Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

zubuchen, die Sie gar nicht gemacht haben. Schon haben Sie das Geld gewaschen, und Sie können den Kram relativ einfach überweisen.

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

Ja, in der Realität ist das wahrscheinlich ein bisschen komplizierter. Aber vom Prinzip her ist das gar nicht so schwer.

Meine Damen und Herren, nur weil wir das Bargeld einschränken, heißt das nicht, dass man nicht weiter illegale Geschäfte machen kann. Man kann auch im Bereich des Terrorismus mit Überweisungen bezahlen oder auf anderem Wege. Geben Sie sich nicht der Illusion hin, dass die Einschränkung oder Abschaffung des Bargelds eine Lösung ist.

(Beifall PIRATEN)

Ich habe die Bitte, dass wir über diesen Antrag gleich in der Sache abstimmen. Hintergrund ist, dass es aktuell auf EU-Ebene und auf Bundesebene Pläne gibt, eine Bargeldobergrenze einzuführen. Wir sollten uns an dieser Stelle positionieren. Von daher bitte ich Sie, den Bargeldantrag nicht zu überweisen, auch wenn das ein schönes Wortspiel ist, sondern jetzt in der Sache abzustimmen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag hat jetzt der Herr Abgeordnete Dr. Kai Dolgner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ohne dass ich zum Thema Kryptowährung eine abschließende Meinung habe, möchte ich sagen: Man sollte Dinge nicht einfach beiseitewischen mit Überlegungen, die in der Realität gar nicht funktionieren. Lieber Uli König, du weißt ganz genau, dass, wenn der private Schlüssel verlorengegangen ist, die Bitcoins nicht mehr zuzuordnen sind. Ich muss schon den privaten Schlüssel ausspähen, um diese Nachverfolgbarkeit zu haben.

(Uli König [PIRATEN]: Das stimmt nicht!)

- Der Quelltext ist offen.

(Zuruf Dr. Heiner Garg [FDP])

- Herr Kollege Garg, das ist ein wichtiger Punkt. Sonst kannst du dem BKA gern einen Hinweis geben, wie man bei dem Trojaner Locky-Ransom herausfinden soll, wer dahintersteckt. Eine Gemeinde

hat bereits bezahlt. Dann brauchst du nur einen Brief zu schreiben, dann sind alle in diesem Land glücklich, ebenso wie alle anderen, die schon erpresst worden sind.

Natürlich ist im Endeffekt dann, wenn etwas gespeichert wird, alles nachverfolgbar, aber es ist die Frage, ob unsere Strafverfolgungsbehörden das in der Realität tun können. Das können sie an dieser Stelle nicht.

Man könnte natürlich weltweit Überwachungsmechanismen und andere Mechanismen einführen, um das zu gewährleisten, aber das wird wahrscheinlich nicht die piratige Lösung für das Problem sein.

Herr Dr. Dolgner, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

Aber klar doch.

Herr Kollege, können Sie nach Ihren letzten Sätzen verstehen, dass ich mich vehement für die Beibehaltung des Bargelds und die Nichteinführung einer Bargeldobergrenze einsetzen werde, damit ich das, was Sie gerade dem Kollegen König vorgetragen haben, nicht verstehen muss, um in Zukunft andere Bezahlungswege in Anspruch nehmen zu müssen?

- Herr Kollege Garg, wenn ich das kurz erläutern darf:

(Zurufe: Nein, nein!)

- Doch, doch, er hat gefragt.

Der Abgeordnete Dr. Dolgner hat das Recht dazu, das zu beantworten. Er wird das sicher in angemessener Weise tun.

Im Gegensatz zu Fragestellungen wie dem Terrorismus und anderen Themen, bei denen man als normaler Weltbürger rein statistisch gesehen kaum die Möglichkeit hat, einmal davon betroffen zu werden, ist Ihre Chance, von einer Erpressungssoftware betroffen zu werden, dann, wenn Sie einen Rechner benutzen, sehr hoch; auch bei Ihnen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Da nützt es Ihnen gar nichts, wenn Sie

(Uli König)

theoretisch weiter mit Bargeld bezahlen können, weil der Erpresser das nicht annehmen wird. Er möchte gern ein pseudonymes Zahlungsmittel haben. Sie können sich dann entscheiden. Ihre Daten und Ihre Bildersammlungen und so weiter sind weg. Das kann auch für Ihre anderen Daten im Haus gelten, wenn Sie Ihr Haus vernetzt haben, denn der Trojaner verschlüsselt auch Ihre kompletten Backups, die Sie über das NRS gemacht haben, falls Sie so etwas haben.

(Heiterkeit - Wortmeldung Uli König [PIRA- TEN])

Dieses kriminelle Geschäftsmodell und der Aufwand lohnen sich natürlich nur deshalb, weil ich einen Zahlungsweg habe, bei dem die Gefahr, entdeckt zu werden, erheblich geringer ist als zum Beispiel bei dem Weg, eine Überweisung in die osteuropäischen Staaten zu tätigen, was der alte Weg war. Dies sage ich, bevor wir in die Detaildiskussion mit dem Kollegen König einsteigen. Wir reden also über ein Alltagserpressungsrisiko, das jeden Bürger betreffen kann. Die Politik kann dazu natürlich sagen: Das ist der Preis der Freiheit, aber zu negieren, dass dieses Risiko besteht, wenn Locky gerade herumgeht, ist mir zu wenig. Das ist an dieser Stelle nicht verantwortungsvoll.

(Beifall SPD)

Der Abgeordnete König hat verzichtet. Ich fand im Übrigen sehr verständlich, was der Abgeordnete Dr. Dolgner gesagt hat.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich kann natürlich darauf hinweisen, dass es unter gewissen Umständen immer noch Möglichkeiten gibt, mit entsprechendem Aufwand Dinge zu tun und auch Strafverfolgung zu betreiben, aber das ist bei Kryptowährungen schlicht und ergreifend ein Problem. Ich habe das Problem, das andere mit Kryptowährungen haben, nicht, nämlich dass man sagt, dies sei eine Währung, die kein staatliches Backup habe. Das haben andere Pseudowährungen auch nicht. Ich glaube, dass wir uns darüber im Ausschuss einmal intensiv unterhalten müssen. Darüber würde ich übrigens auch gern mit Transparency International sprechen, weil auch Kryptowährungen dazu geeignet sind, Zahlungen nicht nur jederzeit zu verschleiern, sondern sie im Alltag auch

einzulösen. Ich kann Bitcoins in Geschäften, die Bitcoins nutzen, direkt einlösen.

Wenn der Kollege König dann den allgemeinen Knackalgorithmus den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stellt, um dies zu knacken und festzustellen, wer welche Zahlungen getätigt hat, dann -

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

- Du hast das hier selbst gesagt, das waren deine eigenen Worte. Du sagtest belehrend, dies sei nicht unknackbar. Du findest es sogar sehr risikoreich, Bitcoins zu nutzen. Warum willst du sie dann durch deinen Antrag schützen, wenn das ein Teil der Überwachung ist? Das ist überhaupt nicht logisch. Entweder du findest das alles ganz schlimm, weil es nachvollziehbar ist, dann müsstest du die Verbraucher dringend davor schützen, quasi ihre gesamten Zahlungsdaten für immer archivierbar zu machen, oder du müsstest einräumen, dass es vielleicht doch nicht ganz so einfach ist und dass es die Strafverfolgung bei einem Alltagsdelikt, was dies schon ist, zumindest stark erschweren würde. Das muss man erklären. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Landesregierung hat Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Bargeld ist als Zahlungsmittel aus dem Alltag nicht wegzudenken. Rund 80 % der Zahlungen im Handel werden bar abgewickelt. Bar zu bezahlen, ist bequem und bietet den Vorteil, direkt zu sehen, wie sich der Einkauf auf den Geldbeutel auswirkt; keine versteckten Kosten, keine bösen Überraschungen. Außerdem ermöglicht die Bargeldzahlung die sofortige Vertragserfüllung. Das bietet Rechtssicherheit.

Gleichzeitig ist nicht wegzudiskutieren, dass Bargeldzahlungen im kriminellen Bereich genutzt werden, um Geldflüsse zu verschleiern und illegal erwirtschaftetes Geld in den legalen Finanz- und Wirtschaftskreislauf zu überführen. Der Grund dafür? - Bargeldzahlungen sichern Anonymität und bieten kaum Ansätze der Nachverfolgung.

Eine vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebene Dunkelfeldstudie, die im Februar veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass sich das

(Dr. Kai Dolgner)

jährliche Geldwäschevolumen in Deutschland allein im Nichtfinanzsektor auf einen geschätzten Betrag in Höhe von 20 bis 30 Milliarden € beläuft. Wir reden also nicht über Peanuts.

Vor dem Hintergrund der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung erwägt die Bundesregierung die Einführung einer Höchstgrenze für Bargeldzahlungen. In Betracht gezogen wird eine Obergrenze von 5.000 €. Meine Damen und Herren, andere Länder haben eine Höchstgrenze für Barzahlungen bereits eingeführt. In Frankreich liegt sie bei 1.000 €, in Belgien bei 3.000 € und in Spanien bei 2.500 €. Vor diesem Hintergrund besteht die Sorge, dass sich kriminelle Geldströme nach Deutschland verlagern, weil hier keine Höchstgrenze gilt und Bargeld somit in großem Umfang relativ unauffällig in den legalen Wirtschaftskreislauf eingespeist werden kann. Daher wird in der zitierten Dunkelfeldstudie der Bundesregierung die Handlungsempfehlung gegeben, eine Bargeldobergrenze in Deutschland einzuführen.

Ja, mit Bargeld bezahlen zu können, ist für Bürgerinnen und Bürger ein hohes Gut. Deshalb muss jede Einschränkung gut begründet sein. Ob die Begrenzung helfen kann, die Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, scheint mir eher fraglich. Das wurde hier sehr kritisch diskutiert.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn eine Bargeldobergrenze aber dazu beitragen kann, Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu erschweren, ist dies aus Sicht der Landesregierung eine gute Maßnahme, die in ein schlüssiges Gesamtkonzept mit weiteren Maßnahmen eingebettet werden sollte.

(Beifall Tobias Koch [CDU])

Dazu hat sich auch sehr klar die Antikorruptionsorganisation Transparency International bekannt.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Harms, Ihre These, dass man sich dann, wenn man Bürgerrechte gegen Steuerhinterziehung abwägt, lieber für die Bürgerrechte entscheiden sollte, scheint mir sehr gewagt zu sein. Darüber können wir gern bei einem Kaffee noch einmal diskutieren.

(Zurufe)