Protokoll der Sitzung vom 18.02.2015

Neben all dem arbeiten wir auch auf anderen Ebenen, um die Infektionsprävention weiter zu stärken. Ich bin den Fraktionen, die dieses Anliegen unterstützen, sehr dankbar. Es geht um ein ganzes Paket aufeinander bezogener Maßnahmen:

Erstens. Seit Januar arbeiten wir an einer Evaluation der Medizinischen Infektionspräventionsverordnung, die im ersten Quartal 2016 abgeschlossen sein soll und über die ich dann selbstverständlich hier berichten werde.

Zweitens. Wir werden die Verpflichtung medizinischer Einrichtungen zu Fortbildungsund Schulungsangeboten konkretisieren.

Drittens. Zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein werden wir darauf hinwirken, im Bereich der niedergelassenen Ärzte ein restriktives Antibiotikumverordnungsmanagement zu etablieren. Die KVSH ist für diese Diskussion sehr offen und will sich einbringen.

Viertens. Im stationären Bereich werden wir einfordern, dass die existierenden Leitlinien restriktiver umgesetzt werden und dass einrichtungsspezifische Leitlinien zur Antibiotikatherapie aufgestellt werden.

Darüber hinaus setzen wir uns auf Bundesebene verstärkt dafür ein, dass Reserveantibiotika in der

(Ministerin Kristin Alheit)

Nutztierhaltung verboten werden. Da arbeiten wir sehr eng mit dem MELUR zusammen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Infektionen mit multiresistenten Keimen sind heute leider medizinischer Alltag in allen Krankenhäusern der Republik. Diese Landesregierung wird weiterhin alles unternehmen, um dieser Entwicklung angemessen und konsequent zu begegnen. Dafür setze ich mich auf allen politischen Ebenen ein. Ich möchte mich für die Unterstützung aus diesem Haus dabei bedanken.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die FDPFraktion hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal ist es vollkommen richtig und zutreffend, dass Keime in Krankenhäusern nichts Ungewöhnliches sind. Wir sind darüber auf ganz besondere, auf ganz spezielle Art und Weise in der im Januar 2015 gleich anberaumten abendlichen Sitzung des Sozial- und Gesundheitsausschusses vom Vorstandsvorsitzenden des UKSH, Professor Jens Scholz, aufgeklärt worden. Als ich ein besseres Kommunikationsmanagement gefordert habe, grinste Professor Scholz auf seine unnachahmliche Art und Weise und sagte: Wissen Sie, wenn ich jeden Keim, der in meinem Klinikum entdeckt wird, gleich per Telefon dem Ministerium melden müsste, dann hätte ich viel zu tun. - Das wurde übrigens mit heftigem Kopfnicken der Abgeordneten der Koalitionsfraktionen quittiert. Heute, Frau Ministerin, bin ich Ihnen dankbar, dass Sie sogar im Erlasswege anordnen, dass in Zukunft die Kommunikationskette anders läuft als in der Vergangenheit, jedenfalls anders als in diesem Fall. Ich finde das richtig.

Bei der EHEC-Krise lief das übrigens komplett anders: Wir wussten innerhalb von wenigen Stunden, was passiert war, und haben innerhalb weniger Stunden einen Krisenstab ins Leben gerufen. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass der Maximalversorger den Eigentümer unmittelbar darüber informiert, dass ein Ausbruchsmanagement erforderlich ist. Alles andere ist eine bodenlose Unverschämtheit.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Ich habe mich wirklich darüber gewundert, dass die Koalitionsfraktionen so lange gebraucht haben, um dieser Forderung - dazu, dass Sie sich anfangs darüber lustig gemacht haben, sage ich: geschenkt -, die vonseiten der Opposition kam, beizutreten. Das ist schon bemerkenswert.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Jetzt reicht es aber langsam!)

Bemerkenswert ist auch, dass der sogenannte Indexpatient, der Mitte Dezember 2014 ins UKSH kam, nicht direkt isoliert wurde. Man hat einen Abstrich gemacht, und er hätte isoliert werden müssen. Man wusste ganz genau um die Gefahr. Man wusste, wo er herkam. Man wusste um die hohe Wahrscheinlichkeit.

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

- Herr Kollege Tietze, wenn Sie sich darüber unterhalten wollen, wie wir in Zukunft ein Screeningprogramm auflegen wollen, dann helfen Ihnen Ihre etwas lustig gemeinten Sprüche relativ wenig. Man hätte diesen Ausbruch vermeiden können. Übrigens hat Lübeck 2006 gezeigt, dass man mit einer Krise auch ganz anders umgehen kann. Damals war man sehr erfolgreich. Wir werden die Gründe, warum das dieses Mal anders gewesen ist, sehr genau nachvollziehen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Bereich „Keime in Krankenhäusern“ hat sich eine ganze Menge verändert. Für die regierungstragenden Fraktionen war es eine große Feierstunde, als ich in der ersten Ausschusssitzung nach Bekanntwerden gramnegative und grampositive Keime durcheinandergewürfelt habe. Das sollte man nicht tun. Das gebe ich unumwunden zu.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Darum geht es überhaupt nicht!)

Bei sogenannten grampositiven Keimen ist die Prävalenz zurückgegangen.

(Zuruf SPD)

- So ist das, wenn man Ihnen den Spiegel vorhält.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Wir sind da sehr ernst!)

- Nein, sind Sie nicht, Herr Kollege Baasch. - Der Kollege Dr. Stegner twitterte einen Tag nach Bekanntwerden des Krisenmanagements: Opposition verunsichert Öffentlichkeit, macht die Öffentlichkeit scheu.

(Ministerin Kristin Alheit)

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

- Was? Das stimmt nicht?

(Birte Pauls [SPD]: Das stimmt!)

- Ja, wissen Sie, Frau Kollegin, was die Öffentlichkeit verunsichert? Die Öffentlichkeit ist verunsichert, wenn der Eindruck entsteht, dass etwas unter den Teppich gekehrt werden soll. Das verunsichert die Öffentlichkeit

(Beifall FDP und CDU)

und nicht ein vernünftiges Krisenmanagement.

Und dann passierte Folgendes: Die zuständige Ministerin tauchte erst einmal elf Tage ab.

(Zurufe SPD und SSW: Was?)

- Herr Kollege Harms, die zuständige Ministerin taucht erst einmal elf Tage lang ab, um dann mit einem vernünftigen Krisenmanagement wieder aufzutauchen. Das muss in Zukunft schneller passieren. Sonst werden wir solche Krisen nicht in den Griff bekommen.

(Zurufe SPD)

Meine Damen und Herren, vielleicht können wir uns trotz der hitzigen Debatte wieder darauf verständigen, dass Herr Dr. Garg jetzt das Wort hat.

Herr Präsident, ich habe großes Verständnis dafür, dass den koalitionstragenden Fraktionen, die sich bei dieser Sache wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert haben, das nicht gefällt. Trotzdem werden wir beispielsweise über die Standardhygiene im Krankenhaus sprechen müssen. Die tollste Forschung nutzt relativ wenig, wenn die Krankenhäuser nicht in der Lage sind, die Anforderungen an klinische Standardhygiene personell und zeitlich einzuhalten.

So albern das für den einen oder anderen auch klingen mag: Zur Standardhygiene gehört zu allererst, dass das Personal ausreichend Zeit hat, sich die Hände zu waschen, die Hände zu desinfizieren und die entsprechende Arbeitskleidung anzulegen. Das Problem ist, dass die Anzahl der Gefährdungsund Überlastungsanzeigen am UKSH ein Indiz dafür ist, dass die Arbeitsverdichtung in diesem Bereich so hoch ist, dass es nicht möglich ist, diese simplen Anforderungen der Standardhygiene in den Kliniken konsequent zu erfüllen.

Deswegen ist es richtig, was FDP und PIRATEN beantragt haben, dass zunächst einmal sichergestellt werden muss, dass es zu keiner weiteren Arbeitsverdichtung am UKSH kommt, sodass die simplen Regeln der Standardhygiene eingehalten werden können.

(Beifall FDP und PIRATEN - Zurufe SPD)

- Wissen Sie, das ist -

(Volker Dornquast [CDU]: Die sind ein bisschen übersensibel zurzeit!)

- Ich kann gut verstehen, dass die Kolleginnen und Kollegen übersensibel reagieren. Denn was wir hier erlebt haben - deswegen hat die Union die Frage der Kündigung der Gestellungsverträge in einen Antrag hineingeschrieben -, ist nicht nur ein großes Kommunikations- und Informationsdesaster, sondern auch das Dulden der Landesregierung, dass Herr Professor Scholz tun und lassen kann, was er möchte, und dass er der Ministerin quasi minütlich einflüstert, was sie zur Krise zu sagen hat. Das heißt, Frau Wissenschaftsministerin Alheit ist immer nur so schlau, wie Herr Professor Scholz sie gerade macht. Das ist kein Krisenmanagement, wie wir es uns vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Herr Abgeordneter Dr. Garg, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Abgeordneten Heinemann?

Aber mit dem größten Vergnügen.

Herr Abgeordneter, kann ich davon ausgehen, dass ein Gesundheitsminister Garg das alles besser gemacht hat, dass bei ihm keine Keime vorgekommen sind und dass er selbstverständlich konsequent Hygienemaßnahmen im UKSH durchgesetzt hat?

- Herr Kollege Heinemann, ich bin Ihnen mehr als dankbar für diese Zwischenfrage.

Erstens können Sie davon ausgehen, dass das so ist. Der ehemalige Gesundheitsminister hat das beim Ausbruch der EHEC-Krise unter Beweis gestellt. Das ist gar nicht utopisch, sondern er hat unter Beweis gestellt, dass er das anders gemacht hat.