Protokoll der Sitzung vom 27.11.2020

(Zuruf Martin Habersaat [SPD])

- Herr Habersaat, die Coronaampel steht absolut auf Grün.

Für die Kreise Pinneberg, Segeberg und Stormarn sehe ich ja ein, dass wir andere Maßnahmen ergreifen müssen, aber für die anderen Landesteile nicht. Das ist genau das, was wir fordern, nämlich dort Maßnahmen zu treffen, wo wir einen Hotspot haben, dort gegen das Virus anzugehen. Das ist doch vernünftig, meine Damen und Herren. Nichts anderes wollte ich Ihnen gesagt haben. - Danke.

(Beifall AfD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe darüber nachgedacht, eine Zwischenfrage zu stellen, aber das hätte die Redezeit des Kollegen Nobis verlängert. Das wollte ich Ihnen nicht zumuten, deshalb habe ich mich jetzt zu Wort gemeldet.

(Beifall SSW, SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Nobis, wenn Sie dem Kollegen Dolgner zugehört hätten,

(Zuruf: Hat er nicht!)

dann hätten Sie eigentlich sagen müssen: Liebes Präsidium, ich möchte nicht mehr dazu reden, denn Sie haben die Antwort bekommen, auch mit einem Beispiel aus Hildburghausen. Das Beispiel zeigt, wie niedrig die Werte waren und wie schnell sie in die Höhe gehen können. Das kann bei mir in Nordfriesland genauso passieren. Deshalb ist völlig klar: Wenn wir die Welle flach halten wollen, dann müssen wir das gemeinsam tun, dann können das nicht nur einzelne Regionen tragen. Wir müssen gemeinsam die Kontaktmöglichkeiten einschränken.

Es bringt nichts, zu sagen: Ich mache irgendwo bei mir in Nordfriesland, im Kreis Schleswig-Flensburg oder in der Stadt Flensburg die Hotels und die Gastronomie wieder auf, und die Pinneberger kommen uns alle besuchen. Das macht wenig Sinn.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Deshalb ist es klug, das ganze Land runterzufahren, bis die Welle abgeebbt ist, und es erst dann langsam wieder Stück für Stück hochzufahren. Mein Beispiel mit Sylt und Husum war gewählt, als es um

die Inzidenz von über 200 ging. Dass man dann schärfere Maßnahmen ergreifen muss, darin sind wir uns - bis auf Ihre Truppe - alle einig. Ich habe gesagt: Wenn es erklärbar ist, dass es nur in einer kleinen Region eines Kreises einen Anlass dafür gibt, verschärfte Maßnahmen zu ergreifen, wobei ich das Beispiel Husum genannt habe, dann sollte man diese nach Möglichkeit auch nur dort ansetzen. Dann wird die Innenstadt bei mir in Husum eben entweder abgesperrt, es wird eine Maskenpflicht eingeführt oder Geschäfte werden dichtgemacht, vielleicht wird auch die Gastronomie geschlossen, aber eben nicht auf Sylt und in Niebüll. Das ist der Hintergrund, der hier eine Rolle spielt.

Aber grundsätzlich muss es doch jetzt darum gehen, die Menschen zu schützen. Das ist eigentlich auch Ihre Aufgabe, nämlich die Menschen zu schützen, alle Leute, die draußen herumlaufen und davon bedroht sind, durch Corona schwer zu erkranken. Dass Sie sich hier hinstellen und genau das Gegenläufige verkünden, zeigt immer wieder, dass Sie eben doch irgendwie eine menschenfeindliche Ader in sich haben.

(Beifall SSW, vereinzelt CDU und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. - Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag, Drucksache 19/2583, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Die im Schleswig-Holsteinischen Landtag vertretenen Fraktionen und die Abgeordneten des SSW haben zu Drucksache 19/2583 einen Entschließungsantrag, Drucksache 19/2625, Coronamaßnahmen fortsetzen und inzidenzabhängig ausgestellten, vorgelegt, über den wir jetzt in der Sache abstimmen werden. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, FDP und CDU. Wer ist dagegen? - Das sind die restlichen Abgeordneten. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 19/2595. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten des Zusammenschlusses der AfD und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Das ist der Rest des Hauses. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag des Zusammenschlusses der Abgeordneten der AfD, Drucksache 19/2596.

Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten des Zusammenschlusses der AfD und die Abgeordnete von SaynWittgenstein. Wer ist dagegen? - Das sind alle anderen Abgeordneten. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Kulturfestival SH und coronabedingte Kulturhilfen

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2553

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe, dass das einstimmig so beschlossen ist. Ich erteile das Wort für die Landesregierung der Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die notwendigen Coronabeschränkungen treffen Kulturschaffende, Kultureinrichtungen, aber auch die Veranstaltungsbranche mit aller Härte. Bund und Länder sind sich dessen bewusst. Der aktuelle Beschluss der MPK und der Bundeskanzlerin widmet sich ausdrücklich der Kultur und eröffnet wenn auch erst mittelfristig - Perspektiven. Darüber bin ich sehr froh.

Momentan sind die Infektionszahlen auch bei uns im Land noch zu hoch, um für die Kultur weitergehende Lockerungen zuzulassen. Aber SchleswigHolstein steht im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ gut da. Wenn wir es durch unsere gemeinsamen solidarischen Anstrengungen im ganzen Land in den nächsten Wochen schaffen, die Anzahl der Neuinfektionen konstant unter 50 zu halten, können wir die Kultur in unserem Land schrittweise wieder öffnen.

Die Kunst- und Kulturbranche kann - und das hat sie in den letzten Monaten bewiesen - hochprofessionelle Hygienekonzepte erarbeiten. Sie kann kompetent und schnell auf Veränderungen reagieren. Gleichwohl sind wir uns bewusst, dass Planungssicherheit und ein gewisser zeitlicher Vorlauf unbedingt erforderlich sind. Die Kultur ist eben keine Wohnzimmerlampe, die wir beliebig an- und

(Lars Harms)

ausknipsen können. Diese Planungssicherheit wollen wir gewährleisten.

Wir lassen die Kultur in dieser Situation auch finanziell nicht allein. Land, Bund und Kommunen haben diverse Hilfen im Bereich Kultur auf den Weg gebracht. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich die Stiftungen in unserem Land nennen, die dazu einen wichtigen Beitrag leisten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Özlem Ünsal [SPD])

Allein als Land stellen wir 25 Millionen € Soforthilfen zur Verfügung. Damit haben wir die kulturelle Infrastruktur, die Kulturschaffenden, die Bildungseinrichtungen und die Minderheiteneinrichtungen in der Krise unterstützt. 25 Millionen € sind, gemessen an anderen, finanzstärkeren Ländern, eine bedeutsame Summe. Von den Museen, Theatern, Volkshochschulen und Musikschulen, Musikfestivals, Bildungsstätten sowie soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstlern in Schleswig-Holstein wird das auch so gesehen und uns zurückgemeldet.

Die Pandemie ist aber eben nicht vorüber. Deshalb können seit Oktober weitere Anträge für das Programm Soforthilfe Kultur II gestellt werden. Darüber hinaus sind 3 Millionen € für Schaustellerbetriebe vorgesehen, 5 Millionen € für Digitalisierungsangebote in Kultur- und Bildungseinrichtungen - voraussichtlich kommen weitere 5 Millionen € dazu - sowie 3 Millionen € an den Landeskulturverband für die Direktförderung von Künstlerinnen und Künstlern.

Meine Damen und Herren, das zeigt: Wir lassen unsere Kulturschaffenden nicht im Stich. Kultur ist eben kein Luxus. Sie ist nicht Ornament, sondern Fundament unserer freien und demokratischen Gesellschaft. Sie hält uns gerade in schwierigen Zeiten zusammen.

Kulturelle Angebote sind wichtige Partner in der kulturellen Bildung, sie fördern Diskurse, vermitteln unterschiedliche Ansichten und sind gerade jetzt konstitutiv für das so wichtige gesellschaftliche Miteinander.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir brauchen eine vielfältige Kulturszene mit einer belastbaren Infrastruktur. Deshalb sind diese Hilfen jetzt unbedingt notwendig. Trotzdem ist uns klar, dass wir mit diesen millionenschweren Hilfsprogrammen nur einen Teil der ökonomischen Verluste im Kunst- und Kulturbereich kompensieren. Um das auch in den nächsten Monaten abzumildern,

verhandeln wir mit der Bundesregierung über weitere Hilfen, die ausdrücklich auch Künstlerinnen und Künstlern helfen. Die Überbrückungshilfe III des Bundes soll voraussichtlich ab Januar 2021 in Kraft treten und Unternehmen, Soloselbstständige sowie Freiberuflerinnen und Freiberufler, die von den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung besonders stark betroffen sind, durch eine Betriebskostenerstattung unterstützen.

Soloselbstständige, die im Rahmen der Überbrückungshilfe III keine Fixkosten geltend machen können, sollen bis zu 5.000 € Neustarthilfe beantragen können. So lauten die Pläne, die ich als Kulturministerin nachhaltig unterstütze, auch wenn über die Details sowohl zur Höhe als auch zur Anrechenbarkeit auf die Grundsicherung weiter verhandelt werden muss.

Durch die Novemberhilfe des Bundes, die in den Dezember verlängert werden soll, erhalten Unternehmen, Selbstständige, Vereine und Einrichtungen - auch das ist wichtig -, die aufgrund der aktuellen Schließungsverordnungen den Betrieb einstellen mussten, 75 % des Umsatzes vom November 2019. Dies gilt auch unabhängig von ihrer Trägerschaft für alle Kulturbetriebe. Endlich werden auch Soloselbstständige adäquat unterstützt.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie können als Vergleichsumsatz alternativ den durchschnittlichen Monatsumsatz 2019 zugrunde legen.

Wir prüfen und beraten in der Landesregierung fortlaufend, ob wir im Land weitere Hilfen benötigen, die passgenau dort helfen, wo die Bundeshilfen zu kurz greifen oder zu spät kommen. Sehr genau haben wir zurzeit die Situation der Kinos in unserem Land im Blick.

Meine Damen und Herren, eine weitere sehr praktische Unterstützung leistet Schleswig-Holstein mit dem Kulturfestival SH. Die Landesregierung hat mit dem Festival eine unbürokratische und schnell wirksame Hilfe gestartet. Es schafft Auftrittsmöglichkeiten auch in Coronazeiten, denn es geht eben nicht nur um finanzielle Hilfe, sondern die Kulturschaffenden und Künstler brauchen ihr Publikum, und wir brauchen die Auftritte der Künstler und Kulturschaffenden.

(Beifall CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

(Ministerin Karin Prien)

Wir haben damit die Kultur auch unter Coronabedingungen wieder sichtbar und erlebbar gemacht. Mit den verschiedenen Veranstaltungsformaten des Kulturfestivals ist Schleswig-Holstein einen unter den Bundesländern einzigartigen Weg gegangen. Für die Gesamtfinanzierung der ersten Phase standen 3 Millionen € zur Verfügung. Inzwischen haben wir das Programm noch einmal verlängert und um 1,4 Millionen € aufgestockt. Die eindeutige Auffassung im Kabinett und in der Koalition ist: Das ist gut investiertes Geld.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Geld geht nicht nur an diejenigen, die auf der Bühne stehen. Es hilft auch denjenigen, die für Bühne, Technik und alles andere rund um so eine Veranstaltung da sind. Allein mehr als 200 kleine Firmen und Betriebe im Land haben dadurch Aufträge erhalten und Einnahmen erzielen können. Bisher reden wir über 700 Auftrittsmöglichkeiten, die durch das Festival geschaffen worden. Wir wollen rund 400 weitere schaffen und damit allen Künstlerinnen und Künstlern, die sich beworben haben, einen Auftritt ermöglichen. Wir werden deshalb ab Dezember mit einer Streaming-Variante unser Festival fortsetzen, und natürlich möchten wir auch wieder in kleinem Maße Zuschauerinnen und Zuschauer zulassen, sobald dies wieder möglich ist.

Meine Damen und Herren, wir erfahren gerade miteinander, um wie viel ärmer unsere Gesellschaft schlagartig wird, wenn Theater, Kinos, Konzertbühnen, Museen und andere Orte der Kultur ihre Pforten schließen müssen, wenn Musikerinnen, Schauspieler und Autorinnen nicht auftreten dürfen. Wir alle hoffen, dass die Kultur in Schleswig-Holstein bald wieder aufblühen kann. Auf dem Weg dorthin werden wir sie weiterhin mit voller Kraft unterstützen. Ich bin dankbar, dass der Landtag dies in so großer Geschlossenheit unterstützt und mitträgt.