Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Dies muss aus unserer Sicht die Zielsetzung sein. Schwächen müssen ausgeglichen und konkrete Nachteile für Kinder aus weniger gut situierten Elternhäusern verhindert werden.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der SSW hat immer die Auffassung vertreten, dass das System der Familienförderung keine Verlierer produzieren darf. Leider müssen wir feststellen,

(Wolfgang Dudda)

dass es viel zu häufig zu genau diesem Effekt kommt. Das zeigt sich zum Beispiel beim Kindergeld und beim Kinderfreibetrag. Dabei sind Familien mit niedrigem Einkommen klar im Nachteil gegenüber Besserverdienenden.

Das Ehegattensplitting hat eine ähnlich ungerechte Wirkung und sein ursprüngliches Ziel deutlich verfehlt. Deshalb fordern wir die Bundesebene auf, diese Maßnahmen kritisch zu prüfen und gegebenenfalls zu beenden.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es bereits angedeutet: Grundsätzlich wollen wir mehr soziale Gerechtigkeit in der Familienpolitik. Niemand darf zurückgelassen werden. Für uns gibt es keine Alternative zum solidarischen Charakter dieses Systems. Deshalb ist für uns völlig klar, dass die Stärkeren entsprechend in die Pflicht genommen werden müssen. Aus Sicht des SSW hakt es leider genau an dieser Stelle. Deshalb muss der Bund endlich gegensteuern und dieses System künftig sozial gerechter gestalten.

Unabhängig davon, ob wir über direkte oder indirekte, finanzielle oder infrastrukturelle Leistungen reden, sie sind und bleiben notwendig. Wichtig ist aber, dass sie endlich zielführend eingesetzt werden. Deutschland investiert jährlich Milliarden € in diesem Bereich. Trotzdem ist dieses Land alles andere als kinderfreundlich. Wenn wir uns die Situation Alleinerziehender anschauen, dann stellen wir fest, dass Kinder sogar das Armutsrisiko Nummer eins sind. - Liebe Freunde, diese Entwicklung muss dringend gestoppt werden.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich ist es nicht allein Aufgabe des Bundes, für ein kinder- und familienfreundliches Umfeld zu sorgen. Was zum Beispiel die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur angeht, sind Länder, Kommunen, aber auch die Wirtschaft gefragt und gemeinsam in der Pflicht. Klar ist aber auch, dass Ansätze wie das Betreuungsgeld die einfachsten Grundsätze der Sozial- und Gleichstellungspolitik verfehlen und dass sie überhaupt nicht in ein modernes Familienförderungskonzept passen.

Diese Koalition hat ein völlig anderes Bild von Familienpolitik und Bildungspolitik. Deshalb werden wir auf Landesebene alles tun, was einer modernen und sozial gerechten Familienpolitik dient. Wir for

dern die Landesregierung auf, in diesem Sinne verstärkt bundespolitisch aktiv zu werden. - Danke.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie und Gleichstellung, Frau Kristin Alheit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Rathje-Hoffmann, was mit dem CDU-Antrag gefordert wird, ist zum Teil gar nicht falsch. Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind richtig. Es ist auch richtig, eine Gesamtevaluation der familienpolitischen Leistungen als Grundlage für beabsichtigte Reformen heranzuziehen.

Wir haben - das haben alle Vorredner festgestellt unglaublich viele familien- und ehebezogenen Leistungen. Ob sie etwas mehr als 150 € oder mehr als 200 € betragen, mag ich dahingestellt sein lassen. Zwischen diesen verschiedenen vielfältigen Leistungen gibt es Wechselwirkungen, die zum Teil gewollt und zum Teil ungewollt sind. Um diese mit dem Ziel einer nachhaltigen Familienpolitik zu bündeln, ist es notwendig, Familien und familienmitgliedsbezogene Transferleistungen ganzheitlich zu betrachten. Es ist erforderlich, dabei auf Transparenz und soziale Ausgewogenheit zu setzen, ein Gesamtkonzept für Kinder- und Familienförderung zu schaffen, das den veränderten gesellschaftlichen und familienpolitischen Gegebenheiten in unserer Gesellschaft gerecht wird. Außerdem muss dieses Konzept angepasst sein an die Vorstellungen von jungen Familien.

Das bestehende Ehegattensplitting bevorzugt und zementiert tradierte und überholte Rollen- und Geschlechtermuster. Es hemmt die Erwerbstätigkeit von Frauen. Das ist mehrfach gesagt worden. Das ist belegt. Zudem fördert es vor allem die Gefahr weiblicher Altersarmut.

Mit dem Kindergeld in seiner jetzigen Form werden besser verdienende Eltern bevorzugt. Insofern ist es meiner Ansicht nach sozial ungerecht.

Das mit dem CDU-Antrag angestrebte unterstützende Familiensplitting ändert an dieser Umverteilungsungerechtigkeit zugunsten von einkommensstarken Familien grundsätzlich nichts. Es liegen

(Flemming Meyer)

bessere Modelle vor. Es liegen Konzepte vor, die auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Freistellung des Existenzminimums berücksichtigen, dabei aber mehr Gerechtigkeit mit sich bringen. Dies gilt zum Beispiel für das gestaffelte Kindergeld, bei dem Familien mit mittleren und niedrigeren Einkommen mehr erhalten als Familien mit hohem Einkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ein Umsteuern bei den familienpolitischen Leistungen ist dringend erforderlich. Ich meine, es geht um grundlegende gesellschaftspolitische Fragestellungen. Was verstehen wir unter Familie? Was verstehen wir unter Familienfreundlichkeit? Was halten wir für im Grundsatz förderungswürdig und was nicht? Das sind Fragen, die die große Mehrheit der Menschen interessiert und die die Menschen wirklich umtreiben.

Deswegen ist es richtig, diese Diskussion jetzt zu führen. Die Landesregierung beteiligt sich an dieser Diskussion auch auf bundespolitischer Ebene aktiv im Sinne des vorliegenden Koalitionsantrags, und zwar - das versteht sich von selbst - im Schulterschluss mit allen anderen A-Ländern. Dies gilt insbesondere für das Betreuungsgeld, das wir ablehnen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir wollen ganz ausdrücklich, dass der Bund die bereitgestellten Mittel zur Stärkung der Krippen einsetzt. Wir haben daher im März gemeinsam mit Niedersachsen und Rheinland-Pfalz im Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Betreuungsgeldes eingebracht. Dieser liegt jetzt der Bundesregierung zur Stellungnahme vor. Wir bleiben da wirklich hartnäckig dran. Das ist uns wichtig, und wir betrachten die Beschlussempfehlung des Sozialausschusses als eine willkommene Unterstützung unseres Vorgehens.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Ausschuss empfiehlt zunächst, den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/551, abzulehnen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten

des SSW und die Fraktion der PIRATEN. - Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN gegen die Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt.

Weiter empfiehlt der Ausschuss die unveränderte Annahme des Antrags Drucksache 18/495. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN. Wer ist dagegen? - Das sind die Stimmen von CDU und FDP. Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und PIRATEN gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 61 auf:

Situation des Kleingartenwesens in SchleswigHolstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/696

Ich erteile dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume - das schließt das Kleingartenwesen ein -, Dr. Robert Habeck, das Wort.

Jetzt haben wir so lange gewartet. Jetzt will ich nur noch drei Sätze sagen.

Meine Damen und Herren, Sie mögen denken, es ist ein kleines Thema, weil es um Kleingärten geht. Ich möchte aber neben all den Daten, Zahlen und Fakten und der Entwicklung nur darauf hinweisen, dass gerade die Veränderungen im Kleingartenwesen super spannend sind. Ich lege es Ihnen ans Herz, sich damit zu beschäftigen.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Von der Schrebergartenkultur, der ökologischen Erziehung, der Bildung von Kita-Kindern und Schülern bis zur Integration von Menschen mit anderen kulturellen Hindergründen hier in Schleswig-Holstein tut sich da ein großes politisches Themenfeld auf, um das wir uns alle gemeinsam kümmern sollten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

(Ministerin Kristin Alheit)

Herr Minister, wir danken Ihnen für den umfassenden Bericht.

Ich sage jetzt zur Geschäftslage: Die SPD-Fraktion wünscht das Wort. Mir ist signalisiert worden, dass die Redner der anderen Fraktionen davon ausgehen, dass die Wortmeldungen dann zu Protokoll gegeben werden. - Das ist der Fall, da ich keinen Widerspruch sehe.

Dann erteile ich der SPD-Abgeordneten Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Passend zu diesem wunderbaren Frühlingswochenende ein schönes Thema: Kleingärten. Herr Minister, vielen Dank für den ausführlichen Bericht zu diesem schönen Thema.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Also Humor haben Sie jedenfalls! - Heiterkeit )

Kleingärten in Schleswig-Holstein, das ist eine 200-jährige Geschichte. Ende des 18. Jahrhunderts forderte der Stadthalter des dänischen Königs die Städte und Gemeinden in seinem Herzogtum auf, für arme Bürger Ländereien als „kleine Gärten“ zur Verfügung zu stellen. Daraus entstand 1814 in Kappeln der erste Kleingartenverein Deutschlands.

In den 20er-Jahren lebte das Kleingartenwesen unter der Überschrift „Jedermann Selbstversorger“. Das ist Geschichte.

Heute sind Kleingärten ein lebendiger Teil insbesondere des städtischen Lebens.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Sie sind Orte der Begegnung, für generationsübergreifendes gemeinsames Vereinsleben und Gärtnern. Kleingartenanlagen sind Orte interkultureller Begegnung. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gestalten und ernten hier in guter Nachbarschaft.