Wir von der CDU-Fraktion wollen diese Diskussion führen. Wir wollen unsere Staatsanwaltschaften und ihre Leistungen für eine effektive Strafverfolgung stärken, und wir als CDU-Fraktion wollen da
Frau Kollegin, ich will Sie nicht herausfordern. Aber es wäre schön, Sie würden auf die Redezeit achten, die schon jetzt großzügig bemessen worden ist. Kommen Sie bitte zu Ihrem letzten Satz.
Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Stellungnahme in der Justizministerkonferenz zu der Frage einmal darstellen könnten. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor wir in dieser Beratung fortfahren, bitte ich Sie, gedanklich noch einmal zu dem vorherigen Tagesordnungspunkt zurückzuspringen. Ich bekam den Hinweis, dass darum gebeten wurde, den FDP-Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalprüfungsgesetzes neben der Beratung im Innen- und Rechtsausschuss mitberatend auch noch an den Sozialausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Ich möchte Sie darum bitten, darüber noch einmal abzustimmen, damit auch dies seine Ordnung hat. Wer dieser Überweisung also zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der FDP-Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalprüfungsgesetzes federführend an den Innen- und Rechtsausschuss sowie mitberatend an den Finanz- und an den Sozialausschuss überwiesen. - Ich danke Ihnen.
Wir fahren nun fort mit Tagesordnungspunkt 15. Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Patrick Breyer von der Piratenfraktion.
- Das hat damit zu tun, dass die Piratenfraktion einen Änderungsantrag gestellt hat und ich ihr die Möglichkeit geben wollte, schon jetzt dazu zu sprechen. Es gibt sicherlich unterschiedliche Möglichkeiten, dies zu regeln. Ich habe es jetzt so geregelt, und ich denke, dass Sie damit gut leben können. Herr Dr. Breyer, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben heute in der Zeitung gelesen, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlun
gen gegen Mitarbeiter des Umweltministeriums wegen des Verkaufs von Lebensmittelproben aufgenommen hat, die hätten vernichtet werden müssen. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass der Umweltminister tatsächlich die Möglichkeit hat, seine Kollegin, die Justizministerin, anzurufen, und dass diese jederzeit eine Anweisung an die Staatsanwaltschaft geben kann, die Ermittlungen aufzunehmen oder einzustellen.
Herr Kollege Dr. Breyer, damit jetzt hier nicht ein falscher Zungenschlag in die Debatte kommt: Sie glauben doch nicht im Ernst als ehemaliger und jetzt nicht mehr im Beruf stehender Richter, dass ein solcher Versuch nicht sofort von der Staatsanwaltschaft mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts der Strafvereitelung im Amt beantwortet werden würde.
- Die Weitergabe einer Information über Ermittlungsverfahren durch die Justizministerin an ein weiteres Kabinettsmitglied hat dazu geführt, dass die Justizministerin wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses verurteilt worden ist.
- Genau der Fall, den Sie ansprechen, zeigt die Gefahren, die darin liegen, dass es eine politische Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den Staatsanwaltschaften gibt.
Wegen der Gefahren einer politischen Einflussnahme auf die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften haben wir PIRATEN sogar in unserem Wahlprogramm zur Landtagswahl angekündigt, dass wir das politische Weisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften abschaffen wollen. In unserem Staat liegt die Befugnis, Anklage gegen eine Person wegen einer Straftat zu erheben, in der Hand der Staatsanwaltschaft. Oftmals kann schon alleine eine Ankla
ge gravierende Folgen haben und zum Beispiel zum Rücktritt von Politikern führen. Deswegen muss die Staatsanwaltschaft ihre Tätigkeit unabhängig von der Politik entfalten können, zumal im Moment nach den gesetzlichen Vorgaben nicht einmal mehr schriftlich dokumentiert werden muss, wenn Weisungen erteilt werden. Weil nicht einmal mehr gegenüber dem Parlament Rechenschaft darüber abgelegt werden muss, entsteht schon allein dadurch der Anschein einer möglichen Einflussnahme in der Öffentlichkeit.
Damit es auch der Kollege Kubicki ganz plastisch nachvollziehen kann, möchte ich gern einige konkrete Fälle nennen, in denen das passiert ist. Zum Beispiel ist in der Öffentlichkeit diskutiert worden, warum es so lange dauerte, bis die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Wulff einleitete. Man fragte sich, ob das politische Gründe hatte.
Außerdem ist in der Öffentlichkeit diskutiert worden, warum gegen Verwaltungsräte der Hypo Group, die Mitglieder und hohe Politiker der CSU waren, kein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft München eingeleitet worden ist.
Schließlich ist es gerade vor zwei Jahren zu einer tatsächlichen Weisung durch eine Justizministerin an die Staatsanwaltschaft gekommen, nämlich in Bayern im Fall Mollath. - Bitte.
Herr Kollege Breyer, mir ist eines nicht klar: Der Kollege Kubicki hatte ja völlig recht, dass das Konsequenzen hatte. Wie wollen Sie eigentlich mit der Änderung von Rechtsvorschriften erreichen, dass Menschen, von denen Sie glauben, dass sie sich nicht an bestehende Rechtsvorschriften halten, an diese halten? Das ist eine etwas komische Auffassung, die Sie haben. Wie wollen Sie denn mit einer Rechtsvorschrift verhindern, dass es öffentliche Diskussionen gibt, die eventuell den Anschein erwecken könnten, dass sich Staatsanwälte oder welche Akteure auch immer davon unter Druck gesetzt fühlen könnten?
Ich habe übrigens im Fall Wulff ein höheres Zutrauen in die Staatsanwälte, die natürlich in brisanten Fällen auch die öffentliche Diskussion kennen und diese genauso aushalten wie andere auch, die dazu verpflichtet sind. Das, was Sie hier machen, kommt doch einem Misstrauensvotum gegenüber den Staatsanwälten gleich.
Verehrter Kollege Dr. Dolgner, ist Ihnen bekannt, dass in bestimmten Bereichen der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeit ein Opportunitätsprinzip gilt, bei dem man Spielräume hat zu entscheiden, ob ein Verfahren eingestellt wird, zum Beispiel gegen Auflage? Das sind Vorschriften in der Strafprozessordnung, von denen Gebrauch gemacht werden kann, aber nicht Gebrauch gemacht werden muss. Infolgedessen ist es in solchen Bereichen äußerst schädlich, wenn sich die Politik an die Stelle der unabhängigen Staatsanwälte setzen kann und solche Ermessensentscheidungen trifft.
- Herr Kubicki, der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Herr Frank, hat zum Beispiel zu dieser Frage erklärt:
„Allein der böse Anschein ist geeignet, Entscheidungen zu diskreditieren, obwohl sie unbeeinflusst ergangen sind.“
Mit anderen Worten kann ich für mich feststellen, dass Sie davon ausgehen, dass ein Staatsanwalt das Opportunitätsprinzip nicht unbeeinflusst auslegen kann. Natürlich gibt es Ermessensspielräume. Aber sie suggerieren mit Ihrem Vortrag hier, dass diese Ermessensspielräume, die es zweifellos gibt, nun das Einfallstor für Beeinflussungen sind. Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwälte des Landes Schleswig-Holstein nach wie vor auch die Ermessensspielräume unbeeinflusst auslegen. Oder haben Sie da andere Hinweise?
- Schön, dass Sie davon ausgehen, Herr Kollege Dr. Dolgner. Die Staatsanwälte selbst sehen das jedoch anders. Sie sehen nämlich ausdrücklich die Gefahr, dass schon allein der vorauseilende Gehorsam gegenüber einem vielleicht politisch als gewünscht empfundenen Ergebnis einen Einfluss auf die unabhängige Entscheidung in der Sache haben könnte. Ich halte das für berechtigt und nachvollziehbar. Deswegen müssen wir das Weisungsrecht, das es in anderen europäischen Staaten schon längst nicht mehr gibt, auch bei uns beerdigen.
Infolgedessen begrüße ich die Initiative der CDUFraktion. In drei Punkten geht unser Antrag allerdings weiter. Den ersten Punkt haben Sie schon genannt, Frau Kollegin Ostmeier. Wir möchten das Weisungsrecht gern bundesweit abschaffen und nicht nur in einzelnen Ländern, weil wir glauben, dass es in Schleswig-Holstein so falsch ist wie in Bayern.
Der zweite Punkt ist: Wir sehen Gefahren für die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft auch in generellen Weisungen, weil zum Beispiel über Veränderungen der Zuständigkeit oder, wie es in Bayern der Fall ist, über Auslegungshinweise für bestimmte Straftatbestände Einfluss auf die Staatsanwaltschaften genommen werden kann.
Schließlich - drittens - ist Selbstverwaltung der Justiz mehr als nur Weisungsrecht. Gefahren drohen auch durch die Dienstaufsicht, zum Beispiel durch die Befugnis des Ministeriums, Disziplinarverfahren gegen einzelne Staatsanwälte einzuleiten.