Protokoll der Sitzung vom 24.01.2014

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat jetzt Herr Abgeordneter Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Verabschiedung des Landesplanungsgesetzes passen wir das Gesetz nicht nur den bundesrechtlichen Regelungen an, vielmehr schaffen wir den Rahmen für eine moderne landesweite Raumordnung.

Eine der wohl wichtigsten Neuerungen ist der Zuschnitt der regionalen Planungsräume. Statt der bisher fünf Regionalpläne wird es künftig nur noch drei geben. Damit haben wir den Landesteil Schleswig, die Kiel-Region mit Neumünster sowie die Metropolregion.

Da die bisherigen Planungsräume II und IV nicht mehr dem Standard heutiger regionaler Planungsgrößen entsprechen, war ein Neuzuschnitt notwendig geworden. Insgesamt entspricht der Neuzuschnitt in weiten Teilen den Entwicklungsachsen des LEP. Aber auch Aspekte wie Stadt-Umlandund Pendler-Verflechtungen oder regionale Kooperationen werden durch den Neuzuschnitt berücksichtigt.

Der Zuschnitt des künftigen Planungsraums III ist letztendlich eine Anpassung an die Wirklichkeit, soll heißen, die Metropolregion wird künftig als ein Planungsraum dargestellt. Damit schaffen wir für die Metropolregion die planerische Voraussetzung für eine verbesserte Zusammenarbeit mit Hamburg und stärken den Wirtschaftsmotor des Landes. Das geht weit über das hinaus, was irgendwelche Staatsverträge regeln könnten. Wir schaffen

hier die planerischen Grundlagen dafür, dass man mit Hamburg tatsächlich zusammenarbeiten kann. Das ist ein wesentlicher Fortschritt gerade auch in der Planungsgesetzgebung.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den neuen Planungsraum II bedeutet der Neuzuschnitt keine Änderung. Der Planungsraum für die Region Kiel bleibt in alter Form bestehen. Ich gebe zu, dies wird nicht von allen positiv gesehen. Letztendlich ist es jedoch eine politische Entscheidung, bei der es darum geht, Neumünster als Brückenkopf zwischen Kiel-Region und Hamburg zu verankern. Ich bin davon überzeugt, was Neumünster angeht, dass die Pendlerverflechtungen dort dadurch widergespiegelt werden, dass man die Planungen, die vor Ort sehr wichtig sind, in einer Region machen kann. Das schließt nicht aus, dass Neumünster als Brückenkopffunktion dienen kann und sich in der Metropolregion Hamburg, zu der es gehört, natürlich weiterentwickeln kann.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Für den neuen und alten Landesteil Schleswig, dem neuen Planungsraum I, wird es weiter darum gehen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark zu intensivieren. Hier sind wir bereits auf einem guten Weg, aber es gibt durchaus Potenziale, die noch gehoben werden können. Wir als SSW sind froh, dass wir unseren Planungsraum erhalten und damit die gut gelebte Zusammenarbeit mit Dänemark fortsetzen können.

(Beifall SSW und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Die Planungsräume I und II sollten ihre Rolle analog zur Metropolregion, die eine Zusammenarbeit mit Hamburg macht, sehen und einerseits die Kooperation mit Dänemark, also dem Planungsraum hoch im Norden, und andererseits mit der OstseeRegion, was insbesondere die Kiel-Region angeht, in den Fokus rücken, um mit den Partnerregionen gemeinsame Stärken noch besser auszuarbeiten. Für den nördlichen Planungsraum sehen wir die Region Süddänemark als entsprechenden Ansprechpartner für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Die Minderheiten werden bei vielen Kooperationen künftig eine wichtige Rolle als Brückenbauer einnehmen, mehr noch, als sie es bereits tun. Dies hat die Landesregierung erkannt und den hier lebenden nationalen Minderheiten der Dänen, Friesen und auch der Sinti und Roma die Möglichkeit der Beteiligung - über den Landesplanungsrat - gegeben.

(Dr. Patrick Breyer)

Das war immer eine Forderung des SSW, die nun erfüllt wird. Dies ist gelebte Minderheitenpolitik. Damit bekommen die Minderheiten ein Mitspracherecht, wenn es um die gemeinsame Entwicklung des Landes geht. Dies beschränkt sich nicht nur auf die kulturelle Weiterentwicklung des Landes, sondern bezieht sich auf alle Bereiche der Landesplanung, die ja auch alle Minderheiten betreffen.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Womit wir bei den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung wären. Raumordnung ist eine Querschnittsaufgabe, die die unterschiedlichen Ansprüche an den Raum koordiniert und plant. Da es zwischen den verschiedenen Nutzungen immer wieder zu konkurrierenden Ansprüchen an den Raum kommt, ist es wichtig, diese entsprechend den Vorstellungen des Landes zu koordinieren, abzustimmen und darzustellen. Aus diesem Grund und um eine landesweite Ausgewogenheit sicherzustellen, auch in den regionalen Planungsräumen, ist es folgerichtig, dass sich das Land dieser Aufgabe annimmt. Raumrelevante Planung lässt sich nun einmal nicht immer auf regionale Planungseinheiten beschränken.

Daher macht es Sinn, dass das Land Planungsträger für die Raumordnungspläne ist. Eine Kommunalisierung der Regionalplanung lehnen wir ab. Sie schürt Konkurrenz auf der kommunalen Ebene, und es ist zu befürchten, dass die landesweiten Ziele regionalen Einzelinteressen geopfert werden. Damit ist letztlich niemandem geholfen. Deswegen ist der Entwurf, der heute vorliegt, beziehungsweise das, was wir heute beschließen, in sich konsistent.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine nicht unerhebliche Ergänzung zum ursprünglichen Gesetzentwurf sind die von der Koalition eingebrachten Passagen zur Nutzung des Untergrundes. Es zeichnet sich ab, dass die steigenden Ansprüche an die Nutzung des unterirdischen Raumes weiter zunehmen werden. Als Land stehst du daneben und hast kaum Einflussmöglichkeiten.

Wir kennen diese Problematik insbesondere im Zusammenhang mit CCS und Fracking. Dabei wird immer wieder deutlich, dass wir als Land kein Mitspracherecht haben, wenn es um die unterirdische Nutzung unseres Landes geht. Allein das Bundesbergrecht ist entscheidend. Das haben wir mehrfach kritisiert, aber wir wissen auch, wie schwer es wird, das Bundesberggesetz entsprechend zu ändern.

Aus diesem Grund wollen wir neue Wege gehen, um gewappnet zu sein für die Herausforderungen der Zukunft, die bereits begonnen hat. Klima-, energie- und ressourcenpolitische Ziele erhöhen den Druck auf die Nutzung des Untergrundes. Das schafft Konflikte um den unterirdischen Raum. Die Zuständigkeit obliegt in weiten Teilen dem Bund, und es gibt keine geregelten Prioritäten. Die Nutzungsvergabe erfolgt weitgehend nach dem Windhundprinzip.

Das kann uns als Land nicht zufriedenstellen. Daher wollen wir eine Art „Untertage-Raumordnung“. Diese Notwendigkeit wird bereits bundesweit diskutiert, denn Schleswig-Holstein steht nicht allein vor diesem Problem. Daher ist es wichtig und richtig, dass wir jetzt die Möglichkeiten nutzen, die wir als Land Schleswig-Holstein haben, und den Aspekt der „Untertage-Raumordnung“ zum ersten Mal in eine solche Regelung hineinschreiben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit schaffen wir die Möglichkeit, die politischen und planerischen Ziele für den Untergrund festzulegen und auch ökologische Belange zu berücksichtigen. Damit sind wir so manch anderem Bundesland weit voraus. Aber das gilt ja insgesamt für unser neues Landesplanungsgesetz. - Vielen Dank.

(Beifalls SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Strehlau das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will auf zwei Punkte eingehen: erstens auf die Aussage, dass wir nicht an einer gemeinsamen Landesplanung mit Hamburg arbeiteten oder an gemeinsamen Leitlinien. Wenn Sie den Beschluss des Innen- und Rechtsausschusses sehen, stellen Sie fest, dass wir das sehr wohl tun. Der Beschluss lautet nämlich unter anderem:

„Er bittet die Landesregierung, diese Zusammenarbeit weiter zu intensivieren und zu prüfen, ob mit Blick auf die zukünftige Kooperation auch gemeinsame landesplanerische Leitlinien mit der Hansestadt Hamburg erarbeitet und umgesetzt werden können.“

(Lars Harms)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir haben die Kooperation sehr wohl im Blick.

Ich bin ein großer Fan einer gemeinsamen Landesplanung, aber wenn Hamburg nicht will, dann können wir uns auf den Kopf stellen. Ich glaube, wir sind einfach noch nicht so weit. Wir müssen den Weg der engeren Kooperationen und Leitlinien vorschalten, bevor wir zu einer gemeinsamen Landesplanung kommen. Hamburg hat klargemacht, dass eine ausschließliche Begrenzung auf SchleswigHolstein nicht im Interesse Hamburgs ist. Das kann ich nachvollziehen, denn für sie gehören die niedersächsischen Randkreise und Mecklenburg-Vorpommern unbedingt dazu. Das müssen wir einfach in Betracht ziehen.

Deshalb ist es gut, dass die Kooperation durch die jetzige Landesregierung wieder verstetigt wird, dass es regelmäßige Treffen auf allen Ebenen gibt. In der nächsten Woche wird der Wirtschaftsausschuss gemeinsam mit Hamburg tagen. Da sind wir auf einem sehr guten Weg. Erst einmal vertrauensbildende Maßnahmen und konkrete Projekte, dann kommen wir hoffentlich auch zu einer gemeinsamen Landesplanung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Zweitens zum Zielabweichungsverfahren. Herr Breyer, Sie haben unterstellt, dass wir jetzt Wildwuchs bekämen und die Landesregierung das Zielabweichungsverfahren so gestalte, dass lauter Einkaufszentren auf der grünen Wiese entstünden. Das war nicht so, und das wird auch in Zukunft nicht so sein. Wir haben in unserem Gesetzentwurf den Passus drin, dass das Zielabweichungsverfahren von der Landesregierung nur positiv beschieden werden kann „im Einvernehmen mit den jeweils fachlich berührten obersten Landesbehörden“. Das heißt, wahrscheinlich ist das Umweltministerium immer dabei und muss sein Okay geben, bevor eine Zielabweichung durchkommt.

Außerdem begrenzt uns das Raumordnungsgesetz, auf dass sich das Gesetz bezieht. Es sagt im § 6 Abs. 2:

„Von Zielen der Raumordnung kann abgewichen werden, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.“

Es ist also nicht so, dass wir Wildwuchs bekommen werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

Frau Kollegin, darf ich Ihnen einmal entgegenhalten, wie das beispielsweise die IHK zu Kiel sieht und wie sie Ihre Vorschrift kommentiert? Da heißt es nämlich:

„Der Gesetzentwurf der Landesregierung … stellt … keine ausreichend hohe Hürde für Ausnahmen dar: § 6 Abs. 2 ROG, auf den Bezug genommen wird, ist entscheidend milder, das heißt abweichungsoffener gefasst als die derzeitig geltende Regelung im Landesplanungsgesetz.“

Was sagen Sie dazu, dass hier unsere Kritik bestätigt wird, dass Sie das Tor für solche Abweichungen sogar noch weiter aufmachen statt es weiter zu schließen?

- Die IHK nennt einen wichtigen Punkt - finde ich -, indem sie sagt, die Landesregierung müsse auch die gewachsenen Innenstädte im Blick haben. Das ist für uns und auch für die Landesregierung ein wichtiger Punkt. Deshalb tut sie sich auch so schwer mit Zielabweichungsverfahren. Und deshalb haben wir auch bei Dodenhof, bei der Zusage, eine abgespeckte Version und nicht die Version; Ihr dürft machen was ihr wollt und so, wie ihr das beantragt habt. Dadurch, dass wir eine Abstimmung zwischen den Ministerien haben und das Bundesraumordnungsgesetz bestehen bleibt, auf das verwiesen wird, ist das ein gangbarer Weg, der den Spagat zwischen Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungschancen schafft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt noch einmal Frau Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.

(Ines Strehlau)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Thema Dialog, Dialogkultur: Die Tatsache, dass in den Gesprächen zwischen Neumünster und der Landesplanung das Ergebnis herausgekommen ist, das dabei herausgekommen ist, ist in meinen Augen kein Beispiel dafür, dass wir den Dialog nicht ernst nehmen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sondern?)