Das, was Sie machen, Herr Matthiessen, ist eine Konterkarierung des Prozesses von Frau Künast, die in ihren Reden durchgängig immer - auch da könnte ich zitieren; ich spare mir das jetzt - von marktgerechter Produktion, Abschaffung von Subvention, Grundkurs Marktwirtschaft und WTO-Bestand geredet hat. Ich habe mir das gestern Nacht noch einmal im Internet angeguckt. Das, was Sie machen, wenn Sie von Schande sprechen, ist eine Schande für die grüne Politik. Das ist es, weil es nichts mehr mit Ihrer eigenen Philosophie zu tun hat.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe dem Hohen Haus eine Neuregelung in Erinnerung, die die Arbeitsgruppe Geschäftsordnungsreform vorgeschlagen hat, die allerdings noch nicht in die gedruckte Fassung unserer Geschäftsordnung eingegangen ist, nämlich, dass nach der Rede eines Regierungsmitgliedes jede Fraktion die Chance zu einem Kurzbeitrag für drei Minuten nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat. Nicht geändert allerdings ist die Bestimmung, wonach das Verlesen von Erklärungen und Reden unzulässig ist.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Beitrag von Herrn Matthiessen möchte ich einiges richtigstellen. Herr Matthiessen, Sie haben hier heute das wiederholt, was Sie am 28. Mai in einer Presseerklärung schon einmal gesagt haben. Ich muss Ihnen Folgendes vorhalten: Auch wenn man etwas wiederholt, wird es dadurch nicht richtiger.
Ich halte es für eine gewaltige Unverfrorenheit, unserem Minister unserer Landesregierung Mitschuld an dem Preisverfall auf dem Milchsektor zu geben. Die Landesregierung, an der Spitze der Ministerpräsident, hat das gemacht, was sie machen konnte. Sie hat moderiert und eingegriffen, und das mit Erfolg.
Sie sprechen von der unsäglichen Quotenerhöhungspolitik, die der Minister gemacht hat, und widersprechen sich in einem anderen Absatz dann selbst. Das passt nicht in die Welt.
Eine Quotenregelung schützt nicht vor niedrigen Milchpreisen. Wir haben gerade beim Weizenmarkt gesehen: Der Markt muss regelnd die Preise bestimmen. Die Weizenpreise sind gestiegen, weil wir das auf dem Markt reguliert haben. Bei der Milch haben wir eine Überproduktion. Dadurch sinkt der Milchpreis. Wenn der Milchpreis wieder ins Lot kommen soll, muss auch die Menge stimmen. Das, was Herr Ehlers gesagt hat, ist richtig: Wir müssen die Quote auf Dauer abschaffen. Das ist der einzige Weg, um unseren Milchbauern den Weg zu ebnen.
Nochmals: Ich verwahre mich dagegen, dass die Landesregierung, unser Minister, Schuld am Preisverfall bei der Milch hat.
Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, wir haben zurzeit eine Regelung, in der die Quote gilt. Sie haben nichts Besseres vorgehabt, als sich gegenüber der ursprünglich ins Auge gefassten Erhöhung um 0,5 % für eine jetzt stattgefundene 2-%-Erhöhung auf EU-Ebene einzusetzen. Daher sage ich: Sie tragen eine direkte Mitverantwortung für das Milchpreisdesaster, das wir zurzeit beobachten können.
Zur Zukunft. Wenn die Quote wegfallen sollte, haben wir das Problem, das ich vorhin in kurzen Beispielen erläutert habe: Was machen wir mit den Berchtesgadener Milchbauern? Was machen wir mit Hanglagen von 40 %, von 30 %? Sollen die Alpen verwaltet werden, oder wollen wir Almwirtschaft erhalten?
Diese Frage ist genauso für schleswig-holsteinische Bauern, die auf anmoorigen, natürlichen Grünlandstandorten wirtschaften müssen, die wir auch weiter in der Produktion halten wollen, zu beantworten.
Dazu schlage ich einen sogenannten gestaffelten Preis vor, das heißt ein Liefermengengerüst, das kleinere Liefermengen preislich bevorteilt.
Das hat den Vorteil, dass diese Liefermengen von größeren Landnachbarn nicht unter Mitnahme der ersten Quote übernommen werden können.
Wenn Sie an diesem Vorschlag Kritik haben, machen Sie bitte andere Vorschläge. Sie aber lassen dieses Problem, das ich zu skizzieren versucht habe, dass wir die Landwirte in der Fläche auch wirtschaftlich erhalten wollen, völlig unberührt. Sie machen dazu keine Vorschläge, meine Damen und Herren. Das rechne ich Ihnen sehr negativ an. Darum sage ich: Das ist Verrat an den Interessen der Bauern und des ländlichen Raums.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist der erste Teil der Aktuellen Stunde beendet. Ich rufe auf:
Aktuelle Stunde Ergebnisse des am 16. Juni 2008 vorgestellten Eckpunktepapiers der Landesregierung für den Haushalt 2009/2010
Für die antragstellende Fraktion erteile ich deren Fraktionsvorsitzenden, dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die Große Koalition in diesem Land eine Berechtigung gehabt hätte, dann die, den Haushalt zu sanieren. Davon ist nichts zu spüren. Im Gegenteil.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Der Mann kennt sich aus! - Hartmut Hamerich [CDU]: Ihr habt mehr in die Grütze gefahren, als wir ge- dacht haben!)
Die vorherige Regierung ist ja sehr für ihre Haushaltspolitik kritisiert worden. Aber immerhin hat sie es jedes Jahr geschafft, im Durchschnitt 250 Stellen einzusparen und die Häuser zu budgetieren. Die Eckwerte dieser Regierung sprechen nur noch von Mehrausgaben. Statt vor zwei Wochen Eckwerte für die Haushalten zu beschließen, hat die Regierung lediglich Nebelkerzen geworfen.
Die größte Nebelkerze, die hier übrigens ständig geworfen wird, ist das Vergleichsjahr 2005. Die Ausgabenseite des Jahres 2005 wurde nämlich von Ihnen bewusst so katastrophal gestaltet, damit Sie hinterher immer sagen können: Wir stehen ja gut da.
Wenn Sie ehrlich sind, nehmen Sie doch beispielsweise das Referenzjahr 2004. Das ist das letzte Jahr, das die alte Regierung zu verantworten hat. Und es war ein Wahljahr, also ein Jahr, in dem man nicht zu wenig ausgibt. Im Jahr 2004 lagen die Steuereinnahmen - übrigens einschließlich Länderfinanzausgleich - bei 5,3 Milliarden € und die Neu
verschuldung bei 800 Millionen €. Für das kommende Jahr, über das wir jetzt reden, liegt die Schätzung der Steuereinnahmen bei 6,8 Milliarden €. Das sind 1,5 Milliarden € oder 28 % mehr als vor fünf Jahren. Diese Mehreinnahmen sind Ihnen bis auf die Mehrwertsteuererhöhung in den Schoß gefallen.
Reden wir also jetzt Klartext. Wenn Sie von den 28 % Mehreinnahmen nur jeden zweiten Euro für die Reduzierung der Neuverschuldung genutzt hätten, würden Sie angesichts der sprudelnden Einnahmen bereits jetzt fast schwarze Zahlen schreiben. Wenn Sie stattdessen erzählen, Sie wollten einen verfassungsgemäßen Haushalt verabschieden, dann sagen Sie damit lediglich: Sie wollen im nächsten Jahr wieder einmal 600 Millionen € an neuen Schulden aufnehmen. Das hat mit Haushaltssanierung nichts zu tun.
Sie sind vor drei Jahren lauthals angetreten, um die Ausgaben strikt zu begrenzen. Tatsächlich sind Ihnen die Ministerien völlig aus dem Ruder gelaufen.
Sie wollten 5.000 Stellen in der Bürokratie abbauen und haben dafür sogar die Stelle eines neuen Staatssekretärs geschaffen. Ein Journalist fragte für die „Landeszeitung“ vom letzten Dienstag: Reden wir über die Reformen im Bereich der Landesregierung. Große Ankündigung - null Ergebnis? - Da antwortete der Fraktionsvorsitzende Herr Wadephul, der da vorne sitzt, doch tatsächlich: Das ist leider zutreffend.
Und was ist mit der großen Funktionalreform, mit der Sie durch das Land gelaufen sind? Aufgaben an die Kommunen übertragen, alles neu machen? Sie sollte nach Auskunft Ihrer eigenen Gutachter über 100 Millionen € einbringen. Die haben Sie aus Angst vor Ihren Parteifreunden schlicht auf 2013 vertagt.
Herr Kollege Hentschel, bin ich erstens richtig informiert, dass für den Haushalt 2005 offiziell 550 Millionen € Nettoneuverschuldung veranschlagt waren?
Zweitens. Trifft es zu, dass im Rahmen der rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen eine zusätzliche Deckungslücke von rund 900 Millionen € aufgetaucht ist?
Ist Ihnen beides bekannt? Würden Sie vor diesem Hintergrund Ihre jetzige Behauptung aufrechterhalten?
Herr Stritzl, das ist ja gerade das, worüber ich geredet habe. Diese Regierung hat alle Lasten, die man finden konnte, möglichst in das Jahr 2005 gebracht, um anschließend besser dazustehen. Und dann sagen Sie immer: 2005 ist unser Bezugsjahr. Wenn wir die Neuverschuldung halbieren und wieder auf die Verhältnisse von 2004 kommen, haben wir ungeheuer viel geschafft. - Nichts haben Sie geschafft!
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Thomas Stritzl [CDU]: Stimmen denn die Zahlen, die ich genannt habe?)