Protokoll der Sitzung vom 22.01.2014

Die große Einigkeit hier im Land ist eine Chance. Wir müssen die Vorschläge im Ausschuss vereinheitlichen und diskutieren, um uns mit einer Stimme aus dem Norden in die Energiewende in Deutschland einzumischen. - Meine Damen und Herren, ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Detlef Matthiessen)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich hat es nicht gewundert, dass der Kollege Callsen den ersten Satz des Kollegen Stegner zu seinem eigenen Satz gemacht hat. Denn seitdem die Union mit der SPD im Bund in einer Großen Koalition ist, gibt es eine stille Beteiligung der CDU-Landtagsfraktion an der Landesregierung hier.

(Heiterkeit und Zurufe)

Aber auch bei stillen Beteiligungen kann man das Kapital verlieren.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Bedauerlicherweise ist eine Aktuelle Stunde kein Ort, um Einzelfragen der Energiewende wirklich seriös diskutieren zu können. Das sollten wir dann machen, wenn wir dazu eine Vorlage aus Berlin haben.

Herr Dr. Stegner, erlauben Sie mir eine Bemerkung. Ich habe mich gefragt: Wie kriegen Sie jetzt bloß die Wende hin? Der Inhalt des Papiers, was der Kollege Gabriel vorgelegt hat, der Bundeswirtschaftsminister, entspricht nämlich exakt dem, was das Bundeswirtschaftsministerium auch schon einmal aufgeschrieben hatte, als Philipp Rösler noch Wirtschaftsminister war.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Die Verwaltung hat gelegentlich das Gefühl: Minister kommen und gehen, das, was wir im Kopf haben, bleibt bestehen. Das ist gelegentlich so. Ich kann mich aber noch daran erinnern - wir sammeln gerade die Zitate -, wie schlimm das im letzten Jahr alles war, was dort aufgeschrieben worden war: furchtbar. Es wurde gesagt, die Energiewende würde dadurch torpediert werden, es gebe eine Kohlerenaissance. Ich bin gespannt, Herr Kollege Schulze, wie Sie die Renaissance im Revier, sprich der Braunkohle in Nordrhein-Westfalen, rechtfertigen werden, auch angesichts der Klimaziele, die wir haben. Es ist einfach wunderbar, das alles aufzulisten.

Wir haben uns an die Seite des Ministerpräsidenten gestellt, weil wir uns schon gefragt haben, warum die Totalrevision des EEG auf das Jahr 2018 verschoben worden und man jetzt versucht ist, an kleinen Stellschrauben zu drehen. Auch wenn man nur an kleinen Stellschrauben dreht, dann dreht man an der falschen Stelle. Denn die Überlegung, dort, wo

die Windenergie effizient ist, die Förderung sozusagen zu senken und dafür die Förderung dort beizubehalten, wo die Windenergie nicht effizient ist, mag vordergründig plausibel erscheinen, ist aber ökonomischer Unsinn. Das ist schlicht und ergreifend ökonomischer Unsinn.

Die spannende Frage ist doch: Was sind die geeignetsten Standorte im Wettbewerb untereinander? Das sind nicht die, die jetzt im Süden gefördert werden, wo kaum Wind bläst, sondern das sind die an der Küste in Niedersachsen, in Schleswig-Holstein, nämlich an der Westküste, an der Nordseeküste, die heute schon Strom zu Preisen generieren und erzeugen können, der vergleichsweise günstig ist, und die keine Wettbewerbssituation mit anderen Energieträgern scheuen müssen.

Also muss unsere Forderung doch sein, wenn wir schon in diesen Bereich hineingehören - da hat der Ministerpräsident recht -, sich darauf zu konzentrieren, die Windkraftanlagen Onshore in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und möglicherweise Mecklenburg-Vorpommern zu bauen und darauf zu verzichten, den Schwarzwald abzuroden, nur damit die baden-württembergischen Freunde auch das Gefühl haben, sie seien bei der regenerativen Energie mit dabei. Es macht auch keinen Sinn, halb Bayern zu planieren, weil die Bayern das Gefühl haben, selbst wenn es dort teurer ist, errichteten sie ihre Anlagen - wie Söder einmal gesagt hat - nach der Devise: Dann bleibt die Wertschöpfung wenigstens bei uns. Das ist lokal- und regionalpolitisch vielleicht sinnvoll gedacht, aber das ist ökonomischer Unsinn, und das wird die Energiewende eher torpedieren als es sie beflügeln wird.

(Beifall FDP und Lars Harms [SSW])

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Selbstverständlich, Herr Präsident. Obwohl das bei Aktuellen Stunden eigentlich ungewöhnlich ist.

Ja, das ist eine großzügige Auslegung.

Es wurde eben gesagt, dass das wohl möglich ist.

Herr Kollege Kubicki, vor dem Hintergrund auch meiner Ausführungen, dass in Süddeutschland eine Windmühle heutzutage günstiger Strom produziert als - auch auf mittlere Sicht - eine Offshore-Anlage, stellt sich die Frage, ob Sie für oder gegen Offshore-Windenergie sind.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Offshore in Süd- deutschland! - Heiterkeit)

Ich wollte gerade sagen: Offshore im Süden ist wahrscheinlich nur am Bodensee oder am Chiemsee möglich, ansonsten nicht. Herr Matthiessen, lassen Sie uns das inhaltlich vielleicht nicht gerade im Rahmen einer Aktuellen Stunde diskutieren, denn da sind diese Fragen: Sind sie dafür oder dagegen?, relativ sinnlos. Selbstverständlich akzeptiere ich die Auffassung unseres Bundeswirtschaftsministers, dass Offshore-Anlagen dazu beitragen können, Windenergie grundlastfähig zu machen, weil sie durch die Verteilung schlicht und ergreifend dazu beitragen können, Kohlekraftwerke oder andere Kraftwerke im Grundlastbereich überflüssig zu machen. Das akzeptiere ich zunächst einmal, ohne das zu hinterfragen.

Noch einmal: Auch im Offshore-Bereich wird natürlich mit der technischen Entwicklung, mit der Anzahl der Anlagen, die errichtet werden, sich auch die Kostenstruktur verändern. Damit werden auch die Preise sinken. Das ist selbstverständlich so. Das war im Windenergiebereich genau das Gleiche. Auch die ersten Onshore-Anlagen, die wir gebaut haben, haben noch zu höheren Kosten produziert als es die Offshore-Anlagen gegenwärtig tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich schon gefragt - der Kollege Stegner kennt ja den Politikbetrieb sehr genau -, was denn der Kollege Stegner im Hinblick auf den Ministerpräsidenten und seine Äußerungen gegenüber dem Bundesvorsitzenden der SPD und dem Bundeswirtschaftsminister nun sagen wird. Ich habe mich gefreut: Nummer 6 lebt!

(Heiterkeit FDP)

Er hat erklärt - ich darf das zitieren -: Nur wenn der noch richtig besser wird - der Entwurf des Bundeswirtschaftsministers - werde Schleswig-Holstein zustimmen können. - Herr Kollege Dr. Stegner, hier nehmen wir Sie beim Wort. Denn ich bin sicher, nach Meseberg wird das Kabinett das Eckpunktepapier des Bundeswirtschaftsministers beschlossen

haben. Dann geht es nachher nicht mehr um die Frage, was ist inhaltlich richtig oder nicht, sondern um die Frage, wie das mit der Gesichtswahrung ist. Ich bin gespannt, ob Ihre von mir vorgetragene Aussage Bestand haben wird, wenn es hart auf hart kommt, wenn es darum geht, dass eine Mehrheit im Bundesrat hergestellt werden muss, um das erste große Projekt der Großen Koalition in Berlin, nämlich die Novellierung des EEG, ins Werk zu setzen. Ich bin gespannt, ob Sie das dann durchhalten werden.

(Beifall FDP)

Herr Abgeordneter Kubicki, gestatten Sie eine weitere Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Besonders gern.

Lieber Herr Kollege Kubicki, zum Ersten würde ich schon gern für das Protokoll richtigstellen, dass das, was der Bundeswirtschaftsminister gerade in Meseberg einbringt, mitnichten dem entspricht, was Herr Rösler getan hätte. Das wissen alle Beteiligten, und das wollte ich nicht so gern hier stehen lassen.

Zum Zweiten wundert mich ein bisschen Ihre Auffassung, dass Sie glauben, es habe etwas mit Gesichtswahrung zu tun, wenn sich Entwürfe im Lauf von parlamentarischen Verfahren und im Verhältnis zwischen Bund und Ländern weiterentwickeln. Das war bei Ihrer „Hotelsteuer“ so, aber bei der Energiewende machen wir das anders.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW - Zurufe FDP: Tätä tätä!)

- Das war ja keine Frage, sondern eine Feststellung. Ich nehme diese Feststellung jetzt zur Kenntnis, Herr Dr. Stegner. Wir werden schauen, wie sich das im parlamentarischen Verfahren ändert, und wir werden dann sehen, was am Schluss dabei herauskommt. Wir dokumentieren Ihnen das einmal, dass es ein Papier aus dem Bundeswirtschaftministerium gibt - noch aus der Amtszeit von Philipp Rösler -, das genau die Elemente enthält, die Herr Gabriel vorgestellt hat.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Präsident Klaus Schlie)

Das ist ja nicht über Weihnachten auf seinem Mist gewachsen - logischerweise -, und es widerspricht in Teilbereichen auch dem, was die SPD in ihrem Bundestagswahlprogramm drin hatte - und das, ohne dass man vorher mit der Union in Koalitionsverhandlungen hätte treten müssen.

Aber lassen wir uns das in Ruhe vorlegen und dann im Detail debattieren. Nur noch einmal: Es kann auf Dauer nicht richtig sein - da wird der Ministerpräsident auf meiner Seite stehen -, dass man solche Vorschläge wie von Frau Aigner, die ja Wirtschaftsministerin in Bayern ist und der die Höhenluft möglicherweise nicht bekommen ist, folgt und dauerhaft Subventionen in einen Bereich hineinbringt, der in Teilbereichen schon ökonomisch sinnvoll eigenständig agieren kann, und das auch noch mit Krediten finanzieren will, die künftige Generationen, von denen wir wissen, dass sie ohnehin schon sehr viele Lasten auf ihren Schultern haben werden, noch weiter bezahlen sollen.

(Vereinzelter Beifall FDP)

Lassen Sie uns in Ruhe abwarten, was vorgelegt werden wird. Und lassen Sie uns abwarten, wie der künftige stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD hier im Hohen Haus agieren wird. Darauf bin ich sehr gespannt. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir den geschäftsleitenden Hinweis, dass in unserer Geschäftsordnung in § 32 für Aktuelle Stunden zwar nicht ausdrücklich erlaubt ist, dass Zwischenfragen oder Zwischenbemerkungen gestellt oder gemacht werden, es ist ausdrücklich aber auch nicht untersagt. Bei einer großzügigen Auslegung, lieber Herr Kubicki, und vor dem Hintergrund meiner Erkenntnis, dass Sie auf solche Dinge gern eingehen, habe ich sie zugelassen. Ich glaube, das entspricht auch dieser Diskussion.

Ich erteile für die Fraktion der PIRATEN deren Vorsitzendem das Wort, Herrn Abgeordneten Torge Schmidt. - Pardon, Frau Abgeordnete Beer, das ist bei mir nicht so angekommen. Dann erteile ich Frau Abgeordneter Angelika Beer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine etwas kuriose Situation, dass wir hier über ein Papier diskutieren, das zwar einige wenige kennen, weil sie gute Kontakte zur Bundes

SPD haben, aber die Mehrzahl unserer Kollegen hier im Landtag dieses Papier von Herrn Gabriel überhaupt nicht kennt.

(Martin Habersaat [SPD]: Auf welcher Grundlage basierte denn die letzte Aktuelle Stunde? - Heiterkeit)

Weil dieses Thema jede Bürgerin und jeden Bürger in Schleswig-Holstein betrifft, will ich versuchen, einige Kernpunkte der Entwicklung der Energiewende herauszuarbeiten, die wir als PIRATEN für entscheidend halten. Um zu verdeutlichen, dass wir das sehr ernst nehmen und nachdem wir von der Landesregierung nichts bekommen haben, haben wir uns an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt. Von dort gibt es keine Antwort. Sie wollen oder können es uns nicht geben. Für die Staatskanzlei gilt das Gleiche. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Grundrecht darauf zu wissen, was in Berlin besprochen wird und was am Ende dabei herauskommt.

Erstens. Wir hören, dass der Bundeswirtschaftsminister den Zubau an Wind- und Solarenergie auf 250 MW pro Jahr begrenzen will. Das halten wir PIRATEN eindeutig für falsch. Allein der Umstand, dass ein Wirtschaftsminister planwirtschaftliche Instrumente erwägt, macht uns hellhörig und misstrauisch.

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])