Vom Land Schleswig-Holstein, der Landesregierung, gab es ebenfalls lange Zeit keine Unterstützung, weder materiell noch inhaltlich noch ideell. Auch an diese Vergangenheit sei hier zumindest kurz erinnert.
Vor diesem Hintergrund ist es umso erfreulicher, dass wir uns heute fraktionsübergreifend darüber einig sind, dass die Erinnerungsarbeit für unser Land wichtig ist, ja, dass sie unterstützt und verstetigt werden muss. Sie ist essenziell für die Verständigung unter uns Demokraten heute, und sie ist essenziell für die Verteidigung unseres Systems und die Aufrechterhaltung von Frieden.
Dies umso mehr, als die Zeitzeugen weniger werden und die bis heute zumeist ehrenamtlichen Initiatoren der Gedenkstätten durch jüngere und neuere Kräfte abgelöst werden müssen.
Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass sich die Gedenkstätten zu einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen haben. Ich weiß, das ist für einige Akteure nicht leicht. Einige von ihnen sind auch heute auf der Tribüne zu Gast. Ich weiß, dass das nicht leicht war. Aber Sie haben sich zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegenüber dem Land und der Politik stärker zu vertreten.
Ich danke vor allem Ministerin Anke Spoorendonk. Frau Ministerin, Sie haben damit, dass Sie den Runden Tisch einberufen haben, also ziemlich eine Ihrer ersten Aktionen als Ministerin, die Gedenkstättenarbeit in die erste Reihe der Politik geholt. Dafür sage ich Ihnen ganz ausdrücklich meinen allergrößten Dank.
Ich weiß, dass Sie sich in den Jahren, in denen Sie hier im Haus Abgeordnete waren, auch schon immer sehr eingesetzt haben, dass Sie sich mit den Akteuren sehr gut vernetzt haben und dass Sie dies als Ministerin zu einem Schwerpunkt Ihrer Arbeit gemacht haben. Dafür ist Ihnen großer Dank gewiss und auch -
Meine Damen und Herren, Geld ist das eine, und davon haben wir trotz der Erhöhung des Haushaltsansatzes noch immer nicht genug für die Gedenkstättenarbeit. Ich bedaure, Herr Sönnichsen, dass Sie an dieser Stelle nicht an unserer Seite sind. Nichtsdestotrotz: Die politische Unterstützung durch die Küstenkoalition - ich wünsche mir nicht nur Lippenbekenntnisse der anderen Fraktionen ist und bleibt notwendig, um den Akteuren den Rücken zu stärken und ihr Engagement angemessen zu würdigen.
Der Runde Tisch, von dem gerade die Rede war, kann daher nur ein Anfang sein. Die weiteren Aufgaben sind die Stärkung der Arbeit vor Ort, insbesondere die Unterstützung der Initiativen, die professionelle und wissenschaftliche Begleitung und Konzeption der Gedenkstätten. Ich denke, da liegt eine ganz große Aufgabe vor uns. Dazu gehört weiter auch die Weiterentwicklung der Bürgerstiftung. Dazu gibt es verschiedene Gedanken und Überlegungen. Soweit ich weiß, wird ein Gutachten in Auftrag gegeben, um zu gucken, wie wir diese Bürgerstiftung weiter ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung bringen können.
Es sind an dieser Stelle noch viele Fragen offen. Der Landtag formuliert heute aber nicht nur ein Bekenntnis zur Gedenkstättenarbeit, sondern er unterstreicht deren Bedeutung insbesondere dadurch, dass er in die weitere Arbeit einbezogen werden möchte. Er übernimmt damit Verantwortung für die Erinnerungskultur in unserem Land. Ich glaube, das ist der wesentliche Unterschied zu früher, das ist der wesentliche Augenblick, der die heutige gemeinsame Verabschiedung eines Antrags zum Bekenntnis der Gedenkstättenarbeit in das Zentrum rückt und nicht, wie es ein bisschen mit der Gründung der Bürgerstiftung ursprünglich war, aus dem politischen Geschehen heraushalten will. Ich glaube, dass dieses ein wichtiger und herausragender Schritt ist. Ich möchte mich bei allen, die daran teilhaben und dies unterstützen werden, dafür bedanken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Weiterentwicklung der Gedenkstättenarbeit ist nach meiner Überzeugung und der Überzeugung der Freien Demokraten ein wichtiges Thema. Sie ist von wesentlicher Bedeutung für die historisch-politische Bildung und für die Aufgabe, den Terror und die Gewaltherrschaft der nationalsozialistischen Periode unserer Geschichte in Erinnerung zu halten, nicht als Selbstzweck, sondern als notwendiges Mittel, um gegen eine Wiederholung vorzubeugen und über die Folgen solcher totalitärer Politik aufzuklären.
Die Arbeit an einem Landesgedenkstättenkonzept ist dabei ein wichtiges Fundament für die weitere Arbeit. Auch 70 Jahre nach der Befreiung von der nationalsozialistischen Herrschaft bleibt dies ein aktuelles Anliegen.
Ich bin im Übrigen nach wie vor der Ansicht, dass den Schülerinnen und Schülern im Laufe ihrer Schulzeit der Besuch einer Gedenkstätte ermöglicht werden sollte. Das ist ein Punkt, der sicherlich nicht in Erlassen oder Dienstanweisungen geregelt werden sollte, aber es sollte gelebte Realität in einem guten Schulunterricht, einem guten Geschichtsunterricht sein, in dem die historisch-politische Bildung den ihr gebührenden Stellenwert erhält. Es sollte wirklich selbstverständlich sein, dass man einmal in der Schulzeit eine der Gedenkstätten besucht und dass das mit einer guten pädagogischen Vor- und Nachbereitung verbunden ist.
Auf dem Weg zu einer Weiterentwicklung der Gedenkstättenarbeit sollte man sich auch nicht von dem einen oder anderen Rückschlag entmutigen lassen. Dass der Antrag auf Fördermittel des Bundes für die Neulandhalle gescheitert ist, bedaure auch ich sehr. Ich denke, dass es in diesem Anlauf danebengegangen ist, liegt nicht an einem schlechten Konzept, das da vorgelegt worden ist, sondern das hat ganz profane Ursachen. Das sollte man in diesem Zusammenhang vielleicht auch einmal ansprechen. Es liegt wohl auch daran, dass der für die Empfehlung, für die Vergabe der Mittel zuständige Beirat mit Personen besetzt ist, die - so sage ich einmal - aus Einrichtungen kommen, die bisher aus den Fördertöpfen Mittel erhalten. Es scheint so, dass da doch ein Closed Shop aufgemacht worden ist, dass es also nicht daran liegt, dass der Antrag, der aus unserem Land gekommen ist, um in der Neulandhalle eine historisch-politische Erinnerungsstätte einzurichten, etwa unzureichend oder mangelhaft gewesen sei.
Ich glaube also, man darf sich durch solche Fehlschläge oder Misserfolge nicht entmutigen lassen. Ich denke, dass es in unserem Land - das ist nicht nur an diesem einen Beispiel festzumachen, sondern auch an vielen anderen - gute Konzepte und ein großes Engagement gibt, das wir vom Landtag aus, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in den kommenden Jahren weiter fördern sollten.
Wenn ich noch einmal an diesen Antrag mit der Unterschrift aus allen Fraktionen erinnere, denke ich, dass wir das Thema mit der Unterstützung aus
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Ende des Zweiten Weltkriegs ist eine Zäsur des 21. Jahrhunderts. Mehr als 70 Millionen Menschen kamen in sechs Jahren ums Leben, davon über die Hälfte Zivilisten. 13 Millionen sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, Euthanasieopfer sowie Sinti und Roma, die zu den Juden Europas hinzukommen, fielen dem deutschen Massenverbrechen zum Opfer.
An dieser Stelle möchte ich auch auf den Beginn eingehen. Der Beginn am 1. September 1939 mit dem Beschuss der Halbinsel Westerplatte erfolgte durch das deutsche Schulschiff „Schleswig-Holstein“. Ich möchte an dieser Stelle auch auf das Ende eingehen. Der Krieg endete im August 1945 mit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki.
Welch eine unglaubliche Verantwortung, aber auch Last für uns, die heute den verantwortlich Handelnden im Gedenken verpflichtet sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht nur um Gedenken, sondern auch um weitere Aufarbeitung. Deswegen ist es gut, dass wir alle gemeinsam den Auftrag zur geschichtswissenschaftlichen Aufarbeitung der personellen und strukturellen Kontinuität nach 1945 in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive erteilt haben. Das ist erwähnt worden. Der Beirat unseres Landtags, dem ich angehöre, begleitet die Arbeit. Wir können sicher sein, dass ein Stück noch nicht entdeckter, auch schwieriger Geschichte in unserem Land im nächsten Jahr an diesem Ort diskutiert werden wird.
Die Aufarbeitung reicht nicht aus. Wir müssen die Möglichkeit haben, dieser Verbrechen zu gedenken. Es gibt - das ist gesagt worden - nur noch wenige Zeitzeugen, die der Jugend heute und damit den Verantwortlichen von morgen über die Verbrechen des deutschen Faschismus berichten können. Deswegen möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich begrüßen, dass die Delegation des Ältestenrats demnächst nach Israel fährt. Ich bin sicher, dass die
Einstimmigkeit des heutigen Beschlusses, aber auch die Einstimmigkeit der bisherigen Beschlüsse eine Unterstützung für Sie ist, wenn Sie zum Gedenken an die Opfer stellvertretend für den Landtag einen Kranz in Yad Vashem niederlegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur BGSH! Die Neustrukturierung der BGSH reicht nicht aus. Frau Ministerin Spoorendonk, das haben Sie im letzten Jahr selber festgestellt. Wir wollen uns beteiligen - deswegen stimmen wir auch für die heutige Fassung -, wir wollen ein wirklich tragfähiges Landesgedenkstättenkonzept erarbeiten. Seit letztem Mai ist wirklich nicht viel passiert. Bei den Plänen zur Neulandhalle reicht es nicht aus - ich glaube, da besteht Konsens -, auf die Finanzierung in der nächsten Legislaturperiode zu verweisen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Einbindung des Parlaments in die Neustrukturierung der Bürgerstiftung gehen wir einen ganz wichtigen und entscheidenden Schritt. Nicht nur dass dieser Schritt der BGSH eine parlamentarische Legitimation gibt, wir können dieser Stiftung auch Unterstützung geben, damit sie zukünftig auf einer breiten Basis in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Die Einbindung des Parlaments bei der Neustrukturierung bietet uns endlich die Chance, unsere zum Teil vorgetragene Kritik am bisherigen Konzept in einen konstruktiven Veränderungsprozess einzubringen.
Die BGSH muss endlich auf fachlich breite Füße gestellt werden. Ich nehme da durchaus Bezug auf das, was der Kollege Klug gesagt hat. Für uns ist es auch wichtig - denn es geht ja um Haushaltsmittel in diesem Haushalt, aber auch zukünftig -, dass die Stiftung die Verwendung der Haushaltsmittel transparent macht.
Es müssen endlich aussagekräftige Finanzberichte erstellt werden. Aus unserer Sicht reicht es nicht aus, wenn nur die geförderten Institutionen gelistet werden und der Rest unter „Allgemeine Kosten“ verbucht wird.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle Gedenkstätten in Schleswig-Holstein personell auf tragfähige Füße gestellt werden. Frau Ministerin, wenn Sie mit Initiativen sprechen, müssten auch Sie gemerkt haben, dass viele, die sich ehrenamtlich engagieren, überlastet sind und die personelle Ausstattung zum Teil desaströs ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns auf die gemeinsame Arbeit, die vor uns liegt, in dem Wissen, dass wir damit gemeinsam ein Stück
weit Verantwortung in die Hand nehmen und versuchen, dieser gerecht zu werden. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Mitglieder der Bürgerstiftung Schleswig-Holstein, Christoph Wald und Harald Schmid, und der LAG Gedenkstätten, Dr. Jens Rönnau, und Karin Penno-Burmeister vom Projekt ProGedenkstätten. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren: „Ein Ort, an den man gerne geht“. Das ist der provokante Titel einer politikwissenschaftlichen Untersuchung über das HolocaustMahnmal in Berlin, das sich tatsächlich zu einem Publikumsmagneten entwickelt hat. Damit hat das Mahnmal viel zur Auseinandersetzung mit der Verfolgung und Ermordung europäischer Juden durch das NS-Regime beigetragen.
Auch Gedenkstätten brauchen Besucherinnen und Besucher, gerade weil sie Gewalt bezeugen. Die Konfrontation mit der Vergangenheit ist unumgänglich. Sie ist nicht vorbei, weil es fast keine Zeitzeugen mehr gibt, denn unsere Verantwortung lebt weiter. Die kritische Erinnerung an Herrschaft, Verbrecher und Verfolgte des Nationalsozialismus muss gesellschaftsnah und mit modernen Mitteln erfolgen, auch um den Nachgeborenen die Chance für die Auseinandersetzung mit der Geschichte zu geben.
Schleswig-Holstein hat in dieser Hinsicht einen enormen Nachholbedarf. Der Grund liegt auf der Hand: Viele Funktionäre des NS-Regimes konnten ihre Karrieren der Gewalt im demokratischen Deutschland fast nahtlos fortsetzen und besetzten Schlüsselpositionen bei Polizei, Justiz und Behörden Schleswig-Holsteins. Im Norden bestand ein gesellschaftlicher Druck, keine Fragen nach Schuld und Verantwortung zu stellen oder - wenn überhaupt - zu marginalisieren und zu entpersonalisieren, also Schuldige nicht zu benennen.