Protokoll der Sitzung vom 14.10.2015

Gemeinsam mit unseren Initiativen, mit dem Projekt „Schule trifft Kultur - Kultur trifft Schule“, das die Stiftung Mercator in Kooperation mit den beiden federführenden Ressorts im Land, nämlich dem Bildungs- und dem Kulturministerium, bis 2017 gestaltet, mit den fünf Kulturschulen, mit den Projekten unserer Hochschulen, insbesondere der Muthesius Kunsthochschule und der Musikhochschule, und nicht zuletzt mit den zahlreichen Akteuren der kulturellen Bildung in unserem Land, mit all diesen Akteuren zusammen werden wir eine nachhaltige, lebendige Struktur erhalten und, wo nötig, auch schaffen, die die kulturelle Teilhabe vieler Kinder, vieler Jugendlicher und Erwachsener ermöglicht. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Beate Raudies das Wort. - Jetzt kommt‘s: Es gibt einen Zuschlag von einer Minute.

Dazu sage ich jetzt nichts. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin! Vielen Dank für diesen Bericht, auch wenn ich befürchte,

dass die Berichterstattung über diesen Punkt in der Plenarsitzung keinen prominenten Platz einnehmen wird - schade! Denn Kultur und mit ihr die kulturelle Bildung sind nicht nur ein Thema für gute Zeiten. Kulturelle Bildung war nie so aktuell wie heute.

Ziel des Bundesprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ ist es, Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern oder aus Familien mit geringem Einkommen über den Schulunterricht hinaus, in dem ihnen Musik, Kunst und Theaterspielen vermittelt werden, Angebote in allen künstlerischen Sparten und Kulturformen zu unterbreiten. Dazu sollen sich Bündnisse aus mindestens drei außerschulischen Trägern zusammenfinden, die dafür Fördermittel beantragen können.

Wir haben in unseren Schulen Tag für Tag mehr Kinder und Jugendliche, die aus genau solchen Lebenslagen kommen und für die diese Angebote ebenfalls bereitstehen müssen. Ich spreche - Sie werden es sich denken - von den zahlreichen Flüchtlingskindern, die zurzeit in unser Land kommen. Denn „Jugendliche starkmachen“ heißt ja auch, sie offen zu machen für das andere, das Neue und für die anderen, die Neuen. Dazu bietet das Programm „Kultur macht stark“ genau die richtigen Anreize.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, „Kultur macht stark“ ist sicherlich das umstrittenste Projekt der kulturellen Bildung der letzten Jahre. Schon die vom Bundesministerium für das Projekt zur Verfügung gestellte Fördersumme von mehr als 200 Millionen € für den Zeitraum von fünf Jahren lässt andere kulturelle Bildungsprojekte des Bundes dagegen klein aussehen. Hinzu kommt, dass das Projekt nicht von staatlicher Seite, sondern von Organisationen der Zivilgesellschaft inhaltlich wie administrativ verantwortet wird. Das war einer der großen Kritikpunkte, als es aufgelegt wurde.

Wir in Schleswig-Holstein hatten Glück. Der Aufbau der Strukturen für dieses Bundesprogramm musste bei uns nicht bei null beginnen. Unabhängig von der Ressortzuständigkeit, die in den letzten Jahren häufig gewechselt hat, ist die kulturelle Jugendbildung immer ein Schwerpunkt der Kulturpolitik des Landes gewesen. Die Zusammenarbeit zwischen dem Land und der Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung funktioniert seit langer Zeit hervorragend. Denn natürlich sind das Land und die öffentlichen Stellen nicht diejenigen, die als Erste Kultur zu organisieren haben.

(Ministerin Anke Spoorendonk)

Kultur muss von den berühmten Graswurzeln her wachsen, und sie muss sich auch erst einmal selbst organisieren. Es war eine gute Entscheidung, mit finanzieller Unterstützung des Landes vor drei Jahren bei der Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung eine Servicestelle einzurichten, die hilft, die Fördermittel des Bundesprogramms in Anspruch zu nehmen. Diese Servicestelle und der von ihr eingerichtete Internetauftritt leisten wichtige Arbeit, die von Schulen und nichtschulischen Einrichtungen intensiv nachgefragt wird.

Die Ergebnisse geben uns recht. Die Ministerin hat es gesagt: Bis zum ersten Halbjahr 2015 erhielten Antragsteller aus Schleswig-Holstein circa 2,8 Millionen € für insgesamt 313 Maßnahmen und Projekte. Wenn man auf die Internetseite des Bundes schaut, sieht man eine Landkarte. Da kann man sehen, dass Schleswig-Holstein zu den Regionen gehört, die wirklich viele Mittel aus dem Programm bekommen haben. Besonders hervorgetan haben sich da die Städte Lübeck und Kiel. Die stehen noch ein wenig besser da. Das darf ich hier einfach einmal sagen. Unser Anteil entspricht rund 4 % der bisher vergebenen Mittel. Bei einer Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel wäre es deutlich weniger gewesen.

Meine Damen und Herren, das Programm ist derzeit bis zum Jahr 2017 ausgelegt. Auch das hat die Ministerin gesagt. Ich persönlich würde mir bei aller Kritik, die ich am Anfang hatte, inzwischen eine Fortsetzung wünschen. Unser Ziel muss dabei sein: Jedes Kind sollte im Laufe seiner Kindergartenund Schullaufbahn die Möglichkeit haben, mit möglichst allen Sparten von Kunst und Kultur in Berührung zu kommen und sich, so der Funken überspringt, auch in mindestens einer dieser Sparten aktiv zu betätigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mit einem Zitat schließen, das die Notwendigkeit der kulturellen Bildung wunderbar verdeutlicht. Anlässlich des Benefizkonzerts des Bundespräsidenten am 9. August 2013 in Lübeck sagte Joachim Gauck - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -:

(Zuruf CDU)

„Unsere ganz einmalige, weltweit geschätzte Musikkultur in Deutschland hängt davon ab, ob es gelingt, auch den Nachwuchs für die Musik und das Musizieren zu begeistern. Nur wenn uns das gelingt, werden wir unsere zahlreichen Orchester, Opernhäuser, aber auch Konservatorien und Musikhochschulen halten können.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Herr Abgeordnete Peter Sönnichsen das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor gut einem Jahr haben wir hier die Ergebnisse des Kulturdialogs diskutiert, beraten, debattiert und zum Teil auch Beschlüsse dazu gefasst. Ich will meine Ausführungen in den Kontext dazu stellen. Ich habe schon damals gesagt, die Wahl von vier Schwerpunkten war richtig, der Schwerpunkt der ästhetischen Bildung war richtig gewählt, und auch die Ansätze, die sich jetzt in der Umsetzung ergeben, sind ohne Weiteres zu begrüßen.

Vernetzung, Breitenbildung, Talentförderung - das waren ganz entscheidende Punkte in Fragen der kulturellen Bildung. Und dazu gehört auch dieses Programm.

Nach dem Jahr der kulturellen Bildung 2014 kam - Sie haben es gesagt, Frau Ministerin - die Fortsetzung mit „Schule trifft Kultur“. Zu beiden, „Schule und Kultur“ wie auch zu dem hier in Rede stehenden Thema „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“, will ich an einen Ausspruch des früheren Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen erinnern. Er sagte gerne: Wer arm ist, muss auch schlau sein. - Das können wir uns allen, aber das kann ich auch Ihnen, Frau Ministerin, bestätigen: Dieser Weisheit wurde gefolgt, sowohl mit der Förderung, die Sie von der Stiftung Mercator für das Land erreicht haben, als auch mit der Beteiligung an diesem Programm.

Ich will aber auch deutlich sagen: Es ist ein Bundesprogramm. Ich höre immer viele Aussprüche und Appelle in diesem Hause, der Bund möge Geld bereitstellen; zuletzt war das bei Tagesordnungspunkt 31 gleich nach der Mittagspause der Fall. Ich möchte deutlich herausstellen, dass der Bund hier von sich aus seinen Pflichten ganz deutlich gerecht geworden ist, wovon wir als Land profitieren.

(Beifall CDU und FDP)

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, für Ihren Bericht. Ich danke auch für die ideelle Unterstützung von

(Beate Raudies)

Ihnen und aus Ihrem Haus, von allen Beteiligten, sodass dieses Programm zu einem Erfolg geführt wird. Mein Dank - das will ich ausdrücklich sagen gilt ferner der LKJ, ihren Mitgliedsverbänden, den Vereinen, den Schulen, den Kulturschaffenden, den Volkshochschulen. Alle diese haben es mit Leben erfüllt und für die Ausgestaltung gesorgt.

Die Projekte, die Sie beschrieben haben - auch das gehört zur Wahrheit -, sind gut, sind zielführend. Sie machen das, was wir gewollt haben. Das gilt auch für den Kulturdialog. Es führt dazu, dass der Stellenwert erhöht wird und dass wir gerade im ländlichen Raum eine bessere Akzeptanz und eine bessere Umsetzung erfahren.

Ich hätte mir gewünscht, dass die angesprochenen Landesinitiativen wie beispielsweise „Schule trifft Kultur - Kultur trifft Schule“ in diesem Zusammenhang mit erörtert worden wären. Aber dazu - da haben Sie natürlich völlig recht - kann ja ein Antrag gestellt werden, von den bisherigen Antragstellern oder von uns, vielleicht auch gemeinsam. Das sollte man in dem Zusammenhang mit erörtern.

Ich habe den Kontext zu den Kulturperspektiven des Landes hergestellt, die hier gemeinsam entwickelt worden sind. Darauf komme ich mit einigen Worten der Kritik zurück. Wir haben für viele Bereiche immer die Ankündigung der Landesregierung, insbesondere von drei Ministerinnen, erhalten. Ich kann Ihnen gern bescheinigen, Frau Ministerin Spoorendonk, dass Sie die Handelnde in der Beziehung sind. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es offensichtlich nicht das Anliegen der gesamten Landesregierung ist. Denn an den Schulen kommt Kultur und kommen vor allem die kulturfördernden Fächer immer noch wesentlich zu kurz. Und was die Zuständigkeit der Sozialministerin angeht: Das, was an Bildung in Kitas, an betreuten Grundschulen tatsächlich geliefert wird, kommt nur von ganz engagierten Erzieherinnen und Betreuerinnen.

(Beifall CDU und PIRATEN)

All das soll jedoch auch meine Fraktion nicht daran hindern, sich für eine Fortsetzung dieses Bundesprogramms einzusetzen und zu engagieren, um für die Kultur im Land Schleswig-Holstein das Notwendige zu tun. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP - Hans-Jörn Arp [CDU]: Das war eine gute Rede!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt die Frau Abgeordnete Marlies Fritzen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Ministerin, vielen Dank für den Bericht. Kultur macht stark, weil sie das Ausprobieren möglich macht und es kein Scheitern geben kann, weil sie die eigene Persönlichkeit entwickeln hilft und Identifikation stiftet, weil sie Phantasie und Kreativität, neue Denkweisen und Ideen freisetzt, weil sie den Perspektivwechsel sucht und damit Verständigung und Verständnis zwischen Menschen und Gesellschaften ermöglicht, weil kulturelle Bildung den ganzen Menschen meint und nicht Teilfertigkeiten übt. Kultur macht stark! Der bisherige Erfolg des Programms sollte die Macherinnen und Macher in ihrem Tun bestärken.

Wir haben es bereits gehört: Fast 3 Millionen € Bundesmittel sind bislang nach Schleswig-Holstein geflossen. Kein Pappenstiel! Wenn man bedenkt, dass wir als Konsolidierungsland nur geringe finanzielle Spielräume haben, darf man sich über diese Unterstützung doppelt freuen.

Auch die Orientierung an Kindern und Jugendlichen aus eher bildungsfernen Gesellschaftsschichten begrüße ich sehr. Es ist und bleibt ein Skandal, dass in einem reichen Land wie Deutschland der Zugang zu Bildung vom Geldbeutel der Eltern und somit von der Herkunft abhängt und weniger mit den Talenten und Fähigkeiten des Einzelnen zusammenhängt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt PIRATEN)

Deshalb ist es gut und richtig, dass mit dem Programm vor allem sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche angesprochen werden. Sie haben ein Recht auf kulturelle Bildung und Teilhabe, und wir haben die Pflicht, sie ihnen zu ermöglichen.

Ein Weiteres ist die Vernetzungsfunktion des Programms. Unterschiedliche Akteure und Anbieter kultureller Aktivitäten werden bei uns durch die Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung zusammengeführt, eine Aufgabe, die in einem Flächenland und insbesondere in einem durch seine oft dünn besiedelten ländlichen Räume gekennzeichneten Land wie Schleswig-Holstein ganz besonders wichtig ist. Hier komme ich wie der

(Peter Sönnichsen)

Kollege Sönnichsen - im Übrigen hat auch mir und nicht nur dem Kollegen Arp seine Rede sehr gut gefallen - auf die Kulturperspektiven für SchleswigHolstein zu sprechen, denn der Vernetzungsansatz passt in die Kulturstrategie der Landesregierung, die wir ja gemeinsam in den „Kulturperspektiven“ formuliert haben. Vernetzen und Zusammenwirken, das ist kein Sparprogramm, sondern schafft Synergien und Mehrwert sowohl für Akteure wie auch für die Adressaten der Angebote. Es kommt sozusagen zusammen, was zusammengehört, und das ganz gezielt spartenübergreifend. Kooperation statt Konkurrenz ist eben auch eine kulturelle Leistung.

Aktuell öffnet sich das Programm „Kultur macht stark“ auch Geflüchteten. Sie mit unserer Sprache und Kultur bekannt zu machen, ist für geflüchtete wie für deutsche Menschen gleichermaßen herausfordernd und spannend, heißt es doch, sich selber mit seiner jeweiligen Identität auseinanderzusetzen und diese weiterzuentwickeln. Integration ist nämlich keine Einbahnstraße und fordert beide Seiten. Kulturelle Bildung kann helfen, Brücken zu bauen und Verständigung zu ermöglichen.

(Beifall Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

„Kultur macht stark“ - das ist ein treffender Slogan für den Wert kultureller Bildung. „Jede Stunde zählt“ ist nicht minder prägnant. Auch da komme ich gern auf das zurück, was der Kollege Sönnichsen gesagt hat. Das Ziel der Landesregierung ist, dass keine Unterrichtsstunde an den Schulen ausfällt. Es ist ein richtiges und gleichzeitig, wie wir aus verschiedenen Gründen wissen, ambitioniertes Ziel.

Auch wenn das Programm „Kultur macht stark“ vor allem auf außerschulische Aktivitäten gerichtet ist, möchte ich hier nicht versäumen, noch einmal auf die Bedeutung von kultureller Bildung an unseren Schulen hinzuweisen. Auch hier zählt jede Stunde. Die gegenseitige Verrechnung von Kunst-, Musik- und Sportunterricht in der sogenannten Kontingentstundentafel wirkt da leider kontraproduktiv. Ich darf aber auch sagen - wir haben heute schon von den Jugenderinnerungen des Kollegen Burkhard Peters an die Olympischen Spiele 1972 gehört, ich kann mich gut erinnern, zu der Zeit ging ich schon zur Schule -, dass wir damals auch Sport-, Musik- und Kunstunterricht gern gegeneinander ausgetauscht haben, bei Sport und Musik fand ich das auch gar nicht so schlimm - aber gut. Jedenfalls ist die Kontingentstundentafel an dieser Stelle kontraproduktiv, da sind wir uns sicherlich alle einig, obwohl wir wissen, wie schwierig es ist.

Die korrekte Anwendung von Grammatik- und Orthografieregeln sowie die sichere Lösung von Infinitesimalrechnung sind ohne Zweifel kulturelle Leistungen, zu deren letzter ich leider nie fähig wurde.

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Aber sie alleine machen eben nicht den ganzen Schüler aus, und sie machen eben auch nicht den ganzen Schüler stark.

Das Programm „Kultur macht stark“ ist gut, weil es die benachteiligten Kinder und Jugendlichen besonders unterstützt, weil die Vernetzung und das Überden-Tellerrand-Gucken gefördert werden, weil sie den Wert kultureller Bildung als Grundlage für den Umgang in und mit unserer Gesellschaft betont und nicht zuletzt weil es bereits vielen Kindern und Jugendlichen einfach Spaß gemacht hat. Ich kann mit den Kolleginnen und Kollegen sagen: Weiter so! Danke schön.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt SPD)