Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind vorübergehende Wohnstätten. Sie sind nicht für die Dauer gedacht. Am besten gelingt Integration nämlich in kleinen Einheiten, am besten mit einer eigenen Mietwohnung und entsprechenden Angeboten, Deutsch zu lernen und arbeiten zu können. Das ist meines Erachtens die beste Präventionsmaßnahme gegen sexualisierte Gewalt: die schnelle Integration in unsere Gesellschaft.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Da kein Antrag gestellt worden ist, erkläre ich den Tagesordnungspunkt für erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 62 auf:

Bericht der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung beim Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags über die Situation der behinderten Menschen in Schleswig-Holstein sowie über seine Tätigkeiten 2013/2014

Drucksache 18/3974

Ich begrüße dazu auf der Tribüne des SchleswigHolsteinischen Landtags den Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Herrn Dr. Hase, und seinen

Mitarbeiter Herrn Magnussen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Karsten Jasper das Wort.

(Zurufe)

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn der Berichtszeitraum mit den Jahren 2013 und 2014 schon etwas her ist, möchte ich als Erstes meinen Dank an unseren Landesbeauftragten Uli Hase und sein Team für die Erstellung des Berichts und vor allen Dingen die in den letzten Jahren geleistete Arbeit aussprechen.

(Beifall)

Ich möchte an dieser Stelle auch, weil ich jetzt für das Thema Menschen mit Behinderung zuständig bin, die Gelegenheit nutzen, meiner Vorgängerin und Kollegin Heike Franzen zu danken, die sich jahrelang für Menschen mit Behinderung engagiert hat.

(Beifall)

Sie alle wissen, dass sie das mit sehr viel Herzblut gemacht hat. Ich erinnere nur an das Thema Assistenzhunde. Das hat sie mit sehr viel Engagement gemacht.

Jetzt möchte ich zum Bericht kommen. Wir alle haben den 170 Seiten starken Bericht über die Tätigkeiten der Jahre 2013 und 2014 und in das Jahr 2015 hineingreifend bekommen. 170 Seiten, die klar strukturiert und zusätzlich im Internet in Leichter Sprache und in Gebärdensprache abrufbar sind. Da frage ich einmal, warum das eigentlich bei anderen Themen nicht der Fall ist.

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Auch wenn der Berichtszeitraum schon etwas zurückliegt, bietet der Bericht auch jetzt noch genügend Anhaltspunkte für Verbesserungen im Bereich der Politik für Menschen mit Behinderung. Der Landesbeauftragte hat diese Themen in seinem Bericht als Brennpunkte bezeichnet: inklusive Arbeit, Barrierefreiheit und auch das Thema Bildung - alles Themen, die bereits seit Jahren in der Diskussion stehen.

Um das Thema Barrierefreiheit in Schleswig-Holstein voranzubringen, fordert die CDU-Fraktion seit Jahren einen Fonds für Barrierefreiheit.

(Lars Harms)

(Beifall CDU)

Dass die Schaffung von Barrierefreiheit nicht auf einmal gelingt, ist klar. In seinem Tätigkeitsbericht spricht Professor Dr. Hase aber noch einen anderen Aspekt der Barrierefreiheit an, der vor allem im Sommer für Schleswig-Holstein eine große Rolle spielt: der barrierefreie Tourismus, der im Rahmen eines Projekts in Zusammenarbeit mit der TASH vorangebracht wurde. Das Projekt ist seit einem Jahr abgeschlossen. Und was ist seitdem passiert? - Nichts. Warum nicht? - Weil nicht klar geregelt ist, welches Ministerium „die Projektinhalte nun langfristig“ fortführt. Liebe Landesregierung, das sollte zu regeln sein. Ich zitiere hier aus dem Bericht des Landesbeauftragten.

Anerkennend hat der Landesbeauftragte in seinen Bericht aufgenommen, dass Menschen mit Behinderung mit den unterschiedlichsten Anträgen regelmäßig Thema bei uns hier im Hause sind. Nicht zuletzt konnten wir gerade heute mit der Abstimmung zum Wahlrecht und der Schaffung des Prüfrechts für Leistungen der Eingliederungshilfe wieder Verbesserungen für Menschen mit Behinderung erreichen.

Auch zukünftig wird uns in diesem Bereich nicht langweilig: Die Diskussionen zum Aktionsplan für Menschen mit Behinderung laufen gerade, und auch das Bundesteilhabegesetz wird uns in den nächsten Monaten sicherlich noch stärker beschäftigen.

Wir sehen: Wir alle stehen für Verbesserungen für Menschen mit Behinderung, wenn wir auch manches Mal andere Wege gehen mögen. Auch in Zukunft bleibt für uns alle noch viel zu tun, um Benachteiligungen für Menschen mit Behinderung vollständig abzubauen. - Herzlichen Dank.

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Nicht über uns ohne uns“ ist das Motto von Menschen mit Behinderung, die ihre Selbstbestimmung stärken und ihre individuelle Lebensplanung aktiv gestalten wollen. Die Stärkung der Teilhabe und der umfassende Einsatz, ihre Teilhabe auch als Teilhaberecht zu verstehen, ziehen sich durch den gesamten Bericht des Landesbeauftragten für Men

schen mit Behinderung. Die individuelle Selbstbestimmung und insbesondere die Teilhabe am Arbeitsleben sowie die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung bilden Schwerpunkte der Arbeit des Landesbeauftragten.

Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat dabei nicht nur kontinuierlich Kontakte zu den kommunalen Gebietskörperschaften in Schleswig-Holstein gehalten, sondern auch immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass kommunale Beauftragte und kommunale Beiräte für Menschen mit Behinderung in den Gemeinden und Städten in Schleswig-Holstein wertvolle Arbeit leisten. Auch ich will all diesen kommunalen Beauftragten und kommunalen Beiräten, die oft ehrenamtlich tätig sind, mein herzliches Dankeschön für ihre Arbeit sagen.

(Beifall)

Sie setzen sich für die Interessen von Menschen mit Behinderung ein und sind eine direkte Interessenvertretung für viele bei kleinen und großen Problemen. Sie sind da oft der erste Ansprechpartner und leisten auch in vielen Bereichen Unterstützung und Hilfe.

In unseren politischen Beratungen begleitet uns der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung Uli Hase regelmäßig. Von der Reform der Landesverfassung bis zur Änderung des Schulgesetzes, vom Kommunalprüfungsgesetz bis zur Förderung von E-Scooter-Nutzerinnen und -Nutzern reichen die Stellungnahmen des Landesbeauftragten, um nur einige zu nennen.

Auch für diese unterstützende Arbeit unserer Arbeit, für die vielen Fragen und die offenen Gespräche mit Uli Hase darf ich Uli Hase auch ein herzliches Dankeschön der SPD-Fraktion ausdrücken.

(Beifall SPD)

Die Zusammenarbeit ist immer prima, und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben auch immer geholfen, wenn es darum ging, Fragen von Menschen mit Behinderung in vernünftige Bahnen zu lenken oder auch bei den kleinen Problemen Abhilfe zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aktuell steht der Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf der Tagesordnung - ein Aktionsplan, der zum Ziel hat, die UN-Behindertenrechtskonvention in Schleswig-Holstein so konsequent wie möglich umzusetzen, damit alle Bürgerinnen und Bürger einen Platz mitten in der Gesell

(Karsten Jasper)

schaft haben, ein Ziel, dass der Landesbeauftragte auch in seinem vorliegenden Bericht aktiv einfordert.

Abschließend will ich noch auf eine ganz besondere Aktion des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung hinweisen, nicht nur weil er in wenigen Tagen während der Kieler Woche wieder stattfindet, das ist der KRACH-MACH-TACH. Der KRACH-MACH-TACH führt Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Er setzt, wie ich finde, in gelungener Weise ein Zeichen für eine inklusive Gesellschaft, für eine Gesellschaft, in der verschieden zu sein ganz normal ist und in der Menschen nicht aufgrund ihrer Behinderung ausgegrenzt werden. Wo kann man dies auch öffentlich besser platzieren als mitten in und während eines der größten Volksfeste im Lande? - Also bei fröhlicher Stimmung und hoffentlich gutem Wetter auch in diesem Jahr einen erfolgreichen, aufmerksamkeitsfindenden KRACH-MACH-TACH!

(Beifall SPD, CDU, FDP und SSW)

Den Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung sollten wir im Sozialausschuss weiter beraten und dort dann auch mit dem Landesbeauftragten diskutieren. Vielen Dank.

(Beifall SPD, vereinzelt CDU und Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Uli Hase, auch vonseiten der grünen Fraktion und auch im Namen meiner Kollegin Marret Bohn herzlichen Dank an dich und deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die geleistet Arbeit.

(Beifall SSW, Karsten Jasper [CDU], Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Anita Klahn [FDP] und Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Ich habe den Bericht unter einige Überschriften gestellt. Die erste Überschrift lautet: Eine beachtliche Arbeitsbilanz. Zweitens: Brennpunkte mit Handlungsbedarf. Dem Bericht vorangestellt - das hat

mir gut gefallen - sind Brennpunkte, also Themen, bei denen es nicht so gut läuft. Sonst lobt man sich ja immer erst, aber dass man zunächst mal in einem Bericht sagt: Wir nehmen den Fokus auf das, was nicht gut läuft, hat mir gefallen. Es geht um grundsätzliche Fragen und Probleme, die für die rund 340.000 Menschen mit anerkannter schwerer Behinderung von grundsätzlicher Bedeutung sind, Fragen und Probleme, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht.

Drittens der Hinweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf - und das zu Recht -, dass die UN-Behindertenrechtskonvention eine wichtige Kehrtwende in der Politik und vor allem für die Menschen mit Behinderung darstellt. Es geht um Inklusion und nicht um Integration. Es geht um Grundrechte und nicht um Fürsorge. Es geht um Beteiligung, um Empowerment und nicht um ein „ohne und über uns“.

Die UN-Konvention muss auch in Schleswig-Holstein mit Leben gefüllt werden. Dazu hat die Landesregierung in einem aufwendigen und mehrstufigen Prozess einen Weg eingeleitet. Ein erster Entwurf liegt vor und wird zurzeit in sechs Regionalkonferenzen mit den betroffenen Menschen in Vereinen und Verbänden diskutiert. Auch Sie, Herr Hase, sind eng in diesen Prozess eingebunden. Es ist eben unser Anspruch in Schleswig-Holstein, Beteiligung zu leben und Inklusion ernst zu nehmen.