Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute Gäste aus Friedrichskoog. Es sind viele Menschen aus der Region hier, die wissen wollen, wie es weitergeht. Seien Sie sicher, Debatten dieser Art machen es Abgeordneten nicht leicht. Es gibt eine Betroffenheit. Man steht auch manchmal zwischen Baum und Borke. Mir ging es heute Morgen auch so, als wir miteinander gesprochen haben.
In einem Letter of Intent sollten tragfähige Konzepte und Businesspläne erarbeitet werden. Dies war an die Voraussetzung geknüpft, dass die Gemeinde den Hafen übernimmt. Dies ist jedoch gescheitert. Die Gemeinde sieht sich aufgrund des finanziellen Risikos nicht in der Lage, diesen vereinbarten Letter of Intent umzusetzen.
Die Menschen aus Friedrichskoog haben zahlreiche Ideen und viel Engagement in diesen Prozess eingebracht und sich für Lösungen engagiert. Ich finde, das ist vorbildlich. Das ist an dieser Stelle einmal mit Respekt zu erwähnen. Vielen Dank dafür.
Es ist eine bittere Wahrheit, dass sich die Bedeutung der Fischerei an unserer Nordseeküste verlagert hat. Der Tourismus ist mittlerweile in Friedrichskoog zu einer zentralen Einnahmequelle geworden. Wir wissen alle, der Strukturwandel an der Westküste ist in vollem Gange. Wir fragen uns auch: Wo liegen die Wertschöpfungsketten der Zukunft? Wo liegen die zukünftigen Arbeitsplätze?
Eines ist auch klar: Die Konzepte von gestern führen nicht weiter. Wir brauchen neue Ideen, wir brauchen Innovationen. Die Landesregierung stellt sich dieser Herausforderung. Gerade mit der För
derkulisse, die wir ausgerichtet haben, mit dem Programm für die Westküste machen wir deutlich: Wir lassen die Region nicht im Stich. Wir stehen bereit, diesen Prozess des Strukturwandels mit finanziellen Mitteln zu unterstützen.
Gerade Friedrichskoog ist ein gutes Beispiel dafür, wo wir anfangen können, ein zukunftsfähiges Angebot im Tourismus nach vorn zu bringen, gerade auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Tagesgäste, die von Büsum aus die Seehundstation dort besuchen. Es sind weit mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher im Jahr. Dieser Betrieb muss gesichert werden; denn er ist ein wichtiger Motor für den Tourismus in der Region.
In den nächsten Wochen wird es darum gehen: Was geht, und was geht nicht? - Herr Staatssekretär, Sie haben das heute Morgen deutlich gemacht, indem Sie gesagt haben - ich finde, das ist ein zentraler Satz -: Das Land darf den Menschen aber auch nichts überstülpen. Es kann nicht darum gehen, dass wir von oben herab Konzepte in die Region hineintransportieren. Nein, auch da gilt: Nur mit den Menschen vor Ort kann man eine solche Perspektive und Handlungsoptionen entwickeln. Wie es scheint, ist es für den Hafen im Moment knapp.
Aber - das, Herr Kumbartzky, müssen Sie zur Kenntnis nehmen - der Staatssekretär hat heute alle Optionen transparent und nachvollziehbar auf den Tisch gelegt. Er hat hier mit offenen Karten gespielt. Er hat alle informiert. Es kann also keine Rede davon sein, dass da keine Transparenz vorhanden sei. Im Übrigen ist nicht nur der Staatssekretär, sondern auch der Minister vor Ort; auch der Ministerpräsident wird vor Ort sein. Hier also in den Raum zu stellen, diese Koalition kümmere sich nicht, geht am Thema vorbei und ist auch nicht fair.
Gemeinde und Kreis sind auch nicht bereit, in die Bresche zu springen und die Verantwortung für den Hafen zu übernehmen. Vielleicht gibt es noch eine kleine Hoffnung. Möglicherweise gibt es noch Alternativen in dem Gespräch mit Herrn Horch. Im Moment liegen sie nicht vor. Wir glauben nur: Es muss jetzt endlich auch einmal eine Entscheidung gefällt werden. Die Menschen müssen wissen, woran sie sind. Sie müssen wissen, in welche Richtung es jetzt weitergeht, wie auch immer diese Richtung aussieht.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Kumbartzky?
Sehr geehrter, geschätzter Kollege Tietze, ich habe zwei kurze Fragen an Sie. Erstens. War das Gespräch heute Morgen öffentlich? Zweitens. Sind bei dem Gespräch irgendwelche Folgekosten, also die Folgekosten einer Schließung, dargestellt worden?
Lieber Herr Kumbartzky, diese Frage insinuiert wieder, das Ministerium und der Staatssekretär hielten Informationen unter dem Tisch. Wie Sie wissen, haben wir heute Morgen über einen öffentlichen Umdruck gesprochen. Der Umdruck ist im Netz vorhanden; den kann jeder einsehen. Das Ministerium hat in diesem Umdruck die Folgekosten öffentlich gemacht. Hier zu unterstellen, wir machten Informationen nicht transparent, geht völlig am Thema vorbei, Herr Kumbartzky.
- Entschuldigen Sie! Wir haben uns genau über diese Fakten unterhalten. Es ist ja nicht so, dass Herr Dr. Nägele im Anschluss daran nicht mit den Friedrichskoogern spricht. Hier zu sagen, wir seien nicht daran interessiert, dieses Thema öffentlich mit den Friedrichskoogern zu diskutieren, geht - Frau Kollegin Midyatli hat das auch schon gesagt - am Thema vorbei. Wie gesagt, diese Vorlage ist ja öffentlich.
- Genau, die Friedrichskooger wurden übrigens auch über das informiert, worüber wir uns heute abgestimmt haben.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Kumbartzky?
Sie erwähnten diesen öffentlichen Umdruck. Dazu die Frage: Steht darin etwas über die Folgekosten einer Schließung? Ist dieses Papier auch im Dialog mit der Hafenbetriebsgesellschaft erläutert worden, oder ist das - ich sage einmal - einfach nur so veröffentlicht worden?
Soweit ich die Zahlen in Erinnerung habe, sind sie sehr transparent. Sie zeigen noch einmal auf, welche Alternativen im Raum stehen, Stichwort: Schöpfwerk. Sie zeigen auf, welche Folgekosten für die Seehundstation entstehen. Das sind alles Themen, die Sie dem Papier entnehmen können. Hier ist nichts nicht geschrieben worden. Im Gegenteil, es steht drin. Wir haben heute Morgen auch genau über diese Frage diskutiert. Man hätte das vielleicht tabellarisch noch anders aufarbeiten können. Aber das ist doch egal. Die Zahlen sind genannt worden; sie waren da. Hören Sie doch auf, hier jetzt einen solchen Popanz aufzubauen.
Jetzt brauchen wir eine tragfähige Konzeption. Für uns gilt: Erstens. Die aktiven vor Ort, also die Vereine, Verbände und Betriebe, sind immer transparent einbezogen. Das wird in Zukunft so bleiben, auch in Bezug auf die Ideen, die noch kommen werden. Zweitens. Jetzt müssen wir uns auf ein nachhaltiges Tourismuskonzept konzentrieren, das wir mit Förderprogrammen unterstützen. Es geht darum, dass wir die Region stark machen, dass wir an der Seite der Westküste stehen und dass wir eine Alternative haben. Ich hatte es schon gesagt: Die Seehundaufzuchtstation muss ebenso gestärkt werden und die anderen Ideen, die da möglicherweise noch entstehen können.
Wichtig ist für uns: Es darf zu keinem unzumutbaren Schaden in der Region kommen. Es darf nicht auf dem Rücken der Friedrichskoogerinnen und
Friedrichskooger ausgetragen werden, wenn wir den Hafen dort möglicherweise nicht mehr weiterführen können. Es kommt auf das Gesamtsetting des Pakets an. Es muss ein Paket geschnürt werden, um die Zukunft Friedrichskoogs sicherzustellen. Dafür haben wir die Voraussetzungen geschaffen.
Ich will es noch einmal auf den Punkt bringen und sehr deutlich sagen: Die Zukunft der Westküste, die Perspektiven der Menschen, gerade auch in Friedrichskoog, sind dieser Landesregierung nicht egal. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ausgerechnet FDP und CDU fordern heute eine kritische Überprüfung der Schließung des Hafens Friedrichskoog. Dabei ist es doch Schwarz-Gelb gewesen, die die Schließung mit einem Federstrich beschlossen haben, ohne Dialog, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung und ohne nach Alternativen zu suchen. Deshalb ist der Antrag von Ihrer Seite total unglaubwürdig.
(Vereinzelter Beifall PIRATEN - Oliver Kumbartzky [FDP]: Ist der Hafen denn ge- schlossen? Wir haben das doch verlängert, um das alles zu prüfen! Erzählen Sie hier doch keinen Schrott!)
Dennoch ist die Forderung, die Entscheidung zu überdenken, inhaltlich richtig; denn vor einer Entscheidung über die Schließung muss Klarheit über die Wirtschaftlichkeit dieser Pläne geschaffen werden. Das heißt einerseits: Wie viel würde es wirklich kosten, den Hafen weiter zu betreiben? Da gibt es eben viele gute Vorschläge dazu, wie man einsparen könnte, wie man sich etwas bei anderen kleinen Häfen abgucken könnte, die vor ähnlichen Problemen stehen. Man müsste diese Kosten den Kosten gegenüberstellen, die im Falle einer Schließung entstehen, und zwar nicht nur den Kosten für das Land, sondern den Gesamtkosten, also auch denen für die Region und für die Menschen vor Ort. Eine solche Gegenüberstellung, Kollege Tietze, ist weder in dem Wisch, den wir heute Morgen bekommen haben, enthalten, noch sonst irgendwie gemacht worden.
Dazu wäre es auch erforderlich, eine unabhängige Überprüfung dieser Berechnung vornehmen zu lassen, weil es nicht glaubwürdig ist, wenn man als Land, das sich schon vor langer Zeit festgelegt zu haben scheint, solche Vorschläge einfach abbügelt. Es hat keinen Dialog mit den Menschen vor Ort gegeben, um alle Vorschläge und Optionen ernsthaft und auch ergebnisoffen zu prüfen und zu diskutieren.
An der Stelle will ich einmal den Umweltminister Robert Habeck lobend erwähnen. Er hat nämlich an der Westküste, als es um die Stromtrasse ging, einen ehrlichen Dialog geführt, im Rahmen dessen alle Fragen auf den Tisch gekommen sind, denen in mehreren Veranstaltungen nachgegangen worden ist. Auch wenn das Ergebnis nicht befriedigend ist, sind alle Vorschläge zur Sprache gekommen und ernsthaft und mit Fachleuten zusammen diskutiert worden. Genau das haben Sie in Friedrichskoog nicht gemacht. Wenn ich mir diesen Zettel angucke, muss ich sagen: Es reicht eben nicht, einfach nur zu sagen, wie es nicht geht. Sagen Sie doch, wie es mit Friedrichskoog weitergehen soll.
Sie sagen, wir führen den Hafen nicht als Landeshafen fort, und lassen die Menschen allein. Was ihr damit macht, ist eure Sache. - So kann es nicht gehen. Wenn Sie den Hafen schon schließen wollen, dann muss doch die Zukunft Friedrichskoogs im Mittelpunkt aller unserer Bemühungen stehen. Deswegen erwarte ich, dass gleichzeitig mit der Entscheidung über die Schließung des Hafens eine klare Zukunftsperspektive aufgezeigt wird. Sie ist überhaupt nicht in Sicht.
Herr Abgeordneter Dr. Breyer, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Tietze?
etwas, dass Sie hier Unterstellungen in den Raum stellen, die so nicht von mir intendiert worden sind. Wir haben heute Morgen gehört, es gibt hydromorphologische Untersuchungen. Sie haben auch gehört, wie schwierig die Situation vor Ort ist. Es ist angeboten worden, Experten zu hören. Das sind ja nicht Leute, die erst seit gestern daran arbeiten, sondern sie arbeiten seit Jahren an diesem Thema. Sie unterstellen hier, dass keine Fachlichkeit im Spiel ist. Das ist etwas unfair; denn es ist heute Morgen sehr klar und sehr deutlich vom Staatssekretär dargestellt worden.
Herr Kollege Tietze, wie ernst kann ein Dialogprozess gemeint sein, der Ende des Monats stattfinden soll, wenn in der darauffolgenden Woche schon die Entscheidung bekannt gegeben werden soll? Wie ernst kann das gemeint sein?
(Beifall PIRATEN, FDP und vereinzelt CDU - Serpil Midyatli [SPD]: Der Dialog läuft seit einem Jahr! - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch nicht wahr!)
Wenn das Land bei diesem Landeshafen schon Millionen einsparen will, obwohl diese Hafenschließung die Region sehr teuer zu stehen kommen würde, dann wäre es doch nur fair, zumindest einen Teil von diesen Ersparnissen an die Betroffenen vor Ort zurückzugeben.