Protokoll der Sitzung vom 21.02.2013

Herr Kollege Schmidt, gestatten Sie mir die Bemerkung, dass wir nicht nur einen Bericht haben, sondern auch eine ausführliche Rede des Innenministers, in der zum Beispiel auch erläutert worden ist, mit wem gesprochen wurde?

(Heiterkeit)

Können Sie mir verraten, warum Sie offensichtlich immer noch nicht die Information haben, dass im Augenblick mit den Betroffenen gesprochen wird und dass man deshalb nicht irgendwelche Ergebnisse präsentieren kann? Denn dann brauchte man mit den Betroffenen nicht zu sprechen.

Ja, das nehme ich zur Kenntnis.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Aha!)

Dennoch möchte ich dazu sagen, dass für mich persönlich Dialog auch heißt, dass man mehr Leute mitnimmt, also zum Beispiel auch uns Parlamentarier.

(Zuruf SPD: Etwas ganz Ungewöhnliches! - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Das machen wir mit dem Gesetzentwurf! - Weitere Zurufe)

Außerdem hätte ich, wenn es noch nicht um die Positionierung geht, schon gedacht, dass Sie mit dem Bericht eine deutlich breitere Faktenlage vorlegen. Wie gesagt, der Bericht, den wir bekommen haben, bezieht sich auf die Ausgangslage der Reform.

Ich muss der Regierung ja zugute halten: Bei diesem Bericht würde es mir auch schwerfallen, zu einer Positionierung zu kommen, weil die wichtigsten Informationen zur Bewertung der Ausgangslage größtenteils fehlen.

(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Dazu machen wir ein Gutachten! Das ist der Grund, weshalb wir ein Gutachten brauchen!)

- Aber man könnte zumindest einfache Fakten auf den Tisch legen. Die Fußnoten enthalten deutlich mehr Informationen als der Bericht selbst. Die Fußnoten sind also informativer als der Bericht.

(Beifall PIRATEN)

Zum Beispiel hätte ich erwartet, dass in dem Bericht eine simple Angabe zur Pro-Kopf-Verschuldung gemacht wird. Leider Fehlanzeige! Die wirklich relevanten Informationen befinden sich, wie gesagt, in den Fußnoten. Die Quellenangaben bedeuten im Vergleich zum Bericht objektiv gesehen

einen deutlichen Mehrwert. Die Frage ist, ob Sie den Dialog tatsächlich aufgrund dieser Faktenlage führen oder ob Sie einfach keine Lust hatten, einen ausführlichen Bericht zu schreiben. Diese Frage muss ich mir stellen.

Ein paar weitere Fragen werden wir uns in Zukunft stellen müssen. Erstens. Wie viele Mittel stellen wir für welchen Zweck bereit? Das ist eine ganz simple Frage. Die zweite Frage ist - das hat Herr Kubicki schon überspitzt gesagt -, ob man eine Region zugunsten der anderen Region ausbluten lassen will oder wie man bedarfsgerecht ökonomisch rational handeln will.

Dann haben wir noch die Mindestanforderungen an das FAG, die dieser Bericht zumindest liefert. Das finde ich aus Sicht der PIRATEN eigentlich ganz gut. Sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Umsetzung des neuen FAG soll in der kommunalen Familie durch Transparenz eine Akzeptanz geschaffen werden. Wir können das nur begrüßen.

Auch die bei der Ausarbeitung des FAG angestrebte engere Zusammenarbeit mit der kommunalen Familie und dem Landesrechnungshof kann dem Prozess eigentlich nur förderlich sein. Vor allem freuen wir uns darüber, dass eine Vereinfachung der Rechtsmaterie des FAG durch einen einfachen Wortlaut angestrebt wird.

Wir PIRATEN haben allerdings noch eine andere Forderung für die Zukunft. Da es wahrscheinlich kein einvernehmliches Votum geben wird, sollte den Ausschüssen meiner Meinung nach ein unzensiertes und ungeschöntes Ergebnis des Dialogprozesses vorgelegt werden, um über den späteren Gesetzentwurf auf breiter Faktenlage entscheiden zu können.

(Beifall PIRATEN - Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Kommen wir schließlich zu der glorreichen Erkenntnis, die uns dieser Bericht geliefert hat und die da final lautet: Eine heterogene Selektion der Kommunen erfordert eine heterogene individuell zugeschnittene Finanzierungshilfe. Was der einen hilft, kann die andere überfordern oder für diese auch nicht ausreichend sein. - Für diese Erkenntnis hat dieser Bericht zehn Seiten gebraucht. Ich bin begeistert.

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben höchst unterschiedliche kommunale Einheiten, deren Einwohnerzahl zwischen knapp 40 und rund 250.000 Einwohnern liegt. Schon der Bezug auf die Größe der Kommunen macht deutlich, dass diese Kommunen nicht die gleichen Aufgaben erledigen können und somit natürlich auch nicht die gleiche Bezuschussung aus dem FAG erhalten können.

Ähnliches gilt auch für die Aufgabenstruktur der Kommunen. Kreise und kreisfreie Städte sowie größere kreisangehörige Orte haben andere Aufgaben als die übrigen Kommunen. Auch diese Aufgabenvielfalt scheint sich auf die Finanzkraft solcher Kommunen auszuwirken. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass alle kreisfreien Städte und fast alle Kreise einen Jahresfehlbetrag aufweisen. Dies ist nicht dem Umstand geschuldet, dass hier besonders schlecht gewirtschaftet wurde, sondern dem Umstand, dass die Finanzmittel angesichts der Vielschichtigkeit der Aufgaben nicht ausgereicht haben. Vor diesem Hintergrund ist es daher notwendig, den kommunalen Finanzausgleich zu reformieren; denn diese Mittel sind ja auch dafür da, einen gerechten Ausgleich zwischen den Kommunen herbeizuführen.

Die Überarbeitung des kommunalen Finanzausgleichs muss auch allein deshalb erfolgen, weil die Verteilungskriterien auf der einen Seite für Außenstehende höchst undurchschaubar sind und auf der anderen Seite auch längst überkommene Kriterien wie die Zonenrandförderung beinhalten. Die Welt dreht sich weiter. Da ist es nur normal, dass man auch die Kriterien bei der kommunalen Bezuschussung weiterentwickelt und sie den neuen Gegebenheiten anpasst. Es kann also nicht alles beim Alten bleiben; es muss sich etwas ändern. Ein Beibehalten des geltenden FAG wäre ungerecht und auch nicht sachgerecht. Es wäre nicht mehr mit der heutigen Situation der Kommunen vereinbar.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird immer wieder der Vorwurf erhoben, ein neues FAG würde einen Zwang zu Gemeindefusionen beinhalten. Das ist Unsinn. Die Haltung des SSW zu diesem Thema kennen Sie. Wir hätten gern mehr schlagkräftige und europataugliche Kommunen. Der Koalitionsvertrag sieht aber vor, dass Fusionen nur auf freiwilliger Basis zustande kommen sollen. Wollen also Kommunen fusionieren, dann

(Torge Schmidt)

ist das okay. Tun sie es nicht, ist das auch okay. Dann ist es ihre eigene souveräne Entscheidung.

Allerdings stelle ich für den SSW fest, dass es unter den heutigen Bedingungen bereits viele gute Gründe dafür gibt, dass Kommunen schon jetzt fusionieren. Das hat aber nichts mit dem FAG zu tun.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wenn wir wissen, dass die Finanzierung der Kommunen auf neue Beine gestellt werden soll, dann gibt es eigentlich nur die Frage, wie es geschehen soll und was die Kriterien sein sollen. Die Landesregierung hat hier einen Stufenplan entwickelt, der die Vorgehensweise genau beschreibt.

Dabei ist Transparenz eines der entscheidenden Stichworte. Es geht erst einmal darum - in dieser Phase sind wir gerade -, den Dialog mit der kommunalen Familie zu suchen und dann die Grundlagen des bisherigen FAG genau zu analysieren. Es sollen erst einmal Sinn und Zweck der Förderung und auch die Berechtigung der Förderung nachvollzogen werden. Wenn dann Ergebnisse vorliegen, können diese in einen Gesetzentwurf einfließen, der dann das normale Prozedere durchläuft.

Rechtzeitig vor Verabschiedung der kommunalen Haushalte für das Jahr 2015 sollen dann die Grundlagen endgültig feststehen, und die gesetzliche Grundlage soll dann beschlossen werden. In allen diesen Bearbeitungsstufen ist insbesondere die kommunale Familie beteiligt. Transparenter für die Betroffenen lässt sich nach meiner Auffassung ein solcher Gesetzentwurf eigentlich gar nicht entwickeln.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir nun zu den Kriterien, die bei der Neuverteilung der Gelder nach unserer Auffassung eine Rolle spielen sollten. Da ist zuerst an einen Grundsatz zu denken, nämlich dass wir nicht mit der Gießkanne über das Land laufen und das Geld mal hier und mal dort verteilen, sondern dass wir Aufgaben definieren, die für eine Region erfüllt werden sollen, und dass wir das Geld dann dorthin lenken, wo es benötigt wird. Das hat nichts mit der Fragestellung zu tun, ob eine Kommune groß oder klein ist; vielmehr geht es allein um die Frage: Was wird wo für alle erledigt?

Dass größere Orte, Städte, Kreise und kreisfreie Städte mehr Aufgaben für die jeweilige Region erfüllen, liegt auf der Hand. Allerdings heißt das nicht, dass kleine Kommunen von vornherein aus

geschlossen sind. Beim neuen FAG geht es aber darum, dass Aufgaben definiert werden und die Geldströme dann so gestaltet werden, dass diese Aufgaben - egal, auf welcher kommunalen Ebene auch erfüllt werden können.

Das wäre effizient und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Zu ihnen habe ich heute noch nichts gehört, obwohl sie ja eigentlich diejenigen sind, um die es geht. Für sie sollen Aufgaben erfüllt werden. Es geht nicht um die Kommunen oder darum, wer was bekommt, sondern es geht um die Bürgerinnen und Bürger, darum, dass sie von der kommunalen Seite wirklich einen klasse Service bekommen. Das ist eigentlich der Grund dafür, dass wir das FAG reformieren wollen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade in diesem Reformprozess wird es dann auch möglich sein, regionale Besonderheiten in Form von Vorwegabzügen zu berücksichtigen. Ich denke dabei zum Beispiel an den Hamburger Rand, der besondere Aufgaben hat, aber auch an die Westküste oder den Landesteil Schleswig.

Ziel ist es, ein transparentes, effizientes und gerechtes System hinzubekommen, das den Bürgern dient. Reformbedarf ist deshalb da. Wir brauchen eine Reform des FAG, damit die Bürger einen besseren Service vor Ort bekommen. Das muss unser Ziel sein. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Frau Abgeordneter Petra Nicolaisen für einen weiteren Dreiminutenbeitrag das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich stellt sich hier eine ganz elementare Frage. Der Innenminister hat berichtet, dass das FAG reformiert werden soll, und dass ein Gutachter beauftragt worden sei. Für das Gutachten sind im Haushalt 70.000 € angesetzt. Da stellt sich natürlich die Frage - wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing -: Mit welchem Arbeitsauftrag ist dieser Gutachter ausgestattet?

Zweitens würde ich gern festhalten: Das FAG beinhaltet noch wesentlich mehr. Die CDU/FDP-Regierung hat in der letzten Legislaturperiode das Kom

(Lars Harms)

munale Haushaltskonsolidierungsgesetz auf den Weg gebracht.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Aber es kann nicht so schlecht gewesen sein, Herr Stegner.

(Vereinzelter Beifall FDP)