Protokoll der Sitzung vom 16.05.2014

Die angekündigte Reduzierung der Planstellen um etwa 10 % im Zeitraum von 2011 bis 2020 bringt erhebliche Einschnitte mit sich. Personalabbau ist immer bitter, und zwar unabhängig davon, ob es um Verwaltungsangestellte im Bereich des Klimaschutzes oder um Finanzbeamte und Steuerprüfer geht. Alle Ressorts müssen sich am Personalabbau beteiligen. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Aufgaben weiter erfüllt werden können.

Der im Antrag geforderte Bericht soll jährlich erstellt und Aufschluss über die Personalsituation im öffentlichen Dienst geben. Es besteht jedoch noch Bedarf zur Konkretisierung, welche Daten abgebildet werden sollen. Neben der Verwaltung und den Landesbetrieben ist im Antrag - etwas unverständlich - auch von Einrichtungen die Rede. Was meinen Sie damit?

(Beate Raudies)

Neben der Transparenz über den Stellenabbau soll der Bericht auch Daten zur Gleichstellung von Männern und Frauen sowie Zahlen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung darstellen. Dies unterstützen wir.

Bei der Darstellung der interkulturellen Öffnung gemeint sind offensichtlich Menschen mit Migrationshintergrund - stoßen wir auf ein Datenschutzproblem und auf ein Definitionsproblem. Wer genau soll in der Statistik erfasst werden? Mit welchem Ziel soll dies geschehen?

Der Antrag thematisiert auch die entstehende Arbeitsverdichtung für die verbleibenden Beschäftigten im jeweiligen Bereich. Das ist ein wichtiger Aspekt. Durch einen sinnvollen Einsatz von IT können Prozesse optimiert und eine zusätzliche Belastung aufgefangen werden. So können mit der Einführung von KoPers zukünftig computergesteuerte Abfragen im Personalbereich eine aufwendige händische Auswertung ersetzen und eine Personalsteuerung erst möglich machen.

(Wortmeldung Dr. Patrick Breyer [PIRA- TEN])

- Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

Der Antrag geht auch auf mögliche Krankheitsfolgen ein, die sich aus einer Arbeitsverdichtung ergeben können. Es ist richtig, dass wir beim Stellenabbau nicht die Menschen vergessen dürfen und dass ein Gesundheitsmanagement hilfreich sein kann. Der Antrag fordert jedoch nur allgemeine Daten zur Personalentwicklung und sagt nichts darüber, wie Sie sich ein Gesundheitsmanagement vorstellen. Ohne Frage bestehen je nach Tätigkeit ganz unterschiedliche Bedarfe dafür.

Die Begründung des Antrags nimmt ein vermeintliches Ergebnis und ein Fazit aus dem geforderten Bericht vorweg. Ob wir tatsächlich steigende Krankheitsstände haben und - wenn ja - ob sie im Zusammenhang mit dem Stellenabbau stehen, ist Spekulation.

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Das wollen wir gern wissen! - Unruhe)

Erst einmal könnte der Bericht Aufschluss zu den Krankenzahlen geben. Wenn diese tatsächlich steigen, könnten die Gründe dafür ermittelt werden.

Parallel zum Stellenabbau steht die öffentliche Verwaltung in Schleswig-Holstein vor einem Nachwuchsproblem. Die Werbung um Fachkräfte hat bereits begonnen. Deswegen ist es richtig, dass wir uns aktiv um Nachwuchs bemühen und dass wir

uns bemühen, junge Nachwuchskräfte nach der Ausbildung zu übernehmen und damit ein Abwandern zu verhindern, wenn Stellen altersbedingt in den folgenden Monaten oder Jahren absehbar frei werden. Über diese und andere Mechanismen kann ein Personalmanagementbericht Aufschluss geben und Steuerung ermöglichen.

Wir müssen uns auch darüber klar werden, wo das Land überhaupt Steuerungsmöglichkeiten hat. Es nützt nichts, wenn großer Aufwand betrieben wird und wir am Ende gar keine Handhabe haben, wenn es nicht um die unmittelbare Landesverwaltung geht und das Land nicht zu 100 % beteiligt ist. Wir sollten uns auch vor einer Datensammelwut - das sage ich in Richtung der PIRATEN - hüten - gerade wenn es um sensible Daten wie im Bereich der genannten interkulturellen Öffnung geht. Es muss vorher klar sein, ob und wie solche Daten genutzt werden können, auch aus arbeitsökonomischen Gründen.

Es gibt viele ungeklärte Punkte. Deshalb beantrage auch ich Überweisung an den Finanzausschuss. Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich bin - offen gestanden - etwas sprachlos nach dem Redebeitrag der Kollegin Raudies. Um es höflich auszudrücken: Was Sie hier an Ignoranz gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst abgeliefert haben und dass Sie so tun, als gäbe es keine Arbeitsbelastung, keine zusätzliche Arbeitsverdichtung durch den Personalabbaupfad, finde ich ungeheuerlich.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Der Ministerpräsident ist in dieser Frage schon wesentlich weiter und hat selber eingeräumt, dass man bislang herzlich wenig über das Personal weiß und sich relativ wenig damit auseinandergesetzt hat, was an begleitenden Maßnahmen notwendig ist, um den Personalabbau im wahrsten Sinne des Piratenantrags zu managen. Das ist keine schöne, heile Piratenwelt, sondern das sind die dringenden Erfordernisse, wenn man es mit dem Personalabbaupfad wirklich ernst meint und ihn professionell begleitet.

(Ines Strehlau)

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Es mag sein, dass das Arbeit macht. Es mag auch sein, dass das dem einen oder anderen nicht passt. Aber dazu sind wir hier als Parlament, und wenn die Landesregierung nicht selber auf die Idee kommt, ist es vollkommen richtig, dass das Parlament diese Initiative ergreift.

Es spricht nicht unbedingt für Ihr Verständnis, dass Sie diese Initiative, die ich richtig finde, weil das bisher fehlt, in den Ausschuss überweisen wollen. Der kann man in der Sache zustimmen, was die FDP-Fraktion im Übrigen tun wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Lars Harms für die Abgeordneten des SSW.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hören und debattieren im Landtag das Thema Personal in verschiedenen Bereichen. Wir sprechen über Personalplanung und Personalmanagement, wenn es um Gleichstellung geht oder auch um die ausreichende Unterrichtsversorgung. Nun kann man zu Recht sagen, dass dieses Stückwerk keinen Gesamteindruck über das Personal des Landes Schleswig-Holstein bieten kann. Dem stimme ich zu.

Allerdings hat die Landesregierung erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung des Personalmanagements unternommen, die bis in die Korruptionsrichtlinie hinein transparent und nachvollziehbar sind. Das neue IT-Verfahren Kooperation Personaldienste - kurz KoPers - läuft gerade in seiner ersten Praxisphase. KoPers soll die Grundlage für ein modernes und serviceorientiertes Personalmanagement sein, in dem die Aufgabenbereiche der Personalverwaltung mit denen der Personalabrechnung stärker verzahnt werden.

Damit soll das ermöglicht werden, was jetzt im Antrag beantragt wird. Ich erwarte von KoPers, dass wir zukünftig per Knopfdruck den Ist-Zustand in Sachen Personal erkennen können, aufgeschlüsselt nach Ressort und Behörde. Zugegeben ist eine solche Statistik allein noch nicht aussagekräftig. Die Daten müssen in Beziehung zueinander gesetzt und interpretiert werden.

Um ein Beispiel zu nennen: Noch ist die Personalausstattung in unserer Landesverwaltung vergleichsweise in Ordnung, aber in absehbarer Zeit droht eine Pensionierungswelle, der jetzt entgegengearbeitet werden muss. Genau dies soll nun besser geplant werden können. Schon heute sollten wir erkennen können, für welche Bereiche wir wann junge Leute ausbilden müssen und in welchen Bereichen möglicherweise um externes Personal geworben werden muss.

Wir sollten abwarten, wie sich KoPers bewährt. Ich warne davor, darüber hinaus ein neues Berichtssystem zu etablieren, bevor KoPers zeigt, was es kann. Angesichts der enormen Kosten für die Anschubfinanzierung von KoPers sollten wir keine weiteren teuren Doppelstrukturen aufbauen. Genau das würde aber passieren, wenn die Landesregierung die im Antrag geforderten Daten, vor allem die Krankentage, ressortweise neu erheben müsste.

Allerdings möchte ich auf einen schwierigen Punkt im Antrag der PIRATEN aufmerksam machen. Ich verstehe die Forderung, nicht nur Geschlecht und Behinderung jedes Beschäftigten zu erfassen, was selbstverständlich bereits jetzt geschieht. Schwieriger ist es da - ich zitiere jetzt aus dem Antrag -, „die Personalstruktur mit besonderer Berücksichtigung der … interkulturellen Öffnung“ der Männer und Frauen, die im öffentlichen Dienst des Landes stehen, zu dokumentieren. Das ist sicherlich nicht ohne Grund so schwammig formuliert. Es geht wohl darum, dass die PIRATEN wünschen, dass das Personal im öffentlichen Dienst die Vielfalt unseres Landes widerspiegelt. Da gehe ich natürlich auch mit.

(Beifall PIRATEN)

Aber ich frage mich, wie diese Öffnung dokumentiert werden soll. Gehen die PIRATEN davon aus, dass jemand nach dem Namen identifiziert wird, also Martin spricht friesisch und Özdemir türkisch? Oder sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst gezwungen werden, ihren kulturellen Status oder ihre kulturelle Herkunft, Zugehörigkeit oder was auch immer, vor ihrem Arbeitgeber zu erklären? Wenn ja, wie? Türke zweiter Generation oder eingeheiratete Syrerin oder Sinto? Bereits hier zeigt sich ganz praktisch, dass dieser Ansatz politisch höchst gefährlich sein kann.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?

(Dr. Heiner Garg)

Selbstverständlich gern.

Vielen Dank, dass Sie als Erster von Ihren Kollegen die Souveränität haben, mir zu erlauben, die Frage zu stellen, die ich von Anfang an stellen wollte, und zwar betreffend den Migrationshintergrund. Es ist beklagt worden, das würde gegen den Datenschutz. Hat sich die Koalition nicht selbst zum Ziel gesetzt, den Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in der Landesverwaltung zu erhöhen? Das setzt doch voraus, dass man weiß, ob Menschen einen Migrationshintergrund haben. Liegen für Teilbereiche der Landesverwaltung nicht sogar schon Zahlen vor, wie viel Prozent der Beschäftigten einen Migrationshintergrund haben? Wird im Bereich der Statistik - Thema Mikrozensus - nicht erhoben, ob Menschen von ihren Eltern her einen Migrationshintergrund haben? Wir hätten also sehr wohl Möglichkeiten, im Schutz der Anonymität - gegebenenfalls durch Stichproben - zu sehen, ob das Konzept funktioniert, das schon auf den Weg gebracht worden ist.

(Beifall PIRATEN)

- Herr Kollege Breyer, im Ziel sind wir uns alle einig. Ich habe bewusst davon gesprochen, dass das schwammig formuliert ist, weil man genau weiß, dass es schwierig ist, dies zu fassen. Wenn wir über Interkulturalität reden, reden wir ja nicht nur über Menschen, die hierher gekommen sind, sondern auch über Menschen, die hier schon leben. Einen Sinto zu fragen: „Kannst du Romanes, willst du dich als Sinto bekennen?“, und das in eine öffentliche deutsche Statistik einzugeben, ist für diese Menschen nicht erträglich.

(Wolfgang Dudda [PIRATEN]: Das wollen wir auch nicht!)

- Das wollen auch Sie nicht, das ist mir klar. Deswegen spreche ich an, dass das ein echtes Problem sein kann. Wir haben hier eine Problematik, über die man nachdenken muss. Wir haben das gleiche Ziel, mehr Interkulturalität in der Landesverwaltung, aber die Umsetzung kann schwierig sein. Ich werde gleich einen Vorschlag machen, wie man es machen kann. Ich wollte deutlich darauf hinweisen, dass wir da ein Problem haben.

(Unruhe)

Das betrifft nicht nur die Menschen, die zu uns gekommen sind oder in dritter, vierter, fünfter Gene

ration hier leben, die man schwer fassen kann - das habe ich gerade eben beschrieben -, sondern es geht auch um die Menschen, die einer Minderheit angehören. Da will ich gern an den Kern der Bonn/Kopenhagener Erklärungen erinnern, wonach das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur frei ist. Das darf von Amts wegen das wäre es dann ja - nicht bestritten und nicht nachgeprüft werden. Gleiches gilt nach dem Friesisch-Gesetz zum Beispiel auch für die friesische Minderheit. Diese bewährten Grundsätze, die man auch auf Menschen mit Migrationshintergrund übertragen könnte, sollten wir eben nicht - auch wenn die Gründe noch so achtbar sind - über Bord werfen.

Die PIRATEN wollen eine kulturelle Öffnung, schütten dann aber ein wenig das Kind mit dem Bade aus und erzeugen nach meiner Auffassung und der der Vorredner datenschutzrechtliche Probleme. Das sei aber jetzt dahingestellt, weil - wie ich schon gesagt habe - es von mir noch einen Lösungsvorschlag gibt. Es geht nach meiner Auffassung viel einfacher: Man muss einfach nur die sprachlichen Fähigkeiten der Bediensteten erfassen. Dies ist ein wertfreies Kriterium ohne den Zwang, sich zu welcher Kultur auch immer zu bekennen, denn man kann ja auch Sprachen erlernen.

Ich gehe noch ein Stück weiter: Die sprachlichen Fähigkeiten sollten dann auch als Einstellungskriterium genutzt werden, wie es beispielsweise schon für die friesische Minderheit im Friesisch-Gesetz gesetzlich geregelt ist. Da gibt es noch viel zu tun. Wenn die sprachlichen Fähigkeiten erfasst sind, weiß man auch, wie interkulturell unsere Verwaltung in ihrer Gesamtheit ist - sei es in Bezug auf Sprachen unserer Nachbarn oder von Einwanderergruppen, oder sei es in Bezug auf die heimischen Regional- und Minderheitensprachen. Ich gehe davon aus, dass KoPers genau dies wird leisten können. Genau darum geht es mir. Es geht nicht darum - ich glaube, auch den PIRATEN nicht -, dass sich jemand dazu bekennt, er sei türkischstämmig in der dritten Generation hier und könne auch noch Türkisch. Darum geht es gar nicht.

Stattdessen geht es darum, dass sich diese Kulturalität in der Verwaltung widerspiegelt. Der Kern der Kulturalität ist im Prinzip die Sprache. Wenn man die erfasst - es gibt durchaus auch Sprachen, die man erlernt haben kann, durch einen Auslandsaufenthalt irgendwo, durch Schule oder Ähnliches und es bewertet und dann, was ganz wichtig bei dem Ziel ist, das auch als Einstellungskriterium nutzt, also nicht nur ganz schwammig sagt, man

könne das irgendwo aufschreiben, aber dann gilt es nicht, sondern dass man es als Einstellungskriterium nutzt, weil man das Ziel hat, als Verwaltung interkulturell besser aufgestellt zu sein, dann sind wir auf dem richtig Weg, und ich glaube, dann sind wir uns auch einig.

Deswegen ist es auch ein kluger Weg, den Antrag mit den Ideen, die da drinstecken, dem Ausschuss zu überweisen und dann zu schauen, ob das in irgendeiner Art und Weise mit KoPers kompatibel ist. - Vielen Dank.