(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Zur FDP: Da lobt man Sie, und Sie klatschen nicht einmal! - Anita Klahn [FDP]: Ich finde das vorbild- lich!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich bei der FDP für diesen Antrag bedanken. Die Landesregierung hatte in der Tat über ein Jahr lang Zeit, die beiden Beschlüsse des Landtags zum Ausländerwahlrecht umzusetzen. In der 10. Sitzung gab es hierzu eine große Mehrheit, und die SPD hat dem auch zugestimmt.
Ich finde es gut, dass Serpil Midyatli verspricht, dass die SPD weiter dafür kämpfen wird. Das nehme ich ihr durchaus auch ab. Die Frage ist nur, wann die Umsetzung erfolgt.
Deswegen muss ich fragen: Was ist in diesem einen Jahr passiert? Herr Dr. Klug hat dazu schon einiges ausgeführt. Es ist nämlich erstaunlich wenig passiert. Das ist bedauerlich. Ich frage: Welche Umstände haben sich eigentlich verändert, sodass der damals interfraktionell getragene Antrag nun so lange verschleppt worden ist?
Die Antwort auf die Frage, was sich verändert hat, ist ganz einfach: Die SPD hat sich auf Bundesebene auf eine Große Koalition eingelassen. Damit sind alle Lippenbekenntnisse und alle ernsthaften Versuche, die Bundespolitik von Schleswig-Holstein aus positiv zu beeinflussen, nicht mehr umsetzbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen doch selbst, dass es nicht nur um die Frage der Einwanderung beziehungsweise der Zuwanderung geht. Je
der von uns hat in seinem Arbeitsbereich Bundesratsinitiativen unterstützt. Diese haben oft auch die Zustimmung der Koalitionsfraktionen gefunden. Ob dies nun das EEG oder das Fracking betrifft, Fakt ist, die Große Koalition verhindert, dass unsere Landespolitik umgesetzt wird, und das ist bedenklich; denn was heißt das eigentlich?
Ich habe Ihnen sehr genau zugehört, Herr Breitner. Ich bin kein Jurist und will die verfassungsrechtlichen Fragen deshalb nicht detailliert bewerten. Ich denke aber schon, dass wir durchaus die Möglichkeit haben, eine verfassungsrechtliche Klärung herbeizuführen, wenn man das wirklich verfolgen will.
Wenn ich zusammenfasse, was der Innenminister ausgeführt hat, dann hat er gesagt: Liebe Kolleginnen und Kollegen, vergessen Sie alle Bundesratsinitiativen, die der Landtag Schleswig-Holstein angestoßen hat, solange die Große Koalition in Berlin Bestand hat.
Damit bin ich auch schon am Ende meiner Rede angekommen. Das würde nämlich bedeuten: Entweder wir hoffen, dass die Große Koalition schnellstmöglich bricht, oder wir formulieren in den nächsten zweieinhalb Jahren keine Bundesratsinitiativen mehr. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Wahlrecht ist eine tragende Säule der Demokratie. Ohne Wahlrecht keine Demokratie. Wir wollen, dass Menschen, die bei uns in Schleswig-Holstein leben, auch aktiv daran teilhaben dürfen. Das hört sich zunächst einmal einfach an.
Doch das Wahlrecht beruht auf einer ganz bestimmten Vorgabe, nämlich auf dem definierten Begriff des Wahlvolkes. Diese Definition umfasst nicht das, wofür wir uns in dieser Sache aussprechen.
Das machen auch die neuesten Urteile der Gerichtshöfe zu diesem Thema deutlich. So verweist man in diesem Fall darauf, dass das Volk im Sinne des Grundgesetzes auf allen staatlichen Ebenen allein aus deutschen Staatsangehörigen besteht. Dies gilt
Aus Sicht des SSW bildet die Definition des sogenannten Wahlvolkes die Lebenswirklichkeit nicht mehr ab. Es ist für einen modernen demokratischen Staat einfach unhaltbar, weiterhin einen größeren Teil der Bevölkerung vom demokratischen Prozess auszuschließen. Wer hier lebt, sollte auch die Möglichkeit haben, vor Ort mitzubestimmen. In anderen Lebensbereichen funktioniert dies bereits, wie etwa am Arbeitsplatz oder als Mitglied eines Vereins.
Integration kann nicht ohne Mitbestimmung funktionieren. Dies wollen wir ändern. Dabei handelt es sich aber nicht um das Betriebsverfassungsgesetz oder um die Satzung eines Vereins. Das Verfassungsrecht ist in gewisser Hinsicht eine Kategorie für sich.
Der Wunsch, das Wahlrecht auszuweiten, bringt demnach ein verfassungsrechtliches Risiko mit sich. Es liegen also noch erhebliche formelle Hindernisse auf der Strecke. Das Ziel haben nicht nur wir vom SSW und unsere Koalitionspartner fest im Blick, sondern gleiches gilt auch für die Landesregierung.
An dieser Stelle sollten wir nicht vor den Hindernissen zurückschrecken. Es wird mit Sicherheit ein langer Weg werden, der wahrscheinlich einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Vor diesem Hintergrund kann man zu diesem Zeitpunkt noch keine konkreten Resultate erwarten.
Wichtig ist, dass wir uns für eine Ausweitung des Wahlrechts ausgesprochen und dies auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Die ersten Schritte sind - in Form einer Bundesratsinitiative gemeinsam mit Rheinland-Pfalz - beschritten worden. Nun gilt es, die Unterstützung von anderen Bundesländern zu erhalten.
Von einer Zweidrittelmehrheit sind wir bisher aber weit entfernt. Sie merken, es handelt sich in der Tat um einen weiten Weg, auf dem wir nun die ersten Schritte gemacht haben. Ich bin mir sicher, dass es gelingen wird, noch weitere Bundesländer mit ins Boot zu holen. Allerdings wird dies sehr lange dauern. Deswegen ist es richtig, was der Minister gesagt hat, dass es schwierig ist, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, auch wenn wir dies formal gern tun würden. Wenn eine solche Initiative keine Aussicht auf Erfolg hat, kann dies sehr kontraproduktiv sein. Deswegen wollen wir sehr vorsichtig dabei vorgehen; denn schließlich verfolgen wir immer auch die Ziele der Integration und
Meine Damen und Herren, das ist das Entscheidende. Wir haben mehrere Ziele, die es sich lohnen anzugehen. Ich glaube, das ist ein Ziel, das auch viele andere Menschen haben. Ziel ist es, das Wahlrecht moderner und lebensnäher zu machen, es so zu gestalten, dass alle Menschen gemeinsam die Demokratie stärken können. Dieses Ziel ist ein Ziel, das uns alle stärken wird, aber nicht nur deutsche Staatsbürger. Davon können wir alle profitieren. Das sollte die Maxime dieses Parlaments sein.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von der Piratenpartei, speziell Frau Kollegin Beer, ich stelle fest, dass Sie sich inzwischen maximal weit von Ihrem angeblichen Grundsatz entfernt haben, Sachpolitik betreiben zu wollen. Anders kann ich Ihre Einlassungen nicht mehr verstehen.
Wie man ein Grundgesetz ändert, kann man übrigens auch verstehen, ohne Jurist zu sein. Das müssten Sie eigentlich wissen. Das ist völlig unabhängig davon, welche Koalition in Berlin regiert. Solange mehr als 33 % der Abgeordneten des Deutschen Bundestags der Meinung sind, das Wahlrecht müsse an das Staatsbürgerschaftsrecht gekoppelt sein, kann man Koalitionen haben, wie man will. Wenn die PIRATEN in den Deutschen Bundestag eingezogen wären, dann hätten selbst PIRATEN, SPD, DIE LINKE und Grüne zusammen nicht die Mehrheit gehabt, weil die CDU mehr als 40 % der Stimmen erreicht hat.
Sie missbrauchen dies für einen politischen Grabenkampf und meinen, dass nur Sie wissen, was richtig ist. Wenn jemand anders etwas nicht machen kann, weil die Verhältnisse so sind, wie sie sind, dann ist er automatisch schlechter oder nicht so wertvoll wie Sie.
- Dann weisen Sie mir das bitte nach, Herr Dr. Garg. Sie können meine Reden nachlesen. Dann bringen Sie bitte Zitate. Die FDP hat uns we
nigstens nur unterstellt, wir hätten es bisher noch nicht geschafft, die CDU von ihren antiquierten Vorstellungen vom Staatsbürgerschaftsrecht abzubringen.
Das ist doch der Vorwurf, der in Ihrem Antrag steckt. Wenn ich Ihren Vorwurf auf den Kern reduziere, lautet dieser: Die Landesregierung hat es verabsäumt, die CDU im Bund davon zu überzeugen, dass ihre staatsbürgerschaftsrechtlichen Vorstellungen antiquiert sind. Darüber reden wir in der Substanz. In der Sache sind sich hier nämlich fast alle einig, abgesehen von der CDU. Das Problem ist nur, dass man die Verfassung nur mit einer Zweidrittelmehrheit ändern kann. Das ist ganz einfach.
Meine letzte Minute Redezeit gilt den Kollegen von der CDU. Den Vorwurf des antiquierten Staatsbürgerschaftsrechts finde ich albern und verkehrt. Ich kann Ihnen das auch erklären. Ich habe Ihnen das schon einmal vorgelesen.
In der ersten Fassung des Kommunalgesetztes war ein Wahlrecht für Ausländer vorgesehen. Außerdem hat das Wahlrecht historisch gesehen gar nichts mit dem Staatsbürgerschaftsrecht zu tun. Das erste konstitutionelle Wahlrecht kam aus der Überzeugung: No representation without taxation.
- Danke für den Hinweis. Das ist das Risiko der freien Rede: Ich meinte: No taxation without representation.
(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Mit den Steuern haben die Sozialdemokraten so ihre Proble- me! - Heiterkeit - Beifall CDU und FDP)
- Herr Dr. Klug, ich dachte immer, die Liberalen hätten mit der Besteuerung von Reichen ihre Probleme. Wir haben damit keine Probleme.
Ich finde es aber gut, dass Sie auf den sozial-liberalen Kern zurückkommen. Das kann also noch etwas werden mit einem gemeinsamen Steuerkonzept. Ich bin an dieser Stelle sehr optimistisch.