Protokoll der Sitzung vom 22.08.2012

(Zurufe und Unruhe)

Fahren Sie einfach fort!

(Lachen FDP)

Gut. - So weit wird es aber kommen, wenn wir nur noch mit dem Rechenschieber Politik machen: gleichgeschaltete Theater mit den immer gleichen Kassenschlagern auf dem Spielplan.

Doch schon im Januar blieb die kalkulierte Empörung aus. Denn die Menschen in Schleswig-Holstein wissen, dass Kultur nicht kostenlos zu haben ist,

(Beifall SSW)

ebenso wenig übrigens wie Straßen, Universitäten oder öffentliche Toiletten. Die Bürgerinnen und Bürger sind durchaus bereit, Theater zu finanzieren. Das haben nicht zuletzt die Demonstrationen in Flensburg zum Erhalt des Landestheaters gezeigt. Ohne Kultur entseelt nämlich unsere Gesellschaft.

Ich will hier nicht irgendwelchen hehren Kulturvorstellungen das Wort reden. Aber wir müssen klipp und klar sagen: Theater kosten Geld, weil sie etwas leisten. Ich warne aber davor, die Theater auf ihre Funktion als Kostenposten mit Einsparpotenzial zu begrenzen oder auf ihre Rolle als Standortfaktor. Natürlich müssen die Besucherzahlen stimmen, ansonsten verkommt das Theater zur Bildungsveranstaltung für einige Auserwählte.

Aber bei aller Rotstiftpolitik kommt dem Theater ein eigener Wert zu. Theater ist nämlich Nahrung für die Seele. Der SSW beteiligt sich darum aktiv an den Diskussionen um die Zukunft der Spielstätte in Schleswig. Es liegen eine Reihe interessanter Vorschläge auf dem Tisch, die die derzeitige Situation als Chance für einen wirklichen Neubeginn verstehen.

In anderen Städten sieht das etwas anders aus. Da funktionieren zwar die Spielstätten, aber es kneift an anderer Stelle. Aus diesem Grund benötigen wir ein Konzept, das die Eigenarten vor Ort berücksichtigt. Wir haben nämlich neben dem Landestheater und den freien Bühnen eine sehr lebendige Laienszene, die ihren Beitrag zur Kultur Schleswig-Holsteins leistet.

(Beifall SSW und SPD)

(Jette Waldinger-Thiering)

Nicht zuletzt die Minderheiten sind auf diese Sparte angewiesen, um überhaupt einmal eine Theatervorstellung in ihrer Muttersprache besuchen zu können.

Das zukünftige Theaterkonzept muss all dies berücksichtigen und daneben noch die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Kommunen und der Träger. Die anstehenden Gespräche werden nicht leicht werden; denn die alte Landesregierung hat teilweise ordentlich Porzellan zerschlagen. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir bald ein durchdachtes Konzept hier im Landtag diskutieren werden. Dann würde ich mir allerdings weniger Theaterdonner wünschen. Wir sollten zunächst den Sachstand und das Konzept schriftlich vorliegen haben, bevor wir in die nächste Debattenrunde einsteigen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag hat Frau Abgeordnete Pauls von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich würde gern mit einem Vorurteil aufräumen. Das bauliche Problem am Standort Schleswig ist eben nicht nur ein bauliches Problem am Standort Schleswig, sondern es ist ein Problem für das gesamte Konstrukt schleswig-holsteinisches Landestheater. Dieses schleswig-holsteinische Landestheater bespielt 51 % unserer gesamten Landesfläche. Das ist ein Problem, das uns alle angeht, und es ist deswegen eben nicht nur ein Problem für die Stadt Schleswig ist, sondern das ist ein Problem, das für uns alle wichtig sein sollte.

(Beifall SPD)

Ich finde es schon auch sehr lustig und sehr amüsant, was hier gerade abgeht. Nachdem der alten Landesregierung seit Juni 2011 dieses bauliche Problem und alles, was dieses nach sich zieht, bekannt ist, hat es keinerlei Kraftanstrengung gegeben, und keinerlei Aktivitäten sind gezeigt worden. Völlig fantasie- und ideenlos stand diese alte Landesregierung da und gab mir in einer Kleinen Anfrage, die ich damals gestellt hatte, die Antwort, auf absehbare Zeit gebe es keine realistischen Finanzierungsmöglichkeiten. Das Theater möge sich bitte andere Spielstätten suchen. Fertig, Punkt!

Daneben standen dann achselzuckend die örtlichen Abgeordneten

(Zuruf Abgeordneter Dr. Heiner Garg [FDP])

Und jetzt? Da ist die neue Landesregierung noch keine 90 Tage im Dienst, macht ihre Arbeit, und dann kommen Kleine Anfragen von den örtlichen Abgeordneten. Das ist ihr gutes Recht. Aber es ist natürlich amüsant, weil gerade beim letzten Mal immer kritisiert worden ist, was darin gestanden hat.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Heiner Garg [FDP])

Frau Abgeordnete Pauls, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Callsen?

Sehr gern.

Frau Kollegin Pauls, ich möchte Sie gern fragen, woher Sie wissen, dass es eine Kleine Anfrage eines örtlichen Abgeordneten gibt?

- Dafür haben wir ein Intranet, Herr Callsen.

Die ist aber noch nicht darin veröffentlicht.

- Ja, das stimmt. Aber die Anfrage ist ja schon einmal da. Ich kenne den Inhalt natürlich nicht.

(Lachen CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist ja klasse!)

Aber weil ich weiß, wie du an dieser Stelle tickst, kann ich mir denken, was da drinsteht.

(Heiterkeit - Zurufe)

Aber, lieber Johannes Callsen und lieber ehemaliger Kollege Peter Brodersen – der jetzt aus dem Kreistag auch entsprechende Anträge stellt -, ich kann mich ja nur freuen über dieses plötzlich auftretende Interesse. Ich habe es damals vermisst, als ihr noch die Möglichkeit hattet, etwas zu regeln. Noch mehr freue ich mich aber über die klaren Aussagen, die Ministerin Spoorendonk heute getätigt hat zu einer Sicherung für Schleswig und damit aber eben auch für das gesamte schleswig-holsteinische Landestheater. Das ist auf jeden Fall schon einmal 100-prozentig mehr als das, was die alte Landesregierung zu diesem Thema gemacht hat.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Jette Waldinger-Thiering)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. - Doch, eine weitere liegt vor. Dann hat jetzt der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort für einen Dreiminutenbeitrag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Erste, das mich überrascht hat, ist dieses: Ich sitze ja schon den ganzen Nachmittag hier und verfolge die Debatte mit wachsender Spannung. Mich wundert nur, dass sich die PIRATEN bisher nicht hierzu geäußert haben. In völliger Transparenz könnten wir heute erfahren, welche Meinung der eine oder andere von den PIRATEN hat.

(Zuruf SPD: Das geschieht in den Hinterzim- mern!)

- Ja, in den Hinterzimmern mag das ja sein. Aber trotzdem wäre das bei der die schleswig-holsteinische Öffentlichkeit wirklich interessierenden Frage auch hier von Nutzen. Ich habe gerade gehört, Theater sei so etwas wie das Brot des Lebens für viele Menschen. Deshalb hätte ich schon gern gewusst, was Abgeordnete dieses Hauses, die ja ins Parlament gewählt worden sind, zur Situation und zur Bewältigung dieses Problems sagen.

(Beifall FDP und SPD)

Sie sollten sich jedenfalls hier nicht verstecken, da wir uns bemühen, in kontroversen Diskussionen zu einem Kompromiss zu finden, auch in Arbeitssitzungen, um anschließend zu erklären, Sie seien nicht dabei gewesen. Ich meine, dies muss man für die schleswig-holsteinische Öffentlichkeit wirklich einmal festhalten.

Frau Kollegin Pauls, was mich ein bisschen verwundert, das ist Ihre, wie ich aber finde, verständliche Erregung, die Sie hier an den Tag gelegt haben. Ich darf daran erinnern, dass die erste Kleine Anfrage nach der Installation der gelb-schwarzen oder schwarz-gelben Landesregierung im Jahre 2009 interessanterweise von dem Abgeordneten Fürter der Grünen kam, und zwar schon zwei Tage, nachdem wir die Regierungsgeschäfte übernommen hatten.

(Heiterkeit FDP)

Man ging dann 1 bis 24 immer wieder durch.

(Lachen FDP und CDU)

Insofern darf es Sie nicht überraschen, dass man diese Regierung nach 60 Tagen Amtszeit das erste

Mal fragt, wie denn das Konzept der Landesregierung zum Erhalt der Theaterlandschaft aussieht.

(Beifall FDP)

Besonders bemerkenswert finde ich, dass uns vom Kollegen Dr. Stegner immer vorgeworfen worden ist, wir dürften eigentlich gar nichts mehr tun, weil wir nicht legitimiert seien, und Sie jetzt beklagen, dass wir nichts getan hätten, was auch nicht stimmt.

(Lachen FDP)

Wir hätten schon gern gewusst, wie die Auftritte der regierungstragenden Fraktionen vor der Landtagswahl in Schleswig und drumherum zu bewerten waren. Ich lasse mir das Zitat gerade kommen. Beispielsweise hat Herr Dr. Stegner gesagt, selbstverständlich gebe es Möglichkeiten, von der Landesebene aus Mittel zur Verfügung zu stellen, damit das Theater saniert werden könne. Man müsse den Druck während des Wahlkampfs erhöhen. Das brauchen Sie nicht mehr, jetzt regieren Sie ja. Wir haben - wie die Menschen vor Ort - einen Anspruch darauf, wie das, was Sie im Wahlkampf insinuiert haben, nämlich dass dann, wenn Sie regieren würden, für das Landestheater in Schleswig alles viel besser werden würde, irgendwann konzeptionell umgesetzt werden soll. Wir warten gern bis zu den Haushaltsberatungen, aber wir werden keine fünf Jahre lang warten, Herr Dr. Stegner. Die Menschen in diesem Land werden das auch nicht tun.