushing Offshore Wind Energie Regions. Das ist ein aus INTERREG III B gefördertes Programm aus der Zeit von Februar 2004 bis September 2007. Es wurden circa 1,75 Millionen € EU-Gelder eingesetzt. Es hatte dadurch ein Gesamtvolumen von 3,5 Millionen €. Es befasst sich mit der Nutzung der Offshore-Windenergien, für die im europäischen Raum ein enormes Potenzial bei der Energiegewinnung gesehen wird. Teilnehmer an diesem Projekt in der Nordseeregion waren 37 Partner aus fünf Ländern: Großbritannien, Dänemark, die Niederlande, Belgien und Deutschland sind involviert.

Aus Schleswig-Holstein waren die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums als Subpartner und die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein beteiligt.

Die POWER-Projektpartner sind übereingekommen, ein Nachfolgeprojekt mit zusätzlichen Partnern aus Norwegen und Schweden zu entwickeln. Schwerpunkt hierbei ist die wirtschaftliche Nutzung des Offshore-Potenzials und die Präsentation der Nordseeanrainerstaaten als weltweit führende Offshore-Windregion. Schleswig-Holstein ist mit zwei Partnern an diesem Projekt beteiligt, mit der Wirtschaftsakademie und dem Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Verkehr. Der Projektantrag hierfür ist am 17. März 2008 im Rahmen des INTERREG-Programms IV B gestellt worden. Bei positivem Bescheid können wir im Sommer starten.

Ich hoffe, wir werden in nächster Zukunft den Bereich Nordseekooperation ähnlich erfolgreich gestalten können wie den Bereich der Ostseekooperation.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Ich glaube, wir haben hier positive Ansätze.

Ich beantrage, die beiden Berichte an den Wirtschaftsausschuss und für den Bereich der Nordseekooperation mitberatend an den Europaausschuss zu überweisen.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Ich bedanke mich bei Herrn Abgeordneten Hamerich - auch für die geschenkte Zeit. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Olaf Schulze.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal möchte ich mich beim Wirtschaftsministerium für die beiden Berichte recht herzlich bedanken.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Lassen Sie mich zuerst auf die Effekte der erneuerbaren Energien für Schleswig-Holstein eingehen, bevor ich dann

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Zur Fehmarnbelt- Querung!)

zur Nordseekooperation komme - anders als der Kollege Matthiessen, der dieses Thema völlig verschwiegen hat.

Die erneuerbaren Energien sind einer der sichersten und zukunftsfähigsten Wirtschaftbereiche, die wir hier in Schleswig-Holstein haben. Nach Angaben des Bundesverbandes Windenergie beliefen sich die privaten Investitionen in Windenergienutzung in Schleswig-Holstein auf 3 Milliarden €, und die jährlichen Umsätze für die Unternehmen werden auf 2 Milliarden € geschätzt. Circa 7.000 Arbeitsplätze in der Windenergie und circa 1.700 bei anderen erneuerbaren Energien in SchleswigHolstein zeigen, dass hierin ein erhebliches wirtschaftliches Potential steckt.

Laut dem Deutschen Windenergie-Institut werden bis 2017 weltweit Windkraftanlangen mit einer Gesamtleistung von 718.000 MW installiert sein. 80 % der in Deutschland hergestellten Bauteile und Turbinen sind für den Export, und die hohe Nachfrage kann nicht gedeckt werden.

Innerhalb Deutschlands nimmt Schleswig-Holstein bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien mit 30 % eine Spitzenposition ein. Wir setzen uns dafür ein, dass unser Anteil ausgebaut wird. Ab 2020 können wir nach Aussage des Wirtschaftsministeriums im Grünbuch unseren Strombedarf zu 100 % allein durch Windkraft decken. Diese Zahlen verdeutlichen, dass gerade in Schleswig-Holstein die erneuerbaren Energien, allen voran die Windenergie, zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren geworden sind. Die Firma REpower in Husum ist nur ein erfolgreiches Beispiel für SchleswigHolstein.

Die SPD begrüßt auch die Entscheidung, sich mit Rendsburg für einen weiteren Standort bei uns im Norden entschieden zu haben. Dagegen bedauern wir die Entscheidung in Eggebek. Aus unserer Sicht wäre dies ein erstklassiges Projekt geworden. Solche zukunftsweisenden Initiativen, bei denen Wirtschaft und Wissenschaft eng miteinander kooperieren, müssen von uns gefördert werden, und ich hoffe, dass hier noch nicht alles verloren ist.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Nach ersten Pressemitteilungen hätten sofort die ersten 80 Arbeitsplätze geschaffen werden können, die nun ausbleiben. Schleswig-Holstein darf die Perspektive nicht aus den Augen lassen und den Innovationsvorsprung, den wir zurzeit noch haben, nicht verspielen.

Lassen sie uns im Ausschuss über diese und die im Bericht etwas kürzer behandelten erneuerbaren Energien wie Solarenergie und Geothermie sowie deren Chancen für Schleswig-Holstein diskutieren

(Hartmut Hamerich)

und alles dafür tun, dass wir die erneuerbaren Energien als Jobmotor in Schleswig-Holstein fördern.

Lassen sie mich nun zum zweiten Teil des Tagesordnungspunktes kommen. Auch hier begrüßen wir es außerordentlich, dass die Landesregierung für die Fortsetzung des POWER-Projekts eintritt und wir mit POWER+ ein herausragendes Programm zur Förderung erneuerbarer Energien im Nordseebereich fortschreiben können.

POWER hat vor allem deutlich gemacht: Nur in der Kooperation mit Partnern aus Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien besteht für uns die Möglichkeit, das Potenzial der gesamten Wertschöpfungskette von Offshore-Projekten auszuschöpfen. Dies sollten wir uns zunutze machen und weitere interregionale Projekte und Kooperationen ins Leben rufen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wenn Initiativen und Projektleitungen von Schleswig-Holstein ausgehen, haben wir die größten Chancen, uns auch international zu etablieren. Es gibt bereits einige gute Beispiele aus dem INTERREG-Programm, wie zum Beispiel ProBioEnergy zur Nutzung der Biomasse oder ERE, ein Projekt zur Erschließung von Energieressourcen.

Ich bitte daher die Regierung ausdrücklich darum, auch in anderen Bereichen interregionale Projekte in der Nordseeregion einzurichten. Starten Sie nordseeweite Arbeitsmarktkooperationen, so können wir Fachkräfte nach Schleswig-Holstein holen und uns international etablieren!

Auch in der europäischen Meerespolitik und im Natur- und Umweltschutz sollten wir unsere Position ausbauen. Mit Wissensvorsprüngen in diesen Bereichen besitzt man ein wertvolles Exportgut, das sich weltweit, besonders im asiatischen Raum, vermarkten lässt.

(Beifall bei SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Chancen, die uns interregionale Projekte und Netzwerke bieten, nutzen! Schleswig-Holstein besitzt mit seiner Lage an Nord- und Ostsee, mit der Grenze zu Dänemark und den direkten Schiffsverbindungen zu vielen internationalen Häfen die besten Vorraussetzungen - besser hat es kein anderes Bundesland in Deutschland.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei CDU und SSW)

Ich danke auch Herrn Abgeordneten Olaf Schulze für die geschenkte Zeit.

Ich begrüße die zwischenzeitlich eingetroffene weitere Klasse der Klaus-Groth-Realschule aus Heide und Schülerinnen und Schüler der Realschule Pönitz aus Ostholstein. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat nun für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Matthiessen, ich finde, Sie sind im ersten Teil Ihrer Rede recht pfleglich mit dem Wirtschaftsminister umgegangen, wenn man sich einmal vor Augen hält, dass der Landtag einstimmig in der 78. Sitzung am 31. Januar 2008 acht präzise Fragen an die Landesregierung gestellt hat und die Landesregierung ganz lapidar auf acht präzise Fragen antwortet:

„Der Landesregierung liegen keine belastbaren Daten zu den wirtschaftlichen und finanziellen Effekten der Erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein vor.“

Ich finde das nicht befriedigend, eine solche Antwort auf acht präzise Fragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte einfach einmal aus der Pressemitteilung des Wirtschaftsministers vom 3. April 2008 zitieren. Dort sagt Minister Austermann:

„Neben dem energetischen Nutzen profitiert das Land auch wirtschaftlich von der Windenergienutzung.“

Wenn ich dem Bericht der Landesregierung in der Drucksache 16/1944 glaube, dann hat der Wirtschaftsminister offensichtlich keine Ahnung, wie die Effekte tatsächlich sind. Denn ausweislich des Berichts liegen ihm überhaupt keine Daten vor, die dies belegen.

Dann geht Minister Austermann in seiner Pressemitteilung vom 3. April 2008 sogar noch weiter. Er sagt konkret:

„7.000 Arbeitsplätze konnten bisher geschaffen werden, 3 Milliarden € sind in die Windenergienutzung investiert worden...“

(Olaf Schulze)

Hat er jetzt Zahlen, oder hat er keine? - Offenbar hat er ja doch Zahlen. Warum antwortet er auf die acht präzisen Fragen, die gestellt worden sind, nicht genauso präzise? Das verstehe ich nicht.

Selbstverständlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen Zahlen vor. Milan Nitschke, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energien, sagt, dass bundesweit bislang 250.000 Menschen in der Branche der erneuerbaren Energien beschäftigt sind. Kai Lippert, Regionalbeirat im Bundesverband Solarwirtschaft, sagt, dass allein der Arbeitsmarkt Photovoltaik in Schleswig-Holstein einen Zuwachs von 60 % zu verzeichnen hat.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ohne Zweifel ein Wirtschaftsfaktor für das Land. Die Unternehmen haben Tausende neue Arbeitsplätze geschaffen, vermelden traumhafte Wachstumszahlen und hohe Gewinne. Das muss auch so sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, denn mittlerweile sind die Subventionen, die die erneuerbaren Energien erhalten, bedeutend höher, als sie für Steinkohle jemals waren. Vielleicht sollte sich die Landesregierung einfach einmal etwas intensiver mit der Thematik auseinandersetzen. Dann würde es ihr auch gelingen, präzise Antworten auf präzise Fragen dieses Parlamentes zu geben.