Nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern bundesweit haben die Theater mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Die Besucherzahlen sind in der Tendenz rückläufig, die Personal- und Sachkosten steigen bei sinkender Eigenwirtschaftsquote und die Finanzierung der kommunalen Träger - das hatten wir gerade - ist leider oft unzureichend.
Die Eigenwirtschaftsquote der drei großen schleswig-holsteinischen Theater lag 2009 und 2010 zwischen 10,6 % beim Landestheater und 16,4 % beim Theater Lübeck. Das ist auch im bundesweiten Vergleich schlecht, das muss man konstatieren. Nur ganz wenige Theater schaffen es bundesweit allerdings, sich selbst zu finanzieren. Auch der Spitzenreiter, nämlich Stuttgart, kommt nur auf eine Quote von knapp 70 %.
Im antiken Athen gab es als segensreiche staatliche Leistung ein Theorikon, das der Staat ärmeren Bürgern auszahlte, um ihnen den Besuch von Theatervorstellungen zu ermöglichen.
Anders als heute vollzogen sich die Haushaltsberatungen in Athen offensichtlich unter erfreulicheren Vorzeichen. Und auch wir werden auf diese Möglichkeit, die Besucherzahlen unserer Theater zu erhöhen, leider verzichten müssen.
Es hat in der vergangenen Legislaturperiode Bemühungen des damaligen Ministers gegeben, durch die Bildung der bereits angesprochenen Theaterstrukturkommission in einem Dialogverfahren neue Kriterien für die Förderung der öffentlichen Theater in Schleswig-Holstein zu erarbeiten. Dabei sollten die hohen Personalkosten und die Besucherzahlen ebenso bewertet werden wie die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
Nun wissen wir alle: Die Personalkosten sind besonders schwer zu beeinflussen. Haustarife, Regionaltarife für die drei Theater gehen vermutlich einseitig zulasten der Beschäftigten. Sie dürfen deshalb allenfalls vorübergehende Maßnahmen mit dem Ziel der Sicherung der Arbeitsplätze sein. Der Abbau von Personal wäre mit Qualitätseinbußen verbunden, die Theater können dann ihr Angebot in der jetzigen Breite nicht mehr aufrechterhalten, sondern müssten sich von bestimmten Sparten trennen. Ob wir dadurch Synergieeffekte erzielen, ist zweifelhaft, denn was nützt es dem in Husum lebenden interessierten Theaterbesucher, wenn es Opern oder Musicals nur noch in Lübeck gibt?
Das Land ist nicht der Träger der Theater. Es will, kann und soll diese kommunale Aufgabe nicht an sich ziehen. Landesaufgabe ist es vielmehr, die Kommunen in die finanzielle Lage zu versetzen, sich ein Theater leisten zu können.
Ich begrüße es daher sehr, dass sich Frau Ministerin Spoorendonk für die Wiedereinführung der Dynamisierung der Theatermittel im kommunalen Finanzausgleich einsetzen will. Ich bin optimistisch, dass wir das gemeinsam mit den Beteiligten hinbekommen werden. Liebe Frau Kollegin Klahn, dazu brauchen wir einen Haushalt. Das können wir nicht mal eben nebenbei machen, auch wenn wir das vielleicht gern möchten.
Herr Sönnichsen hat gesagt, wir würden den Haushalt im Frühjahr verabschieden. Ich glaube, die Planung geht im Moment vom Januar aus. Ich kann mich erinnern, in der Zeitung gelesen zu haben, dass die Opposition kritisiert hat, dass das zu schnell sei.
(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Abgeordnete Hauke Göttsch [CDU] und Heiner Rickers [CDU])
Wie der Theaterspielort Schleswig gesichert werden kann, ist die Frage, die wir hier sicherlich nicht allein beantworten können. Auch die Stadt Schleswig wird das Problem nicht allein lösen können. Der Kreistag Schleswig-Flensburg hat deshalb angeregt, sich um die Einwerbung von Mitteln aus dem Europäischen Regionalfonds zu bemühen. Der von Frau Ministerin Spoorendonk skizzierte Plan für die multifunktionale Veranstaltungsstätte könnte da eine geeignete Grundlage sein, finde ich.
Es ist das Ziel dieser Koalition, auch für den nördlichen Landesteil ein Theaterangebot in der Fläche ohne soziale oder geografische Barrieren vorzuhalten. Für dieses Ziel werden wir arbeiten. Die Nabelschau, die Sie hier veranstaltet haben, beziehungsweise der Rückblick, den Sie jetzt hier eben gegeben haben, hilft da nicht voranzukommen, im Gegenteil. Die Ministerin hat erklärt, dass sie sich den Aufgaben stellt und dass sie die Herausforderung annimmt. Das ist der richtige Weg. Frau Spoorendonk hat gesagt, dass sie das im Dialog mit allen Beteiligten machen will. Ich sage für meine Fraktion: Da machen wir gern mit. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Theater im Land übernehmen gelegentlich erfolgreiche Produktionen vergangener Spielzeiten in das aktuelle Programm. Das Publikum honoriert das und füllt den Saal. Dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dies mit Ihrem Antrag gewissermaßen nun auch tun, ist, gelinde gesagt, schon ziemlich gewagt, man möchte sogar sagen, geradezu tollkühn, wenn man daran denkt, wie erfolglos die Theaterpolitik Ihres eigenen Ministers in der vergangenen Spielzeit war.
Am Ende Ihrer Regierungszeit sahen wir betroffen den gelben Vorhang zu und alle Fragen offen. Nun, sei es drum: Wichtig und richtig ist es allemal, die Zukunft der schleswig-holsteinischen Theater schnell auf die Tagesordnung zu setzen; denn die Probleme - Sie haben sie selbst beschrieben - sind drängend und müssen dringend gelöst werden. Ich finde es ebenso richtig, dass sich die neue Landesregierung - im Gegensatz zur alten - hier aktiv und mit Nachdruck engagieren wird, statt lediglich wie Minister Klug - eine moderierende bis abwartende Rolle zu spielen. Herr Kollege Sönnichsen, Sie haben von einer Hängepartie gesprochen. Die Hängepartei heißt „Theaterstrukturkommission“, und die ist endgültig zu Ende.
Diese aktive Rolle, die die Ministerin einnehmen möchte, um der Kultur wieder auf die Beine zu helfen, ist wichtig. Darauf haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich über alle Maßen engagieren und für ihr Theater brennen, einen Anspruch. Darauf haben aber auch die Kommunen und die Gesellschafter Anspruch, die in die Finanzierung eingebunden sind. Nicht zuletzt wartet das Publikum auf eine dauerhaft tragfähige Lösung. Das sind Besucherinnen und Besucher, die ihre Theater lieben und ihnen oftmals als Abonnentinnen und Abonnenten - gerade beim Landestheater möchte man das hervorheben - treu verbunden sind und um die Zukunft ihrer Spielstätten bangen.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat sich in der vergangenen Wahlperiode immer zur Schuldenbremse bekannt und eigene konstruktive Vorschläge für den Landeshaushalt gemacht. Dies gilt natürlich auch weiterhin. Wir haben aber auch immer gesagt, dass die Anpassung der Finanzmittel für die Theater an die Kostenentwicklung - dabei geht es insbesondere um die Tarifsteigerung bei den Gehältern - wieder eingeführt werden muss. Dazu muss man bedenken, dass rund 80 % der Kosten Ausgaben für Personal sind. Diese Zahl diskutieren wir im Übrigen auch in anderen Bereichen immer wieder. Denken Sie zum Beispiel einmal daran, dass wir Krankenhäuser verkauft haben, weil wir als öffentlicher Gesellschafter die BAT-Steigerungen nicht mehr leisten konnten. Wenn man von diesen Kosten - von einem Anteil der Personalkosten von 80 % an den Gesamtkosten - ausgeht, wird deutlich, dass es ohne eine solche Dynamisierung nicht gehen wird.
1. März dieses Jahres, 1,4 % zum 1. Januar 2013 und schließlich weitere 1,4 % zum 1. August 2013. Das sind, wenn Sie mitgerechnet haben, rund 6,5 % oder, anders ausgedrückt, 500.000 € pro Prozentpunkt. Wer rechnen kann, kommt auf über 3 Millionen € Mehrkosten im Jahr.
Ich stelle diese Erhöhung in keiner Weise infrage, denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Theater sind engagiert bei ihrer Sache und arbeiten zum Teil an der Grenze der Selbstausbeutung. Dies sage ich vor allem auch für die vielen freien Theater im Land, die nicht an den TVöD gebunden sind und die aus meiner Sicht dennoch zwingend in ein neu zu schnürendes Gesamtkonzept für die Theaterlandschaft Schleswig-Holsteins eingebunden werden müssen. Ich erinnere an die Debatte, die wir, glaube ich, im Februar dieses Jahres darüber geführt haben. Der Kollege Wengler, der dem Haus nicht mehr angehört, hat damals auch darauf hingewiesen. Er hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die freien Theater möglichst in ein solches Konzept eingebunden werden sollen.
Als Ostholsteinerin sage ich: Wir alle kennen die Debatte um die Eutiner Festspiele, die eine lange Tradition haben und eine großartige Leistung bringen, aus verschiedensten Gründen aber in großen Schwierigkeiten sind. Das ist sicherlich nicht immer nur eine Geldfrage. Auch da fände ich es klug, vielleicht einmal zu gucken, ob man das nicht in ein Gesamtpaket schnüren kann.
Es ist auch schon gesagt worden, dass für das Landestheater, das zurzeit quasi obdachlos ist, eine Lösung gefunden werden muss. Frau Kollegin Klahn, die Standortdebatte ist keine Umverteilungsdebatte. Dabei geht es um die Frage: Wird erstens ein Haus in Schleswig gebaut werden können? Die Idee, dort eine Mehrzweckhalle als Neubau zu errichten, der auch für Theater genutzt werden kann, ist klug. Es geht aber darüber hinaus um die Standorte, die das Landestheater im nördlichen Landesteil bespielt. An dieser Stelle geht es keineswegs um die Frage: Gibt man mehr Mittel nach Lübeck und dafür weniger an das Landestheater? Das ist in diesem Zusammenhang eine völlig andere Debatte.
Alle drei Theater - in Lübeck, in Kiel und das Landestheater -, dazu die freien Theater, leisten Wichtiges für unser Land. Wir können und wollen nicht auf sie verzichten. Ich kann nur noch einmal Frau Kollegin Raudies unterstützen: Kultur ist eine existenzielle Notwendigkeit. Ich bin sehr dankbar,
dass die neue Ministerin das hier in dieser Deutlichkeit gesagt und damit auch beschrieben hat, wo der Weg hinführt.
Die Theater sind zu Reformen und Kooperationen bereit. Sie sind auch bereit, über Einnahmesteigerungen nicht nur nachzudenken, sondern diese auch zu generieren. Herr Sönnichsen, Sie haben, die Zuschauerzahlen von, glaube ich, 2010 genannt. Sie haben das Landestheater genannt. Wenn ich mich richtig auf diese erste kulturpolitische Rede vorbereitet habe, dann hat das Landestheater ein Jahr vorher noch ganz andere Zahlen gehabt. Sie wissen, dass es dort einen in die Zukunft gerichteten Wechsel gegeben hat. Ich glaube, dass wir sehr optimistisch sein können. Auch die Besucherzahlen in Lübeck sind um ein Vielfaches - auch durch Einsparungen und eine Komprimierung - gestiegen. Darüber kann man sicherlich lange debattieren. Aber man kann nicht sagen, dass die Theater keinen eigenen Anteil leisten wollen und nicht wissen, wie schwierig die Haushaltslage ist. Es gibt Kooperationen. In der kommenden Spielzeit übernimmt zum Beispiel das Theater Lübeck die Nussknacker-Ballettproduktion des Theaters Kiel. Auch das ist eine Frage von Ausgabenoptimierung.
Die Ministerin will den Dialog mit allen Beteiligten. Sie will mit ihnen gemeinsam ein Konzept erarbeiten. Das ist schon einmal eine andere Ansage, als nur auszusitzen. Ich sage noch einmal: Dabei ist Kreativität und nicht Kirchturmdenken gefragt. Es ist Kooperation und nicht Konkurrenz gefragt. Auch davon war die Debatte in den letzten zweieinhalb Jahren geprägt. Sie hat niemanden wirklich weitergebracht.
Unser aller Ziel muss es schließlich sein, den Theatern eine verlässliche Perspektive zu geben. Deshalb freue ich mich, dass wir den Vorhang wieder aufziehen und diesmal mit einer kulturbegeisterten Ministerin in die neue Spielzeit starten. - Ich danke Ihnen.
„Das Theater darf nicht danach beurteilt werden, ob es die Gewohnheiten seines Publikums befriedigt, sondern danach, ob es sie zu ändern vermag.“
Das sagte Bertolt Brecht. Damit wollte er sich ausdrücklich von Vereinnahmung und Instrumentalisierung des Theaters seitens der Politik distanzieren. Dass das kein Problem der Vergangenheit, sondern hochaktuell ist, zeigt die heutige Sitzung. Wer nach acht Wochen Regierungsarbeit einen Antrag auf einen mündlichen Bericht zur Zukunft schleswig-holsteinischer Theater in den Landtag einbringt, muss sich auf jeden Fall die Frage gefallen lassen, ob das nicht ein durchsichtiges Manöver ist. Werden hier etwa die Theater instrumentalisiert, um eigene jahrelange Versäumnisse vergessen zu machen?
Viele Theatermacher beklagten sich in schwarz-gelben Regierungszeiten über eine abwartende Haltung der Landesregierung. Sie fühlten sich im Regen stehen gelassen. Das hörte ich immer wieder in den Gesprächen. Trotz immenser Anstrengungen administrierte der damalige Kulturminister Klug die Theater zu einem reinen Kostenpunkt. Ein Beispiel: Noch im Januar monetarisierte er in der entsprechenden Landtagsdebatte und kalkulierte auf Zustimmung durch seine auf Zahlen verengten Rede. Jeder Besuch im Landestheater würde vom Steuerzahler mit 101 € subventioniert werden.
- Ja, das ist richtig. Aber das ist so, weil Kultur ein Lebensmittel ist, und das gibt es nicht als kostenlose Zugabe. Ich möchte jedenfalls nicht nach der „Vermaisung“ der Landschaft ähnliches bei den Theatern erleben. So weit wird es aber kommen, wenn wir noch -