Diskussion innerhalb der Union nicht dadurch erschweren werden, dass ein Landesverband oder eine Fraktion diesen Diskussionsprozess verkürzt und mit einer Entscheidung aus dem Diskussionsprozess ausscheidet, sondern wir werden das in aller Ruhe und aller Geschlossenheit zu einem guten Ergebnis auf Bundesebene bringen.
Herr Abgeordneter Dr. Bernstein, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Anmerkung des Herrn Abgeordneten Kubicki?
Herr Kollege Bernstein, habe ich Sie richtig gerade verstanden, dass Sie den besonderen Schutz der Ehe dahin gehend differenzieren wollen, ob es eine Ehe mit oder ohne Kinder ist?
Ich sage, dass wir uns in einem Diskussionsprozess befinden und dass meine persönliche Überzeugung ist, dass wir die Weiterentwicklung zu einem Familiensplitting zeitgemäß voranbringen sollten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder, der mich hier seit 2009 einmal erlebt hat - Frau Dr. Bohn hat mich nicht umsonst vorhin auch noch abgefangen - weiß, wie ich darüber denke, und es ist schwierig. Aber einzelne Wortbeiträge haben mich gerade zuletzt heute darin bestätigt, dass wir unsere Rednerin hier heute nicht im Regen stehen lassen.
Denn in dem Moment, wo eine Abgeordnete - Herr Dr. Stegner hat noch versucht, es zu richten -, wenn sie hier die Meinung darstellt und offen ist, unterstellt bekommt, sie sei unehrlich - dass, was sie gesagt habe, sei unehrlich -, geht es an der Sache vorbei. Wir werden hier nicht Einzelne herauspicken lassen, die mit einem Mal unehrlich seien oder ein Stigma angeheftet bekommen, weil sie die Masse nicht mitgetragen haben. Dass das so ist, liegt an Ihren Wortbeiträgen.
- Doch, Frau Lange, Sie haben sich aufgeschwungen und gesagt, Frau Katja Rathje-Hoffmann hätte unehrlich gesprochen. Das haben Sie getan.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für meine Fraktion kann ich sagen ich kann mir vorstellen, dass das für die anderen regierungstragenden Fraktionen auch gilt -: Wir möchten jetzt nicht in der Debatte dahin kommen, ob eine einzelne Kollegin ehrlich ist oder nicht ehrlich ist. Ich bin mir sicher, dass es keine einfache Rede für die Kollegin Rathje-Hoffmann gewesen ist, ich finde, das ist deutlich zu spüren gewesen.
Wir wollen nicht von dem Thema ablenken. Sie haben gesagt: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Ich kann nur sagen: Die Schneckenpost ist schneller als Ihre Gründlichkeit. Seit dem Jahr 2001 gibt es das Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften. Wir schreiben das Jahr 2013, und Sie wollen immer noch warten. Ich finde das sehr schade. Aber wir werden so lange auf Sie warten, bis auch Sie dem nächsten Antrag zustimmen werden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Dann hat jetzt für die Landesregierung in Vertretung für die Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, die Bildungs- und Wissenschaftsministerin, Frau Prof. Dr. Wara Wende, das Wort.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es war jedenfalls nicht von mir! - Anita Klahn [FDP]: Sind wir hier in der Schule?)
Das bleibt jetzt unklar, aber ich bitte Sie, diszipliniert weiter dieses Thema zu bearbeiten und den Rednerinnen und Rednern Gehör zu schenken. Frau Ministerin, Sie haben jetzt das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Anträge von SPD, Grünen, SSW, FDP und PIRATEN zielen auf eine grundlegende Beseitigung noch bestehender rechtlicher Differenzierungen und damit einhergehender Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gegenüber der Ehe.
Mit dem 2001 in Kraft getretenen Lebenspartnerschaftsgesetz wurde zwei Menschen gleichen Geschlechts zwar die Gründung einer Lebenspartnerschaft ermöglicht und ist in der Folge ein deutlicher Abbau von faktischen und rechtlichen Diskriminierungen erreicht worden, gleichwohl müssen wir feststellen, dass damit nur ein Zwischenziel erreicht worden ist.
Deutlich wird dies in Bereichen wie dem Steuerund Adoptionsrecht. Deutlich wird es, wenn ein Gesetzgeber wiederholt durch das Verfassungsgericht auf fortbestehende verfassungswidrige Ungleichheiten hingewiesen werden muss.
In Kenntnis der verfassungsgerichtlichen Wertungen verbietet es sich für einen verantwortungsbewussten Gesetzgeber, Menschen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, auch weiterhin auf den Rechtsweg zu verweisen.
Vielmehr ist es seine Aufgabe, Grundentscheidungen zu treffen, die für die Gewährleistung des umfassenden Rechts von Schwulen und Lesben auf Gleichberechtigung notwendig sind.
Eine langfristige tragfähige Grundentscheidung beinhaltet unseres Erachtens auch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Diese Überzeugung beruht auf der Tatsache, dass sich das Verhältnis von Ehe und Familie sowie das Ehe- und Familienleben in den letzten Jahrzehnten in Deutschland grundlegend verändert haben.
Angesichts des realen Lebens bedeutet es kein Verlust von Werten, wenn wir uns dafür einsetzen, den Willen zu Verbindlichkeit und Verantwortungsübernahme in gewählten Lebensgemeinschaften in allgemeiner Form anzuerkennen. Es kann nicht mehr allein um den Schutz und die Privilegierung eines Ehebegriffs gehen, der vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Werte und Strukturen des Jahres 1949 entwickelt wurde. Im Ergebnis ist die Öffnung der Ehe nur noch ein kleiner Schritt, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2002 das Abstandsgebot zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft aufgehoben und ein Abstandsverbot eingeführt hat.
Zudem hat das Bundesverfassungsgericht schon in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum hat, Form und Inhalt der Ehe zu bestimmen.
Darüber hinaus zeigen Umfragen, dass sich auch eine breite Öffentlichkeit eine Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe wünscht. Sie begrüßt die Möglichkeit einer Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass der Ehebegriff des Artikels 6 des Grundgesetzes durch den Gesetzgeber einfachgesetzlich geändert und erweitert werden kann.
Mit den aktuell angestoßenen Initiativen haben wir die Chance, ein gesellschaftliches Bewusstsein, das in vielen europäischen Rechtsordnungen bereits zum Ausdruck gekommen ist, auch bei uns rechtlich nachzuvollziehen. Wir sollten die Chance nutzen, damit wir uns in absehbarer Zeit nicht erneut mit den Konsequenzen gerichtlicher Entscheidungen befassen müssen.