Erstens: Die HSH Nordbank hat keine Zukunft, deshalb muss sie abgewickelt werden. Das ist keine Sanierungsbeihilfe - aus Sicht der Kommission.
Zweitens: Die HSH Nordbank - wie soll ich es sagen - wird vom Markt verschwinden, es sei denn, die Schleswig-Holsteiner schaffen es in den nächsten zwei Jahren nach der Genehmigung der Kommission, die HSH Nordbank zu verkaufen. Darauf komme ich noch einmal zurück.
Drittens wird der HSH Nordbank erlaubt, was sie ohnehin hätte machen dürfen, 8,2 Milliarden € faule Kredite am Markt zu platzieren. Für den Fall, dass das nicht geht, weil der Markt nicht aufnahmefähig ist - nur für diesen Fall -, erlaubt die Kommission den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, bis zu 6,2 Milliarden € zu übernehmende Papiere zu investieren, um die Papiere zu übernehmen und sie dann ihrerseits an den Markt zu bringen. Aber zunächst ist die private Form diejenige welche. Wenn wir feststellen, dass wir die Kredite in Höhe von 8,2 Milliarden € nicht am Markt platzieren können, gibt es für die in Höhe von 6,2 Milliarden € auch keinen Marktpreis. Denn der Marktpreis setzt voraus, dass Marktteilnehmer bereit sind, das zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Das heißt, es gibt dann eine politische, eine ökonomische oder wie auch immer geartete Bewertung, aber das wird auf jeden Fall dazu führen, dass die Verluste an dem Vermögen des Landes Schleswig-Holstein nicht verringert, sondern intensiviert werden. Das muss man einfach wissen. Man könnte ja auch genauso gut sagen, wenn die HSH Nordbank die Papiere nicht loswird - egal, das ist ihr Problem und nicht das Problem des Landes Schleswig-Holstein! - Warum?
Ich will jetzt niemandem einen Vorwurf machen, wobei ich auch sagen muss, Herr Kollege Andresen, selbst wenn die Garantiesumme bei 10 Milliarden € geblieben wäre, wäre die HSH Nordbank
nicht überlebensfähig gewesen, weil ja seit geraumer Zeit alle erklären, wir sind nicht in der Lage, aus dem operativen Geschäft die Gebühren, die wir für die Garantie zahlen müssen, zu erwirtschaften. Das war ja der Grund, warum Herr Lerbinger auf die glorreiche Idee gekommen ist, 3 Milliarden € zurückzugeben, um Gebühren zu sparen und damit sein Ergebnis zu verbessern - unabhängig von der Frage, ob das falsch war, ja oder nein.
Was mich extrem stört, und das können Sie anhand fast aller meiner Reden, Herr Kollege Andresen und liebe Frau Heinold - das wissen Sie -, nachvollziehen, ist die Impertinenz, mit der sich bei der HSH Nordbank im Vorstand und wohl auch in Teilen des Aufsichtsrats das Gefühl durchgesetzt hat, man kann machen, was man will - zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in SchleswigHolstein -, weil man die Regierungen und Parlamente immer unter der Überschrift „Wir müssen das Landesvermögen schonen!“ zwingen kann, die Fehlentscheidungen der HSH Nordbank zu tragen und dafür auch finanziell einzustehen.
Um das deutlich zu machen: Meine Kritik geht also nicht in die Richtung der handelnden Politiker der Parlamente, sondern sie geht in die Richtung der Tatsache, dass Vorstände wirklich geglaubt haben, sie halten sich zwei Länder als Kasse, um ihre Geschäfte zu tätigen, um dann immer mit dem Argument zu kommen, es gehe um das Vermögen des Landes Schleswig-Holstein, man müsse das Vermögen schonen.
Es hat mich unglaublich fasziniert - das habe ich Frau Heinold auch gesagt -, dass der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, Herr von Oesterreich, der bei uns hier jahrelang erklärt hat, wie toll die Bank aufgestellt sei und auf welchem guten Weg sie sei, anlässlich der Q-2-Pressekonferenz in Hamburg erklärt hat - ich zitiere -:
„Es muss ein vernünftiger Weg gefunden werden, dass wir die Altlasten an die Haupteigentümer Hamburg und SchleswigHolstein übertragen.“
(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP] und Dr. An- dreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist unglaub- lich!)
Hat mal jemand gefragt, ob man die Altlasten von Herrn Tietze, von mir oder wem auch immer an die Länder übertragen kann? Was für eine Frechheit ist
das eigentlich, mit dieser Chuzpe in die Pressekonferenz zu gehen und die Parlamente damit zu überfordern? Er betonte, wir könnten die Altlasten der Schiffe, die sich absolut nicht positiv entwickeln, nicht tragen und es müsse dieses Jahr noch geschehen, weil die Bank sonst in die Grütze gehe.
Ich stelle mir einmal vor, dies hätten andere getan, es würde jetzt jemand vom UKSH kommen und sagen: Das Land Schleswig-Holstein muss unsere Altlasten übernehmen, oder wir stellen die Geschäfte ein. Da würden wir doch fragen: Habt ihr eine Feile im Kopf?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss wieder zitieren, um es deutlich zu machen. Am 10. März 2008 gab die Bank folgende Pressemitteilung heraus:
„HSH Nordbank beweist operative Stärke. Subprime-Risiken vollständig ergebniswirksam verarbeitet. Deutlicher Jahresüberschuss trotz konservativer Risikopolitik.“
„Für das Jahr 2008 geht die HSH Nordbank weiter von einer hohen Unsicherheit an den Finanzmärkten aus. ‚Wir haben jedoch gezeigt, dass wir ein erfolgreiches und krisenfestes Geschäftsmodell haben‘, sagte Vorstandsvorsitzender Hans Berger.“
Wir haben ein 141-Seiten-Dossier, um zu dokumentieren, dass keine der Aussagen, die von den HSH Nordbank-Vorständen in der Öffentlichkeit und gegenüber den Haupteigentümern gemacht worden sind, im Laufe des Jahres Bestand gehabt haben. Im Gegenteil. Das genaue Gegenteil ist eingetreten. Dann aber zu sagen, wir müssen jetzt den Vorstellungen der Bank folgen - vermögensschonend -, verlangt den Parlamentariern doch sehr viel Mut ab, nachdem viele in der Vergangenheit gesagt haben, wir haben Vertrauen zu den Aufsichtsräten und den Vorständen. Herr Nonnenmacher hat im Jahr 2010 erklärt, wir würden im Jahr 2012 die Dividendenfähigkeit wieder erreichen. Eine Dividende von 10 % hat er angegeben. - Wir wissen ja, was anschließend passierte.
Wir sehen uns momentan tatsächlich nicht in der Lage, auf der Grundlage der bisher vorliegenden Informationen zu entscheiden. Ich verstehe auch definitiv nicht die Eile, mit der es geschehen soll. Klar ist, dass die Garantie in Höhe von 10 Milliarden € aufgestockt werden muss. Warum wir jetzt aber bereits einen Fonds gründen müssen, der eine Kreditermächtigung in Höhe von 6,2 Milliarden €
erhält, erschließt sich mir nicht. Die Behauptungen, die dazu führen, dass wir das tun müssten, sind nicht stichhaltig.
Die Behauptung, § 8 b Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz würde im Jahr 2016 für Länder nicht mehr gelten, ist falsch. Warum ist sie falsch? Weil beide Paragrafen novelliert worden sind und die Überlegung, der Bundesgesetzgeber hat sich bedauerlicherweise geirrt, weil er das für den Bund bis 2015 limitiert und für die Länder einfach nicht aufgenommen hat, schlicht und ergreifend unzutreffend ist. Auf meine Frage - ich kann das ja wiedergeben - an meinen Kollegen von Linklaters, was sie veranlasst hat, das als Risiko zu beschreiben - ich habe gesagt, als Anwalt würde ich auch immer jedes Risiko beschreiben, unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit -, und wer denn etwas dagegen unternehmen sollte, wenn wir so verfahren würden, war seine Antwort: „Ja vielleicht die BaFin“. Auf meine Frage, ist die BaFin mal gefragt worden, war die schlichte Antwort: „Nein“.
Die Behauptung, es muss passieren, weil der Wirtschaftsprüfer sonst kein Testat erstellt, muss deshalb falsch sein, weil die Wirkungen der Maßnahme, die wir jetzt beschließen, frühestens im Juli nächsten Jahres eintreten können und deshalb auf die Bilanz 2015 keine Auswirkungen mehr haben werden.
Wir brauchen mehr Entscheidungsgrundlagen. Wenn wir jetzt abwickeln würden - und ich sage nicht, dass wir das wollen -, wüssten wir genau, wo wir stehen.
Was die Regierung jetzt vorschlägt, ist nichts anderes als die Überlegung, das Prinzip Hoffnung walten zu lassen. Es kann gut gehen, wenn wir die Bank veräußern können - woran ich große Zweifel habe -, aber es kann auch schlimmer werden, wenn wir die Bank nicht veräußern können. Die Frage ist: Machen wir Risikobegrenzung, oder arbeiten wir nach dem Prinzip Hoffnung? Wenn ich mir die letzten Jahre angucke, was die HSH Nordbank seit 2008 angeht, ist jedes Mal das Prinzip Hoffnung gescheitert.
Wir sind in der Gefahr, uns wie süchtige Spieler zu verhalten, die das Letzte, was sie haben, noch einmal in den Automaten reinschmeißen, nach der Devise, dann kommt der Jackpot dabei raus, und dabei das Letzte verlieren, um das es geht. Es geht nicht mehr darum, dass wir Vermögen haben. Es geht nur noch um die Frage, wie begrenzen wir den Nettoverlust aus dem Engagement bei der HSH Nordbank - um nicht mehr und nicht weniger.
Ich konzediere Ihnen - das habe ich Ihnen auch schon einmal gesagt -, dass Sie das ernsthaft geprüft und sich dafür entschieden haben. Ich bitte aber auch Sie, uns zu konzedieren, dass wir es auch sehr ernsthaft geprüft haben und die Frage wahrscheinlich anders beantworten werden als Sie. Risikoausschluss ist für mich momentan wichtiger als das Prinzip Hoffnung. Ich kann, wenn wir den Weg gehen - die Mehrheit wird es ja tun -, nur hoffen, dass Sie mit Ihrer Hoffnung recht behalten werden und wir am Ende der Abrechnung nicht schlechter dastehen als dann, wenn wir früher die Reißleine gezogen hätten. Ich sage nach wie vor: Die Entscheidungsgrundlage ist bei dieser Größenordnung für uns nicht ausreichend vorhanden.
Ich mache der Regierung gar keinen Vorwurf. In der Kürze der Zeit sind viele Sachen gar nicht herzustellen gewesen. Die spannende Frage aber, warum wir das jetzt vor Weihnachten entscheiden müssen, ist damit nicht beantwortet. Auf dieser Grundlage wird es uns schwer fallen, ein positives Votum abzugeben. - Ich bedanke mich herzlich.
Für die Fraktion der PIRATEN erteile ich deren Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Torge Schmidt, das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Monat nach der Regierungserklärung der Finanzministerin muss man festhalten, dass wir diese Plenartagung eine echt beschissene Entscheidung treffen müssen.
Wir dürfen uns jetzt entscheiden zwischen: Wir werfen der Bank jetzt mal die Milliarden in den Rachen, die wir für unseren Sanierungsstau brauchen, oder wir warten noch einmal zwei Jahre ab, und eventuell kostet es dann die Hälfte, oder es sprengt uns auch den Haushalt für die nächsten zehn Generationen. Egal, wie wir uns entscheiden, eine Sache steht definitiv fest. Selbst in dem besten Szenario ist es so, dass der Steuerzahler Milliarden von Euro zahlen muss. Das steht fest. Selbst, wenn wir die Bank verkaufen werden - was das schönste Szenario ist -, bedeutet es immer noch, dass wir Milliardenverluste tragen müssen.
Dies alles nur, weil der Traum da war, einer der ganz Großen in der Bankenwelt zu sein. Es gab Manager, die sich selbst verwirklichen wollten, die in der ganz großen Liga mitspielen wollten, die jeden Trend aus New York, London und Frankfurt mitmachen mussten, riesige Finanzgeschäfte getätigt haben, die sie selbst nicht einmal verstanden haben. Das alles erfolgte mit staatlicher Unterstützung. Denn - wie Herr Kubicki schon richtig ausgeführt hat - die Vorstellung der Banker zu sagen, der Staat haftet ja für alles, deshalb können wir ein Risiko eingehen, spiegelt sich in den 65 Milliarden € Gewährträgerhaftung wieder, die wir damals hatten.
Man muss auch ganz ehrlich festhalten: Die Politik war sehr naiv. Denn sie hat tatsächlich immer geglaubt, dass die HSH Nordbank den Haushalt immer schön mitfinanzieren wird, es quasi ein Selbstgänger ist und Kiel in derselben Liga spielen kann wie New York oder London. Da stelle ich mir die Frage: Wie konnte man damals so naiv sein?
Die Einzigen, die den Fehler schon 2006 erkannt hatten und die Bank verkaufen wollten, das waren die skrupellosen Kapitalisten von der FDP. Das ist echt bitter.
Spätestens jetzt, sieben Jahre nach der Bankenkrise, wird dieser Traum zum Glück beerdigt. Denn es gibt kein „Der Schiffsmarkt wird sich wieder erholen“ mehr, und es gibt auch kein „Die Bank wird wieder Dividenden zahlen“ mehr. Der Traum ist aus. Denn wir wissen heute schon, dass sich spätestens in zweieinhalb Jahren die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein von der Bank trennen werden. Das ist auch gut so. Denn es ist nicht richtig, dass auf Kosten der Steuerzahler eine Geschäftsbank wie die HSH Nordbank finanziert wird.
Meine Damen und Herren, was wir in dieser Plenartagung debattieren, ist das Ergebnis von jahrelangem Versagen der Politik.
Die Bürgerinnen und Bürger fragen sich zu Recht: Wie konnte das kommen? Warum konntet ihr das nicht kommen sehen? Wie konntet ihr das zulassen? Die HSH Nordbank ist ein Grund, warum die Menschen nicht mehr den Regierungen und der Politik vertrauen. Das ist auch der Grund, warum Wählerinnen und Wähler nicht zur Wahl gehen.
Es ist Ihnen tatsächlich auch egal, wer regiert hat. Denn es machen doch alle nur das Gleiche. Das Vertrauen ist weg, und so leicht ist es auch nicht wiederzugewinnen. Auch in Bezug auf die HSH Nordbank gilt dieses Motto. Ist das Vertrauen erst einmal weg, ist es auch nicht so schnell wieder da.
Wenn wir in die Vergangenheit schauen, müssen wir fragen: Welche Prognose, welche Berechnungen der HSH Nordbank in den vergangenen Jahren, welches Versprechen konnte die Bank denn halten? - Jede Aussage und jede Planung hat sich eher ins Negative gewendet und konnte nicht gehalten werden.
2009 wurde entschieden, dass Hamburg und Schleswig-Holstein die Bank auf eigene Faust retten wollen. Man hat darauf gesetzt, dass sich die Bank wieder aus der Krise erholen und es wieder eine glorreiche Zukunft geben wird. Es wurde eine Garantie in Höhe von 7 Milliarden € ausgesprochen, und die Bank wurde mit frischem Eigenkapital versehen. Der Plan war, dass die Gebühren der Garantie und das frische Eigenkapital die Verluste aus der Garantie refinanzieren sollten. Daher kommt auch die Antwort auf Ihre Frage von vorhin, Frau Ministerin Heinold, warum man damals nicht die Kreditermächtigung für die Garantie gegeben hat, weil man daran glaubte, dass dieser Plan tatsächlich so aufgeht.