Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Claus Ehlers das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Lübecker Abgeordneter und Lübecker Bürger nehme ich zur Kenntnis, dass alle Fraktionen hier im Hause die Sorgen und Ängste, die natürlich bei den Menschen, die in der Nähe einer solchen Deponie wohnen und leben, bestehen, nicht nur zur Kenntnis, sondern auch ernst nehmen und diese sozusagen in politische Entscheidungen münden werden. Dafür bin ich dankbar. Das ist ein Signal, das wir in Lübeck mit großer Freude und großem Interesse aufnehmen werden.
Ich füge aber hinzu: Wir müssen auch diejenigen ernst nehmen, die diese Sorgen und Ängste bewusst schüren. Da müssen wir klar unterscheiden. Ich bin dem Kollegen Lars Harms sehr dankbar, der in seinem Beitrag sehr abwägend festgestellt hat, dass es natürlich Dinge gibt, die man tun muss, auch um immer wieder die aktuellen Kenntnisstände zu haben, die man braucht, dass aber eine sofortige Stilllegung einer Deponie schlichtweg unrealistisch ist. Gerade wir Lübecker haben ein Rieseninteresse daran, realistische politische Forderungen zu stellen, weil wir uns sonst in einen Bereich einer politischen Debatte begeben, in der wir das Signal aussenden, nicht tatsächlich ernsthaft etwas bewegen zu wollen. Das darf nicht passieren.
Sofortige Stilllegung - nein! Viele andere Maßnahmen, die genannt sind, auch in der Presseerklärung der sozialdemokratischen Kollegen aus Lübeck - ja. Das Nein zur sofortigen Stilllegung ist ja von Ihnen, Herr Harms, begründet worden. Wenn es Probleme gibt, was wir nicht wissen, aber vermuten, dann liegen diese Probleme im wahrsten Sinne des Wortes tiefer. Das ist das Problem.
Das Wort hat der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herr Dr. Christian von Boetticher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob irgend jemand überrascht über das war, was diese Studie ausgesagt hat. Die Studie hat ausgesagt - das ist die einzige verbindliche Feststellung, die diese Studie auch treffen will -, dass vor der Wiedervereinigung für Mitarbeiter dieser Deponie ein signifikant erhöhtes Risiko bestanden hat. Überrascht uns das wirklich zutiefst? - Mich überrascht es nicht, weil es nicht die einzige Deponie in der DDR gewesen sein dürfte, wo man ein solches Risiko für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter feststellt. Das ist zunächst einmal die Analyse.
Alles andere - das stelle ich fest - wird von der Studie nicht gedeckt. Die Studie kündigt hingegen selber an, dass sie keine Aussagen treffen kann und man mehr untersuchen wird. Diese Untersuchungen fordern wir auch. Hierfür setzen wir uns ein. Alles andere ist nichts anderes als Spekulation. Offensichtlich werden hier Ängste der Menschen dazu gebraucht, alte politische Forderungen durchzusetzen. Das, was Frank Sauter gesagt hat, ist wahr: Wenn man das eine mit dem anderen verknüpft, dann macht man sich nicht glaubwürdiger.
Ich sage an dieser Stelle - das tue ich selten -, dass ich mich ganz eindeutig vor meine Vorgänger und deren Politik stelle. Eines ist doch richtig: All das, was hier gefordert worden ist, die Frage, ob ausreichend Messungen durchgeführt worden sind, ob die Offenlegungen weit genug gegangen sind, sind Probleme, die 17 Jahre lang bestanden haben. Die Frage ist doch: Was haben Sie auf die Auskünfte meiner Vorgänger - ich war damals nicht im Parlament - gesagt? Herr Müller hat im Jahr 2000 gesagt: Wir haben eine Barriere untersucht. Die ist dicht. Die schottet ab. Da geht nichts heraus. - Heute sagen Sie plötzlich: Nein, das ist nicht so. Die ist bestimmt undicht. Niemand weiß das so genau. - Haben Sie das Herrn Müller damals entgegengehalten?
Was haben Sie gemacht, als Herr Heydemann deutlich gemacht hat, dass hier keine Gefährdung für die Bevölkerung besteht? Wo waren da Ihre Forderungen? Das Bild hat sich doch nicht verändert.
Ich bitte Sie daher, diese Studie realistisch zu betrachten. Sie sollten das, was Sie aussagt, ernst nehmen und natürlich Mecklenburg-Vorpommern auf
die Finger gucken, dass heute keine Gefährdung mehr für die Mitarbeiter besteht. Das muss ausgeschlossen sein und durch weitere Studien belegt werden. Sie sollten aber nicht alte politische Forderungen unter dem Deckmantel einer Studie wieder in die Öffentlichkeit bringen.
Die Redezeiten sind wieder eröffnet. Es stehen allen Fraktionen jeweils drei Minuten zu. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Altlasten - das gilt nicht nur für die ehemalige DDR, sondern auch für Schleswig-Holstein und andere Bundesländer - wird uns wahrscheinlich noch mindestens 300 Jahre beschäftigen. So ist zumindest der letzte Stand der Analysen, den ich kenne. Nach diesem Stand dauert es für Schleswig-Holstein etwa noch 250 Jahre, um zu analysieren, was in den Altlasten enthalten ist.
Wir haben aus der Geschichte der Industrialisierung der letzten zwei Jahrhunderte ein enormes Potenzial an Giften und Stoffen, das wir unter die Erde vergraben haben. Ein großer Teil dieser existierenden Abfalldeponien ist niemals analysiert worden. Wir beschäftigen uns immer nur mit der Oberfläche, und dort, wo akute Fälle auftreten, greifen wir zu und gucken, was genau vorhanden ist. Das gilt für viele Deponien und insbesondere für Schönberg.
Dass die Deponie in Schönberg nicht nach modernen Gesichtspunkten gebaut worden ist, wird sicherlich niemand bestreiten. Diese Deponie ist in keiner Weise nach modernen Gesichtspunkten nach unten abgesichert. Jahrzehntelang ist in dieser Deponie nicht nur normaler Müll, sondern in erheblichem Umfang auch Giftmüll abgelegt worden. Über viele dieser Dinge weiß niemand Bescheid. Das ist ein Riesenproblem, und das wissen wir. Die Sanierungskosten gehen nicht in die Millionen, sondern möglicherweise in die Milliarden. Das sind Größenordnungen, die nur schwer zu bewältigen sind. Das wissen wir alle. Deshalb muss man sehr genau schauen, wo man Prioritäten setzt.
Ich glaube, das ist in der Vergangenheit auch gemacht worden. Es ist vonseiten der Grünen und auch vonseiten des Kreisverbandes der Grünen in Lübeck immer nachgefragt worden, es ist immer
Druck auf das Ministerium ausgeübt worden, auch unter grünen Umweltministern - ganz bewusst. Wir haben immer kritisch nachgefragt: Was kann getan werden? Können neue Analysen gemacht werden? Können neue Informationen gewonnen werden?
Natürlich sind deshalb auch diese Studien gemacht worden, die nichts ergeben haben - wie Sie das richtig beschrieben haben.
Wir haben jetzt eine neue Studie vorliegen, die deutlich macht, dass es ein Problem gibt, dass offenbar Mitarbeiter krebsgefährdet sind. Im Interessen der Menschen, die betroffen sind, aber auch im Interesse der Menschen in der Umgebung ist es wichtig, dass wir diese Studie ernst nehmen und erneut nachfragen und prüfen, was getan werden kann, was noch geklärt werden muss und ob möglicherweise in die Sanierung der Deponie eingestiegen werden muss. Das ist die zentrale Frage.
Wir haben uns etwas mehr zurückgehalten als die SPD-Fraktion, die gleich gesagt hat, wir sollen die Deponie schließen. Das haben wir deswegen getan, weil wir natürlich auch die Vorgeschichte besser kennen als andere. Wir kennen die Fakten sehr genau. Ich glaube, das Entscheidende ist, dass wir feststellen, welche Gefährdungen existieren, wie wir darauf reagieren müssen. Möglicherweise kann es dazu kommen, dass wir fordern müssen, dass es eine Komplettsanierung der Deponie gibt. Das würde dann auch Schließung bedeuten. Das ist eine Möglichkeit, die man jetzt nicht ausschließen kann.
Deshalb ist uns wichtig und deshalb bitte ich Sie auch noch einmal ganz dringend, dass alle Unterlagen offengelegt werden, dass genau geguckt wird und auch die Unterlagen, zu denen uns die Beitragsmitglieder sagen, dass sie nicht vorliegen - Ich nehme das ernst. Wenn sie sagen, sie haben Unterlagen nicht bekommen, dann nehme ich das ernst.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Ich fordere, dass diese Dinge offengelegt werden und dass wir über alles, was mit dieser Deponie im Zusammenhang steht, informiert werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank an den Minister für den Bericht. Mehr war an dieser Stelle nicht zu erwarten. Der Hinweis darauf, dass auch die Vorgängerinnen und Vorgänger in seinem Amt alles getan haben, was zu tun war, ist richtig. Das haben wir auch stets hier so gesagt. Allerdings haben wir auch - Herr Minister, da muss ich Sie korrigieren - sowohl Herrn Heydemann als auch Frau Müller, als auch Herrn Steenblock, als auch Herrn Müller immer wieder gesagt: Da ist noch etwas.
Wir haben einen Untersuchungsausschuss gehabt, von dem wir wissen, dass dieser Untersuchungsausschuss vielleicht dreiviertel von dem, was aufzuklären war, aufklären konnte, weil schlicht die Daten fehlten. Dieses Gutachten, das heute vorliegt, ist in der Zeit vor Ihrer Amtszeit
- diese Vorstudie, gut - in Auftrag gegeben worden. Auch das ist ein Ergebnis der Politik von Schleswig-Holstein in Kooperation mit MecklenburgVorpommern. Von daher haben wir eine neue Sachlage. Diese neue Sachlage zeigt auch, dass erstmals ein Zusammenhang hergestellt werden kann.
Wir alle wissen, ohne dass wir das mit irgendwelchen Schuldzuweisungen diskutieren wollen, wie schwierig es ist, überall in der Welt die Gefährdungen, die von unspezifischen Abfällen in diesem Fall oder auch von anderen Dingen ausgehen, so zu be
Die Abfälle in Schönberg sind völlig unsortiert. Sie sind nicht ordentlich deklariert und nicht in allen Fällen mit Begleitschein abgeliefert worden. Wir kennen Wege, wo der Müll über den sogenannten sozialistischen Block geführt wurde, und wissen, dass er auch aus der Bundesrepublik Deutschland kam, auch aus unserem Land. Das war aus einem einzigen Grund so, und zwar um Geld zu sparen. Das heißt, man wollte den Profit maximieren. Das muss man doch an dieser Stelle auch einmal deutlich sagen. Wem hat es denn genützt?
- Herr Kubicki, seien Sie lieber still. - An dieser Stelle kommt dann auch sehr schnell die „Lobbyarbeit“ derer, die sich gewisse Zuständigkeiten anmaßen oder auch haben in Vertretung derer, für die Sie Politik machen. Das haben wir damals nicht akzeptiert, und das akzeptieren wir auch heute nicht.
Wir haben in Brunsbüttel eine Sondermüllverbrennungsanlage gebaut. Ich werde da einfach einmal einen Kostenvergleich machen. Eine bestimmte Sorte Flüssigabfalls zu entsorgen kostete zu Beginn dieser Abfallanlage in Brunsbüttel 348 DM/t. In Ihlenberg hat er 80 DM/t gekostet. Und es gab ja nicht nur eine Tonne flüssige Abfälle. In dieser Spanne steckt der Zuwachs an Profit.