Schleswig-Holstein ist nicht nur der echte Norden, sondern eben auch das Land der Herrenhäuser, Hafenspeicher und Haubarge. Das soll gern auch so bleiben. Von daher ist es folgerichtig, dass dieses Gesetz nun auf den Weg gebracht wurde, damit das lebendige und vielfältige kulturelle Erbe in Schleswig-Holstein auch weiterhin eine Existenz in unserer Gesellschaft hat.
- Aber ihr freut euch trotzdem! Ich will noch etwas zu den Ausführungen von Frau Klahn sagen. Frau Klahn hat kritisiert, dass wir uns bei der Beratung des Gesetzes nicht Zeit gelassen hätten, um einen richtig guten Gesetzentwurf zu beschließen. Frau Klahn, das war gar nicht notwendig, weil der Gesetzentwurf, den das Ministerium vorgelegt hatte, schon so spitzenmäßig war, dass wir wirklich nicht mehr viel zu verändern hatten. Als Parlament kann man das auch einmal akzeptieren, wenn die Regierung gute Arbeit macht. Das war in diesem Fall so.
Noch drei Punkte: Erstens. „Wir verhindern den Ausbau der Windkraft.“ - Diese Debatte hatten wir schon im Februar. Ich habe mit großer Freude damals Herrn Callsen für die CDU, heute Frau Klahn für die FDP als Vorkämpfer für die erneuerbaren
Dieses Denkmalschutzgesetz wird den Ausbau der Windenergie in Schleswig-Holstein und die Erreichung unserer gesetzten Ziele für die erneuerbaren Energien garantiert nicht verhindern. Da können Sie so viel reden, wie Sie wollen.
Die Sichtachsen schaffen wir jetzt gerade ab. Ich sage das, falls Ihnen das entgangen sein sollte. Das sind die aus dem jetzigen Gesetz.
Zweitens zum Thema niedrigschwelliger Rechtsschutz. Wie viele dieser niedrigschwelligen Verfahren waren denn erfolgreich? - Wir alle wissen, dass fast keins erfolgreich war. Wie viele Klagen gab es, die erfolgreich waren? - Auch die Zahl war verschwindend gering. Nichtsdestotrotz hatte das Landesamt für Denkmalschutz viel Arbeit damit. Das Ergebnis ist der Inventarisierungsstau, den wir jetzt beklagen.
Der dritte Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist das, was Frau Klahn sagte: Die Eigentümer können sich die Renovierung nicht mehr leisten. Wir sind ja in der Vorweihnachtszeit, der Zeit der Märchen und Legenden. Auch diese Aussage gehört in den Bereich der Legenden. § 16 des neuen Gesetzes sagt ausdrücklich, die Verpflichteten haben die Aufgabe, die Denkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten. Wenn Sie einen Blick in die Gesetzesbegründung werfen, sehen Sie, dass darin ausdrücklich steht, dass auf die wirtschaftlichen Belange der Eigentümer in diesem Fall Rücksicht zu nehmen ist.
Also Märchen und Legenden! - Aber wir sind in der Weihnachtszeit. Ich wünsche allen eine schöne, gesegnete Weihnachtszeit. Wenn wir heute das Gesetz beschließen, haben wir einen guten Teil dazu getan. - Vielen Dank.
Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Anke Spoorendonk.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das kulturelle Erbe und dessen Erhalt haben für uns in Schleswig-Holstein eine besondere Bedeutung. Darüber sind wir uns alle in diesem Haus einig. Dafür tragen wir Verantwortung, die im nun vorliegenden Denkmalschutzgesetz zum Ausdruck kommt. Daher sage ich: Dieser Gesetzentwurf ist gut, sinnvoll und praktikabel, und er ist im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger.
Für mich bedeutet Denkmalschutz kurzgefasst, die Freiheit des Einzelnen mit der Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit in Einklang zu bringen. Das heißt für mich ganz klar: Denkmalschutz funktioniert nur zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern und nicht gegen sie. Genau das haben wir mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes umgesetzt.
Das neue Gesetz ist das Ergebnis einer breiten Beteiligung. Wir haben es bereits gehört. Wir haben Regionalkonferenzen abgehalten, und im Parlament wurden Anhörungen durchgeführt. Im Ministerium haben wir ganz viele Gespräche mit Vertretern von Verbänden und Institutionen geführt. Von allen Seiten konnten Interessierte und Betroffene Bedenken und Vorschläge vortragen. Darum sage ich: Es ist völlig legitim, dass Verbände wie zum Beispiel Haus & Grund als Interessenverbände bis zuletzt versuchen, ihre Maximalforderungen zu platzieren. Dafür habe ich alles Verständnis dieser Welt. Wir sind aber sehr viel weiter. Das weiß man bei Haus & Grund auch. Das wissen alle Verbände. Darum sage ich: Gemach, gemach!
Zurück zum heutigen Tag: Ich möchte an dieser Stelle Ihnen, den Abgeordneten des Landtags, wirklich dafür danken, dass Sie sich mit so viel Engagement mit der komplexen Thematik des Denkmalschutzes befasst haben, und zwar nicht erst heute, sondern schon bei der ersten Lesung. Herzlichen
Dank. Dieses Engagement zeigt die Bedeutung des Themas. Es geht um nichts Geringeres als um den Erhalt unseres kulturellen Erbes.
Im bisher geltenden Denkmalschutzgesetz waren diejenigen, die den Denkmalschutz umsetzen sollten, sehr rasch mit falschen Weichenstellungen und unpraktikablen Regelungen konfrontiert. Das neue Denkmalschutzgesetz rückt die Maßstäbe wieder zurecht und schafft Klarheit. Wirtschaftliche Interessen dürfen nicht den alleinigen Vorrang vor der Bewahrung der kulturellen Substanz des Landes haben, aber sie dürfen per se auch nicht nachgeordnet werden. Das berücksichtigen wir.
Meine Damen und Herren, der Übergang vom konstitutiven auf das sogenannte deklaratorische Verfahren schafft dabei nicht weniger, sondern mehr Rechtssicherheit. Ich will dies nicht weiter ausführen, denn ich denke, dass alle Argumente schon ausgetauscht worden sind. Zugleich haben wir dadurch das Verfahren entbürokratisiert und erheblich verschlankt. Zudem haben wir den Denkmalschutz auf einen einzigen Begriff reduziert. Gleichzeitig gilt mit dem neuen Gesetz eine zeitlich unbegrenzte Einspruchsfrist. Kein Eigentümer eines Hauses oder eines anderes Objekts, das unter Denkmalschutz steht, muss befürchten, mit überzogenen Anforderungen in Bezug auf den Erhalt konfrontiert zu werden. Dies ist heute wieder thematisiert worden. Im Gegenteil, sogar die energetische Sanierung wird ausdrücklich unterstützt. Energiewende und Denkmalschutz passen für mich hervorragend zusammen.
Eine so präzisierte und geförderte Denkmalschutzpolitik ist gut für die Wirtschaft, den handwerklichen Mittelstand und für die Tourismuswirtschaft in Schleswig-Holstein. Das Gesetz trägt überdies dem Gedanken der Inklusion Rechnung, indem jetzt bei öffentlichen Denkmalen verstärkt auf Barrierefreiheit für Menschen mit eingeschränkter Mobilität geachtet wird.
Hinzu kommt etwas, was ebenfalls wichtig ist: Wir haben rechtlich problematische Begriffe wie das Stichwort Sichtachsen auf frühere rechtssichere Definitionen zurückgeführt. In Klammern kann ich hinzufügen, dass dies ausdrücklich ein Wunsch der kommunalen Landesverbände war. Es gibt leider keine Faustregel, die eine berechenbare Größe für alle Denkmale vorgibt. Ein Herrenhaus hat eine andere Ausstrahlungswirkung als eine Ringdeichtränke. Umso wichtiger ist es, bekannte und erprobte
Rechtsbegriffe zu verwenden, die der Bedeutung des Anliegens gerecht werden. Das garantiert gerade der Wirtschaft, insbesondere der Energiewirtschaft, eine bessere Planbarkeit von Projekten.
Darüber hinaus werden wir mit Inkrafttreten des Gesetzes einen ehrenamtlichen Koordinator ernennen. Wir werden gewissermaßen einen Ombudsmann für den Denkmalschutz und die wirtschaftlichen Interessen berufen. Das zeigt: Gerade die kritischen Anfragen aus der Wirtschaft nehmen wir sehr ernst.
Der Koordinator wird in Einzelfällen bei der Ausarbeitung von Lösungswegen helfen. Er ist vollkommen unabhängig und kann frei agieren. Ich freue mich, dass wir mit Herrn Dr. Wilhelm Poser eine hoch kompetente Persönlichkeit für diese verantwortungsvolle Aufgabe gewinnen konnten. Herr Dr. Poser ist heute anwesend. Wer ihn nicht kennt, dem erzähle ich, dass er als ehemaliger Baudirektor der Nordelbischen Kirche alle Seiten der Denkmalschutzproblematik kennt. Ich bin überzeugt davon, dass wir durch diesen Ombudsmann alle Befürchtungen und Zweifel ausräumen können, da der Dialog im Mittelpunkt stehen wird. Das ist genau das, worauf es ankommt.
Meine Damen und Herren, parallel zur Entwicklung und Umsetzung des neuen Gesetzes lassen wir derzeit alle im Land bekannten Denkmale erfassen und auflisten. Hier besteht seit mehr als 40 Jahren ein erhebliches Vollzugsdefizit. Diese Problemstellung hat wirklich nichts mit dem Denkmalschutzgesetz an sich zu tun, sondern mit der Umsetzung von Denkmalschutzmaßnahmen. Wir schaffen hier also erst einmal Klarheit darüber, was noch im Bestand ist und was nicht. Wurde ein denkmalgeschütztes Gebäude bereits abgerissen? Oder existiert ein Landschaftsdenkmal schon viele Jahre lang nicht mehr und wurde in verschiedene Agrar- und Bauflächen zerlegt und verkauft? Das ist die Fragestellung. Dann brauchen wir diese Objekte auch nicht mehr als Karteileichen.
Zum ersten Mal seit es ein Denkmalschutzgesetz in Schleswig-Holstein gibt, erfassen wir deshalb systematisch den Denkmalbestand. Wir sind hier auf einem guten Weg, damit wir zukünftig unser kulturelles Erbe effektiv schützen können. Zugleich erhalten wir so aktuelle Informationen, damit Eigentümer, Kommunen und Investoren zukünftig ei
ne bessere Planungssicherheit haben. Nur wenn bekannt ist, was ein Denkmal ist, können alle Beteiligten ins Gespräch kommen, um gemeinsam gute Lösungen für aktuelle Probleme zu erarbeiten. Ich möchte an dieser Stelle besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Landesamt für Denkmalpflege für ihren großartigen Einsatz danken.
Meine Damen und Herren, wie Sie wissen, sind im Landesamt für Denkmalpflege eine Dokumentarin und sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befristet beschäftigt. Sie sind derzeit in den drei Kreisen Herzogtum Lauenburg, Nordriesland und Ostholstein tätig. Bis Ende November wurden 1.891 einfache Kulturdenkmale überprüft. Von diesen sind allein 819 Kulturdenkmale entweder zerstört, haben keinen Denkmalwert mehr oder genügen den Kriterien des vorgeschlagenen Denkmalbegriffs nicht und werden in den Denkmallisten nicht mehr berücksichtigt. Nur die anderen Denkmale sehen wir uns überhaupt genauer an.
Allein dies zeigt: Wir brauchen Klarheit, um zu wissen, worüber wir konkret reden. Das zeigt aber auch, dass wir seit Jahrzehnten weitgehend unbemerkt einen dramatischen Verlust an Denkmalsubstanz erleben. Annähernd die Hälfte der Objekte, die in den 70er- und 80er-Jahren als Teil des kulturellen Erbes galten, sind so zerstört oder so verändert, dass sie keinen Zeugniswert mehr haben. Was dies für unsere Ortsbilder und für unsere Identität, aber auch für unseren Tourismus bedeutet, können Sie sich ohne Weiteres vorstellen.
Meine Damen und Herren, mir war und ist unser prozesshafter Dialog sehr wichtig. Mir ist auch wichtig, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen. Für dieses Ergebnis, wie wir es heute vorgelegt haben, übernehme ich die Verantwortung. Ich tue dies gern, und ich würde mich freuen, mit Ihnen diesen Weg für Schleswig-Holstein weiter zusammen zu gehen. Für dessen Zukunft und Identität ist es wichtig, dass wir unser kulturelles Erbe erfassen, bewahren und vermitteln, damit auch zukünftige Generationen wissen, auf welch gutem Grund sie stehen. - Ich bedanke mich für die heutige Debatte und für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 4 Minuten 50 Sekunden überzogen. Diese Redezeit stünde nun allen Fraktionen zur Verfügung. Herr Abgeordneter Peter Sönnichsen hat sich zu Wort gemeldet. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht.
Zunächst bin ich sehr froh darüber, Frau Raudies, dass Sie sich an unseren Ministerpräsidenten Carstensen erinnern und das noch einmal herausstellen; das war eine gute Zeit für Schleswig-Holstein.