Dies gilt ganz besonders dann, wenn das Land als Arbeitgeber auftritt. Glücklicherweise wird diese Haltung von unseren Koalitionspartnern voll und ganz geteilt. Es ist deshalb völlig unstrittig: Wir können nicht Tariftreue einfordern und uns für einen Mindestlohn einsetzen, während auf der anderen Seite systematisch von armutsfördernden Zeitverträgen Gebrauch gemacht wird.
Bevor hier aber wieder lautstark „Skandal“ geschrien wird, will ich die Dinge kurz ins Verhältnis setzen. Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Schleswig-Holstein zu den Ländern zählt, die noch am wenigsten zu diesem Mittel gegriffen haben. Auch die Tatsache, dass gerade die besonders problematischen Verträge, die nicht einmal einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I gewährleisten, zur absoluten Ausnahme gehören, ist allgemein bekannt. Aus dem Bericht der Landesregierung geht klar hervor, dass befristete Beschäftigung ganz sicher nicht die Regel an unseren Schulen ist. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Planstellen im Haushalt sind es gerade einmal 4,7 %. Natürlich muss diese Beschäftigungsform so gering wie irgend möglich gehalten werden. Deshalb ist uns dieser Wert auch definitiv noch zu hoch. Aber ich bitte um etwas Augenmaß: Es ist niemandem damit geholfen, wenn man dieses Problem noch überhöht.
Nicht erst mit dem vorliegenden Bericht wird deutlich, dass wir in dieser Frage auf einem guten Weg sind. Während es in der Vergangenheit wirklich noch häufig zeitbegrenzte Verträge für Lehrerinnen und Lehrer gab, die nicht selten um eine Weiterbeschäftigung bangen mussten, geben wir diesen Menschen jetzt bessere Aussichten für ihre Zukunft. Wie Sie alle wissen, schaffen wir derzeit neue Lehrerstellen, die in der Folge in Stellen übergehen, die durch Pensionierung frei werden. Trotz der schwierigen finanziellen Lage des Landes nehmen wir für diese 125 kw-Stellen viel Geld in die Hand. Damit eröffnen wir ganz konkrete Zukunftsperspektiven gerade für künftige Lehrerinnen und Lehrer. Dies ist uns schon deshalb so besonders wichtig, weil wir sie unbedingt hier in SchleswigHolstein halten wollen.
Wir dürfen uns in dieser Sache aber keine Illusionen machen. Wir werden auch in Zukunft nicht völlig auf Befristungen bei unseren Lehrkräften verzichten können. Das heißt im Klartext: So manches Arbeitsverhältnis wird nicht fortgeführt werden können, weil es sich zum Beispiel um Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretung handelt. Mit dem Wegfall des Befristungsgrunds besteht rein arbeitsrechtlich einfach keine Möglichkeit mehr, diese Leute weiter zu beschäftigen. Das muss man bei diesem Thema fairerweise auch hinzufügen.
Es ist völlig klar: Unser gemeinsames Ziel ist und bleibt es, alle Möglichkeiten zur Reduzierung der befristeten Beschäftigung bei angestellten Lehrerinnen und Lehrern auszunutzen. Wir sehen doch schon heute klar und deutlich, dass die Landesregierung entschlossen handelt. Nach Einschätzung des SSW werden hier wirklich alle vorhandenen Möglichkeiten genutzt. Denn wie Sie wissen, werden neben den erwähnten 125 neuen Stellen im schulamtsgebundenen Bereich 75 weitere kw-Stellen aus Zensusmitteln geschaffen. Das ist mit der Verabschiedung des Haushalts Fakt. Diese Stellen kommen allen Schularten zugute und werden trotz ihrer Befristung auf zwei Jahre zusätzlich dabei helfen, dieses Problem zu verringern.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir so das Problem der befristeten Beschäftigung bei unseren Lehrkräften auf ein absolutes Mindestmaß eindämmen können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 18/1361, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.
Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/1386
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Bernd Voß für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute über das Thema Eiweißpflanzen sprechen. Ich denke, da ist richtig Musik drin, Musik in puncto Biodiversität,
in puncto flächengebundene Tierhaltung und auch in puncto faire Handelsbeziehungen, Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung weltweit.
Das hört sich alles sehr hochgegriffen an, und der eine oder andere wird sich fragen: Von welchem Zauber redet ihr eigentlich, wie weit wollt ihr die Welt an dieser Stelle retten? Aber es ist tatsächlich so. Eiweißpflanzen, die wir haben, die Leguminosen, haben den Zauber, dass sie Stickstoff aus der Luft binden und dass sie dadurch ein wichtiger Baustein für die nachhaltige Sicherung des Klimas, für die nachhaltige Sicherung der Ressourcen sind. Ich nenne eine Zahl: 200 kg Stickstoff in Düngemitteln entsprechen ungefähr 230 l Diesel. Das ist ein Grund, entsprechend sparsam damit umzugehen. Wir brauchen Eiweißpflanzen auch, um Verbindung zwischen Futterbau und Tierhaltung wiederherzustellen.
Wenn wir fragen, woher unsere Eiweißpflanzen kommen, müssen wir feststellen, dass 70 % der Eiweißträger importiert sind, nach Europa hereingebracht werden. Über 30 % des gesamten Flächenanbaus importieren wir letztlich nach Europa von weltweit. Wir haben überhaupt nicht die Flächen, um für unsere Tierhaltung ausreichend anzubauen. Das ist mit einem großflächigen Sojaanbau verbunden, auch dem Anbau von gentechnisch verändertem Soja weltweit. Es ist verbunden mit Problemen wie Gentechnik, Glyphosat, das ist auch verbunden mit der Vertreibung indigener Bevölkerung, von Kleinbauern in Ländern der Dritten Welt.
Wenn wir dann fragen: Warum haben wir in Europa nicht mehr Eiweißpflanzenanbau?, müssen wir feststellen, dass diese Abwärtsspirale 1992 befeuert worden ist, als im Rahmen der internationalen Handelsabkommen EU/USA - dieses Thema betrifft uns im Moment wieder ganz stark - vereinbart
wurde, dass auf Eiweißpflanzen überhaupt keine Zölle mehr zu zahlen sind. Der Proteinanbau in Europa wurde ganz stark begrenzt.
Das ganze System ist so nicht nachhaltig. Das heißt aber nicht, dass wir zurück wollen zu einer Landwirtschaft der Großväter und Großmütter, dass wir das wieder einführen wollen.
Vielmehr brauchen wir den Eiweißpflanzenanbau mit modernen Methoden auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in Bezug auf Verarbeitung, in Bezug auf Bearbeitungstechnik, in Bezug auf Fütterung und auch in Bezug auf den Transfer in die Praxis. Genau da haben wir das Problem. Anbau und Verfütterung haben in den letzten 20, 30 Jahren massiv abgenommen. Wir haben die Forschung und besonders die standortangepasste Umsetzung überhaupt nicht weiterentwickelt. Dadurch ergeben sich Probleme in der Wirtschaftlichkeit, in der Ertragssicherheit, im Markt und in der Verwertung. Dieser ganze Bereich ist von der Weiterentwicklung regelrecht abgekoppelt worden. Daran muss sich etwas ändern, auch hier in Schleswig-Holstein. Daher brauchen wir eine politische Offensive.
Ich denke, man muss positiv hervorheben, dass wir in Schleswig-Holstein ein mittelständisches Zuchtunternehmen haben, die NPZ, das sich gerade im Bereich der Leguminosen, des Eiweißpflanzenanbaus, nachhaltig engagiert und dort investiert, und dass wir zugleich in der Landwirtschaftskammer Mitarbeiter haben, die sich intensiv um das Thema kümmern.
Eiweißstrategie ist auf europäischer Ebene ein intensiv diskutiertes Thema. Es ist bei der Bundesregierung ein Thema. Es gibt eine Strategie. Es ist in zahlreichen Bundesländern ein Thema, dass angepackt wird. Aber es darf keine Worthülse sein. Mit der Umsetzung der EU-Agrarreform und besonders den Beschlüssen der Agrarministerkonferenz in München vom 4. November 2013 zur Umwidmung von Mitteln der ersten in die zweite Säule von ungefähr 4,5 % - das sind etwa 70 Millionen € - haben wir eine Grundlage, um uns hier weiter dafür zu engagieren. Das ist kein Zauber, aber es ist gut für unser Land. Darum bitte ich um Ihre Zustimmung.
Eines möchte ich noch anfügen. Es ist wirklich nicht von uns gesteuert worden, dass gerade heute der Europäische Gerichtshof sein Urteil gefällt hat und für die einzige Pflanze, die gentechnisch verändert zugelassen ist, die Kartoffel Amflora,
die Zulassung kassiert hat. Ich denke, dies macht deutlich, dass wir für unser Land eine Zukunftsstrategie brauchen.
Wir brauchen eine Zukunftsstrategie, um bei Anbau und Fütterung breiter aufgestellt und nicht von internationalen Gentechnikimporten abhängig zu sein. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch auf Bundesebene gibt es eine Eiweißstrategie. Diese ist aufgrund der Koalitionsverhandlungen - wie Sie wissen - im Moment nicht mehr die gleiche. Sehr geehrter Herr Voß, ich freue mich, dass Sie dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich glaube aber, hier im Hohen Hause fehlen im Ansatz einige Grundkenntnisse.
Warum spricht man von Eiweißstrategie, warum unterhalten wir uns überhaupt über Eiweiß? - Sie wissen, Eiweiß ist nicht nur für die Ernährung von Menschen, sondern besonders auch von Tieren essenziell. Im Vergleich zum Tier haben wir als Menschen den Vorteil, dass wir tierisches Eiweiß zu uns nehmen können. Die Tiere können das in der Regel nicht, es sei denn, sie leben in der freien Wildbahn. Sie wissen, dass tierisches Eiweiß von der Verfütterung aufgrund der BSE-Problematik hier in Europa so gut wie ausgeschlossen ist. Also beschränkt sich die tierische Ernährung in der Regel auf pflanzliches Eiweiß, bevor Tiere durch Milch oder Fleisch durch Veredlung der menschlichen Ernährung dienen. Darum geht es scheinbar in diesem Antrag.
Herr Voß, ich bin froh, dass Sie nicht - wie in der Begründung Ihres Antrags - stark ideologisierend auf GVO-Freiheit oder auf das Kleinbauerntum in der Dritten Welt eingegangen sind. Daher gehe ich auf die Inhalte ein.
- Herr Matthiessen, Sie können gern eine Frage stellen. Das Spiel kennen wir. - Die Eiweißstrategie in Deutschland soll sich eher auf das beschränken,
was wir heute schon an Eiweißträgern haben. Denken Sie an die 1,2 Millionen ha an Rapsanbaufläche in Deutschland. Denken Sie auch an die Pressemitteilung zum sogenannten alternativen Landraub in anderen Regionen der Welt, wenn Raps als Biokraftstoff verwendet wird. Das ist ein großes Problem. Es gibt hier den sogenannten iLUC-Faktor, der zur Berechnung ansteht. Dieser wird höchstwahrscheinlich ab 2015 dazu führen, dass der Rapsanbau dann, wenn er zur Herstellung von Biokraftstoff verwendet wird, negativ verlaufen wird. Dadurch würde auch hier in Deutschland die Rapsanbaufläche eingeschränkt. Denken Sie auch daran, dass dann die 1,2 Millionen ha Rapsanbaufläche als Abfallprodukt und als Eiweißträger eingeschränkt werden und wegfallen könnten. Das ist ein großes Problem.
Ich habe hierzu ein Zitat des EU-Ministerrats aus einer Pressemitteilung von gestern. Diese Pressemitteilung kommt aus dem Bundesverband des NABU. Herr Voß, sie ist bezeichnend. Dort steht: Keine Einigung ist daher allemal besser als ein fauler Kompromiss zulasten von Umwelt und Ernährungssicherung. Zu Deutsch heißt das: Der NABU spricht sich dafür aus, dass Raps mit einem hohen iLUC-Faktor versehen werden soll, sodass die Rapsanbaufläche bei uns in Europa höchstwahrscheinlich eingeschränkt wird. Dies könnte einem Eiweißstrategiekonzept zuwiderlaufen. Wir könnten also eingeschränkt werden und die Haupteiweißträger verlieren. Daher müssten wir zunächst das Augenmaß auf den Rapsanbau richten und darauf, dass dessen Fläche zumindest in dem Umfang erhalten bleibt, wie wir ihn heute in Europa und in Deutschland vorfinden.
In einem zweiten Punkt muss ich Ihnen teilweise recht geben. Sie haben den hohen Wert von Eiweißpflanzen, Leguminosen, beschrieben, deren Anbau hier in Deutschland stark zurückgegangen ist. Dieser Anbau hat vielfältige Vorteile: Er trägt zur Bodenverbesserung bei, er bringt einen hohen Fruchtfolgewert mit sich, er durchwurzelt tiefer, er braucht weniger Mineraldünger, und er ist in der Fruchtfolge oft vorteilhaft, weil er Resistenzen aufbrechen kann. Wir würden uns natürlich freuen, wenn es in Deutschland einen vermehrten Anbau von Leguminosen gäbe.
Herr Voß, Sie haben es ebenso erwähnt wie der Herr Minister gestern auf der Veranstaltung der Akademie für die Ländlichen Räume. Wir hoffen, dass aus den Mitteln der zweiten Säule Agrarund Umweltmaßnahmen für Schleswig-Holstein greifen, die letztlich nicht nur eine Förderung der
Ökolandwirtschaft durch die Hintertür bedeuten, sondern vielleicht auf den zukünftigen Greeningflächen auch einen gewissen Anbau von Leguminosen zulassen, um den prozentualen Anteil im Bereich des Greening erfüllen zu können. Wir hoffen, dass Ihr Antrag nicht nur darauf basiert, dass Sie der Ökolandwirtschaft dienen wollen.
Warum würden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen wollen, sollte in der Sache abgestimmt werden? Ihre Begründung ist aus unserer Sicht nicht schlüssig. Sie beschränkt sich auf den Ökolandbau und auf GVO-Freiheit. Aus unserer Sicht würde sie auch bedeuten, dass dem Ministerium ein Freibrief in der Frage eingeräumt wird, wie bei dieser Strategie künftig verfahren werden kann. Das wollen wir nicht. Wir wünschen uns, dass wir erst im Ausschuss darüber diskutieren und dann gemeinsam eine Strategie entwickeln, um letztlich grünes Licht für eine Strategie zu geben, die für Schleswig-Holstein greift. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen! Sehr geehrte Herren! Bereits 1691 beschrieb Engelbert Kaempfer nach seiner Japanreise die Sojabohne. Der Staatssekretär ist jetzt leider nicht mehr da. Es hat lange gedauert, nämlich bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts, bis nach enormen Forschungsanstrengungen die weltweite Bedeutung der Sojabohne ihren Lauf nahm. Sie ist die wichtigste Ölsaat. Das Besondere ist die Eiweißqualität der Sojabohne, das hat uns der Kollege eben erzählt. Nur 2 % der weltweit geernteten Sojabohnen dienen direkt der menschlichen Ernährung, das muss uns klar sein. Der überwiegende Teil dient der Sojaölgewinnung, wird zu Biodiesel verestert und in der chemischen Industrie verarbeitet.
Bei der Ölproduktion verbleibt Sojakuchen, der rund 80 % der Masse ausmacht. Dieser Sojakuchen wird zu 98 % zu Tierfutter verarbeitet. Ein Großteil unserer intensiven Nutztierhaltung, nämlich der Milch- und Fleischproduktion, basiert heute auf dem hohen Proteingehalt der Sojabohnen. Für den weltweit wachsenden Markt für Fleisch lässt sich nur mit günstigem Sojatierfutter günstig produzieren.