Protokoll der Sitzung vom 09.07.2014

Kurz nachdem die Arbeit des Sonderausschusses beendet ist und die Argumente eigentlich ausgetauscht sind, überraschen Sie uns, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, mit diesem Antrag. Wie auch im Sonderausschuss zur Sprache kam, sollte die Landesregierung selbst - auch davon bin ich nach wie vor überzeugt - ein vitales Interesse daran haben, dass der Landtag dem jeweiligen Staatsvertrag zustimmt. Es wäre ja - um es einmal salopp zu sagen - irgendwie blöd, wenn es anders wäre.

(Vereinzelter Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt für mich und für die Fraktion der FDP aber auch, dass die Landesregierung alles unternimmt, um Schwachstellen in dem Entwurf, also auch in dem vorliegenden Entwurf, zu beseitigen.

Die mögliche Einführung von lokalem Hörfunk wiederum - darauf haben Sie, Kollege Bernstein, heute Morgen hingewiesen - ist seit geraumer Zeit erörtert und geprüft worden. Ebenso wurde ein Konzept der Landesregierung im Innenund Rechtsausschuss vorgestellt, und es wurde, wie es allgemein üblich ist, dazu ein Anhörungsverfahren vonseiten der Staatskanzlei durchgeführt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Entwurf zum Fünften Medienänderungsstaatsvertrag

(Rasmus Andresen)

so konnte man den Stellungnahmen entnehmen wirft in der Tat noch die eine oder andere Frage auf, die die Landesregierung jetzt beantworten muss. Insbesondere die Stellungnahme der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein fasst meines Erachtens die noch zu klärenden Fragen sehr ordentlich zusammen. Dazu gehören die Auswahl und der Zuschnitt der Versorgungsgebiete sowie die Finanzierung des nichtkommerziellen Hörfunks.

Im Großen und Ganzen lässt sich aus Sicht der FDP-Fraktion sagen, dass die Landesregierung Nachbesserungen wird vornehmen müssen. Aus meiner Sicht hat der Kollege Eichstädt aber heute Morgen zu Recht auf das Parlamentsinformationsgesetz hingewiesen. Aus Sicht meiner Fraktion wäre hier der Ort, die Beteiligungsrechte des Parlaments tatsächlich zu verbessern, beispielsweise durch längere Fristen und die gegebenenfalls parallele Anhörung von Verbänden und Sachverständigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es ist deutlich geworden: Wir stehen dem Antrag der Unionsfraktion eher skeptisch oder zurückhaltend gegenüber. Beim Antrag der Koalitionsfraktion werden wir uns ebenso der Stimme enthalten wie beim Unionsantrag. Ich kann Ihnen aber eine konstruktive Mitarbeit bei einer möglichen Novelle zum Parlamentsinformationsgesetz zusichern. Herr Kollege Eichstädt, da haben Sie genau das gesagt, was meiner Meinung nach passieren muss, um dem Willen des Parlaments tatsächlich nachzukommen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Sven Krumbeck das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir müssen hier nicht lange darüber sprechen: Die Koalitionsfraktionen sind in dieser Hinsicht sehr eindeutig. Ich danke der CDU ausdrücklich für ihren Antrag,

(Beifall Hans-Jörn Arp [CDU])

auch wenn ich Herrn Bernstein ausdrücklich widersprechen muss, wenn es um seine Ansicht zu Lokalradios geht. Da sind wir gänzlich anderer Meinung. Wir glauben, lokale Radios, ob kommerziell

oder nichtkommerziell, wären eine großartige Ergänzung zu Schleswig-Holsteins Radiolandschaft und eine Bereicherung. Da haben wir einen kleinen Dissens.

(Beifall Wolfgang Dudda [PIRATEN])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, jetzt ist es an Ihnen, Wort zu halten und zu zeigen, was Ihr Koalitionsvertrag wert ist. Um eines vorweg zu sagen: Der Antrag geht in die richtige Richtung. Aber er bleibt an einem entscheidenden Punkt stehen. Es reicht leider nicht, einfach nur den Landtag zu informieren. Der Landtag muss schon vor Beginn bei der Entstehung von Staatsverträgen involviert sein.

(Beifall PIRATEN)

Wir haben versucht, über die neue Landesverfassung entsprechende Änderungen auf den Weg zu bringen. Aber da konnten wir uns leider nicht durchsetzen; das war leider nicht mehrheitsfähig. Wie das zu beurteilen ist, mag an anderer Stelle erörtert werden.

Bei dem Medienänderungsstaatsvertrag ist es jedoch noch nicht zu spät, um das Parlament einzubeziehen. Wir sollten das wirklich als Standard für jeden Staatsvertrag einführen. Das wäre ein echter Fortschritt, den ich mir für Schleswig-Holstein wünsche. Die Erarbeitung und der Abschluss von Staatsverträgen finden bisher weitgehend abseits der Öffentlichkeit statt. Mit der Behandlung im Parlament können wir dies endlich in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Der Medienänderungsstaatsvertrag ist, wie die CDU bereits ausführte, prädestiniert dafür, allerdings nicht nur deswegen, weil wir unter Zeitdruck stehen, sondern weil es von allen Seiten bereits Kritik an den geplanten Änderungen gab.

In der parlamentarischen Behandlung können wir diese Probleme auch durch eine Expertenanhörung und eine weitgehende Erörterung aus dem Weg schaffen. Mir fällt kein Punkt ein, der gegen eine parlamentarische Behandlung des Vertrags spricht. Am liebsten würden wir ja beide Anträge zusammenführen und einen gemeinsamen Antrag daraus machen. Da das aber nicht möglich ist und uns die in dem Koalitionsantrag vorgesehene Behandlung erst kurz vor Unterzeichnung zu spät ist, werden wir dem CDU-Antrag zustimmen.

(Beifall PIRATEN und CDU)

(Dr. Heiner Garg)

Vielen Dank. - Das Wort für die Kolleginnen und Kollegen des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Beim fünften Medienänderungsstaatsvertrag geht es um das Lokalradio. Das faktische Verbot des Lokalradios in Schleswig-Holstein wird durch diesen Staatsvertrag aufgehoben werden. Das Lokalradio gibt Bürgerinnen und Bürgern vor Ort die Möglichkeit, über lokale Themen zeitnah informiert zu werden. Immer noch ist das Radio nämlich eines der Leitmedien. Auch wenn die Forderungen nach Lokalradio zwischenzeitlich durch die verbesserten Möglichkeiten des Internets leiser wurden, verstummten sie doch nie. Es haben sich feste Gruppen zusammengefunden, die das Anliegen eines eigenen Lokalradios ernsthaft verfolgen und sich auch im Vorwege an der Meinungsbildung gerade zu diesem Medienstaatsvertrag beteiligt haben. Sie haben sich schon mit der Idee, den Staatsvertrag zu ändern, nicht nur an uns, sondern auch an frühere Regierungen gewandt, um ihr Anliegen, ein Lokalradio zu gründen, vorzutragen.

Die Staatskanzlei hatte als zuständige Regierungsstelle landesweit zur Beteiligung aufgerufen. Der Aufruf ist von den freien Radio-Initiativen auch deswegen gut angenommen worden, weil sie sich lieber im Vorwege einbringen wollen, statt im Nachhinein auf Verbesserungen eines bereits verabschiedeten Vertrages drängen zu müssen. Nicht nur diese haben sich beteiligt, sondern viele Verbände, unter anderem die Verbände der Minderheiten, haben sich an dem Anhörungsverfahren beteiligt. Der Kollege Eichstädt hat vorhin deutlich gemacht, wie viele Seiten Stellungnahmen bei diesem Beteiligungsverfahren eingegangen sind. Es ist schon sehr gewaltig, was da gekommen ist. Dass da nicht beteiligt wurde, glaube ich, kann niemand sagen.

Aber, meine Damen und Herren, diese Beteiligungsform war früher im Medienrat nicht gang und gäbe. Die Staatsverträge wurden seinerzeit von Regierungsvertretern verhandelt und erst dann der Öffentlichkeit präsentiert. Das ist heute unter RotGrün-Blau anders. Wir sind also, was die Einbindung außerparlamentarischen Sachverstands angeht, gut vorangekommen und stehen besser da als vorige Regierungen.

Auch auf der parlamentarischen Ebene haben wir deutlich spürbare Verbesserungen. Die Information

über den aktuellen Sachstand erreicht die Fraktionen jetzt zeitnah und umfassend. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass vorherige Landesregierungen das in der Vergangenheit völlig anders gehandhabt haben. Die Landesregierung hat das der Initiative zugrunde liegende Gutachten von Anfang an öffentlich gemacht und den Fraktionen zur Verfügung gestellt. Weiter ist hier im Landtag und insbesondere im Ausschuss über das Vorhaben berichtet worden. Man hat dort diskutiert. Die Fraktionen hatten jederzeit die Möglichkeit, ihre Interessen zu formulieren. Einen so offenen Prozess hat es bisher bei Staatsverträgen noch nicht gegeben.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Doch wir müssen ehrlicherweise zugeben, meine Damen und Herren, dass eine derartige Beteiligung nicht immer möglich sein wird. Ein Verhandlungsführer ohne flexibles Verhandlungsmandat kann gar nicht verhandeln. Man muss also verhandeln können, und das umso mehr, wenn man es beispielsweise mit 15 anderen Bundesländern und bis zu 15 anderen Interessen zu tun hat. Deshalb muss der Landtag nach Möglichkeit bei solchen Staatsverträgen vorab informiert werden, über das Ansinnen, dass ein solcher Staatsvertrag irgendwann ansteht. Und er muss dann zumindest grob seine Interessen formulieren können. Wie das gehen kann, haben wir selber zuletzt in der Landtagssitzung im Mai 2014 gesehen, als es um die Forderung nach einer besseren Repräsentanz der Minderheiten und nach mehr Transparenz im NDR-Rundfunkrat ging. Hier haben wir als Landtag in Antragsform ein konkretes Verhandlungsmandat mitgegeben. Es funktioniert also. Es geht nur um Information, und das ist im Parlamentsinformationsgesetz sicher noch besser zu regeln. Aber den Beweis, dass es funktioniert, haben wir als Parlament im Mai schon selber erbracht.

Die Koalition hat vertraglich vereinbart, den Landtag in Verhandlungen um Staatsverträge besser einzubinden. Dazu gehört zuallererst Transparenz. Früher war nicht einmal bekannt, welches Thema gerade diskutiert wurde, geschweige denn, was die Landesregierung dazu dachte. Das ist heute glücklicherweise komplett anders.

(Beifall SSW und Abg. Dr. Andreas Tietze (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Alle Gutachten und Informationen werden den Fraktionen rechtzeitig und vollständig zugeleitet, damit diese auf Ballhöhe mit der Regierung im Spiel bleiben. Das, worauf es ankommt, ist die voll

ständige Information, und genau die läuft seit mehreren Monaten absolut reibungslos, insbesondere was diesen Medienänderungsstaatsvertrag angeht.

Ich komme nun kurz zurück zu den Lokalradios. Unser Land braucht publizistische Vielfalt, gerade im lokalen Bereich. Und zur Vielfalt gehört für uns auch die sprachliche Vielfalt, weshalb die neuen Radiostationen auch die Minderheitensprachen im Programm angemessen berücksichtigen müssen. Das ist übrigens eine Formulierung, die aus der Anhörung stammt. Hier denken wir insbesondere im Norden und im Westen an Dänisch und an Friesisch. Auf Sylt gibt es bereits ein Webradio mit friesischsprachigen Anteilen. Große Reichweite, meine Damen und Herren, ist aber in Zeiten des Internets immer noch mit einer UKW-Lizenz verbunden, damit das Programm klassisch in der Küche und im Auto gehört werden kann. Wir brauchen also nichtkommerzielle und kommerzielle professionelle Lokalradiostationen, die die für SchleswigHolstein typische Vielfalt stärken, und diese Lokalradiostationen werden wir glücklicherweise auch bekommen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke schön. - Für die Landesregierung hat das Wort der Ministerpräsident Torsten Albig.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie lief die Beteiligung bisher genau ab? Es ist bereits darauf hingewiesen worden: Der Koalitionsvertrag hat im Juli 2012 vorgegeben und beschrieben, dass die neue Landesregierung eine größere regionale Programmvielfalt im Hörfunk erreichen solle. Dies ist für uns der Auftrag. Dementsprechend haben wir in der Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses bereits am 22. Mai 2013 dem Parlament durch die Staatskanzlei ausführlich unsere ersten Überlegungen vorgestellt. In der Landtagssitzung am 20. Juni 2013 habe ich selbst hier über unsere Pläne gesprochen, den UKW-Lokalfunk in Schleswig-Holstein einzuführen. Danach wurde dem Ausschuss das Gutachten der Medienanstalt zugestellt. Das ist wesentliche Grundlage für unsere Pläne zum Lokalfunk. Das Gutachten haben wir am 11. November 2013 veröffentlicht. Am 5. Februar 2014 hat der Direktor der Medienanstalt im Innen- und Rechtsausschuss zum geplanten Me

dienänderungsstaatsvertrag geredet und sich ebenso wie der Leiter des Bereichs Medienpolitik der Staatskanzlei allen Fragen gestellt.

Nach einer ersten Kabinettsbefassung starteten wir am 6. Mai 2014 die schriftliche Anhörung von 46 interessierten und betroffenen Unternehmen, Radioinitiativen und Institutionen. Den Landtag haben wir zeitgleich über die Anhörung und den Staatsvertragsentwurf informiert. Am 27. Juni 2014 haben wir dem Ausschuss die 36 eingegangenen Stellungnahmen übersandt, und am 15. Juli 2014, in der nächsten Woche, nach der Auswertung der Anhörung, wird sich das Kabinett zum zweiten Mal mit unseren Plänen befassen. Sofort danach werden wir den Landtag wiederum informieren.

Meine Damen und Herren, wir haben die Richtlinien zur Information des Parlaments nicht nur eingehalten, wir haben sie übererfüllt. Wir haben das Parlament nach dem geltenden Regelwerk ausgiebig beteiligt. Wir hätten uns sehr darüber gefreut, seitens der CDU-Fraktion hier und da einmal eine inhaltliche Handreichung zu bekommen, eine inhaltliche Idee. Wir haben hier weder eine inhaltliche Entschließung noch einen materiellen Antrag erhalten, die uns in den Gesprächen mit Hamburg hätten unterstützen können. Jetzt erleben wir - das ist eben schon diskutiert und von Herrn Garg zutreffend angesprochen worden -, dass Sie verbindliche Vorgaben für die Verhandlungen machen wollen, also genau das, was der Abschlussbericht des Sonderausschusses Verfassungsreform aus guten Gründen verworfen hat.

Wir warten, und wir würden uns freuen über jede inhaltliche Begleitung: Wollen Sie Lokalfunk, wollen Sie ihn nicht? Klare Aussagen würden uns bei unseren Verhandlungen helfen.

Was wollen wir? Noch einmal in Kürze. Wir wollen, dass die Medienanstalt in bis zu fünf schleswig-holsteinischen Versorgungsgebieten lokalen UKW-Hörfunk zulassen kann. Wir wollen damit mehr Vielfalt im Hörfunkbereich, wir wollen auch mehr sprachliche Vielfalt. Über regionale Minderheitensprachen wird der UKW-Hörfunk eine neue Plattform bieten. Und wir wollen bis zu fünf Standorte und ihre bewusst gewählte Lage so aussuchen, dass die Leistungsfähigkeit und Vielfalt der bestehenden Medienlandschaft nicht leidet. Das werden wir sicherstellen.

Dank an die Regierungsfraktionen, dass sie uns mit dem Antrag das Vertrauen aussprechen. Mit Hamburg haben wir verabredet, lieber Herr Bernstein, den Staatsvertrag erst in der zweiten September

(Lars Harms)

hälfte zu unterzeichnen. Also gibt es für den Landtag bis dorthin noch genügend Zeit, sich mit dem Gesetz zu beschäftigen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Axel Bernstein von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Albig, der letzte Satz war eine richtig gute Nachricht, denn das, was Sie vorher an Beteiligungsmöglichkeiten dargestellt haben, die das Parlament hatte, ging alles ausnahmslos auf Anträge der CDU zurück: Ausschussberatung, Landtagsbefassung - alles ist auf unsere Initiative hin erfolgt. Das werfe ich Ihnen nicht vor. Das haben wir gern gemacht.