Protokoll der Sitzung vom 20.11.2009

in den Häfen – ein Thema von großer Bedeutung für Schleswig-Holstein – reden, dann stellen wir fest, dass es zwar internationale Codes und internationale Vereinbarungen gibt, dass diese aber ganz unterschiedlich gehandhabt werden und dass es damit auch zu Wettbewerbsverzerrungen in der Hafenwirtschaft kommt. Das können wir natürlich nur dann ändern, wenn wir international agieren; als einzelnes Bundesland können wir das nicht erreichen. Dadurch wird klar, dass diese Resolutionen vielleicht harmlos, aber keinesfalls sinnlos sind. Deshalb müssen sie weiter verfolgt werden.

Genauso deutlich wird, dass wir Interessen haben, die wir gegenüber Brüssel, Straßburg und manchmal auch gegenüber nationalen Regierungen vertreten müssen. Bei der Revision der TEN-Leitlinien zum Beispiel haben wir als Ostseeregion natürlich ganz andere Interessen als Süddeutschland. Es ist daher sinnvoll, unsere Kräfte zu bündeln. Das muss man hier gar nicht weiter vertiefen, es bedarf aber der Erwähnung, um zu zeigen, dass diese Resolutionen Sinn und Zweck haben.

Es ist deshalb sinnvoll, die Einzelpunkte dieser Resolutionen und Anträge in den Fachausschüssen des Landtags weiter zu beraten. Wir sollten unsere in der Vergangenheit bereits geleistete Arbeit – weiterhin in guter Abstimmung mit der Landesregierung – fortführen. Ich wünsche mir deshalb insbesondere von den Fachpolitikern, dass sie diese Resolutionen ernst nehmen, sie sich anschauen und prüfen, was für sie und ihren Bereich wichtig ist. Europa steht für mehr als nur harmlose Resolutionen. Wir können mehr daraus machen. Es liegt an uns. Ich bedanke mich noch einmal dafür, dass wir diesen Antrag interfraktionell beraten konnten.

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Frau Abgeordnete Kirstin Funke. Es ist ihre erste Rede.

(Beifall)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als neue Parlamentarierin freue ich mich, dass wir durch die fraktionsübergreifenden Initiativen zur Ostseeparlamentarierkonferenz und zum Parlamentsforum Südliche Ostsee dokumentieren, dass europapolitische Themen einen hohen Stellenwert im Landtag genießen und es in vielen

Bereichen eine hohe inhaltliche Übereinstimmung gibt.

Für Schleswig-Holstein als Land zwischen den Meeren genießt der Ostseeraum eine besondere Bedeutung; das ist keine neue Erkenntnis. Unser Land hat eine Brückenfunktion nach Skandinavien, und wir wollen Schleswig-Holstein als Schnittstelle zwischen Skandinavien, West-, Mittel- und Osteuropa positionieren. Dass die Ostseeregion dabei eine ganz besondere Stellung einnimmt, zeigt die Entwicklung der letzten 20 Jahre. Waren vor 20 Jahren gerade einmal 5 % der Ostseeküste Küsten von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gehören heute 95 % zu der EU. Damit ist die Ostsee faktisch zum europäischen Binnenmeer geworden. Das ist eine große Chance für das Erreichen der gemeinsamen Ziele in der wirtschaftlichen Entwicklung des Ostseeraums, der Verbesserung der Infrastruktur oder im Umweltschutz. Aber auch Russland als einziger Nicht-EU-Ostseestaat ist über diverse Gremien aktiv in die Arbeit der EUStaaten mit eingebunden.

Legt man die Resolution des 7. Parlamentsforums Südliche Ostsee neben die Inhalte der Entschließung der 18. Ostseeparlamentarierkonferenz, so stellt man eine hohe Übereinstimmung bei den Themen fest. Die Themen Umwelt und wirtschaftliche Entwicklung sind wohl die herausragenden Themen – ohne die anderen damit abzuwerten.

Aber es ist nicht erst seit heute bekannt, dass die Ostsee zum Teil aufgrund der natürlichen Gegebenheiten eines der empfindlichsten, aber auch eines der am stärksten belasteten Meere ist. Auch heute ist das Schiffsaufkommen auf der Ostsee trotz eines leichten Rückgangs aufgrund der Wirtschaftskrise noch hoch. Zirka 200 Schiffe sind gleichzeitig unterwegs, und noch immer gibt es ungeklärte Einträge in die Ostsee, die das Meer zusätzlich belasten. Daher ist auch künftig eine enge Zusammenarbeit bei der Umsetzung des Ostsee-Aktionsplans der HELCOM vonnöten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Er wird nicht umsonst vom Parlamentsforum Südliche Ostsee als Kernelement der Umweltsäule der EU-Strategie bezeichnet. Zusätzlich ist die Ostsee Vorbild, indem sie als Schiffsemissionsüberwachungsgebiet – kurz: SECA – ausgewiesen ist. Der mit dieser ökologischen Vorbildfunktion verbundenen Gefahr von Wettbewerbsnachteilen ist die Ostseeparlamentarierkonferenz dadurch begegnet, dass sie auch die Kennzeichnung des Schwarzen

(Niclas Herbst)

Meeres, des Mittelmeeres, des Nordostatlantiks und der Irischen See als SECA-Gebiete fordert. Wir begrüßen das.

(Beifall bei FDP und CDU)

In wirtschaftlicher Hinsicht ist es zu begrüßen, dass Barrieren für den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt künftig weiter abgebaut werden. In den EUStaaten gibt es insgesamt zirka 600.000 Grenzpendler, von denen bereits 100.000 bis 150.000 Arbeitnehmer in der Ostseeregion als Grenzpendler eingestuft werden - Tendenz steigend.

Durch die EU-Mitgliedschaft wurden hier in den letzten Jahren erhebliche Verbesserungen erzielt. Dennoch gibt es auch heute noch Hindernisse wie Informationsdefizite, unausgewogene regionale Entwicklungen, verbesserungswürdige Verkehrsinfrastrukturen, gerade bei den Hafenhinterlandanbindungen, sowie Unterschiede in den beruflichen Qualifikationen und Sozialgesetzgebungen, teilweise auch schlichtweg noch bestehende Sprachbarrieren.

Daher begrüßen auch wir, dass sich die Ostseeparlamentarierkonferenz dazu entschieden hat, den Dialog zwischen Politik, Arbeitnehmern beziehungsweise Gewerkschaften und Arbeitgebern zu verbessern und die Möglichkeiten von Informationszentren für potenzielle Grenzpendler auszuweiten.

(Beifall bei FDP und CDU sowie vereinzelt bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, letztes Thema in der gestrigen Sitzung war die Fischerei. SchleswigHolstein als Küstenland ist ohne Fischerei nicht denkbar. Unsere Fischer sind nach Auffassung meiner Fraktion Vorbild in der Umsetzung der europäischen Standards in Sachen nachhaltiger Fischerei.

(Beifall bei FDP und CDU)

Es war in der Vergangenheit immer wieder ein Problem, dass sie sich an die Vorgaben der EU gehalten haben, während die Bewirtschaftung der Fischbestände in der Ostsee durch illegale und unangemeldete Fischerei aus anderen Staaten erschwert wurde. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass das Parlamentsforum Südliche Ostsee gegen diese Formen der Fischerei eine konsequente Vorgehensweise fordert.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort erteile ich jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Bernd Voß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Ostseeparlamentarierkonferenz und das Parlamentsforum Südliche Ostsee sind zwei starke Säulen der Ostseekooperation. Wir brauchen diese Strukturen, wenn wir eine integrierte europäische Politik in dieser Region mit unseren Zielen umsetzen wollen. Zugleich kann es nur so gelingen, als europäische Region gemeinsame Interessen abzuwägen und zu formulieren, um dann bei Rat, Kommission und EU-Parlament wahrgenommen zu werden. Ich kann da nur das unterstreichen, was Herr Herbst bereits gesagt hat.

Die bisherige Ostseepolitik der letzten 20 Jahre hat gezeigt, wie Regionen und ihre Vertreter, die in ganz unterschiedlichen Systemen ihre Erfahrungen gemacht haben, gemeinsam ihr Zukunftsmodell entwickeln. Das zeigt: Europa wächst eben von unten, aus den Regionen heraus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Zugleich - Frau Funke hat es gesagt - zeichnen sich die Parlamentarierkonferenzen dadurch aus, dass auch Nicht-EU-Regionen - St. Petersburg, Kaliningrad - hier aktiv beteiligt sind und sich die Parlamente hier einbringen.

Die Resolution der Ostseeparlamentarierkonferenz in Nyborg weist nachdrücklich darauf hin, dass Wirtschaftskrise und Umweltkrise nur gemeinsam gelöst werden können. Ich möchte auf die Inhalte dieser Dokumente hier nicht weiter eingehen; sie sind von Frau Langner bereits intensiv dargestellt worden.

Ein Wort zur Resolution des Parlamentsforums Südliche Ostsee! Wir finden hier als einen Punkt, dass regionale Managementkonzepte im Rahmen der Reform der gemeinsamen Fischereipolitik gefordert werden. Das ist von entscheidender Bedeutung. Gerade unsere Fraktion wird dafür stehen, dass mittelständische Küstenfischer nicht weiter abgewürgt werden bei diesen Reformen, die eventuell noch unter dem Zeichen von Verwaltungsvereinfachungen verkauft werden, während draußen vor der Küste - ob mit oder ohne GPS kontrolliert - weiterhin mit staatlichen Subventionen hochgepäppelte Trawler die Meere abfischen.

(Kirstin Funke)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Ich möchte zu einem Punkt kommen, der heute noch nicht angesprochen worden ist, nämlich dem anstehenden Ausbau der Nordseekooperation. Wenn ich den Beschluss des Landtags vom Juni 2009 richtig interpretiere, kann sie auch in einer neuen Parlamentarierkonferenz Nordsee intensiviert werden. Die wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen der Nordsee läuft vielschichtig. Immer stärkeren Konzentrationen in einigen Ballungsgebieten stehen abgehängte periphere Küstenregionen gegenüber. Der Schiffsverkehr in der Nordsee wird bis 2010 gegenüber 1999 um 25 % zunehmen. Da stellen sich nicht unerhebliche Sicherheitsfragen. Die Vorsorge für die Folgen des Klimawandels muss intensiv angegangen werden.

Sich hier mehr abzustimmen, Synergien zu nutzen, wirksam gemeinsame Interessen zu vertreten und verbindliche Ziele umzusetzen, ist auch für unsere Region unverzichtbar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zugleich bin ich aber auch der Überzeugung, dass die vielfältigen Kooperationen, die der Landtag und die Landesregierung haben, ein festes Überprüfungsdatum brauchen, um ihre Aktivitäten nachzusteuern und letztlich die Arbeit zu einem gemeinsamen Erfolg zu führen. Ich gehe noch weiter und sage: Die Kooperationen sind sehr wichtig und haben uns politisch unheimlich vorangebracht, aber wir sollten darüber nachdenken, dass wir auch ihnen ein Enddatum geben.

Ich nenne zwei Beispiele auf der europäischen Ebene, einmal wo ein Enddatum sehr effizient war. Das ist die Wiege der europäischen Integration, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die Montanunion. Sie hatte in den frühen 50er-Jahren bei den Vordenkern sofort ein Enddatum bekommen und ist auch konsequent aufgelöst worden.

Wir haben auch ein Negativbeispiel: EURATOM, bis heute hochgepäppelt, blockiert jede alternative Wirtschaftsentwicklung, wird hochgradig einseitig gepäppelt, außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle, und dümpelt weiterhin vor sich her. Das ist ein Beispiel dafür, dass wir nachsteuern müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die gemeinsamen Resolutionen mögen über weite Strecken alte, bekannte gemeinsame Ziele enthalten, einiges ist bereits auf den Weg gebracht, vieles

aber noch nicht umgesetzt worden und kann letztlich nur in überregionaler Abstimmung zum Erfolg geführt werden. Darum stimmen wir Grünen der Umsetzung einer gemeinsamen Politik und damit diesem Antrag zu, für ein starkes grünes Europa der Regionen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viel ist zum Thema dieses Antrags und zu den beiden Resolutionen, die ihm zugrunde liegen, gesagt worden. Ich will drei Punkte hervorheben, die wir wichtig finden.

Erstens wird in den Resolutionen ein bisschen von dem geweckt, was wir Freude an Europa nennen, vor allen bei Jugendlichen, aber auch bei Menschen. Ich glaube, dass wir nicht nur mit Resolutionen und Politik die Freude hervorrufen können, sondern dass wir Interesse und Freude dadurch hervorrufen können, dass wir die Menschen an Europa teilhaben lassen.

Der zweite Punkt, der uns wichtig ist, ist dankenswerterweise auch schon angesprochen worden: Sozialstandards kommen auf die Charta.

Der dritte Punkt, der uns wichtig ist und bleibt: Der Ostseeraum und Europa sind mehr als die EU. Das finden wir gut so. Wir glauben, dass das so sein muss.

Wir haben an den Resolutionen im Detail Kritik, aber finden es kleinkariert, diese Kritik hier im Plenum vorzubringen. Wir werden damit in die Ausschüsse gehen und diesen Antrag natürlich mittragen.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nunmehr die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.