2009 wurde entschieden, dass Hamburg und Schleswig-Holstein die Bank auf eigene Faust retten wollen. Man hat darauf gesetzt, dass sich die Bank wieder aus der Krise erholen und es wieder eine glorreiche Zukunft geben wird. Es wurde eine Garantie in Höhe von 7 Milliarden € ausgesprochen, und die Bank wurde mit frischem Eigenkapital versehen. Der Plan war, dass die Gebühren der Garantie und das frische Eigenkapital die Verluste aus der Garantie refinanzieren sollten. Daher kommt auch die Antwort auf Ihre Frage von vorhin, Frau Ministerin Heinold, warum man damals nicht die Kreditermächtigung für die Garantie gegeben hat, weil man daran glaubte, dass dieser Plan tatsächlich so aufgeht.
Heute steht fest, dass die hsh finanzfonds eine Kreditermächtigung von 10 Milliarden € bekommen soll, denn diese glorreiche Zukunft ist ausgeblieben. Wir reden nicht mehr darüber, ob jemals ein Verlust durch die Garantie der Länder auf uns zukommt; die Frage, die sich uns vielmehr stellt, ist, in welcher Höhe er auf uns zukommt.
Darüber hinaus haben sich unter dem Garantieschirm der Länder diverse Schrottpapiere gesammelt. Vieles der Altlasten wurde tatsächlich verkauft. Ich sage aber immer wieder: Es ist wie auf einem Flohmarkt. Die Sachen, die noch irgendwie zu gebrauchen sind, sind am schnellsten weg. Das, was übrig bleibt, ist einfach das, was kein Mensch haben will. Von diesem Schrott, der übrig geblieben ist, sollen wir Länder 6,2 Milliarden € aufkaufen. Das heißt, dass wir jetzt tatsächlich Geld in die Hand nehmen müssen, um diese Bank zu entlasten, die uns jahrelang belogen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollen dem Staatsvertrag in dieser Plenartagung in erster und zweiter Lesung zustimmen. Man muss sich vorstellen: Die Kreditermächtigungen, die wir geben, sind
Auch da muss ich Herrn Kubicki recht geben - das geht auch an die Finanzministerin -: Die Schuld, dass wir dies in dieser Eile machen und dass wir die erste und zweite Lesung in einer Tagung durchführen müssen, liegt nicht an der Regierung, sondern an der Tatsache, dass wir durch Sachzwänge von außen dazu gezwungen werden. Das ist das Problem, das wir hier im Parlament haben. Wir sind zum Spielball der Europäischen Kommission, der HSH Nordbank geworden. Das waren wir in der Vergangenheit auch immer. Es ist wenig befriedigend, dass das Parlament selbst eigentlich keinen wirklichen Entscheidungsspielraum hat und sich nur Sachen diktieren lässt. Das ist ein großes Problem.
Wir reden über haushaltswirksame Entscheidungen von 16,2 Milliarden €. Das ist tatsächlich die größte finanzielle Entscheidung, die wir in der Geschichte dieses Bundeslandes jemals getroffen haben. Man muss feststellen, dass weder das Verfahren noch der Zeitdruck noch die Finanzpolitik unseren demokratischen Idealen entspricht. Ich kann jeden Abgeordneten verstehen, der sagt, dass er sich nicht ausreichend informiert fühle, und der sich die Entscheidung schwer macht, weil er die tatsächliche Tragweite dieser Entscheidung nicht überblicken kann. Ich muss sagen: Der Staatssekretär hat sich eineinhalb Stunden Zeit genommen, ist in unsere Fraktion gekommen und hat mit uns darüber diskutiert. Vielen Dank dafür, das war sehr hilfreich! Er hat selbst gesagt, dass er sich mit diesem Thema drei Jahre intensiv und viel beschäftigt habe und wir das in eineinhalb Stunden nicht alles spiegeln könnten.
Es ist tatsächlich auch so, dass nicht alle Abgeordneten alle Zahlen haben sehen können. Das hat der Kollege Andresen auch gerade gesagt. Ich gehöre zu denjenigen, die im Beteiligungsausschuss Einblick in die Zahlen hatten. Aber ich darf aufgrund der Vertraulichkeit nicht mit meinen Kollegen Abgeordneten reden. Sie müssen mir aufgrund des Einblicks, den ich dort habe, vertrauen. Das ist für den einzelnen Abgeordneten wenig befriedigend, der diese Entscheidung am Ende mittragen soll. Tatsächlich ist es so, dass kaum ein Abgeordneter diese Entscheidung mit komplett gutem Gewissen nachvollziehen und mittragen kann. Das ist ein postdemokratisches Dilemma, das wir haben.
Die Europäische Kommission setzt uns die Pistole auf die Brust: Entweder ihr macht das alles mit, oder wir wickeln eure Bank ab! Bei der Frage geht es wirklich nicht nur darum, Zahlen nebeneinanderzulegen. Man kann bei Szenario 1 und Szenario 2 möglicherweise sagen, was eventuell günstiger wird. Man muss auch noch die anderen Risiken in Betracht ziehen, die nichts mit Finanzen zu tun haben. Es geht um die Frage: Geht eigentlich das Handshake Agreement mit der Europäischen Bank auf?
Bei der Umsetzung bleiben einige Fragen offen. Es gibt Rechtsrisiken, die zum Beispiel von Herrn Kubicki bereits angesprochen wurden. Die Frage ist aber auch, ob wirklich alle Anteilseigner der Bank mitmachen. Es sind nicht nur Hamburg und Schleswig-Holstein, denen die Bank gehört, sondern es sind auch Dritte beteiligt, die diesem ganzen Plan zustimmen. Was passiert, wenn sie dem nicht zustimmen? Kaufen wir uns dann 6,2 Milliarden € Kredite und wickeln trotzdem sofort ab? Dann sind wir ein viel größeres Risiko eingegangen und hätten faule Kredite umsonst gekauft. Das wäre ein großer Fehler, den wir begehen würden.
Den Abgeordneten bleibt tatsächlich nur die Möglichkeit, der Landesregierung zu vertrauen, dass der Plan schon irgendwie aufgehen wird. Tatsächlich sehe ich es nicht als Aufgabe des Parlaments an, der Regierung so zu vertrauen.
Frau Heinold, es ist kein Problem, das Sie uns gebracht haben, sondern es sind die Umstände. Wir werden sicherlich morgen in der Ausschusssitzung darüber beraten. Befriedigend ist die Situation für unsere Abgeordneten nicht. Wir werden Freitag noch einmal darüber diskutieren. Wirklich Vertrauen in die Lösung haben wir derzeit nicht. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Geschehnisse der vergangenen Wochen machen wieder einmal deutlich, dass wir als Parlament an dieser Stelle eine Entscheidung treffen müssen. Mit Blick auf die Anträge von CDU und FDP wird auch dort deutlich, dass grundlegend Einigkeit darüber besteht, zu handeln. Beiden Par
teien sollte klar sein, dass eine sofortige und vor allem unkontrollierte Abwicklung der HSH Nordbank keine tragbare Lösung darstellt. Das wurde von Vertretern anderer Parteien schon angesprochen. Ich glaube, Gleiches gilt auch für die PIRATEN.
Wir vom SSW sehen das genauso. Dabei geht es nicht nur um die Inanspruchnahme der Gewährträgerhaftung, die am Jahresende immer noch ein Gesamtvolumen von immerhin über 10 Milliarden € umfasst. Das würde nicht nur Schleswig-Holstein und Hamburg betreffen, sondern auch unsere Sparkassen in der Region. Das gilt es auch zu debattieren und nach meiner Auffassung zu verhindern.
Als SSW ist es uns wichtig, dass wir die Abmachungen mit der EU-Kommission nicht von heute auf morgen aufkündigen. Hier haben intensive Gespräche stattgefunden. Die Parlamentsbefassung ist quasi ein Teil dieser Gespräche gewesen. Für uns als SSW war es in der Vergangenheit immer wichtig, die für das Land finanziell gesehen bestmögliche Lösung herbeizuführen. An dieser Maxime wollen wir auch in Zukunft festhalten.
Die Gespräche und Beratungen über die HSH Nordbank begleiten uns als Parlament schon jahrelang. Gleiches gilt natürlich für sämtliche Beteiligte. Nun geht es an dieser Stelle möglicherweise um das vorletzte Kapitel der HSH Nordbank. Die Seiten in den vorherigen Kapiteln lassen sich leider nicht herausreißen, denn vieles von dem, was nun vor uns liegt, haben wir uns schon ganz zu Anfang ins Buch geschrieben. Im Gegensatz zum Buchhandel gibt es in dieser Situation eben keine Preisbindung. Wie hoch der Marktwert in diesem heute debattierten Fall also ist, ist schlichtweg unbekannt. Den Marktwert können wir bei einem nun imaginären Verkauf weder kennen noch bestimmen. Diese Abfolge würde auch komplett am Markt vorbeigehen. Sechs Jahre nach der Zahlungsverpflichtung aus 2009 müssen wir nun als Eigentümer die entsprechende Garantie zur Verfügung stellen. Die Kritik an dieser Stelle ist berechtigt, jedoch hängt dies mit der Natur der Sache zusammen, wie ich es eben schon erwähnt habe.
Ich glaube, das Hin- und Herschieben der Verantwortung über den Zeitraum der letzten zwölf Jahre bringt nicht wirklich etwas. Welches unsere Haltung in der Vergangenheit war und welche Optionen es gegeben hätte, habe ich in der letzten Beratung zur HSH Nordbank bereits dargestellt. Damals
hat man auf die Zukunft gezockt, was sich heute als Fehler erweist. Ändern können wir diese Tatsache aber nicht. Jetzt geht es aufgrund der derzeitigen Lage darum, Entscheidungen zu treffen, und zwar nach unserem heutigen Kenntnisstand die bestmöglichen Entscheidungen.
Es geht nicht darum, jetzt eine leichte Entscheidung zu treffen. Es geht auch nicht darum, ob diese Entscheidung nun besonders toll oder erfolgreich ist. Was die Bank braucht, ist eine solide Rechts- und Handlungsgrundlage, damit unser Schaden minimiert wird. Wie gesagt, es geht um das vorletzte Kapitel. Der Kollege Kubicki hat recht, wenn er sagt, es geht um die Frage: Wie verlieren wir möglichst wenig Geld? Viel Geld würden wir in jedem Fall verlieren, wenn wir heute den Schlüssel umdrehten und die Schotten dichtmachten. Mehr Geld würden wir auch verlieren, wenn die parlamentarische Handhabung verzögert würde und somit neue, noch teurere rechtliche Rahmenbedingungen für die Bank und somit auch für das Landesvermögen wirksam würden.
Fakt ist, dass wir heute darüber entscheiden, ob der Einigung mit der EU zugestimmt oder ob die Bank unkontrolliert abgewickelt wird. Das, meine Damen und Herren, sind die beiden Alternativen, über die wir in dieser Landtagstagung abstimmen müssen. Wir stimmen für den Staatsvertrag, damit eben nicht unkontrolliert abgewickelt wird.
Natürlich birgt auch diese Entscheidung Risiken. Nun muss man aber dazu sagen, dass diese Risiken schon immer da waren und weiterhin bestehen bleiben, solange das Land Eigentümer ist, und vielleicht sogar darüber hinaus, denn es bestehen auch dann noch Gewährträgerhaftungsrisiken. Gleiches gilt für die Unbekannten, die damit verbunden sind. Die Gleichung mit der HSH Nordbank hat schon immer mehrere Unbekannte beinhaltet, sie gehören zum Risiko dazu. Geschäfte ohne Risiko gibt es nicht, und es wird sie auch in Zukunft nicht geben. Das größte Risiko war es, als Land überhaupt ins internationale Bankgeschäft einzusteigen.
Die historisch bedeutsame Entscheidung ist vor mehr als einem Jahrzehnt gefallen. Wir müssen jetzt den Schaden daraus möglichst gering halten.
Meine Damen und Herren, die Bank ist derzeit nicht überlebensfähig, das wurde uns ins Stammbuch geschrieben. Das ist der Grund dafür, dass wir
die Bank jetzt - wenn man es so formulieren will retten müssen. Es gibt tatsächlich von der EU eine Abwicklungsbeihilfe. Es geht also nicht darum, das Institut zu erhalten, sondern es geht darum, eine kontrollierte Abwicklung hinzubekommen.
Hierzu wurden uns von der EU Bedingungen aufgetragen. Natürlich sind unsere Verhandlungen mit der EU auf der einen Seite und mit Hamburg auf der anderen Seite kein Zuckerschlecken. Natürlich ist es so, dass man dort Kompromisse eingehen muss. Ich glaube, das ist etwas, was das Wesen des Vertrages mit der EU, wenn man ihn so nennen will, ausmacht. Es geht jetzt darum, ob wir der Auffassung sind, dass in dieser Regelung, die mit der EU vereinbart worden ist, tatsächlich eine Perspektive enthalten ist, um den Schaden für das Land Schleswig-Holstein so gering wie möglich zu halten.
Meine Damen und Herren, der Kollege Kubicki hat natürlich recht, wenn er am Anfang seiner Rede sagt: Niemand kann den Anspruch erheben, recht zu haben. Genauso ist es. So war es schon immer. So ist es, seit wir 2008 über die HSH Nordbank gesprochen haben. Ich gebe es zu, hinterher kann man immer sagen: Wunderbar, ich war damals dagegen und kann jetzt sagen: Ich habe recht gehabt. Das bringt uns nur nicht weiter. Vielmehr müssen wir immer von einer Situation zur nächsten Situation gehen und mit dem Wissen, das wir haben, entsprechend handeln.
Mit dem Wissen, das wir heute haben, glauben wir, dass es klug ist, der Vereinbarung mit der EU und dem Staatsvertrag zuzustimmen, denn das ist die einzige Möglichkeit, mit der wir es schaffen, dass die HSH Nordbank a) nicht unkontrolliert abgewickelt wird und dass uns nicht auf einmal kurzfristig unkontrollierte Risiken betreffen und wir möglicherweise nicht in der Lage sein könnten, diese Risiken zu bewältigen. Sie gibt uns b) die Sicherheit, dass wir nach zwei Jahren das Kapitel der HSH Nordbank für das Land Schleswig-Holstein schließen können, indem die Bank entweder an jemanden verkauft wird oder indem die Bank abgewickelt wird. Ich glaube, das ist zumindest eine Perspektive, auch für die Bürgerinnen und Bürger im Land, indem man weiß, dass dieses Thema dann endlich einmal zu Ende ist.
Vor diesem Hintergrund möchte ich mich ganz herzlich bei der Ministerin und auch bei unserem Staatssekretär Herrn Nimmermann für die hervorragend geführten Verhandlungen bedanken. Insbesondere bedanke ich mich dafür, dass wir als Parlament in all seinen Schattierungen, sowohl als Op
position als auch als Regierungsfraktionen, immer so gut wie möglich informiert und beraten worden sind. Ich will nicht sagen, dass ich mich mit dieser Beratung wohlfühle bei der Entscheidung. Ich glaube, das wäre der Sache nicht angemessen, aber ich habe zumindest das Gefühl, dass ich hier auf einer halbwegs vernünftigen Datenbasis entscheide. Ich werde mich selbstverständlich für den Staatsvertrag entscheiden. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss um die Regierungsmehrheit bei der Abstimmung am Freitag schon schlecht bestellt sein, wenn die Finanzministerin heute eine solche Rede hält, wie sie sie hier gehalten hat.
Ich könnte jetzt der Versuchung erliegen, darauf hinzuweisen, dass es in rot-grüner Regierungsverantwortung bis 2005 die unvorstellbare Summe von 165 Milliarden € an Bürgschaften war, die damals mit Bezug auf die HSH vergeben wurden und unter denen wir heute noch leiden. Ich könnte auch der Versuchung erliegen, darauf hinzuweisen, dass es die Abgeordnete Monika Heinold war, die 2003 ihre Hand dafür gehoben hat, die HSH Nordbank als eine internationale Geschäftsbank auszurichten, die mit hohen Renditeerwartungen an die Börse gebracht werden sollte. All diese Debatten könnten wir führen. Da waren wir im Untersuchungsausschuss 2010 aber schon ein ganzes Stück weiter, als Sie es heute hier in Ihrer Rede vorgetragen haben, Frau Heinold.
Ich will mich in meinen Ausführungen deshalb auf den Sachverhalt konzentrieren, den wir am Freitag tatsächlich zu entscheiden haben. Die Regierung behauptet, ihr Vorschlag sei der beste für das Landesvermögen und die Steuerzahler. Sie würden dadurch am wenigsten belastet. Nun hatten die wenigsten Abgeordneten Gelegenheit, sich die zugrunde
liegenden Zahlen persönlich anzuschauen. Wer das wie ich tun konnte, der kann durchaus zu einem anderen Ergebnis kommen. Dafür will ich Ihnen drei entscheidende Gründe nennen:
Die Aussage der Landesregierung beruht nämlich auf bestimmten Annahmen, die die Landesregierung und ihre Berater getroffen haben. Wenn man die Annahme trifft, dass die Garantie zwar auf 10 Milliarden € aufgestockt, diese Garantie aber gar nicht in Anspruch genommen wird, mag man zu einer solchen Aussage kommen, wie die Landesregierung sie trifft.
Wenn man die Annahme trifft, dass die übernommenen Altlasten, die Schrottpapiere, die unsere Abwicklungsanstalt übernehmen soll, anschließend keine weiteren Verluste verursachen, dann kommt man auch zu diesem Ergebnis.