Ich komme noch einmal zu der dritten Änderung, die wir vornehmen, nämlich die Errichtung weiterer Oberstufen an Gemeinschaftsschulen zu ermöglichen. Das ist übrigens auch ein Ergebnis des Dialogs im Anhörverfahren.
Der demografische Wandel und die damit einhergehende Schulentwicklung haben gezeigt, dass wir Eilbedarf haben. Deshalb nehmen wir Hinweise aus der Anhörung auf. Das schwarz-gelbe Motto, Schuster, bleib bei deinen Leisten, weil es so schön ist mit dem Oben und Unten in unserer Gesellschaft, ist aus unserer Sicht falsch. Schleswig-Holstein darf mit seinen Schülerinnen und Schülern nicht unter Wert umgehen. Wir wollen mehr Kinder und mehr Jugendliche zum Abitur führen.
Auch wenn wir die anderen Bildungsabschlüsse gerade im beruflichen Bereich weiß Gott nicht gering schätzen, so sage ich doch: Wir wollen ereichen, dass mehr Schülerinnen und Schüler bessere Chancen haben. Die unterdurchschnittlichen Abiturquoten in manchen Regionen unseres Landes sind kein Naturgesetz, daran muss man etwas ändern.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Franzen?
Sehr freundlich, Herr Dr. Stegner. Sie haben gerade gesagt, Sie nähmen die Anregungen aus der Anhörung auf. Können Sie mir bitte erläutern, welche Anregungen Sie aus der gerade stattgefundenen Anhörung im Bildungsausschuss in Ihre Gesetzesvorlage aufgenommen haben?
- Das will ich gern tun. Wir haben die Anregung bekommen, dass wir den Schulen, die lange dafür gearbeitet haben, Oberstufen zu bekommen, endlich auch die Möglichkeit geben, das zu realisieren, und
zwar so, dass die Eltern sicher sein können, dass das auch geschieht. Genau das machen wir mit unserem Vorschaltgesetz, liebe Frau Kollegin. Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit gegeben haben, das hier noch einmal auszudrücken.
Die Frau Kollegin Klahn von der FDP hat am 30. November eine Pressemitteilung herausgegeben, in der stand: „Keine weiteren Oberstufen an Gemeinschaftsschulen.“ Sehen Sie, genau das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Wir wollen möglichst viele Oberstufen, die allen Kindern offenstehen. Sie wollen eine Elite oder das, was Sie dafür halten. Das ist der Unterschied zwischen uns bei diesem Thema.
Ich sage Ihnen ehrlich, es geht nur über Veränderungen. Mehr Oberstufen im Land werden auch zu mehr Schülerinnen und Schülern führen, die ihre Schulzeit mit dem Abitur abschließen. Wir denken uns das übrigens nicht aus. Schon heute gibt es dort mehr Abiturientinnen und Abiturienten, wo es mehr Oberstufen gibt. Ein Schulwechsel nach der zehnten Klasse kommt für viele Jugendliche aus Angst vor einem Scheitern nicht infrage. Erst die an der eigenen Schule anschließende Oberstufe schafft hier wirksam Abhilfe.
Das derzeit gültige von Schwarz-Gelb beschlossene Schulgesetz macht die Einrichtung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen praktisch unmöglich. Der Oberstufenverhinderungsparagraf gehörte zu den so eifrig gehätschelten Schikanierungsinstrumenten des ehemaligen Ministers Dr. Klug gegen die Gemeinschaftsschulen. Die ersten Gemeinschaftsschulen sind mittlerweile so weit aufgewachsen, dass sie nach den Sommerferien 2013 mit dem Oberstufenbetrieb starten können. Auch andere Schulträger wünschen sich Planungssicherheit für die Einrichtung neuer Oberstufen. Genau deshalb ist die heutige Änderung des Schulgesetzes ein konsequenter Schritt. Übrigens ist die Gemeinschaftsschule die Schulart, bei der die Eltern buchstäblich mit den Füßen gegen Ihre schwarz-gelbe Politik abgestimmt haben.
Dort, wo es Kritik gab, galt diese allenfalls dem Verfahren, nicht aber der Einrichtung. Frau Franzen, Ihr Hinweis auf die Planstellen zieht nicht. Sie sind doch diejenigen gewesen, die alle Lehrerstellen streichen wollten, die durch einen Rückgang der Schülerzahlen entstanden sind. Wir sind diejenigen, die 50 % dieser Stellen im System belassen, um Verbesserungen zu erreichen.
Ich sage Ihnen ehrlich: Die Gemeinschaftsschulen brauchen jetzt eine Entscheidung. Schulleitungen, Eltern und Schülerinnen und Schüler haben sich mit ihren Trägern unendlich viel Mühe gegeben und intensiv an überzeugenden Konzepten gearbeitet. Das war harte Arbeit. Ich gratuliere all denjenigen, die jetzt eine Oberstufe werden einrichten können. Ihre Arbeit hat sich gelohnt, und wir wollen und werden Sie nicht enttäuschen. Ich sage dazu: Es geht nicht darum, dass wir die einen gegen die anderen ausspielen wollen. Vielmehr werden wir die Möglichkeiten zur Kooperation zum Beispiel mit beruflichen Schulen ausdehnen. Die Propaganda von der rechten Seite dieses Hauses ist falsch.
Ich will noch etwas anderes sagen: Niemand wird dazu gezwungen. Sie tun so, als würde Rot-GrünBlau die Leute zwingen. Es sind die Schulträger, die die Anträge stellen. Meine Damen und Herren von der CDU, wo bleibt Ihr Vertrauen in die Kommunalpolitik? - Drei Monate vor der Kommunalwahl ist das eine bemerkenswerte Haltung, wie Sie mit den Schulträgern umgehen, die solche Anträge stellen.
Die Philologen sagen immer, Entscheidungen sollen vor Ort getroffen werden. Ich frage: Gilt das nur für Gymnasien, oder gilt das vielleicht auch für Gemeinschaftsschulen?
Ich kann nur sagen: Für Sie gilt Freiheit immer nur dann, wenn die Dinge Ihrer Meinung entsprechen. Wenn die Betroffenen sich für etwas anderes entscheiden, nämlich für eine fortschrittliche Schulpolitik, dann sagen Sie plötzlich, das sei alles großer Unfug von Rot, Grün und Blau im Schleswig-Holsteinischen Landtag.
Herr Abgeordneter Dr. Stegner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Peter Lehnert?
Herr Kollege Dr. Stegner, Sie haben eben die kommunale Selbstverwaltung angesprochen. In meinem Wahlkreis gibt es in der Stadt Barmstedt am
Carl-Friedrich-von-Weizsäcker-Gymnasium die Möglichkeit, G 8 und G 9 am Gymnasium zu absolvieren. Die zuständigen Kommunalpolitiker haben sich mit breiter Mehrheit dafür ausgesprochen, dieses Modell weiterzuverfolgen. Sehen Sie das genauso? Würden Sie das auch unterstützen?
- Herr Kollege, ich würde unterstützen, dass wir im Rahmen der bestehenden Gesetze die möglichen Freiheiten für alle Beteiligten optimieren. Was am Ende für die Schulen herauskommen wird, die im Augenblick ein Y-Modell haben, werden wir am Ende des Bildungsdialogs entscheiden. Der ist noch nicht zu Ende. Sie finden in unserem heutigen Vorschaltgesetzentwurf die drei Punkte, die ich vorgetragen habe. Über alles andere reden wir dann im Rahmen des Bildungsdialogs. Ich freue mich sehr, dass die Union, die am Anfang die Anzuhörenden beleidigt hat und gesagt hat, es seien Erfüllungsgehilfen der rot-grünen Koalition, jetzt willens ist, sich an diesem Dialog zu beteiligen. Das ist ein großer Fortschritt. Dazu beglückwünsche ich Sie. Machen Sie mit! Der Bildungsdialog von Frau Wende ist klasse. Was am Ende dabei herauskommt, werden wir dem Parlament präsentieren, da dürfen Sie ganz sicher sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bildung entscheidet über Lebenschancen. Deshalb ist und bleibt es unsere Verantwortung, dass jedes Kind in Schleswig-Holstein die bestmögliche Bildung erhält. Das ist das Ziel unserer Politik.
- Ihr Minister Dr. Klug hat es in kürzester Zeit geschafft, wirklich alle an Schulpolitik im Land Schleswig-Holstein Beteiligten gegen sich aufzubringen, und zwar in allerkürzester Zeit. Das ist wirklich Rekord, und Sie wissen das. Insofern sollten Sie hier nicht solche Zwischenrufe machen. Ich ziehe das zurück. Ich meinte den wenig gelungenen Zwischenruf des Kollegen Kubicki. Der Begriff „blöd“ wäre völlig unparlamentarisch. Er passt gar nicht zu meinem Sprachschatz. Das wäre in der Tat nicht richtig.
Die Optimierung von Bildungschancen für die jungen Menschen in unserem Land ist nicht irgendetwas. Ich will ausdrücklich sagen: Wenn wir über das Schulgesetz reden, dann bestand der Kompro
miss schon darin, dass wir den Prozess um ein Jahr verschoben haben. Wir suchen die Zustimmung in diesem Hause. Wir würden uns freuen, wenn die Union auf den Weg zurück kehren würde, auf dem sie schon einmal halb gewesen ist, und wenn die FDP sich davon verabschieden würde, die einzige Partei zu sein, die eine Retropolitik machen will. Wenn Sie das Schulgesetz zusammen mit uns machen wollen, dann würde mich das freuen. Ich sage Ihnen aber auch: Die Bürgerinnen und Bürger im Land Schleswig-Holstein können sich darauf verlassen, dass auch SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW zusammen handlungsfähig sind.
Wir suchen den Konsens mit allen. Wir wünschen uns einen größeren Konsens, insbesondere natürlich auch mit den Menschen außerhalb dieses Parlaments. Aber wir wünschen uns auch Ihre Zustimmung. Springen Sie über Ihren Schatten. Wenn Sie das nicht können, wird der Fortschritt von Ihnen trotzdem nicht aufgehalten werden.
Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir gemeinsam Bürgerinnen und Bürger aus Kellinghusen auf der Tribüne. Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holstein Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stehen Vorschaltgesetz und Dialogprozess im Widerspruch? Das war schon in der ersten Lesung eine zentrale Frage. Ich habe damals schon lang und breit ausgeführt: meines Erachtens nein, aber es gibt ein Spannungsverhältnis. Obwohl ich dies damals schon ausführlich dargelegt habe, möchte ich es erneut kurz tun.
Der Bildungsdialog ist total breit angelegt. Es geht um Themen wie Inklusion, Unterrichtsausfall, den Übergang von Schule zu Beruf, die verschiedenen Wege zum Abitur und so weiter. Unser erster Gesetzentwurf, den wir hier eingebracht haben, bezog sich auf eine Teilmenge, nämlich auf die abschlussbezogenen Klassen und auf die Frage: Was ist mit G 8 und G 9, also keine weiteren Y- und G9-Gymnasien. Das ist alles befristet bis Juli näch
Der meines Erachtens stärkste Vorwurf aus der letzten Plenardebatte war der von Frau Franzen: „Stell dir vor, ein Gesetz wird geändert, und keiner merkt es.“ Das ist der einzige Vorwurf, von dem ich glaube, dass man sich damit auseinandersetzen muss. Das haben wir auch getan. Aber mit einer solchen Änderung kann man logischerweise keinen Dialog abwürgen. Sie müssen sich schon entscheiden, von welcher Seite Sie Ihre Kritik üben.
Im Verfahren selber kam ein dritter Punkt hinzu, nämlich die Einrichtung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen. Dazu kann man drei Fragen stellen: Warum unbedingt jetzt? Warum nicht vorher? Was heißt das für den Bildungsdialog?
Zunächst zur Frage: warum unbedingt jetzt? Schulen haben sich 2007 auf den Weg gemacht und viel Arbeit in ihre Konzepte gesteckt. Sie haben die Ärmel hochgekrempelt. Aber auf eine Frage haben viele Schulen von Anfang an keine Antwort bekommen, obwohl sie häufig in Kiel angeklopft haben, nämlich auf die Frage: Haben wir eigentlich eine Perspektive für unsere Oberstufe, oder haben wir keine? Die vorherigen Landesregierungen haben das ausgesessen.
Für klare Ansagen war eigentlich schon im letzten Frühjahr allerhöchste Eisenbahn; denn einige Gemeinschaftsschulen sind ja nicht überraschend schon jetzt in Klasse 10 angekommen. Politik muss also liefern.