Protokoll der Sitzung vom 25.01.2013

Wir müssen damit explizit aufhören. Da muss sich unsere Gesellschaft wirklich bewegen. Für mich behandeln wir hier eine Selbstverständlichkeit. Wir sind hier im 21. Jahrhundert angekommen. Dass wir eine Gleichbehandlung von eingetragenen Lebensgemeinschaften hier überhaupt noch diskutieren müssen, ist für mich komplett unverständlich.

Das Internet - das sage ich zuallerletzt - ist doch etwas Schönes. Es gibt sogar ein Blog, das sich dem Thema und der CDU widmet. Sie können das nachlesen. Die Adresse lautet: „einlaecheln.tumblr.com“. Sie finden dort wunderbare Zitate von CDU-Abgeordneten und -Funktionsträgern zu diesem Thema. Ich nenne ein Beispiel, damit Sie wissen, welche Meinung in diesem alten Apparat noch vorherrscht. Leider hat die Debatte hier heute noch weiteres Popcorn für diese Seite gebracht. Es gibt zum Beispiel ein schönes Beispiel von Herrn Günter Krings, Mitglied des Deutschen Bundestags:

„Ich halte es aber schon gesetzesökonomisch für fragwürdig, für wenige Tausende betroffene Fälle dutzende von Gesetzen zu überarbeiten.“

Das ist das Zitat eines CDU-Bundestagsabgeordneten. - Es würde, glaube ich, niemandem hier im Landtag einfallen, in Bezug auf Minderheiten - das beträfe den SSW oder die Sinti und Roma - gesetzesökonomisch vorzugehen. So etwas wird aber leider zu gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gesagt.

Liebe CDU, lesen Sie vielleicht noch ein paar weitere Zitate auf dieser Seite nach. Ich war tatsächlich noch sehr, sehr milde mit Ihnen bei der Auswahl meines Zitates. Es gab noch viel erschreckendere Beispiele. Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich so rückständig bleiben? Ich hoffe wirklich für uns alle, dass dies nicht der Fall sein wird und dass Sie sich

noch einen Ruck geben und diesem Antrag jetzt zustimmen. - Danke.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Jetzt hat für die Abgeordneten des SSW Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe meine eher politische Rede liegen gelassen; die gebe ich zu Protokoll. - Herr Kollege Garg hat, glaube ich, gerade eben auch - ich habe ihm sehr aufmerksam zugehört - gemerkt, wie ich seine Rede aufgenommen habe: Ich muss sagen, sie war absolut hervorragend. Ich schließe mich ihr vollinhaltlich - zu 100 % - an.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen möchte ich nur noch drei Dinge sagen: Erstens. Ein solcher Antrag, wie wir ihn hier beschließen werden und wie er möglicherweise auch in anderen Bundesländern beschlossen werden wird, wird möglicherweise vielleicht auch auf Bundesebene beschlossen werden. Ein solcher Antrag hat auch eine Außenwirkung. Er hat eine Wirkung nicht nur hier bei uns im Land, sondern auch in anderen Ländern, wo es gleichgeschlechtliche Partnerschaften gibt, denen es noch wesentlich schwerer fällt, sich in irgendeiner Art und Weise in der Gesellschaft Geltung zu verschaffen. Auch das, finde ich, dürfen wir heute nicht vergessen.

Der zweite Punkt ist, da befinde ich mich in Übereinstimmung mit dem Kollegen Torge Schmidt: Für mich ist es völlig unverständlich, dass wir überhaupt zwischen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und Ehen unterscheiden. Für mich ist das ein und dasselbe.

(Beifall PIRATEN, SSW, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Hei- ner Garg [FDP])

Das bedeutet dann natürlich zwangsläufig, dass gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auf allen Ebenen in dieser Gesellschaft komplett gleichgestellt gehören.

Der dritte Punkt richtet sich an die CDU - ich hoffe, es gibt vielleicht noch irgendwie Gelegenheit, sich kurz untereinander auszutauschen -: Es wäre ja auch schon ein Zeichen, wenn man sich enthalten

(Torge Schmidt)

würde. Ein schlimmes Zeichen wäre es, wenn man gegen den Antrag stimmt. Ich würde mich freuen, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU dazu durchringen könnten, sich zumindest als Fraktion zu enthalten. Damit würde man auch eine Offenheit in der eigenen Partei schaffen, dieses Thema noch einmal zu diskutieren. Das wäre weder ein Für noch ein Dagegen. Es würde aber Offenheit zeigen, sich diesem Thema noch einmal zu widmen und dieses Thema auch noch einmal entsprechend parteiintern zu diskutieren. Es wäre toll, wenn das noch möglich wäre. Wenn das noch klappen würde, wäre es ein richtig großer Tag. Aber es wird sowieso ein großer Tag, weil wir mit der Mehrheit der Oppositionsfraktionen und mit den Mehrheitsfraktionen diesen Antrag beschließen werden.

Vielen Dank, Heiner Garg, an dich, dass du diesen Antrag hier so schnell gestellt hast und die Offenheit gezeigt hast, dass wir uns alle diesem Antrag anschließen konnten. Ich freue mich schon auf die Abstimmung. Wie gesagt würde ich mich noch mehr freuen, wenn sich die CDU möglicherweise noch einen kleinen Ruck gibt und Offenheit zeigt, dieses Thema noch einmal intern diskutieren zu wollen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und PIRATEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort. - Einen Dreiminutenbeitrag gibt es doch nicht. - Dann hat jetzt Frau Abgeordnete Angelika Beer das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren, ich bitte um Nachsicht, dass ich diesmal meinen Laptop hier mitbringe. Es geht um eine aktuelle Nachricht, die ich nicht falsch zitieren möchte.

Ich möchte versuchen, Ihnen noch ein weiteres Argument zu geben, diesem Antrag der anderen Fraktionen zuzustimmen. Ich richte den Appell insbesondere an die Vertreter der CDU in der Ostseeparlamentarierkonferenz.

Wir haben bei der letzten Sitzung in Sankt Petersburg parteiübergreifend eine gemeinsame Position im Hinblick auf die Menschenrechtssituation in Russland formuliert. Die ist dann in der Entschließung, mit der wir uns leider nicht noch einmal be

fassen, parteiübergreifend hier auch zur Verabschiedung gekommen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass heute das russische Parlament entscheidet. Deshalb möchte ich das hier zitieren:

„Russland will öffentliches Reden über homosexuelle Themen verbieten. Schwulen und Lesben in Russland droht nun auch landesweit ein umstrittenes Verbot, öffentlich über ihre Sexualität zu reden oder sie zu zeigen. Das russische Parlament will heute über das Verbot von Homosexuellenpropaganda entscheiden.“

Ich würde mir wünschen, dass wir die Entscheidung des Landtags von heute mit in die nächste Ostseeparlamentarierkonferenz nehmen, um nicht in ruppiger Art, aber im Dialog, gerade auch mit unseren russischen Kollegen, zu zeigen, dass diese menschenverachtende Politik und die Missachtung von Menschenrechten von uns nicht migetragen werden kann. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der anderen Fraktionen.

(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann zu einem Dreiminutenbeitrag das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es schön, dass fast alle sagen, sie wollten sich gern mit uns über dieses Thema unterhalten. Ich würde mir diesen Dialog auch wünschen. Deshalb werbe ich dafür, dass wir das Ganze heute nicht in der Sache abstimmen, sondern darüber gemeinsam noch einmal im Ausschuss reden. Sie haben sicherlich gehört - in meiner Rede sprach ich davon -, dass 60 % dagegen sind, aber 40 %, mit zunehmender Tendenz, sind am Wackeln oder sogar dafür. Das spricht doch dafür, dass wir gemeinsam darüber noch einmal reden, dass wir unsere Argumente austauschen, die es hier gibt. Es gibt sicher auf beiden Seiten nicht nur schlechte Argumente, sondern auch sehr gute Argumente. Wie gesagt, ich würde gern diesen Dialog mit Ihnen führen.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das gibt mir Gelegenheit, auf einen Punkt noch einmal einzugehen, den Frau Rathje-Hoffmann in ihrem Debattenbeitrag gebracht hat. Dann will ich mich gern auch noch einmal dazu äußern, warum wir den Antrag heute in der Sache abstimmen lassen möchten. Das hat nichts mit mangelnder Dialogbereitschaft zu tun. Ich führe das gleich näher aus.

Liebe Katja Rathje-Hoffmann, die Formulierung, wir akzeptieren, dass Menschen sich auch für eine andere Form entscheiden, eine andere Form des Zusammenlebens wählen, die ist deshalb problematisch, weil niemand sich auswählt, welche Sexualität er hat. Weil das also keine Frage des Auswählens ist, muss der Gesetzgeber, wenn er es denn will, zumindest die Möglichkeit schaffen, dass man sich den institutionellen Rahmen dann aussuchen kann, wenn wir das so empfinden. Da schließe ich die Union mit ein, auch wenn Sie heute im Zweifel nicht die Hand dafür heben, weitere Diskriminierungen zu beseitigen, unterstelle ich Ihnen und gehe auch davon aus, dass die meisten Mitglieder Ihrer Partei und auch viele Wählerinnen und Wähler Ihrer Partei inzwischen eigentlich so weit gekommen sind, dass sie nicht nur diese Lebensform respektieren, sondern dass sie der auch Respekt entgegenbringen. Davon gehe ich einfach aus.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wiegard?

Selbstverständlich.

Der Doktortitel ist ja gefährdet, deshalb lass ihn doch lieber weg.

(Heiterkeit)

Habe ich Doktor gesagt? - Herr Wiegard, seien Sie mir nicht böse. Ich habe hier vorn auf den Redner geguckt und an Sie gedacht. Entschuldigung.

(Heiterkeit)

- Sie können ja durch eine Einladung zum Essen alles wiedergutmachen, wie Sie seit gestern wissen.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Garg, können Sie mir in meiner Erinnerung zustimmen, dass wir beide in der Zeit der CDU/FDP-Regierung uns zweimal darauf verständigt haben, diesen Antrag mit Rücksicht auf die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu stellen, damit allerdings keine Vorfestlegung getroffen haben? Können Sie sich daran erinnern, dass das meine Position war?

Ja, absolut. Sie haben das vollkommen richtig wiedergegeben, Herr Kollege Wiegard. Sie wissen, dass ich das ausgesprochen schätze. Ich bin der Auffassung, dass man gerade eben nicht auf das Verfassungsgerichtsurteil warten sollte, ohne zu wissen, wie es ausgehen wird, sondern dass die Politik diese Anerkennung der Menschen, die sich für eine eingetragene Lebenspartnerschaft entscheiden, diesen Schritt, bereits vorher gehen sollte.

(Beifall FDP, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Das war auch immer meine Auffassung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil wir in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder über dieses Thema diskutiert haben, weil wir auch in der vorangegangenen Legislaturperiode immer wieder das Thema diskutiert haben, weil wir auch heute wieder sehr engagiert in der Sache gar nicht gestritten, sondern Argumente ausgetauscht haben, glaube ich, dass es an der Zeit ist, dass wir einen Beschluss fassen. Wir wollen eine Bundesratsinitiative. Wir wollen, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative startet. Ich glaube, wir können guten Gewissens heute dieses sehr häufig und engagiert diskutierte Thema in der Sache abstimmen lassen. Wir können heute der Landesregierung in dieser Frage mit breiter Mehrheit ein ausgesprochen starkes Signal mitgeben und an sie aussenden, dass diese Bundesratsinitiative gestartet werden kann.

Gerade bei der speziellen Frage der steuerrechtlichen Gleichstellung gibt es wirklich keinen Beratungsbedarf mehr - in welchem Ausschuss auch immer. Ich beantrage für die FDP-Fraktion - und ich entnehme dem Kopfnicken der anderen Fraktionen, die Mitantragsteller sind -, dass wir heute in der Sache abstimmen. Ich würde mich trotzdem freuen,

wenn die Union das zum Anlass nehmen würde, beispielsweise auf dem bevorstehenden Parteitag, sich noch einmal intensiv mit der Frage auseinanderzusetzen.

Kommen Sie bitte zum Schluss.