Protokoll der Sitzung vom 21.03.2014

Ja, selbstverständlich.

Sehr geehrter Herr Kollege Garg, Sie haben gerade festgestellt, dass die FAG-Reform im Entwurf des Innenministers nicht für alle Kommunen eine Verbesserung darstellt. Wären Sie so freundlich, uns einmal zu erklären, wie denn Ihr Entwurf aussähe, der alle Kommunen besserstellt, vielleicht auch noch unter der Betrachtung, ob Sie die Schuldenbremse des Landes einhalten wollen, die in der Verfassung steht? Wir wären sehr dankbar, wenn Sie uns einen tollen Vorschlag machten. Die SPD-Fraktion ist extrem aufgeschlossen für solche Vorschläge, die alle besserstellen, ohne unsere Verfassungsgrenze zu verletzen.

(Zuruf Dr. Ekkehard Klug [FDP])

- Herr Kollege Stegner, ich fand Ihre Zwischenfragen schon einmal etwas geistreicher, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.

(Beifall FDP)

Ich habe bestimmte Probleme der jetzt vorgelegten FAG-Novelle sachlich beschrieben, die Sie ja in Ihrer Pressekonferenz ziemlich deutlich kritisiert haben. Ich habe auf Schwächen aufmerksam gemacht und gesagt, dass wir in den Ausschussberatungen über diese Punkte diskutieren wollen, dass wir mit den Anzuhörenden, aber auch mit den regierungstragenden Fraktionen diskutieren wollen. Sie werden am Ende meines Beitrags auch die Punkte von mir erfahren, die wir besser machen wollen, die wir ändern wollen. Aber hier einen Gesetzentwurf der Opposition zu fordern, nachdem es das Innenministerium in drei Anläufen nicht geschafft hat, einen vernünftigen, nachvollziehbaren Gesetzentwurf vorzulegen, finde ich ein bisschen schwach von Ihnen. Da sind wir eigentlich anderes gewohnt.

(Beifall FDP, Rainer Wiegard [CDU] und Torge Schmidt [PIRATEN])

Herr Dr. Garg, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

(Dr. Heiner Garg)

Ja, selbstverständlich.

Ihr letzter Satz ermuntert mich, eine zweite Bemerkung zu machen.

- Das freut mich ausgesprochen.

- Ich finde es erstaunlich, dass ein Innenminister kritisiert wird, der heute zum parlamentarischen Verfahren einen Entwurf vorlegt, der nicht das Licht der Öffentlichkeit in dem Moment erreicht, in dem das Parlament damit betraut wird, sondern der die Ergebnisse von Anhörungen und Gesprächen, die der Minister intensiv geführt hat, einbezieht. Das ist doch genau die Transparenz und der Dialog, den Sie immer wollen. Wieso kritisieren Sie das hier? Ich finde, es ist eine eher unparlamentarische Haltung, das zu kritisieren: Entweder Transparenz oder nicht.

(Unruhe)

Früher war das anders üblich: Früher hat man in Haushaltsstrukturkommissionen irgendwelche Dinge geheim beraten, am Parlament vorbei, und irgendwann haben sie uns erreicht. Das macht die jetzige Regierung in der Tat anders.

(Zurufe)

- Herr Dr. Stegner, jetzt wundere ich mich über Ihr Demokratieverständnis, dass die Opposition Gesetzentwürfe nicht kritisieren darf. Ich bin davon ausgegangen, dass die Opposition dazu da ist, die Regierung zu kritisieren, Verbesserungsvorschläge zu machen. Wenn Sie dahin etwas anderes haben, haben wir in der Tat ein unterschiedliches Demokratieverständnis.

(Beifall FDP, Jens-Christian Magnussen [CDU] und Torge Schmidt [PIRATEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Demokratie ist nur, was Stegner macht!)

Herr Dr. Stegner hat das Stichwort Transparenz angesprochen. Der Innenminister rühmt sich dafür, einen Gesetzentwurf vorgelegt zu haben, der an Transparenz kaum zu überbieten sei. Herr Innenminister, ich will in aller Freundlichkeit und Bescheidenheit daran erinnern, dass die Transparenz, zu der Sie immer wieder aufgefordert wurden, relativ spät kam.

(Widerspruch Innenminister Andreas Breit- ner)

- Natürlich! Ihre Berechnungsgrundlage für den Gesetzentwurf haben Sie am 26. Februar 2014 endlich nachgereicht.

(Innenminister Andreas Breitner: Vorher!)

- Nein, nicht vorher. Reden Sie doch keinen Unsinn! Sie haben auf wiederholte Nachfrage, nicht nur von der Opposition, sondern insbesondere auch von denjenigen, die es betrifft, es am 26. Februar 2014 endlich geschafft, Ihre Berechnungsgrundlagen offenzulegen. Wer da noch von Transparenz spricht, glaubt wahrscheinlich auch noch an den Weihnachtsmann, Herr Innenminister.

(Beifall FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Was kann denn der Weihnachtsmann dafür? - Unruhe)

Sie behaupten, der Finanzausgleich sei auskömmlich. Sie wissen, dass viele Kreise genau dieses Argument infrage stellen. Ich mache mir dieses Argument nicht zu eigen, aber wir sollten uns in den Ausschussberatungen sehr wohl mit der Frage auseinandersetzen, ob die Finanzausgleichsmasse tatsächlich auskömmlich ist, um die eben in der Zwischenfrage der Kollegin von Kalben angesprochenen Pflichtaufgaben in Zukunft zu erfüllen.

Herr Innenminister, das Argument, das Sie hier so schlankweg in den Raum geworfen haben, Sie legten einen verfassungsmäßigen Entwurf vor - offen gestanden erwarte ich von einem Verfassungsminister, dass er einen verfassungsgemäßen Entwurf vorlegt.

(Beifall PIRATEN)

Die Frage ist aber, ob die Finanzausgleichsmasse wirklich ausreicht, um die Aufgaben im Bereich des Sozialgesetzbuches VIII, des Sozialgesetzbuches XII und im Bereich des ÖPNV in Zukunft gewährleisten zu können. Sie wissen, dass es da erhebliche Kritik vonseiten der Kreise gibt. Auch darüber müssen wir reden.

Ein zweiter Punkt - bei aller Freude darüber, dass es im Finanzausgleichsgesetz endlich einen Soziallastenausgleich gibt, den ich prinzipiell für richtig halte, Herr Stegner. Bestimmte konjunkturelle Situationen, sinkende Steuereinnahmen und sinkende Gewerbesteuereinnahmen führen im Zusammenwirken mit dem Soziallastenausgleich möglicherweise dazu, dass das neue System deutlich konjunkturanfälliger ist als das alte System. Die Frage ist also, wie konjunkturstabil ein kommunaler Finanzausgleich sein muss, damit die Kreise auch in konjunkturell schwächeren Phasen in der Lage sind, die Pflichtaufgaben erfüllen zu können. Aus

meiner Sicht lohnt es sich, darüber intensiv nachzudenken.

Dann kommt die Frage der Rückgabe des 120-Millionen-€-Eingriffs in den kommunalen Finanzausgleich. Was ich dazu heute gehört habe, fand ich wirklich erstaunlich. Der Innenminister hat das gar nicht mehr in den Mund genommen, obwohl er seit Monaten übers Land zieht und erzählt, diese Landesregierung gebe den Kommunen dieses Geld zurück, mache den Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich vonseiten der Großen Koalition im Jahr 2006 wieder rückgängig.

(Zurufe)

- Natürlich, Sie sind landauf, landab gereist und haben erzählt, Sie seien die Regierung, die den Kommunen das Geld wieder zurückgebe.

(Tobias Koch [CDU]: Das ist falsch! - Wei- tere Zurufe)

Wahrscheinlich weil der ehemalige Oberbürgermeister von Kiel das im Wahlkampf versprochen hat. Dann hat Frau Heinold einmal in ihre Kasse geguckt und am Kabinettstisch gesagt: Das geht nicht. Da hat Frau Heinold im Zweifel recht.

Sie haben monatelang versucht, die Kommunen zu täuschen, bei der Finanzierung der U-3-Betreuung, weil das nämlich mit einer zusätzlichen Aufgabe verbunden ist, eine Aufgabe, die eine Ausgabe verursacht. Frau von Kalben, Sie haben das Problem der Konnexität angesprochen. Hier so zu tun, als sei das eine Rückgabe, eine Wiedergutmachtung,

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

bedeutet, die Leute hinters Licht zu führen, sehr geehrte Frau von Kalben.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Sie waren die einzige der regierungstragenden Fraktionen, die zum ersten Mal gesagt hat, dass genau das, womit Ihr Innenminister dauernd übers Dorf zieht, nicht passiert. Das rechne ich Ihnen an. Trotzdem bleibt es aber eine Tatsache, dass diese Landesregierung ein ganz zentrales Wahlversprechen gegenüber den Kommunen bricht und eben gerade nicht erfüllt.

(Beifall FDP - Anita Klahn [FDP]: Das ist wahr!)

Das gilt genauso für die 13,5 Millionen €, die Sie für die Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen. Kein Mensch kritisiert Sie dafür, dass Sie 13,5 Millionen € für Schulsozialarbeit zur Verfügung stel

len. Das ist völlig in Ordnung. Ich will daran erinnern: Es war die letzte, die von Ihnen immer so gescholtene Regierung, die zum ersten Mal Landesmittel für Schulsozialarbeit zur Verfügung gestellt hat.

(Beifall FDP und Volker Dornquast [CDU])

Dass Sie jetzt dafür sogar mehr Mittel zur Verfügung stellen können, hat möglicherweise auch ein bisschen mit der vernünftigen Haushaltspolitik der letzten Legislaturperiode zu tun.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ein letzter Punkt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können sich drehen und wenden, wie Sie wollen: Die Berücksichtigung der Übernahme der Grundsicherung im Alter, deren vollständige Berücksichtigung und Anrechnung, ist und bleibt falsch. Da können Sie sich noch so oft hier hinstellen und sagen, es sei selbstverständlich, dass sie komplett verrechnet werden müsse. Sie haben genau das Geld für die Übernahme der Grundsicherung im Alter für die Kommunen bereits bei der Aufstellung ihrer Konsolidierungsvereinbarung mit ihnen berücksichtigt. Ihnen das Geld dafür jetzt quasi doppelt abzuziehen, Herr Innenminister, das ist schlichtweg fragwürdig und auch nicht anständig den Kommunen gegenüber.

(Beifall FDP - Zuruf Anita Klahn [FDP])

Vor diesem Hintergrund sollten Sie mit der Argumentation doch ein wenig zurückhaltender sein.

Es bleibt unterm Strich ein Gesetzentwurf, den wir in den zuständigen Ausschüssen beraten müssen. Ich gehe davon aus, dass er im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss diskutiert werden wird. Dieser Gesetzentwurf braucht einen soliden Demografiefaktor. Ein Demografiefaktor, der lediglich drei Jahre abgreift, ist kein solider Demografiefaktor. Er braucht einen Flächenfaktor. Er muss die Belange eines Flächenlandes mit einer älter werdenden Bevölkerung berücksichtigen. Man sollte zumindest auch einmal darüber nachdenken, wenn die Frage der Auskömmlichkeit der Gesamtausgleichsmasse zur Diskussion steht, ob nicht ein System von Zuschlägen, gerade im Hinblick auf die kreisfreien Städte, eine Alternative sein kann, wenn man den ländlichen Raum, die Flächenkreise, nicht auf diese massive Art und Weise schwächen will, wie Sie das mit dem vorgelegten Gesetzentwurf tun.

Dieser Gesetzentwurf wird Ihren Ansprüchen an Transparenz, aber vor allem an gerechter und auskömmlicher Ausstattung - jedenfalls bislang - nicht