Schaut man sich einmal an, was die Koalition tut, um die Energiekosten zu senken, so stellt man fest: Nichts; es gibt allenfalls einen Runden Tisch. Auf Bundesebene gab es vor zwei Wochen den sogenannten Kompromiss, den Energiegipfel. Dabei ist ein schwarz-rotes Energiepaket herausgekommen, das zur Folge hat, dass Stromkunden und Steuerzahlern weiter tief in die Tasche gegriffen wird. Die Energiewende droht - das sehen wir beinahe täglich - in einigen Punkten wirklich aus dem Ruder zu laufen. Auch da muss man gegensteuern. Das sind die tatsächlichen Probleme.
Ein Thema, das ich immer wieder gern erwähne, sind die einheitlichen Netzentgelte. Auch das würde der Familie Hansen aus Schleswig-Holstein nutzen, wenn man ein einheitliches Netzentgelt hätte. Das könnte zu einer Entlastung beziehungsweise zu einer Senkung des Strompreises führen. Strom, meine Damen und Herren, darf definitiv kein Luxusgut werden.
Zu dem Antrag, was den Runden Tisch angeht: Man kann eigentlich nicht dagegen sein, einen Runden Tisch zu machen. Wir werden uns da enthalten. Wir haben ja mittlerweile ziemlich viele Runde Tische. Vielleicht sollten wir einmal einen Tisch einberufen, der die Runden Tische alle koordiniert.
Aber ich verbinde mit dem Runden Tisch auch die leise Hoffnung, dass da noch einmal deutlich gemacht wird, gerade von den Stromlieferanten und von der Verbraucherzentrale, was wirklich zu tun ist, um die Strompreise nicht weiter steigen zu lassen oder im Idealfall sogar zu senken. Ich hoffe, dass der Runde Tisch entsprechende Erkenntnisse zutage fördert. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von Sigmar Gabriel und Horst Seehofer ausgehandelte Energiewendekompromiss von letzter Woche wäre in Ordnung, wenn Bayern keine Sonderbehandlung erhalten hätte und wir der Einhaltung der Klimaschutzziele nähergekommen wären. Leider scheinen die beiden Herren den Schwerpunkt ihrer Bemühungen sehr einseitig justiert zu haben. Viel Klimaschutz ist da nicht drin. Dafür steigt der im letzten Jahr so mühsam stabilisierte Strompreis jetzt wieder an, nämlich um voraussichtlich knapp einen halben Cent je Kilowattstunde. Und warum? Damit König Seehofer sein Erdkabel bekommt, während unsere Ostküste leer ausgeht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Vorreiter bei der Energiewende sollten wir uns von derlei Gemauschel allerdings nicht zu sehr irritieren lassen. Wir bauen mit dem Baltic Cable und dem NordLink unsere guten Beziehungen in den Norden Europas weiter aus und können daher selbstbewusst nach vorn blicken.
Aus dieser selbstbewussten Haltung heraus begrüße ich den Vorschlag, einen Runden Tisch einzurichten, der sich auch der Frage stellt, was wir zur Entlastung der Schwächsten in unserer Gesellschaft tun können.
Bevor ich auf einige Vorschläge eingehe, schlage ich vor, die Bürgerbeauftragte, die in jedem Bericht auf die Notlage derjenigen, denen der Strom abgeschaltet wird, hingewiesen hat, aber auch Vertreter und Vertreterinnen der Initiative aus Lübeck zu beteiligen, wo die CDU sehr viel konstruktiver ist, als es gerade eben in Ihrem Redebeitrag zum Ausdruck
gekommen ist, und ein Modell unterstützt, im Rahmen dessen Jobcenter, Sozialbehörden und Stadtwerke ein detailliertes Verfahren festgelegt haben, um die Abschaltung zu verhindern. Ich denke, dass auch sie Erfahrungswerte mit in einen solchen Runden Tisch einbringen können.
Die Frage der sozialverträglichen Energiepreise beschäftigt uns PIRATEN schon lange. Daher kennen wir auch die Herausforderungen sehr genau. Einerseits muss es darum gehen, die einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen zu entlasten. Andererseits dürfen wir nicht falsche Anreize setzen. Denn wer achtet schon auf den Verbrauch, wenn Energie wenig kostet? Den Menschen muss der Wert der Energie klar sein, und der erschließt sich einem jeden von uns am ehesten über die Stromrechnung. Hier die richtige Balance zu finden, das ist die Herausforderung. Es ist eine Problemstellung, die die Parlamentarier mit Sicherheit nicht allein lösen können. Auch deswegen begrüßen wir den Runden Tisch.
Wir brauchen die Unterstützung der Energieversorger, Verbraucherschützer und der Sozialverbände sowie alle dieser Akteure für diesen Erfahrungsaustausch; denn es muss bei den Gesprächen auch darum gehen, sich in die Situation der jeweils Betroffenen und auch der anderen Seite hineinzuversetzen und gegenseitiges Verständnis dafür zu entwickeln.
Wie könnte also ein Sozialtarif aussehen, der die Menschen entlastet und gleichzeitig einen Anreiz setzt, Energie zu sparen? Zunächst könnte man diskutieren, inwieweit es möglich ist, die Grundgebühr für bestimmte Gruppen vollständig zu streichen. Hierbei findet eine Entlastung statt, wobei der Anreiz zum Energiesparen erhalten bleibt. Und/ oder wäre es möglich, etwa die ersten 1.000 kW/h vergünstigt anzubieten, während jede über diese Grenze hinausgehende verbrauchte Kilowattstunde teurer wird? Auch bei diesem Modell findet eine Entlastung statt, während der Anreiz, Energie zu sparen, erhalten bleibt.
Unabhängig vom Tarifmodell ist es aus meiner Sicht zentral wichtig, dass die Menschen ihren Verbrauch selber kontrollieren können. Das ist mittels digitaler Stromzähler wie diesem hier - ich zeige ihn einmal kurz -, den man für 10 € bekommen kann, möglich. Jeder Verbraucher hätte so die Möglichkeit, den tatsächlichen Verbrauch bei sich zu Hause zu messen. Auch das ist eine Möglichkeit, die im Bereich des finanziell Machbaren liegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Antrag ist gut; denn er öffnet einen Raum für Ideen. Ich würde es daher schön finden, wenn Sie alle zustimmen. Ich habe gehört, dass das nicht der Fall sein wird. Gleichwohl sage ich: Was könnte schon falsch daran sein, sich mit den Fachleuten darüber zu verständigen, wie wir jene, die nicht zur Mittelschicht unserer Gesellschaft gehören, unterstützen können, damit das Licht das ganze Jahr an bleibt? - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte mich zu Anfang, Kollege Matthiessen, bei dir für deine Beharrlichkeit bedanken, die du bei diesem Thema gehabt hast. Ich denke, bei den vorherigen Reden ist schon sehr ausführlich darüber gesprochen worden, wo man heute im Haushalt überall Strom benutzt. Das will ich jetzt nicht alles wiederholen. Wir können nur feststellen: Strom gehört zur Daseinsvorsorge und ist ein Teil der Grundversorgung.
Wir können feststellen - auch das ist schon gesagt worden -, dass wir gerade bei den Strompreisen eine enorme Steigerung erlebt haben. Man geht davon aus, dass sich der Strompreis für die Verbraucher seit 2002 nahezu verdoppelt hat. Es ist ganz klar, dass eine solche Entwicklung die Haushalte enorm belastet. Hartz-IV-Bezieher, Kleinrentner und Niedriglöhner sind hier besonders betroffen. Das macht ihnen erheblich zu schaffen.
Daher haben wir die Situation, dass die Energieversorger es mit immer mehr säumigen Zahlern zu tun haben. Das Ergebnis solcher Versäumnisse ist, dass man den Betroffenen nach mehrmaliger Mahnung und nach längerer Zeit den Strom sperrt. Dies muss immer in einem angemessenen Verhältnis geschehen. Es darf zum Beispiel nicht die Gesundheit und insbesondere nicht kranke Menschen und Kinder gefährden. Dennoch stellen wir fest, dass der Strom immer mehr Menschen gesperrt wird.
Kollege Matthiessen ist auf den Monitoringbericht eingegangen. Die Zahlen an sich sind erschreckend. 2013 waren rund 345.000 Haushalte in der Bundesrepublik betroffen. Besonders erschreckt mich die Steigerung. Im Vergleich zu 2012 gab es 23.000
mehr betroffene Haushalte. Im Verhältnis zu 2011 waren es sogar 33.000 Haushalte mehr. Wir sehen also: Die Anzahl wächst und wächst. Hinter all diesen Zahlen stecken menschliche Schicksale. Deshalb müssen wir dieser Form der Energiearmut entgegenwirken.
Es ist ganz klar: Stromsperren sind kein probates Mittel, um die betroffenen Haushalte aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Hier bedarf es Lösungen dazu, wie diesen Menschen langfristig geholfen werden kann. Es geht auch um die Fragen, warum die Menschen in finanzielle Not geraten sind und wie man ihnen aus den finanziellen Problemen heraushelfen kann.
Nun gibt es in der Tat verschiedene Möglichkeiten, damit es nicht erst so weit kommt, dass den Menschen der Strom abgeklemmt wird. Hier bedarf es auch technischer Lösungen. Zum einen wäre es wünschenswert, wenn der Kunde sehen könnte, wann der Strom teuer und wann der Strom günstig zu haben ist. Dies könnten intelligente Messgeräte durchaus leisten. Es stellt sich mir jedoch die Frage, wie realistisch die Einführung eines solchen Tarifsystems oder solcher Messgeräte ist. Sinnvoll wäre dies aber allemal.
Bevor man hierüber entscheidet, muss man allerdings herausfinden, inwieweit die Kunden mit entsprechenden Investitionen belastet werden. Wir dürfen die Kunden - insbesondere die privaten Haushalte - nicht mit Investitionen belasten, die sich möglicherweise für sie nicht rechnen oder sie gar übervorteilen.
Gleiches gilt im Übrigen auch für sogenannte Prepaid-Zähler. Gleichwohl scheint es an anderen Orten gute Erfahrungen mit einem solchen System zu geben. Es hat zudem den positiven Effekt, dass man sich Gedanken über den eigenen Stromverbrauch macht. Das heißt, energiebewusstes und stromsparendes Handeln würde dadurch gefördert werden.
Aber ich will hier nicht vorgreifen. Daher halte ich die Einrichtung eines Runden Tisches absolut für geboten, um das Problem anzugehen. Dabei sollten alle Aspekte beleuchtet werden. - Jo tak.
Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Robert Habeck.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte zwischendurch überlegt, ob ich mich überhaupt noch zu Wort melden sollte, weil das Entscheidende gesagt wurde. Ich dachte auch und hatte dies unterstellt, dass es hierzu im Haus eine große Einigkeit gibt, aber dem scheint nicht so zu sein. Daher würde ich gern einige Anmerkungen machen.
Warum gründet man Runde Tische? Das ist eine gute Frage. Eigentlich sind diese von der Verfassung gar nicht vorgesehen. Ich würde antworten und für meinen Aufgabenbereich sagen: Man versucht, mit Runden Tischen dort pragmatische Lösungen zu finden, wo die Regelkompetenzen nicht im Hoheitsbereich des Landes liegen, man gleichwohl sieht, dass es Probleme gibt. So ist es beim Runden Tisch Tierschutz, durch den wir tatsächlich im Land Schleswig-Holstein pragmatische Lösungen finden können. Eigentlich müsste man auf europäischer Ebene die Direktzahlungen und das Tierschutzgesetz ändern, aber das sind weite Wege. Wollen wir deshalb warten und nichts tun? - Nein, das wollen wir nicht. Deshalb: Lassen Sie uns das Problem doch angehen.
Es gibt hier ein reales Problem. Die Zahlen sind hergeleitet. Es ist so real, dass wir noch nicht einmal wissen, wie genau die Zahlen sind. Ich kann sie hier weder bestätigen noch dementieren. Das ist ein Bereich, für den wir keine eigene Datenlage haben, aber das Problem ist offensichtlich, wir hören davon im Alltag, und wir lesen in den Zeitungen, dass es hier ein Problem gibt. Es gibt hier widersprüchliche große Interessenlagen.
Wir können wahrscheinlich hier in Schleswig-Holstein nicht morgen die soziale Schieflage lösen. Das ist schade, ich würde das gern tun, wir alle würden das gern tun, aber hier ist wohl ein längerer Weg zu gehen. Richtig ist auch, dass die Energiewende - jede Energiepolitik - Auswirkungen auf die Haushaltseinkommen der Familien hat. Wollen wir die Stromsperren deshalb laufen lassen? - Ich halte das für eine schlechte Lösung. Daher ist der Runde Tisch ein probates Mittel.
Eine zweite Anmerkung zur Energiepolitik. Herr Kumbartzky, ich gebe Ihnen recht, dass die Einigung der Großen Koalition, Kohlekraftwerke, die nicht mehr gebraucht werden, durch eine Abschlagzahlung aus dem Markt zu drängen, zugunsten eines goldenen Handschlags, eine schlechte Regelung ist, die in diesem Zusammenhang von den Stromkunden zu bezahlen ist. Unsere Schätzungen gehen von 1,4 Milliarden € aus, die dies kostet.
Sie wissen, wo ich stehe. Ich finde, man kann darüber streiten, ob erneuerbare Energien, die Zukunft in der Energiewende und der Innovationsfortschritt extra bezahlt werden sollen, bis ein Markt etabliert ist. Ich finde aber, schlecht streiten kann man darüber, auslaufende Technologien noch weiter durch Geld aus dem Markt rauszubefördern. Ich finde, das ist Quatsch.
Auch im sozialpolitischen Kontext ist Quatsch, was hier entschieden wurde. Gleichwohl ist es so, dass nur der verkürzte Blick auf die EEG-Umlage nicht reicht, um zu sagen: Die Energiewende ist in Deutschland das sozialpolitische Problem. Hätte man einen fairen CO2-Preis, wie er einmal bei Einführung des Emissionshandels gedacht war, dann wäre die EEG-Umlage deutlich niedriger. Das Problem in der Energiewende ist kurz gesagt, dass die Umweltschädigungskosten sich nicht im Strompreis wiederfinden und dass deshalb die erneuerbaren Energien im Vergleich einen Wettbewerbsnachteil haben, weil die anderen Technologien begünstigt oder subventioniert werden oder weil die Kosten über andere Gelder transferiert werden. Das spricht nicht gegen die Energiewende, gleichwohl lässt es das Problem von den Stromsperren - wenn es denn ein solches gibt - im Raum stehen. Ich habe es schon gesagt, der Runde Tisch ist ein probates Mittel, dagegen vorzugehen.
Frau Rathje-Hoffmann, deshalb bedaure ich es, dass sich die Union dem nicht stellen will. Ich erinnere mich gut an Peter Altmaier und an die Flankierungen aus den Landesparlamenten, die gesagt haben: Die Stromkosten sind ein großes sozialpolitisches Problem in Deutschland; die EEG-Umlage durch die Energiewende ist zu hoch. Ich finde, das war damals der falsche Schluss, und das gilt auch heute. Die Vereinseitigung der Debatte ist nicht richtig gewesen. Wir haben damals im Bericht 2012 versucht aufzudecken, dass der Kostenanstieg bei den Wärmekosten fünffach höher ist und dass die Energiepreise - die Strompreise - in Schleswig-Holstein wegen des Stroms aus erneuerbaren Energien 3 Cent günstiger sind als im Bundesdurchschnitt. Gleichwohl ist die Fragestellung richtig gewesen.
Dass die Union jetzt sagt, wir wollen nicht mitmachen, finde ich bedauerlich. Sie fallen damit hinter die eigene Erkenntnislage zurück, auch wenn Sie 2012 den falschen Schluss gezogen haben.
Ich würde mich freuen, und ich würde ihn gern organisieren, sollte die Landesregierung den Runden Tisch einrichten sollen. Es wäre schön, wenn sich auch die Opposition daran beteiligen würde. - Vielen Dank.