Protokoll der Sitzung vom 17.07.2015

schnell ändert. Vom Hohen Haus sollte nun das deutliche Signal ausgehen, das der Bahn klarmacht: So geht es nicht!

Das ist auch das Ziel unseres Antrags. Ich begrüße es, dass nach der CDU-Fraktion auch die regierungstragenden Fraktionen und die PIRATEN auf uns zugekommen sind und gebeten haben, ebenfalls Antragsteller zu werden. Dem haben wir gern entsprochen; denn je deutlicher das Signal des Landtags an die Bahn wird, umso größer ist die Chance, dass die Bahn ihre Pläne noch einmal überarbeitet. Vermutlich wird es gleich ein einstimmiges Votum - auch mit der Stimme des Kollegen Baasch - für unseren gemeinsamen Antrag geben. Ich glaube, das kann die Bahn nicht einfach ignorieren.

Die Landesregierung - ich meine ausdrücklich nicht nur den Verkehrsminister, sondern auch den Ministerpräsidenten - ist nun aufgefordert, umgehend Gespräche mit Bahnchef Grube zu führen, um diesen Irrsinn noch zu stoppen. Wenn ich richtig informiert bin, hat Herr Grube einen Wohnsitz in Schleswig-Holstein und weiß deshalb, dass diese Bahnanbindung für unser Bundesland nicht nur symbolischen Charakter hat. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich danke der FDP für den Antrag. Ich bin froh, dass wir über alle Fraktionsgrenzen hinweg einen gemeinsamen Antrag haben formulieren können, weil wir alle das gleiche Signal nach Berlin senden wollen.

(Beifall)

Es ist schon schlimm genug, dass Kiel die einzige Landeshauptstadt ist, die nicht auf direktem Weg über die Autobahn mit Berlin verbunden ist. Nun haben wir das gleiche Problem auch auf der Schiene.

Herr Ministerpräsident, Herr Wirtschaftsminister, Sie sind zwar häufig in Berlin, aber offensichtlich werden Sie dort nicht so richtig ernst genommen. Das kann nicht angehen.

(Beifall CDU)

(Christopher Vogt)

Ich stelle mir eine ähnliche Situation in Bayern vor.

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

Stellen Sie sich einmal vor, Züge würden nicht mehr so oft nach München fahren. Herr Seehofer hätte sich mit seinem ganzen Gewicht sicherlich massiver dafür eingesetzt, dass eine Verschlechterung der Infrastruktur nicht infrage kommen darf.

(Zuruf Ministerpräsident Torsten Albig)

- Sollen wir noch einmal über Ihre Beliebtheit und die Beliebtheit von Herrn Seehofer diskutieren? Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich daran nicht erinnern, Herr Ministerpräsident. Wir wollen aber nicht über den Ministerpräsidenten und seinen Beliebtheitsgrad reden, sondern über den Ministerpräsidenten und seine Wirkung, die er haben müsste, wenn er in Berlin auftritt. Das ist uns wichtig.

Eines haben wir festgestellt: Glückstadt und Kiel haben eines gemeinsam: Beide haben in Zukunft weniger Zugverbindungen. Beide werden dadurch unattraktiver für die Menschen, die hier wohnen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Lebensqualität und auf die Arbeitsplätze. Das betrifft sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Dafür haben Sie sich einzusetzen.

Deshalb mein Appell an alle hier im Hohen Haus: Sorgen Sie dafür, dass das zurückgenommen wird, zumindest bei der nächsten Umstellung.

Außerdem möchte ich das aufgreifen, was der Kollege Vogt gesagt hat. Wenn wir schon zweimal jährlich Gespräche mit der Bahn führen, dann gehört so etwas auch auf den Tisch. Dann wird darüber informiert. Das gehört einfach dazu. Ansonsten können wir auf solche Veranstaltungen mit der Bahn gern verzichten.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Noch einmal mein Appell: Machen Sie alle mit! An Sie persönlich sage ich: Setzen Sie sich mit all Ihrem Gewicht ein, selbst wenn es Ihnen graue Haare kosten sollte, aber setzen Sie sich dafür ein, dass wir bessere Verbindungen erreichen, und zwar sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns hat Themen, die einen emotionaler bewegen als andere Themen. So gerät jeder einmal in Verzückung oder ärgert sich besonders je nach Entwicklungsperspektive bei einem Thema.

Ich habe mich sehr geärgert - ich glaube, das geht auch vielen anderen so -, als ich aus der Zeitung erfahren musste, dass die einzige ICE-Direktverbindung von Kiel nach Berlin mit dem kommenden Fahrplanwechsel gestrichen werden soll. Einmal pro Tag gibt es diese Direktverbindung mit unserer Hauptstadt und wieder zurück. Übertrieben viel ist das nun wahrlich nicht. Diese Verbindung soll nun auch noch gestrichen werden. Wirtschaftliche Gründe können dabei sicherlich keine Rolle spielen, da der Zug wirklich gut ausgelastet ist, wie jeder von uns weiß, der diesen Zug schon einmal genutzt hat.

Der ICE ist seit Anfang der 90er-Jahre in Deutschland unterwegs, wurde von Anfang an so beworben wie kein Zug zuvor und ist das Prestigeobjekt der Bahn. Der Bekanntheitsgrad beträgt 100 %. Davon träumen wir Politiker in unseren Wahlkreisen.

(Zurufe)

Gerade einmal 10 % des Gesamtumsatzes der DB lassen sich auf den ICE zurückführen. Dieser prägt aber zu 90 % das Ansehen der Bahn. Mit diesem hohen Ansehen begründet sich auch unser Erwartungsdruck, dass die ICE-Direktverbindung zwischen Kiel und Berlin weiterhin bestehen bleiben soll.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses fühlen sich besonders brüskiert - Christopher Vogt hat vorhin darauf hingewiesen -, da wir erst im Mai 2015, vor fast exakt zwei Monaten, unser turnusgemäßes Gespräch mit der DB geführt haben. Bewusst war das Thema ,,Neues Fernverkehrskonzept bei der DB“ angemeldet worden. In nette Worte gekleidet wurden uns das Konzept und die Verbesserungen für die großen Metropolen dargestellt. Die Verschlechterungen für unser Bundesland wurden allerdings mit keinem Wort erwähnt. Die Planungen der Bahn für den ICE Kiel-Berlin hätten in diesem Rahmen offen diskutiert oder zumindest ausgetauscht werden können. Vielleicht hätten wir das in Ansätzen nachvollzogen, wenn auch nicht akzeptiert.

Die Bahn bewirbt die Entwicklung beim Fernverkehr vollmundig mit der Aussage: Die größte Kun

(Hans-Jörn Arp)

denoffensive in der Geschichte des DB-Fernverkehrs. - Die Unterzeile könnte aktuell lauten: Für die großen Metropolen gut, für Kiel leider nicht. Das ist für eine gelungene Olympiabewerbung nicht gerade sehr geschickt.

Diese Entwicklung wollen wir so nicht akzeptieren. Daher haben wir uns dem Antrag gern angeschlossen. Deshalb haben wir das Thema auf die Tagesordnung der Sitzung des Wirtschaftsausschusses in der vergangenen Woche gesetzt.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Unmittelbar vor der Sommerpause, wenn ganz viele Bürgerinnen und Bürger hier im echten Norden und viele von uns in den Urlaub starten, wollen auch wir die Metropolen schnell mit dem ICE erreichen.

Kiel steht gerade für die Kreuzfahrttouristen ganz weit oben. Viele erreichen die Luxusliner mit der Bahn, insbesondere mit dem ICE. Insofern ist eine Direktverbindung ein großes Plus für Kiel.

Schleswig-Holstein wurde einst von Herbert Wehner als Wurmfortsatz von Hamburg bezeichnet. Dieser große Politiker hatte in vielem recht, dabei aber definitiv nicht.

(Vereinzelter Beifall)

Wir sind wahrlich nicht der Blinddarm von Hamburg, doch dahin degradiert fühlen wir uns gerade ein wenig.

Die Opposition mahnte vorgestern in einem ihrer Redebeiträge, dass die Gespräche unserer Landesregierung in den Chefetagen in Süddeutschland nicht entsprechend geführt würden. Unser Wirtschaftsminister Reinhard Meyer hat dies gestern wieder geradegerückt. Für die Bahn werden diese Gespräche von niemandem in Zweifel gezogen, weil alle wissen, dass es viele Gespräche unseres Ministers und unseres Ministerpräsidenten mit dem Vorstand der Bahn gegeben hat und auch weiterhin geben wird.

Dieser Antrag soll als Signal der Unterstützung der Landesregierung verstanden werden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es weitere und hoffentlich erfolgreiche Gespräche mit der DB geben wird. Unsere Direktverbindungen mit dem ICE dürfen nicht verringert, sondern sollten mindestens erhalten, wenn nicht gar ausgebaut werden. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Dr. Andreas Tietze.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 1991 fuhr der erste ICE. Seitdem sind die weißen Züge mit den roten Streifen die Flaggschiffe der DB-Flotte. Nach Kiel fuhr anfangs noch keiner. Es fehlten damals, wie in weiten Teilen unseres Landes noch heute, die Oberleitungen, und ein Umkoppeln auf Dieselloks war nicht vorgesehen. Abstellgleis Schleswig-Holstein.

Aber „ICE“ verheißt Geschwindigkeit, Luxus, Ferne, Reiselust. Wir fühlen uns eiskalt erwischt, wenn ausgerechnet zur Olympiabewerbung die einzige ICE-Verbindung in die Bundeshauptstadt verloren geht.

Und auch durch die DB-Infopolitik fühlt man sich manchmal - - Die Kollegen haben das angesprochen: Wenn man auf dem Bahnsteig steht und Verspätungen als Kunde nicht erfährt, fragt man sich manchmal: Wie informiert die Bahn eigentlich ihre Kunden? Aber jetzt stelle ich fest: Genauso schlecht, wie sie manchmal ihre Kunden informiert, informiert sie die Parlamentarier. Die Bahn hat damit kein gutes Bild abgegeben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt SPD und PIRATEN)

Der Verlust einer Zugverbindung ist ein Symptom für eine massive Benachteiligung Schleswig-Holsteins in der Bahnpolitik.

Aber, liebe Kollegen, wir alle haben Verantwortung dafür, auch die Kollegen von CDU und SPD, die in Berlin gemeinsam regieren. Sie dürfen Herrn Dobrindt mal fragen, wieso ICE-Züge völlig selbstverständlich nach Mittenwald und Rosenheim fahren, jedoch weder an die Ostsee noch nach Sylt. Stattdessen rußen uns Dieselzüge auch zwischen diesen beiden großen Zielen voll. 30 % unserer Strecken in Schleswig-Holstein sind elektrifiziert. Im Bund liegt der Standard bei 60 %. Da kann jeder erkennen: Wir sind weit abgeschlagen.

Für mich hat dieser Wahnsinn Methode. Aber ich sage auch, wenn wir hier immer wieder Diskussionen in diesem Parlament führen und Luftschlösser wie die Fehmarnbelt-Querung bauen,

(Kai Vogel)