Ich wünsche allen trotz der Umstände eine gute Adventszeit. Es ist in der Tat nicht die Zeit für Partys und die üblichen Aktivitäten, aber wenn alle weiterhin besonnen bleiben, können wir uns trotzdem auf Weihnachten und auf Silvester im engsten Familienkreis freuen. Man kann auch meinetwegen gern eine Rakete steigen lassen
- oder auch zwei, Kollege Holowaty -, um die bösen Geister aus 2020 zu vertreiben. Ich finde, wir sollten alle mit Mut, Optimismus und Tatendrang in das neue Jahr gehen. Es kann nur besser werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich vorweg dafür bedanken, wie gut die Zusammenarbeit in diesem Parlament läuft. Es ist nicht nur so, wie die Kollegin von Kalben sagte, dass wir hier viele Anträge beschließen und damit zeigen, dass der Landtag involviert ist, sondern es gibt auch Abstimmungsgespräche, die außerhalb von Plenarsitzungen stattfinden. Die führen durchaus auch dazu, dass Vorschläge der Opposition mit aufgenommen werden können. Ich habe den Eindruck, dass wir als Schleswig-Holsteinischer Landtag durchaus eine besondere Rolle spielen - im Gegensatz zu anderen Landtagen, wo man sich über solche Fragen in die Haare kriegt. Vor dem Hintergrund möchte ich mich ganz herzlich bei allen, die hier im Landtag im Rund und auch auf der Regierungsbank sitzen, dafür bedanken, dass die Zusammenarbeit so gut funktioniert.
Meine Damen und Herren, eine bundesweite Abstimmung ist sicher etwas Gutes. Es ist immer gut, wenn Leute im gesamten Land wissen, woran sie sich zu halten haben. Trotzdem muss es natürlich auch die Rücksichtnahme auf regionale Besonderheiten geben, in diesem Fall eben auf die Inzidenzzahlen. Da ist es natürlich sinnvoll, dass wir für uns, für unser Land - darauf gehe ich später noch einmal ein - besondere Regelungen in Anspruch nehmen.
Wenn wir schon so argumentieren, dass wir für uns besondere Regelungen in Anspruch nehmen wollen, müssen wir natürlich auch gucken, ob es bei den Betroffenen besondere Härten gibt, die wir berücksichtigen müssen. Das gilt insbesondere dann, wenn sie in den bundesweiten Abstimmungen noch nicht berücksichtigt worden sind. Da liegt mir eine Gruppe besonders am Herzen, die bisher immer durch das Raster gefallen ist: Das sind die Sportvereine. Wir haben am Anfang die Sporthilfen auszahlen können. Das ging bis Ende August 2020. Das hat vielen Sportvereinen geholfen. Die meisten kleinen Sportvereine sind nicht in ihrer Existenz bedroht, die bekommen das ganz gut hin.
Das Problem ist, dass wir große Sportvereine mit einem breiten Angebot haben, die teilweise auch Sparten wie Fitnessstudios haben. Dafür haben sie hohe Investitionskosten aufwenden müssen. Diese Vereine verlieren jetzt leider Gottes Mitglieder. Das ist auch nicht sehr verwunderlich in Zeiten einer Pandemie: Wenn die Leute arbeitslos werden, wenn sie in Kurzarbeit geschickt werden und wenn Kleinunternehmer, Künstler und auch andere Unternehmungen in Schwierigkeiten geraten, dann kann das eine Mitgliedschaft kosten, auch wenn wir alle dazu auffordern, dass sie Mitglied in den Vereinen bleiben. Diese großen Vereine mit diesem breiten Angebot haben jetzt das Problem, wirtschaftlich nicht überleben zu können. Im Zweifelsfall führt das dazu, dass diese Vereine irgendwann, wenn die Pandemie vorbei ist, nicht mehr das gute Angebot machen können, dass sie bisher machen konnten.
Deshalb habe ich die dringliche und herzliche Bitte, dass wir noch einmal in den nächsten ein bis zwei Wochen schauen, wie wir genau diesen großen Sportvereinen helfen können.
Meine Damen und Herren, ich will die Gelegenheit auch nutzen, weil das immer stark diskutiert wird, um noch einmal zu erklären, warum es wichtig ist, dass die Kitas und Schulen offen bleiben. Es gibt eine beinharte Diskussion in der Öffentlichkeit darüber. Viele fordern radikal, dass die Schulen dichtgemacht werden sollen, weil sie angeblich Infektionsherde seien. In der letzten Woche haben wir über unsere Fachleute, die wir hier angehört haben, allerdings feststellen können, dass dem nicht so ist. Ich finde, wenn sich Fachleute äußern, dann sollte man auch einmal hinhören. Allerdings glaube ich auch, dass es wichtig ist, die Schulen offen zu lassen, um die Chancengleichheit weiter zu gewährleisten.
Natürlich ist es so, dass Eltern durch die Schulen entlastet werden, vor allem dann, wenn sie arbeiten sollen. Das ist richtig. Der Präsenzunterricht hat aber vor allem aus Sicht des SSW einen Effekt, nämlich dass auch diejenigen, die aus nicht so guten Verhältnissen kommen, die in nicht so guten Verhältnissen leben müssen, die wenig Geld haben und sich nicht den neuesten Laptop besorgen können, die nicht in großen Wohnungen wohnen, aber trotzdem viele sind, wenn sie zur Schule gehen können, trotzdem noch einen vernünftigen Unterricht bekommen und damit die gleichen Bildungschancen wie diejenigen bekommen, die aus gutem Hause kommen.
Vor dem Hintergrund ist es wichtig, dass wir Präsenzunterricht weiter aufrechterhalten, solange es irgend geht. Das schließt nicht aus, dass man dort, wo es tolle Konzepte gibt, wo man die Infrastruktur hat, auch digitale Angebote macht. Das ist ganz klar. Uns geht es aber bei dieser Frage darum, dass die Schwächsten auch mitgedacht werden.
Das ist der Grund dafür, dass dann eine Maskenpflicht notwendig wird. Ab einer bestimmten Inzidenzzahl - bei uns 50 pro 100.000 Einwohner - gilt das auch für die Grundschule. Natürlich ist das eine Belastung. Das weiß jeder, der so eine Maske ständig tragen muss. Aber - wie gesagt - das große Ziel muss sein, dass die Menschen, die Jugendlichen, die Kinder, die gleichen Bildungschancen bekommen. Die würden sie nicht bekommen, wenn wir Leute ausschließen würden.
Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zu den Sonderregelungen, die wir hier in Schleswig-Holstein beschlossen haben. Ich glaube, man muss
nicht näher darauf eingehen: Nagelstudios, Kosmetikstudios, Massageeinrichtungen - da gab es nie ein Problem. Wenn man sich anschaut, wie Nagelstudios arbeiten, nämlich mit Mundschutz sowohl für die Klienten als auch für denjenigen, der da tätig ist, mit einer Plexiglasscheibe dazwischen, muss man sagen: Mehr Abstand geht da eigentlich gar nicht. Vor dem Hintergrund war das eigentlich schon vorher völlig unverständlich, dass diese Einrichtungen geschlossen worden sind. Auch Zoos und Tierparks sind nun wirklich Einrichtungen, wo man Abstand halten kann. Warum sollen sie dann nicht aufmachen? Ich glaube, das ist richtig.
Die Kollegin Frau von Kalben hat das eben auch angesprochen: Diese Zehnerregelung, dass sich zehn Personen treffen können, auch das finde ich richtig. Es ist auch richtig, dass wir das durchziehen und nicht sagen, wir gehen jetzt auf fünf runter, und zu Heiligabend stocken wir das wieder auf zehn auf. Das versteht kein Mensch, das wird auch kein Mensch so ohne Weiteres befolgen können. Denn nicht jeder kann ständig jeden Tag diese Regeln nachvollziehen. Es ist richtig, dass sich zehn Personen aus zwei Haushalten in der Öffentlichkeit treffen können, dass sich aber zehn Personen aus bis maximal zehn unterschiedlichen Haushalten auf dem eigenen Grundstück, in der eigenen Wohnung, treffen können. Das ist in Ordnung. Das wird von den Leuten auch nicht ausgenutzt werden, das ist auch in der Vergangenheit nicht ausgenutzt worden. In der Weihnachtszeit ist es nun einmal so, dass sich Familien treffen, dass sie länger zusammen sind. Im Regelfall ist es so, wenn sich Großeltern mit ihren Kindern und Enkelkindern treffen, dass sie nicht nur aus zwei Haushalten, sondern meist aus mehr Haushalten kommen. Ich war ganz froh, dass meine Kinder irgendwann auch eigene Haushalte gegründet haben. Die sollen nicht bis 30 noch bei mir zu Hause sitzen. Vor dem Hintergrund macht es dann auch Sinn, dass wir diese Regeln für die privaten Treffen im eigenen Heim und Haus auch so belassen haben.
Ganz wichtig - auch das ist richtig - ist es aus meiner Sicht, den Einzelhandel nicht noch weiter zu quälen. Diese 10-m2-Regelung pro Kunde, dass wir dazu gesagt haben, wir behalten diese Regelung so und verschärfen sie nicht noch, das ist klug. Denn auch in der Vergangenheit gab es keinen Beleg dafür, dass es im Einzelhandel besonders viele Ansteckungen gegeben hätte. Vor dem Hintergrund gibt es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Grund, hier eine Verschärfung einzuführen. Die Verschärfung da hat der Kollege Vogt recht - führt nur dazu, dass der Onlinehandel gestärkt wird. Die zahlen hier kei
ne Steuern. Ich möchte lieber diejenigen unterstützen, die hier ihre Steuern entrichten, die hier weiterhin Arbeitsplätze halten. Insofern ist auch diese schleswig-holsteinische Sonderregelung genau richtig.
Wir selber hätten uns gewünscht, dass die Gastronomie eine Chance bekommt, in irgendeiner Art und Weise abgestuft öffnen zu können. Wir können aber einsehen, dass man das vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Vorgehens - das ist wirklich eine große Chance - dann doch noch nicht macht. Wir können auch nachvollziehen, dass wir uns, wenn wir das einzige Land gewesen wären, die das gemacht hätten, dann möglicherweise aus Gebieten, die hohe Zahlen haben, Leute hierhergeholt hätten, die vielleicht auch unsere Werte negativ beeinflusst hätten. Das kann man alles nachvollziehen.
Allerdings war es deshalb auch notwendig, dass wir diese Unterstützungszahlungen für den Dezember auch weiterzahlen. Diese Unterstützungen werden jetzt weitergezahlt, auch auf Basis der Dezemberwerte des Vorjahres. Das ist richtig, das ist gut. Das hilft dann auch der Gastronomie.
Trotzdem - diese Ankündigung will ich nicht unterdrücken - glaube ich nicht, dass wir als Land Schleswig-Holstein das noch länger durchhalten, auch noch im Januar, Februar oder März 2021 die Gastronomie und Hotellerie dichtzuhalten. Das wird nicht gehen, das wird nicht verantwortbar sein, denn dann fallen in Zukunft wirklich Arbeitsplätze weg. Dann wird es uns wirtschaftlich schaden. Dann wird es vor allen Dingen auch Menschen und Familien wirtschaftlich schaden. Das können wir nicht verantworten. Wir müssen alles darauf ausrichten, dass wir die Gastronomie und die Hotellerie ab dem neuen Jahr wieder aufmachen können.
Besonders gefreut hat mich persönlich, dass wir es geschafft haben, dass auch die Schausteller in die Hilfen des Bundes aufgenommen worden sind. Dafür vielen Dank. Wir haben im Vorwege schon darüber gesprochen. Jeder hat sie im Auge gehabt. Es macht wenig Sinn, dass Schausteller Novemberhilfen bekommen, weil sie dann eigentlich noch gar nicht arbeiten, maximal eine Woche Weihnachtsmarkt haben und nicht den Mörderumsatz machen, sie aber dann für den Monat, in dem die Kohle fließt, keine Unterstützung bekommen. Insofern war das ganz, ganz wichtig. Das gibt diesen Betrieben Sicherheit. Damit schaffen sie es hoffentlich
auch ins neue Jahr. Wie gesagt, das ist ein kleiner, aber feiner Beitrag, dass man das erweitert hat.
Trotzdem muss man sich überlegen: Was passiert eigentlich in unserem Land, wenn die Inzidenzzahlen dauerhaft weiter unter 50 liegen? - Danach - eigentlich will ich das gar nicht sagen - sieht es aus. Wir haben aber die Hoffnung, dass wir gut über das Weihnachtsfest kommen und wir das hinbekommen, wenn die Leute nicht verrücktspielen. Dann, finde ich, muss es auch spürbare Lockerungen geben. Dann müssen wir uns wirklich Gedanken machen, wie das mit Gastronomie, Hotellerie, Sportvereinen, Kulturveranstaltungen ist. Das kann alles abgestuft sein. Das ist nicht die Frage. Aber die Betriebe, die Vereine und Ehrenamtler müssen wieder eine Perspektive bekommen.
Wenn es um die besonderen Verschärfungen ab einem Inzidenzwert von 200 geht - das ist wichtig -, muss es möglich sein, dies stark zu regionalisieren. Das bedeutet nicht nur, dass man das auf Kreisebene regionalisiert, sondern vielleicht sogar auf Ortsebene. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Die hohen Inzidenzwerte des Kreises Nordfriesland aus dem letzten Monat lagen nicht oben im Kreis Nordfriesland, sondern es waren einige Familienfeiern in der Stadt Husum. Die Fälle haben sich auch auf die Stadt Husum begrenzt. Dort hat man Maßnahmen gemacht, indem man die Innenstadt gesperrt hat, indem man eine Maskenpflicht in diesem Bereich eingeführt hat. Das ist auch okay so. So sollte man sich eigentlich auch verhalten, wenn irgendwann einmal solche Werte auf Kreisebene oder in einer kreisfreien Stadt erhöht sind. Man sollte nicht auf Sylt Beschränkungen vornehmen, nur weil die in Husum verrücktgespielt haben. Wir müssen darauf achten, dass das vernünftig gemacht wird.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung haben wir zwei Ziele. Eines habe ich schon genannt, das ist - wenn man so will - die Wiedereröffnung des Landes ab 2021, schrittweise, vorsichtig, immer daran denkend, dass man den Leuten nicht schaden will. Wir haben hier auch eine Verantwortung für die Gesundheit der Menschen.
Das leitet mich über zum zweiten Ziel. Wir müssen die Menschen schützen. Das ist immer noch die Hauptaufgabe. Das ist wichtiger als Kultur. Das ist wichtiger als Wirtschaft. Das ist wichtiger als Sport. Das ist wichtiger als alles andere. Möglichst
Sehen wir uns die Zahlen an, hat der Kollege recht: Die Zahlen der Intensivbehandlung sind massiv gestiegen. 3.800 Intensivbetten sind jetzt belegt. Wir wissen nicht, wie hoch diese Zahl noch steigen wird. Deshalb ist es dringend notwendig, dass wir mit Augenmaß vorgehen.
Vor diesem Hintergrund - das muss ich ehrlich sagen - habe ich jetzt endgültig kein Verständnis mehr für die Anti-Corona-Demonstrationen. Mir gehen die Leute wirklich auf den Zeiger. Ich habe nichts dagegen, dass Leute debattieren, diskutieren und auch demonstrieren. Aber wenn ich höre, dass in Hildburghausen der Inzidenzwert bei über 600 liegt und die gestern Abend singend und brüllend durch die Stadt gelaufen sind, finde ich: Der Rechtsstaat muss durchgreifen. Dann muss man diese Demonstration entweder verbieten oder sie, wenn man sich nicht an Auflagen hält, umgehend auflösen. Das kann nicht anders sein. Das muss man den Leuten auch klarmachen.
Gleiches gilt im Übrigen, wenn es um das Silvesterfeuerwerk um 24 Uhr vor dem Brandenburger Tor geht. Das ist der Effekt dieser Demo, die dort stattfinden soll. Dann kann man auch zur Auflage machen, dass sie sich schon um 12 Uhr mittags treffen. Dann wird das nicht ganz so doll sein. Das schränkt das Demonstrationsrecht in keiner Weise ein. Dann sollen sie dort langlaufen, und wenn der erste Knaller gezündet ist, wird der Laden aufgelöst - fertig, aus die Maus.
Wenn es in anderen Zusammenhängen beispielsweise darum geht, Forste zu räumen, gehen wir wesentlich härter damit um. Hier geht es um Folgendes: Diese Leute rennen da rum, stecken sich gegenseitig an, stecken andere an. Wir haben eine Verantwortung, dass diese Leute diesen Quatsch nicht weitermachen können.
Wir leben zum Glück im Land der Glückseligen. Bei uns herrscht Disziplin, Ruhe und Besonnenheit - richtig typisch norddeutsch. Das ist auch gut so.
Der Ministerpräsident hat natürlich recht: Am Ende sind wir alle diejenigen, die den Schlüssel in der Hand halten, nicht nur wir hier im Landtag, sondern alle Bürgerinnen und Bürger draußen. Wenn wir aufpassen, wenn wir vorsichtig sind, wenn wir die Abstandsregeln einhalten, wenn wir uns in dem Feierwunsch oder dem Wunsch zusammenzukommen, ein klein wenig zurückhalten, wenn wir nicht alles
das machen, was wir vielleicht gern tun würden, wenn wir uns einmal damit zufriedengeben, eine Pizza zu bestellen, anstatt sie im Restaurant zu essen -