Protokoll der Sitzung vom 27.11.2020

(Beifall SSW, FDP und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])

Aber auch über die 335.000 € für die freie Kulturszene in Schleswig-Holstein, mit denen 29 Institutionen unterstützt werden konnten, möchte ich gutheißen. Denn mit diesen Fördermitteln haben die freie Kulturszene und kleine Kultureinrichtungen Möglichkeiten bekommen, Modernisierungsmaßnahmen, Umbauten und Sanierungen zu finanzieren. Zugleich bin ich sehr verwundert, dass bisher kein einziger soziokultureller Akteur gefördert worden ist.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das stimmt nicht!)

- Darüber diskutieren wir nachher noch einmal; ich habe es nicht gefunden.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Dazu kann ich schon jetzt etwas sa- gen! - Heiterkeit)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung der Abgeordneten Marlies Fritzen?

Entschuldige, liebe Kollegin Jette. Natürlich darfst du das sagen. Aber es stimmt nicht in Gänze.

Also: Richtig ist, dass, wenn soziokulturelle Zentren Gebäude nutzen, die in kommunaler Trägerschaft sind, sie bei Investitionen an und in diesem Gebäude nicht von diesem Fonds profitieren. Nicht richtig ist, dass soziokulturelle Zentren, ob nun in eigenen Häusern oder in kommunalen Liegenschaften, nicht profitieren könnten, um sich zum Beispiel eine Musikanlage, eine Tonanlage oder ähnliche Dinge anzuschaffen. Auch die sind gefördert worden. Das kann man nachschauen. Ich habe einige Namen im Kopf. Aber bevor ich etwas Falsches sage, will ich das jetzt nicht explizit ausführen. Es geht ja nicht nur um diese rund 300.000 €, sondern es ist ja schon die dritte Tranche. Die Listen sind öffentlich. Darin sind auch etliche soziokulturelle Zentren aufgeführt worden.

Investitionen, die diese sozusagen für ihren Verein oder für ihr Zentrum machen, werden

gefördert, nicht aber Investitionen, die mit dem Gebäude zusammenhängen, wenn diese in öffentlicher Trägerschaft sind.

- Vielen Dank, liebe Marlies Fritzen, für die Klarstellung. Ich finde, wir sollten darüber noch einmal im Ausschuss miteinander diskutieren, weil das auch bei der Soziokultur nicht so angekommen ist, wie du das jetzt schon zum zweiten Mal dargestellt hast. Aber wir können darüber ja noch einmal im Ausschuss diskutieren. Dann kann die Frau Ministerin vielleicht zur nächsten Ausschusssitzung auch die Zahlen mitbringen, aus denen hervorgeht, wer was bekommen hat. Ich glaube, dann könnten wir uns darüber noch einmal austauschen.

Ich fahre fort: Es ist also bisher kein einziger soziokultureller Akteur gefördert worden, obwohl diese in der Ankündigung des Investitionsprogramms ausdrücklich benannt worden sind. Einige Anträge stehen noch aus. Ich hoffe inständig, dass von den 500.000 €, die das Ministerium für die freie Kunstszene in Aussicht gestellt hatte, auch die Soziokultur profitieren kann. Aber wir können darüber ja noch einmal diskutieren.

Ehrlich gesagt, würde ich sogar so weit gehen zu sagen: Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass insbesondere die Soziokultur jetzt von Kulturförderung profitiert. An gelebter Kultur in lokalen Kultureinrichtungen und an Gesellschaftskultur in ihrem besten Sinne ist zumindest dem SSW besonders gelegen.

Da ich dank der Ministerin noch etwas Zeit habe zu reden, möchte ich noch einmal das aufgreifen, was die liebe Kollegin Anita Klahn vorhin gesagt hat, nämlich dass wir finanziell nicht alles unterstützen können und dass wir bei der Kultur prüfen müssen, welche wir auch weiterhin fördern möchten.

Ich glaube - deshalb bin ich froh, dass wir darüber heute diskutieren -, Kultur hat gezeigt, dass es keine Schlagsahnetorte ist. Kultur ist Vitamin für unseren Gehirntrakt, es ist unser tägliches Schwarzbrot, das dazu beiträgt, dass wir einander tolerieren, dass wir einander unsere Wurzeln kennen, dass wir aber auch - wir haben am kommenden Sonntag den ersten Advent - viele Dinge normalerweise miteinander machen könnten, die wir jetzt wegen Corona leider nicht machen können.

Wenn Anita Klahn gesagt hat, dass wir nicht alles weiter finanzieren könnten, möchte ich sagen: Wir haben doch in der Coronakrise gesehen, wie groß

(Jette Waldinger-Thiering)

und wie wichtig Kultur und Kreativwirtschaft auch finanziell und wirtschaftlich sind. Sie sind unser sechstes Standbein, wenn wir auf die Wirtschaft gucken. Insofern ist Kultur nicht nur Vitamin für unseren Gehirnkasten und für unser Leben, sondern sie ist auch ein wichtiges Standbein für unsere Wirtschaft.

Wir sollten uns nicht anmaßen zu gucken, was wir in Zukunft unterstützen, sondern ich finde, wir sollten dafür Sorge tragen, dass wir alle vernünftig durch die Coronapandemie kommen, damit wir Ende 2021 wirklich sagen können: Wir haben es geschafft, wir haben das am Leben erhalten. Dann wird sich ohnehin irgendwann einmal etwas herauskristallisieren. Aber die Entscheidung möchten ich und meine Fraktion heute bestimmt nicht treffen müssen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht und für die Hilfen, die Sie bisher der Kulturszene haben zukommen lassen.

Wir haben es gehört: Kunst und Kultur, Ausstellungen und Veranstaltungen liegen darnieder. Das ist im gesamten Bundesgebiet leider so. Aber auch das muss aus unserer Sicht nicht so sein. Es gibt genügend Beispiele dafür, wie man mit reduzierter Besucherzahl und unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln auch diesen wichtigen Bereich am Leben erhalten kann.

Wenn es möglich ist, den Besucherverkehr in Kaufhäusern oder Möbelmärkten zu regulieren, sollte das auch in einem Museum oder in einem Theater möglich sein. Viele Bühnen haben das im Sommer auch schon erfolgreich praktiziert.

Die Kulturnation Frankreich öffnet ab dem 15. Dezember wieder seine Kinos, seine Theater und seine Museen, obwohl die Zahlen dort weit höher sind als bei uns.

(Zuruf: Die hatten auch einen kompletten Lockdown!)

- Ja, aber die Zahlen sind trotzdem noch hoch. Insofern kann man das nur schwer vergleichen. Aber es

ist ein wichtiger Schritt, um auch die Stimmung in der Bevölkerung wieder zu heben.

Kinobetreiber - das haben wir am Mittwoch in der Anhörung gehört - sind ein Sonderfall, denn ihnen fehlen die großen Neustarts, die genügend Zuschauer in die Säle locken könnten. Aber wer weiß - wir werden es ja auch vielleicht in Frankreich sehen -: Die Film-Fans sind so ausgehungert, dass sie vielleicht auch für gute Wiederaufführungen auf der großen Leinwand in die Kinos zurückkehren würden.

Gerade im Bereich von Kunst und Kultur und in der Veranstaltungsbranche sind sehr viele Soloselbstständige unterwegs. Das weiß ich aus eigener Anschauung, aus eigener beruflicher Erfahrung. Auch wenn sie in den Statistiken der Ministerien oder Arbeitsagenturen keine so große Rolle spielen, sind sie für unser kulturelles Leben doch enorm wichtig. Sie sind es, die den Kultur- und Veranstaltungsbetrieb auf den Bühnen, aber auch hinter den Kulissen am Laufen halten und so unseren Bürgern Gelegenheit zu künstlerischer Bildung, für Entspannung, für Anregung und Unterhaltung bieten. Und wer bräuchte das nicht in einer Zeit, in der die Bundesregierung selbst Kontakte zwischen Familienmitgliedern unterbinden möchte!

Kultur - wir haben es eben gehört - hält unsere Gesellschaft auf vielfältige Art und Weise zusammen. Daher ist der vorliegende Antrag auch wichtig. Wir stimmen ihm gerne zu uns danken der Ministerin für ihren Bericht und ihre Initiativen. Noch besser jedoch wäre es für unsere Kulturtreibenden und unsere Kulturwirtschaft, wenn alle Leute schon bald wieder unsere Kulturstätten besuchen könnten. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Kay Richert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir Hilfen für die Menschen im soziokulturellen Bereich bereithalten oder auf den Weg bringen, ist gut und richtig, weil sie für die meisten dieser Menschen - das muss man ehrlicherweise sagen - im bereits zweiten Lockdown eine Hilfe sind. Aber für die Menschen im soziokulturellen Bereich ist das immer noch der erste Lockdown.

Wir haben im Wirtschaftsausschuss eine Anhörung zu dem Thema durchgeführt. Dort haben uns viele

(Jette Waldinger-Thiering)

Menschen aus dieser Szene berichtet, dass sie seit März durchgängig keine Umsätze mehr haben. Wie dramatisch das ist, merken wir, wenn wir uns den volkswirtschaftlichen Wert der Kultur- und Kreativwirtschaft vor Augen halten, die der zweitgrößte wirtschaftliche Bereich im Land ist, mit 1,2 Millionen Beschäftigten; das sind doppelt so viele wie in der Finanzwirtschaft.

In der Kultur- und Kunstszene engagieren sich viele Soloselbstständige. Wir dürfen uns aber nicht auf die Soloselbstständigen in diesem Bereich beschränken; auch in anderen Bereichen gibt es viele Soloselbstständige, Handelsvertreter, zum Beispiel IT-Freelancer, Trainer oder Journalisten. Bei diesen Menschen ist es ähnlich wie bei den Leuten, die in der Kultur unterwegs sind: Wir nehmen deren Dienstleistung als gegeben hin und werden sie erst dann vermissen, wenn sie nicht mehr da sind. Daher müssen wir uns auch auf diese Menschen konzentrieren.

Die Soloselbstständigen sind bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie durchs Rost gefallen. Diese Leute wurden auf die Grundsicherung verwiesen. Aber die Grundsicherung hat sich als nicht passend herausgestellt. Die NeustartInitiative geht in die richtige Richtung - das möchte ich loben -, aber maximal 5.000 € für sieben Monate, also nur 700 € im Monat, davon kann niemand leben, davon kann niemand wirtschaften, und davon kann niemand seinen Betrieb aufrechterhalten.

Deshalb appelliere ich noch einmal: Wir müssen uns insgesamt um die Soloselbstständigen Gedanken machen. Dass wir uns um die Soloselbstständigen innerhalb der Kunst- und Kreativwirtschaft Gedanken machen, ist gut und richtig, aber bitte lassen Sie uns die anderen dabei nicht vergessen!

(Beifall Oliver Kumbartzky [FDP], Lars Harms [SSW] und Doris Fürstin von Sayn- Wittgenstein [fraktionslos])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 19/2553 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Frauen nicht alleinlassen - Versorgungsangebot für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch in Schleswig-Holstein sicherstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2544

Recht auf Schwangerschaftsabbruch in Schleswig-Holstein sicherstellen

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2584

Perspektiven für einen sicheren Schwangerschaftsabbruch in Schleswig-Holstein aufzeigen und Versorgungsangebot sicherstellen