Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer die Diskussion auch im Fernsehen zur Fragestellung verfolgt, warum es einen Regierungswechsel am 18. September geben muss, der stellt fest, dass die Frage der Arbeitslosigkeit für die Menschen eine erhebliche Rolle spielt. Wer sich gefragt hat, woran das unter anderem liegt, dass wir heute
6,5 Millionen Menschen außerhalb des Erwerbsprozesses haben, kann sich Ihren Redebeitrag, Herr Kollege Hentschel, noch einmal ganz in Ruhe anhören. Die Art und Weise, wie Sie hier über wirtschaftlich Tätige im Lande reden, wie Sie die Bedeutung von funktionierender Infrastruktur für die Wirtschaft herunterspielen, hat doch nur eine Konsequenz: Wer so wie Sie agiert, wird nicht nur bestehende Arbeitsplätze gefährden, er wird auch noch hinzukommende beziehungsweise bestehende vernichten. Das ist die Situation, die wir haben.
Herr Kollege Hentschel, wenn Sie über Subventionen reden und sagen, es gebe in Zukunft nur noch acht Großflughäfen, das habe die Lufthansa Ihnen gesagt: Denen wäre wahrscheinlich ein Großflughafen am liebsten. Aber von den acht Großflughäfen, Herr Kollege Hentschel, laufen zurzeit zwei ohne Subventionen. Das wissen Sie doch auch. Es gibt im Bereich der Daseinsvorsorge, sprich Wirtschaftspolitik, sprich Infrastrukturpolitik, Dinge, die der Staat mitfinanzieren muss. Es geht gar nicht anders, das wissen Sie auch. Auch Ihre geliebten Radwege sind subventioniert, Herr Hentschel.
Ein zweiter Punkt. Herr Kollege Müller, Sie hatten sich die Zeit genommen, Herrn Dr. Wadephul anzugreifen. Dr. Wadephul hat aber nicht gesagt, Verbandsklagerecht da, wo es uns gefällt. Wir haben eines festzustellen, wenn man der Meinung ist, Herr Kollege Müller, dass das Verbandsklagerecht eine gewisse Konzentrationswirkung im verwaltungsrechtlichen Verfahren bedeuten kann, vor dem Hintergrund, dass ansonsten Sperrkäufe gemacht werden. Dann darf aber diese Konzentrationswirkung nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Planungsverfahren als solche so lang angelegt werden, dass die Planung verunmöglicht wird beziehungsweise der Abschluss derselben. Das ist das, was Herr Dr. Wadephul gesagt hat: Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir auch im Planungsrecht im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn so wettbewerbsfähig sein, dass man das, was man woanders macht, unter gleichen Bedingungen auch in Deutschland machen könnte, um uns nicht aus der Zukunft durch zu lange Zeitabläufe schlichtweg hinauszugenehmigen. Das ist die Überlegung, die dahinter steckt.
Eines zum Schluss, Herr Kollege Hentschel. Der Flughafen Blankensee ist nicht ohne Genehmigung, das stimmt ja nicht. Das, was der vierte Senat des
Oberverwaltungsgerichts zur Überraschung aller neu festgestellt hat, ist, dass die Genehmigungsfiktion, von der man seit 1959 ausgegangen ist, durch Veränderungen, die durch das alte Planungsrecht abgedeckt sind, nunmehr nicht mehr gelten soll. Ich nehme mit Überraschung zur Kenntnis, dass mir ein Vertreter, der früher die oberste Landesbehörde darstellte beziehungsweise die das früher federführend mitgetragen hat, gesagt hat, das hätten die alles schon gewusst. Das allerdings überrascht mich, Herr Kollege. Wenn das so gesehen wird, dass die das alles gewusst haben, dann stellt sich allerdings die Frage, warum zu dem Zeitpunkt, als Sie noch handeln konnten, Sie nicht gehandelt haben. Das ist wirklich die Frage, die man sich hier stellen muss.
In dem Sinne - ich habe hier nicht Herrn Saxe zu verteidigen - finde ich es dann schon merkwürdig: selbst nicht handeln und dann den Bürgermeister von Lübeck dafür in die Verantwortung ziehen. Das ist das, Herr Kollege Müller, was Sie zu Recht beklagt haben: „Haltet den Dieb“ als die Melodie für eigenes Versagen!
Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Müller, ich bin doch ziemlich schockiert. Ein Mann Ihrer Intelligenz und Ihres Wissens
hat bis vor kurzer Zeit als Minister in einer Regierung des Landes Schleswig-Holstein gesessen und teilt Unternehmer, Investoren in zuverlässige und nicht zuverlässige Partner ein. Ich habe so etwas Erschreckendes über Arbeitgeber in diesem Land noch nicht gehört. Das muss ich Ihnen sagen.
Nicht einmal an den Stammtisch, nicht einmal auf Parteiversammlungen, aber schon gar nicht in dieses hohe Haus gehört so eine Aussage, das sei kein zuverlässiger Partner. Ich persönlich distanziere mich von solchen Äußerungen.
verlässigen Partner? Ich will nur der Öffentlichkeit erklären, dass das nicht die Meinung des hohen Hauses ist. Das ist hoffentlich nur eine Einzelmeinung. Ich jedenfalls distanziere mich von dieser Äußerung.
Als Ausschussvorsitzender des Wirtschaftsausschusses möchte ich ganz kurz aus einem Protokoll, bei dem es um die Frage der Verbandsklage geht, zitieren, damit das hier auch vor der Öffentlichkeit und für das Protokoll klargestellt wird.
„Abgeordneter Müller problematisiert den von Senator Halbedel erwähnten Vorschlag, das Verbandsklagerecht abzuschaffen. Ohne das Verbandsklagerecht wäre Naturschutz zahnlos. Es sei eine demokratische Errungenschaft. Die Frage von Abgeordneten Müller, ob die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Position von Senator Halbedel teilt, beantwortet Minister Austermann mit der Feststellung, dass es dazu keinen Beschluss der Landesregierung gebe. Allerdings gebe es Fälle, in denen das Verbandsklagerecht dazu benutzt würde, persönliche Interessen im Interesse des Naturschutzes zu verstecken.“
„Er, Minister Austermann, sage jedoch nicht, er empfehle der Landesregierung, die Verbandsklage abzuschaffen.“
Das ist das wörtliche Zitat aus dem Protokoll und nichts anderes. Damit das deutlich ist: Er hat es nicht gefordert und er wird es auch nicht vorschlagen.
Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag erhält der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Abgeordneter Lothar Hay.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die angesehene britische Wirtschaftszeitung „The Economist“ hat vor kurzem festgestellt, dass der Aufschwung in Deutschland zu laufen beginnt. Die einzige Sorge, die sie hat, ist, dass die Politik dies kaputtmachen kann. Herr Kollege Müller, Ihr Beitrag sollte hoffentlich nicht nach draußen dringen. Er war der Ansatz dafür, dies kaputtzumachen, was ich mit großer Sorge sehe.
Erste Bemerkung. Wenn Sie einem Unternehmen unterstellen, es sei unzuverlässig, dann müssen Sie auch den Beweis dafür liefern. Ich könnte Ihnen Firmen nennen, tue das aber trotzdem nicht. Damit haben Sie dem, was Sie als Minister gemeinsam mit anderen Kabinettsmitgliedern unterstützt haben, insgesamt einen Bärendienst erwiesen.
Wir alle brauchen den Flughafen Lübeck deshalb, weil Lübeck eine der Regionen mit der höchsten Arbeitslosigkeit ist. Jede Investition, die dort getätigt wird, ist richtig. Ich habe gestern darauf hingewiesen, in welchem Konkurrenzkampf sich Lübeck unter anderem mit Mecklenburg und der Gemeinde Büdelsdorf befindet, obwohl wir dort als SPD-Fraktion bereits Initiativen ergriffen haben. Ich hoffe, Sie können das korrigieren, damit in diesem hohen Hause dieser Eindruck so nicht bestehen bleibt.
Die zweite Bemerkung mache ich zu dem, was den Kollegen Hentschel veranlasst hat, den Subventionierungs- und Infrastrukturmaßnahmen das Wort zu reden. Herr Hentschel, alles das, was wir gemeinsam zur Stärkung des Schienenverkehrs beschlossen haben, war nichts anderes als die Subventionierung eines wichtigen Verkehrsträgers.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Lübecker Abgeordneter muss ich einfach auch noch einmal die Lübecker Sicht der Dinge insbesondere zu den Aussagen der Fraktion der Grünen, die hier gemacht worden sind, vortragen.
Herr Müller, wenn es möglich ist, einen Investor wie Ryanair derartig infrage zu stellen, wie Sie das getan haben, dann muss ich die Frage stellen, in welcher Weise Sie Ihre politische Auseinandersetzung hier in diesem Hause eigentlich noch fortsetzen wollen. Sie haben jede Steigerungsfähigkeit im Hinblick auf die Verleumdung von Investoren oder etwas anderem verloren. Das war heute die Spitze der Debatte und etwas, was ich in meiner politischen Laufbahn in dieser Form bisher nicht erlebt habe.
Wenn Sie über Lübeck und den Lübecker Flugplatz sprechen, dann sprechen Sie über ein politisches Thema in Lübeck, über das es über Jahrzehnte einen Konsens zwischen allen Entscheidungsträgern gab,
die es in der Hansestadt gegeben hat. Bezüglich der Entwicklung des Flugplatzes und der Frage der Privatisierung des Flugplatzes gab es immer einen Konsens. Herr Hentschel, Sie haben die Defizite des Flugplatzes hier zum Thema gemacht. Ich muss Ihnen entgegenhalten, dass die Hansestadt Lübeck den Flugplatz mit den Mehrheiten aus CDU und SPD privatisieren wollte. Diese Privatisierung ist unter anderem an der Politik der Grünen gescheitert und wir sind bis heute auf den daraus entstehenden Defiziten sitzen geblieben.
Sie wissen, dass am Sonntag die Bürgermeisterwahl stattfindet. Ich bin ja nicht unbedingt als jemand bekannt, der Herrn Saxe eine große Unterstützung zuteil werden lässt. Es ist aber geradezu absurd, Herrn Saxe bezüglich des Lübecker Flughafens einen Vorwurf zu machen. Herr Saxe hat den Privatisierungsvorgang voll unterstützt und er ist Träger dieses politischen Konsenses. Die wirtschaftlichen Nachteile für die Hansestadt Lübeck, die daraus entstehen, dass die Veräußerung jetzt nicht stattfinden kann, wird in den nächsten Jahren circa 20 Millionen bis 25 Millionen € betragen. Wir haben gestern die Haushaltsdebatte geführt. Verzögern, zaudern, Investoren in Misskredit bringen, Investitionen verhindern - das ist das, was wir alle - über welche Kasse auch immer - bezahlen. Die Lübecker zahlen jetzt die Zeche der grünen Politik. Das Land hat diese Zeche zu einem großen Teil gestern ja auch auf den Zettel des Nachtragshaushaltes geschrieben bekommen.
So werden wir unser Land nicht weiterentwickeln können. Ich bin froh und dankbar, dass die Grünen heute auf der Oppositionsbank sitzen und dass dies in Berlin auch bald der Fall sein wird.