Protokoll der Sitzung vom 09.10.2008

flossen. Das führt natürlich automatisch dazu, dass alles das, was wir bisher an Prognosen hatten, völliger Humbug ist. Das wird teurer werden, und zwar nicht nur der Gesamtbau, sondern selbstverständlich auch die Hinterlandanbindung. Wenn man das nicht berücksichtigt, handelt man finanzpolitisch fahrlässig. Genau dieses Verhalten macht deutlich, dass man hier auf politischem Wege etwas durchdrücken will, koste es was es wolle und wider besseres Wissen.

Daher begrüßen wir den Aspekt des vorliegenden Antrages, dass ein Finanzierungsplan zur Realisierung und Finanzierung der Hinterlandanbindung vorgelegt werden soll. Hierbei erwarte ich, dass aktuelle Zahlen für die Finanzierung zugrunde gelegt werden. Geschieht dies nicht, können wir am Ende von einem massiven Kostenanstieg für die Hinterlandanbindung ausgehen. Wir haben nur Schätzungen, aber wir brauchen genaue Zahlen. Damit würde nämlich die bisherige Finanzierung von Bund und Land wie ein Kartenhaus zusammenfallen.

Fraglich ist bei der Finanzierung auch, ob die Förderung der EU proportional dem Kostenanstieg angeglichen wird oder ob das nicht geschehen wird. Dann würde unser Anteil noch höher werden. Dies kann ich mir aber nicht vorstellen, denn wir wissen, dass die EU-Mittel für verkehrspolitische Großprojekte drastisch gekürzt worden sind. Wie steht es nun mit den Fördermitteln der EU? Kein Mensch weiß es. Wir als Parlament haben einen Anspruch darauf, von der Landesregierung zu erfahren, wie sie das zu bearbeiten gedenkt.

Ich halte es für finanzpolitisch äußerst relevant, dass wir uns endlich ausführlich mit aktuellen Zahlen im Zusammenhang mit dem gesamten Projekt befassen. Wenn wir dies nicht tun, wird sich jeder Bürger auf der Straße zu Recht fragen: Wie rechnen die da oben überhaupt?

Fraglich ist auch, wie sich der Bund positionieren wird, wenn deutlich wird, dass die Hinterlandanbindung teurer wird, als bisher veranschlagt. Wird der Bund seine Zusagen einhalten und die Hinterlandanbindung finanzieren? Und welche Verkehrsprojekte werden dann möglicherweise diesem Prestigeprojekt zum Opfer fallen? Irgendwo muss man ja Prioritäten setzen. Dann muss man auch ehrlich sagen, was zunächst einmal hinten herunterfällt.

Wir haben in Schleswig-Holstein genügend andere und wichtigere Verkehrsprojekte als die Fehmarnbelt-Querung. Der SSW hat immer wieder darauf hingewiesen, dass diese für Schleswig-Holstein von größerer wirtschaftlicher und auch verkehrspoliti

scher Bedeutung sind, und hat gefordert, diese voranzubringen, bevor eine feste Fehmarnbelt-Querung gebaut wird. Wir brauchen zum Beispiel für den nördlichen Landesteil, Herr Kollege Kayenburg, und für die Westküste ein eigenes Infrastrukturkonzept, das auch eine grenzüberschreitende Dimension beinhaltet. Der Ministerpräsident weist immer wieder zu Recht auf die große Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit hin und tut auch etwas dafür. Dazu gehört aber auch eine entsprechende Infrastruktur. Wir brauchen daher den Ausbau der A 7 bis zur Grenze; denn Schleswig-Holstein hört nicht bei Bordesholm auf, zumal es auf dänischer Seite Überlegungen gibt, die Jylland-Autobahn auszubauen. Wenn der Norden nicht abgekoppelt werden soll, dann kommen wir um den Ausbau der A 7 bis zur Grenze nicht herum.

Gleiches gilt für die Bundesstraße 5 in Nordfriesland. Da die Landesregierung angekündigt hat, die B 5 zwischen Tönning und Husum nun doch bis 2015 auszubauen, erwarte ich, dass es auch wirklich gilt, was der Verkehrsminister verkündet. Wir haben ja in der Vergangenheit andere Erfahrungen machen müssen. Die Landesregierung hat mit ihrem Hin und Her für große Unruhe in Nordfriesland gesorgt. Eine andere Entscheidung, als die B 5 auszubauen, wäre auch nicht akzeptabel gewesen, auch dies wieder vor dem Hintergrund, dass man in Dänemark bereit ist, die Verlängerung unserer B 5 nach Norden bis hin nach Esbjerg auszubauen. Wenn wir es nicht hinkriegen, etwas Adäquates hinzubauen, haben wir verkehrspolitisch versagt. Das dürfen wir uns zugunsten einer komischen Fehmarnbelt-Querung nicht leisten.

Wenn wir als SSW eine Querung wollen, dann ist es die westliche Elbquerung mit der A 20. Wie sieht es mit der Realisierung dieser für SchleswigHolstein und Hamburg wichtigen Querung aus? Immer wieder werden wir von der Landesregierung vertröstet, dass die Entscheidung bei Niedersachsen liegt. Was tut die Landesregierung, um dieses Projekt voranzubringen? Für dieses Projekt sind der Enthusiasmus und der Umsetzungswille der Landesregierung gefragt. Es darf nicht sein, dass die Elbquerung den Bach runtergeht, weil sie nicht mehr finanzierbar ist, nur weil Schleswig-Holstein sein Kontingent durch die Hinterlandanbindung für die Fehmarnbelt-Querung aufgebraucht hat.

Für den Schienenverkehr in Nord-Süd-Richtung gilt das Gleiche. Auch hier hat Schleswig-Holstein Projekte, die weitaus wichtiger für das Land sind und die auch visionärer sind als die Belt-Querung. Wir haben Eisenbahnbrücken in Rendsburg und

Hochdonn, die den Schienenverkehr nicht reibungslos fließen lassen. Da kann die Instandsetzung der Brücken nur ein Anfang sein. Damit halten wir gerade nur den Status quo, schaffen es aber nicht, den Engpass über den Nord-Ostsee-Kanal zu beseitigen. Wir schaffen da große Probleme. Hier müssen wir visionärer rangehen. Hier müssen wir planen, hier müssen wir Anträge stellen. Dann bekommen wir auch wirklich Verbesserungen.

Wir brauchen natürlich auch Verbesserungen beim Schienenengpass Pinneberg-Elmshorn. Bevor wir Hamburg und Kopenhagen/Malmö miteinander verbinden, sollten wir dafür sorgen, dass Schleswig-Holstein vernünftig angebunden wird. Dies alles lässt sich aber kaum finanzieren, wenn das Geld für die Hinterlandanbindung des Milliardengrabes Fehmarnbelt zum Fenster rausgeworfen wird. Die feste Fehmarnbelt-Querung ist die größte verkehrspolitische Fehlentscheidung des Landes SchleswigHolstein in den letzten 50 Jahren, meine Damen und Herren!

Die Finanzierung der Hinterlandanbindung ist aber nicht der einzig relevante Punkt. Ebenso gibt es mehr Fragen als Antworten in Bezug auf den Ausbau der diesseitigen Hinterlandanbindung. Hier gibt es aus Sicht des SSW zwei Szenarien. Entweder die prognostizierten enormen Verkehrszuwächse entstehen durch die Fehmarnbelt-Querung, dann sind der Ausbau der Hinterlandanbindung und hierbei insbesondere eine zusätzliche Sund-Querung unabdingbar. Sonst bräuchte man das nicht zu tun. Oder das Verkehrsaufkommen bleibt so, wie es ist, mit einem geringen Zuwachs, dann brauchen wir keine zusätzliche Sund-Querung und erst recht keine Fehmarnbelt-Querung. Dann reichen unsere Fährverbindungen.

Eine zusätzliche Sund-Querung wird von keiner offiziellen Seite befürwortet. Der Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine zweite FehmarnsundBrücke oder ein Tunnel aus verkehrlichen Gründen nach seiner Auffassung nicht erforderlich ist. Minister Marnette hat sich gegenüber dem „Fehmarnschen Tageblatt“ diesbezüglich so geäußert, dass die Fehmarnbelt-Brücke auf langfristig zu erwartende Verkehrszunahme ausgerichtet ist und deshalb mit vier Fahrspuren und zwei Bahngleisen ausgerüstet wird. Sollte sich herausstellen, dass die Fehmarnsund-Brücke zu einem Nadelöhr zu werden droht, wird man zu gegebener Zeit - wann immer das auch ist - auch hierfür eine Lösung finden, etwa durch eine parallele Brücke oder einen Tunnel.

(Lars Harms)

Mit dieser Argumentation macht Herr Marnette deutlich, dass dieses Milliardenprojekt überhaupt nicht durchdacht ist. Wenn überhaupt und wann ist denn damit zu rechnen, dass die prognostizierten Verkehrszahlen erreicht werden? Und wann ist beabsichtigt, eine verkehrliche Entlastung durch eine zusätzliche Sund-Querung zu schaffen?

Dies alles sind ungeklärte Fragen, die letztendlich zulasten der Bevölkerung gehen, sollte dieses Projekt gebaut werden. Sollten sich die Verkehrsprognosen erfüllen, dann prognostiziere ich Ihnen, dass wir über Jahre hinweg erleben werden, dass sich der Verkehr auf beiden Seiten des Fehmarnsunds stauen wird.

Diese Befürchtung haben auch die Menschen vor Ort. Es kann doch nicht sein, dass man erst „zu gegebener Zeit“ Überlegungen darüber anstellen will, ob eine weitere Sundquerung berechtigt ist, wenn der Bedarf durch Staus bereits nachgewiesen ist. Wir wissen alle, wie lange die Planungs- und Bauzeiten für Verkehrsprojekte sind. Dies dauert Jahre, die zulasten der Bevölkerung vor Ort gehen. Deshalb hat die EU auch mögliche Zuschüsse an Dänemark für den Bau der Beltquerung daran gekoppelt, dass die Sundbrücke ausgebaut wird.

Daran kann man sehen, wie dilettantisch dieses Mammutprojekt bisher auf deutscher Seite angegangen worden ist. Wenn die Sundbrücke nicht kommt und wenn wir dafür nichts tun, fliegt den Dänen die Finanzierungsgrundlage der Beltquerung um die Ohren.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist dann deren Problem!)

Ich als jemand, der das Ganze kritisch sieht, kann Sie nur darin bestärken, nichts zu tun, sodass die Sundbrücke auf keinen Fall kommt. Dann bleibt das Geld schön in Brüssel und wird vielleicht für vernünftige Dinge ausgegeben, und dann hat sich das Projekt der Fehmarnbelt-Querung hoffentlich erledigt.

Machen Sie also ruhig weiter so, Herr Minister! Legen Sie die Hände in den Schoß! Dann tun Sie das, was die Grünen und wir vom SSW haben wollen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abschließend interessiert mich doch noch, was Minister Marnette in dem bereits angesprochenen Interview mit dem „Fehmarnschen Tageblatt“ gemeint hat, als er sich dahin gehend äußerte, dass der Ministerpräsident zugesagt habe, die Projekte - also die Wirtschaftsprojekte - aus der Region im Rah

men der bestehenden Förderprogramme besonders zu unterstützen. Dies ist eine Bevorzugung. Entweder gibt es Förderprogramme und dazugehörige Richtlinien, die dann auch für alle gelten, oder es gibt sie nicht. Es kann aber nicht sein, dass die Landesregierung bereits jetzt ankündigt, dass künftig mit zweierlei Maß zu messen ist, wenn es darum geht, Projekte aus der Region Fehmarn und Ostholstein zu fördern.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Abgeordneter!

Der Bau der Fehmarnbelt-Querung und die Hinterlandanbindung werden die Fördermittel für wichtigere Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Land aufzehren.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich bin ja gerade dabei, Frau Präsidentin. - Als wenn das noch nicht schlimm genug wäre, kündigt die Landesregierung an, dass verschiedene Regionen aufgrund dieser Tatsache auch noch ungleich behandelt werden sollen. Das heißt: Alle haben jetzt wieder die Nachteile zu tragen, nur um ein Prestigeobjekt irgendwo im Meer zu versenken. Ich finde, das ist nicht Aufgabe einer Landesregierung. Die Landesregierung soll das Land entwickeln und Schaden vom Land abhalten.

Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Das tut sie derzeit nicht.

Ich fordere Sie auf: Gehen Sie von diesem Projekt ab, und sehen Sie zu, dass Sie unser Land erst einmal vernünftig anbinden! Das ist wesentlich wichtiger.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Für einen Redebeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält der Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bedauerlicherweise hat der Herr Kollege Harms den Nagel auf den Kopf getroffen, als er sagte: Wenn wir nichts tun, dann scheitert dieses Projekt. Genau dieses Scheitern können und wollen wir uns ja wohl nicht leisten.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Es ist erstaunlich, dass hier ausgerechnet der Kollege Arp Applaus klatscht. Er hat unseren Antrag ja so missbilligend zur Kenntnis genommen.

Lieber Kollege Arp, Sie haben nach der Aktualität gefragt und haben gefragt, warum wir uns zehn Minuten darüber unterhalten müssen. Erstens ist niemand verpflichtet, zehn Minuten zu reden. Sie sind frei, Ihre Meinung auch in nur fünf Minuten darzustellen. Ihren clownesken Auftritt, in dem Sie mich gefragt haben, was es eigentlich Neues gibt, finde ich verwunderlich angesichts der Tatsache, dass gestern der Kreistag von Ostholstein auch uns Landespolitiker aufgefordert hat, alles zu tun, damit dieses Projekt realisiert werden kann. Was ist aktueller als ein Kreistagsbeschluss von gestern, lieber Kollege Arp?

Zweitens frage ich Sie: Was ist aktueller als die Meldung der EU, dass sie sich möglicherweise von der Finanzierung zurückzieht, wenn es uns nicht gelingt klarzumachen, dass wir das Nadelöhr auf dem Fehmarnsund beseitigen wollen. Was ist aktueller, lieber Kollege Arp, als die Fragestellung: Wie finanzieren und projektieren wir eigentlich die notwendige Hinterlandanbindung? Darüber sollten Sie, wenn Sie weiterhin ernsthaft mit uns und den Sozialdemokraten - - Herr Kollege Schröder, ich bin Ihnen übrigens ausgesprochen dankbar für Ihre Rede, weil Sie das, was ich eigentlich vom Redner der Union erwartet hätte, auf den Punkt gebracht haben.

Was Sie heute hier veranstaltet haben, fand ich schlicht peinlich. Das war diesem Projekt mit Sicherheit nicht dienlich.

Für einen weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erhält Herr Abgeordneter Thomas Stritzl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Garg, das, was man in den Mittelpunkt stellen sollte, ist die Gemeinsamkeit, die zwischen CDU, FDP und SPD bemerkenswert ist, man sollte in den Mittelpunkt stellen, dass wir Ja sagen zu dieser Jahrhundertchance der Fehmarnbelt-Querung. Ich finde es gut, dass auch der Kreistag von Ostholstein nach ursprünglichen und anfänglichen anderen Diskussionslagen auf der Insel jetzt sagt, er sei für die Fehmarnbelt-Querung, und dass man dabei die bekannte Position der EU unterstütze, dass die Fehmarnsund-Querung „entspannt“ werden muss. Auch das ist zwar nicht neu, aber wenn das die Position auch auf der Insel ist, dann hilft es dem gesamten Projekt.

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Insofern sollten wir, lieber Herr Kollege Harms, die Gemeinsamkeiten betonen und nicht die Chancen zerreden. Das war der Eindruck, den ich bei Ihnen hatte.

Sehr geehrter Herr Kollege Matthiessen, ich konnte mich auch bei Ihnen dieses Eindrucks nicht erwehren.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber Sie haben ja auch ehrlich gesagt, Sie suchen Argumente, um abzulehnen.

Nun ist ja auch das eine Position. Die Grünen wollen das nicht.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe ein paar Fragen ge- stellt! Das kann man durchrechnen!)

- Es ist ja in Ordnung. Sie wollen es nicht. Es geht aber darum, dass man Zukunft gestaltet. Wenn Sie immer nur auf die Bremse treten, werden Sie erkennen, dass Sie nicht vorwärtskommen.