Bahnhof in Deutschland braucht sein eigenes Sicherheitskonzept und entsprechend die passende Technologie, sofern eine gewünscht ist.
Es ist richtig, dass Videoüberwachung in der Vergangenheit Straftaten nicht immer verhindern konnte. Was wir nicht wissen, ist, welche es verhindert hat. Denn Nicht-Straftaten werden ja auch nicht angezeigt und statistisch erfasst. Die Einführung des Sicherheitsgurts in Autos wurde auch nie infrage gestellt, obwohl sie Unfälle nie verhindert hat.
Es kommt auf die Videoüberwachung an, denn Videoüberwachung ist nicht gleich Videoüberwachung. Es kommt darauf an, die richtigen Technologien an den richtigen Orten einzusetzen und die richtigen Konzepte dafür zu erarbeiten.
Liebe Kollegin, muss ich Ihren Redebeitrag so verstehen, dass Sie generell infrage stellen, dass es wissenschaftlich überhaupt überprüfbar ist, ob von Videoüberwachungssystemen eine zusätzliche Sicherheitswirkung ausgeht, das heißt, dass es generell nicht möglich ist, einen Bahnhof mit einem Sicherheitskonzept ohne Videoüberwachung mit einem anderen zu vergleichen, der das einsetzt?
Das stelle ich nicht infrage. Insofern halte ich ja auch die Überweisung an den Fachausschuss für das richtige Verfahren, weil wir uns damit fachlich auseinandersetzen müssen. Das allein ist allerdings kein Grund dafür, dass Straftaten stattfinden. Da spielen viele andere Faktoren der entsprechenden Örtlichkeiten eine Rolle. Es ist zu eindimensional gedacht, dass sich ein Straftäter nur von einer Kamera abschrecken ließe. Darauf will ich hinaus.
überwachung hat nicht keinen Effekt, definitiv nicht, und Videoüberwachung hat auch einen Effekt für das Sicherheitsgefühl der Menschen. Das gilt es natürlich zu analysieren.
Wie gesagt, ich unterstütze den Antrag auf Überweisung an den Fachausschuss, damit wir uns dort differenziert mit dem Antrag auseinandersetzen können.
Alles in allem will ich zum Schluss noch einmal anführen: Hinschauen statt Wegschauen ist immer noch die beste Prävention. Wenn wir das durch geeignete Technologien unterstützen können, sollten wir das positiv begleiten, statt pauschal zu behaupten, Videoüberwachung sei kein geeignetes Mittel, um Straftaten zu verhindern. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte, die die PIRATEN mit ihrem Antrag anstoßen, ist so richtig, wie der Adressat des Antrags verfehlt ist. Die Bundesregierung führt mit dem Eisenbahnbundesamt die Aufsicht über die Deutsche Bahn AG und trägt damit die Verantwortung für die Bahn, die sich immer noch zu 100 % in staatlicher Hand befindet. Die auf Bahnhöfen zuständige Bundespolizei spielt bei der Frage der Aufzeichnungen - um die geht es ja hier im Wesentlichen - die entscheidende Rolle. Der Inhalt des Antrags ist grundsätzlich richtig, an der Stoßrichtung müsste man noch arbeiten.
Benennen wir doch deutlich Ross und Reiter: Es sind die Freunde von „Big Brother is watching you“ wie Bundesinnenminister Friedrich, die keine Gelegenheit auslassen, ihre Vorstellungen von einer möglichst umfassenden Überwachung Wirklichkeit werden zu lassen. Aktueller Anlass ist die Bonner Bombentasche. Es werden bewusst Ängste in der Bevölkerung geschürt und unrealistische Bedrohungsszenarien an die Wand gemalt.
O-Ton Friedrich: Deutschland steht im Fadenkreuz des dschihadistischen Terrors. Die reflexhafte Schuldzuweisung an die Salafisten erwies sich im Zuge der Ermittlungen bisher als substanzlos. Da in
der Tasche zwar kein Zünder war, aber ein blondes Haar gefunden wurde, sollen es jetzt Neonazis gewesen sein. - Ich erlaube mir die Anmerkung: Wie blöd ist das denn!
Wie der PIRATEN-Antrag ganz richtig benennt, gibt es den nachgewiesenen Zusammenhang zwischen erhöhter Sicherheit und mehr Videoüberwachung nicht.
Das müsste auch Bundesinnenminister Friedrich bekannt sein. Die Studien sind nicht neu. Videoüberwachung schreckt nicht Straftäter ab. Bester Beweis ist ja gerade der Bonner Fall. Es gab doch Videokameras vor Ort. Abgehalten hat das den Straftäter offensichtlich nicht.
Auch die gesetzliche Grundlage für eine Videoüberwachung am Bahnhof Bonn existiert bereits, genauso für eine Aufzeichnung der Aufnahmen. Verbesserte Videoüberwachung hilft ebenfalls nicht zwingend bei der Auswertung und Tataufklärung. Davon zeugen die Bilder, die in Bonn nun zur Fahndung herausgegeben wurden. Trotz der Bilder gibt es bislang keinen Fahndungserfolg. Es ist noch nicht einmal zu erkennen, ob es sich um einen blonden oder dunkelhaarigen Mann handelt oder wie alt er möglicherweise ist.
Möglicherweise meint Herr Friedrich, man solle die Videoüberwachung technisch aufrüsten, sodass zum Beispiel bessere Zooms möglich sind. Das würde natürlich enorme Summen von Geld kosten, auch für das gleichzeitige Laufenlassen aller Kameras wäre eine wesentlich teurere finanzielle Ausstattung notwendig.
Es bleibt der Schluss, dass es sich um einen Fall organisierter Hysterie im Interesse eines weiteren Bausteins auf dem Weg in den Überwachungsstaat handelt.
Jeder weiß, dass es eine umfassende Videoüberwachung wie in Orwells Roman „1984“ nicht geben darf. Trotzdem wird laut geschrien, damit der starke Mann markiert werden kann und die Ausweitung von Eingriffskompetenzen und Überwachungsrechten vorankommt.
Genauso bedenklich ist eine weitere Fiktion, die mit überzogenen Forderungen bei der Videoüberwachung geschürt wird: Der Irrglaube, es könne so etwas wie absolute Sicherheit geben. In einem der sichersten Staaten der Welt bleibt ein Lebensrisiko, das sich nicht ausschließen lässt. Es ist nicht nur unehrlich, das nicht offen einzugestehen und eine sachliche Debatte zu führen, es ist aus den oben genannten Gründen auch fatal, die Freiheit aller immer mehr zugunsten der Sicherheit einzuschränken.
Die Sicherheit muss vielmehr im Dienste der Freiheit stehen, um unseren Rechtsstaat zu schützen. Ich habe darauf bereits an anderer Stelle in diesem Plenum hingewiesen. Innenpolitik ist nicht nur Sicherheitspolitik. Sie muss auch eine Politik der Grundrechte und Freiheiten bleiben.
Das entbindet uns nicht von einer soliden Polizeiarbeit, erfordert aber auch Aufklärung und vor allem Sachlichkeit in der Debatte. Auch in diesem Punkt ist dem Antrag in der Sache zuzustimmen. Wir freuen uns auf eine lebendige Auseinandersetzung im Innenausschuss. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme es gleich vorweg: Kollege Breyer, die Intention, die hinter Ihrem Antrag steht, halten wir für richtig. Wie diese Intention in dem Antrag allerdings konkret umgesetzt wird, lässt bei uns Zweifel aufkommen. Ich finde Teile Ihrer Begründung deplatziert - um es einmal freundlich auszudrücken.
Es ist richtig, dass eine Ausweitung der Videoüberwachung nicht dazu geeignet ist, die Sicherheit an den Bahnhöfen zu erhöhen. Wer glaubt, absolute Überwachung bedeute auch absolute Sicherheit, der kann mit Sicherheit auch an den Weihnachtsmann glauben. Wie wir anhand erschreckender Beispielen in der Vergangenheit feststellen mussten,
war es den Tätern in vielen Fällen offensichtlich vollkommen egal, ob eine Kamera gerade auf sie gerichtet war.
Sie haben meist in Kenntnis der Überwachung ihre Taten begangen. Eine Abschreckung hat in diesen Fällen offensichtlich nicht stattgefunden.
Deswegen sollte auch niemand so tun, als würden wir mit einer Ausweitung der Videoüberwachung die Sicherheit an Bahnhöfen grundsätzlich erhöhen,
als würde das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste hierdurch dauerhaft und grundsätzlich verbessert oder als würde die Ausweitung der Überwachung eine angemessene Polizeipräsenz obsolet machen.
Eine verstärkte Videoüberwachung bringt jedenfalls nicht den Nutzen, den sich die Befürworter davon versprechen. Insofern gehen wir mit der Intention des Antrags konform.
„Unter Videoüberwachung vermeiden Menschen unbefangene, kreative, individuelle Verhaltensweisen, um nicht aufzufallen. Dadurch droht zunehmend eine gleichförmige Gesellschaft zu entstehen.“