Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Es waren besonders viele kleine und mittelständische Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger aus Schleswig-Holstein, die in den letzten Jahrzehnten die Erneuerbaren auf den Weg gebracht haben, und das weltweit. Sie haben die erneuerbaren Energien mit ihren technologischen Innovationen erst kosten

günstig gemacht, sie zu den günstigsten Energien gemacht. Eben weil die Energiewende völlig neue Denkweisen, Technologien und Geschäftsmodelle erfordert, ist es wichtig, auf Unternehmensgründungen in diesem Bereich zu setzen. Gerade in der Anfangsphase sind Start-ups häufig auf Hilfe angewiesen. Daher gilt auch das Ziel: ein Ansprechpartner.

Kommen wir zum dritten Punkt, der aus meiner Sicht der wichtigste ist, um die neuen Energien wirklich in Gang zu bringen. Viele Unternehmen haben sich bereits auf den Weg gemacht. Das wird an erfolgreichen Unternehmensnetzwerken wie Watt 2.0 deutlich. Es wird in Unternehmen, Kommunen, Stadtwerken und Energiegenossenschaften Wärmenetze und regionale Energieprojekte diskutiert, und immer wieder hakt es bei der Ausbreitung von dem, was technologisch möglich und ökologisch sinnvoll ist, an demselben Punkt: Die fossilen Energien sind zu billig. Die Umweltfolgen sind nicht eingepreist. Hier spielen auch die staatlich induzierten Preisbestandteile im Energiesektor eine maßgebliche Rolle.

Die Forderung, dass sich das Land in der Diskussion um die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Energiewende auf Bundesebene - die Koalitionsverhandlungen laufen ja gerade - zugunsten zukunftsfähiger, erneuerbarer und effizienter Technologien einbringt, steht in unserem Antrag nicht ohne Grund an erster Stelle.

In Schleswig Holstein sind wir von der natürlichen Lage und vom Potenzial der Unternehmen und Forschung her mit den besten Voraussetzungen für die Energiewende ausgestattet. Wenn jedoch der energie- und klimapolitische Rahmen falsch ausgerichtet ist, wird die flächendeckende Umsetzung der Energiewende in allen Sektoren, wie wir in Schleswig-Holstein sagen, einfach nur ein Krampf. Nur mit mehr Preiswahrheit, die die externen Kosten für die fossilen Energieträger berücksichtigt und damit zukunftsfähige Konzepte begünstigt, kann das Energiewendeland Schleswig-Holstein weiterhin so erfolgreich sein.

Noch eine Bemerkung zur Frage des Bekenntnisses zum EEG. Es ist völlig klar, wo wir als Grüne hierbei stehen. Aber eines muss ich auch sagen: Der Einspeisevorrang ist völlig unstrittig. Letztlich müssen wir auch eine stabile Preissituation haben. Aber ich habe schon im letzten Landtag gesagt: Was der Kollege Gabriel, immer wenn er regieren durfte oder musste, veranstaltet hat, hat dazu geführt, dass wir heute bei Ausschreibungen nicht nur einen schlechten bis gar keinen Preis erzielen, son

(Bernd Voß)

dern dass überhaupt nicht mehr gebaut wird. Von daher führen uns allein Bekenntnisse nicht weiter.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Für die FDP hat der Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Nutzung von Energie gehört zu den wichtigsten Säulen des Wohlstands unserer Gesellschaft. Wir wollen, dass die Energiewende gelingt. Dabei muss sie sich stetig an den drei Oberzielen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit messen lassen.

Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, sind insbesondere innovative Technologien notwendig. Deswegen unser Antrag. Die entscheidenden Innovationen im Energiesektor kamen und kommen aus der mittelständischen Wirtschaft sowie aus den Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Mutige Gründer, die neu gedacht haben, haben viel bewirkt.

(Beifall FDP)

Um auch in Zukunft Innovationen zu ermöglichen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Ein einfaches „Weiter so wie bisher“ bringt uns nicht voran, Herr Hölck.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Genau!)

Den Dschungel aus Verordnungen, Artikeln und Ausnahmen durchschauen nur sehr wenige. Daher muss insbesondere auf Bundesebene der regulatorische Rahmen der Energiewende so gestaltet werden, dass neue Technologien bei den erneuerbaren Energien, bei der Effizienz und bei Speichern ermöglicht werden.

Wir wollen denjenigen den Weg bereiten, die die Zukunft der Energie neu denken wollen. Wir wollen, dass junge Forscher aus der Universität heraus für uns alle die Chance einer Unternehmensgründung eingehen. Nur so kommt neue Technologie in unser Leben. Diese Menschen, diese Forscher und Unternehmer, sollen sich nicht an den Kopf fassen und an dem Paragrafendschungel verzweifeln, sondern - Achtung! - sie sollen sich ein Herz fassen können und mutig vorangehen.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ein Unternehmen zu gründen, erfordert nun einmal Mut. Man macht es nicht um jeden Preis. Das kann man auch nicht per Gesetz verfügen. Gewisse Risiken sind immer da. Wir als Politik können und sollten aber darauf achten, dass wir den Unternehmen nicht einen Bärendienst erweisen. Unser Antrag ist deshalb auf die qualitative Weiterentwicklung vielversprechender Ansätze ausgelegt, Ansätze wie das Projekt NEW 4.0. "NEW" steht für Norddeutsche Energiewende. „4.0“ steht für die vierte Industrielle Revolution, die digitale Vernetzung. In diesem tollen Projekt wird von 60 Partnern in über 100 Vorhaben vieles umgesetzt. Hier wird ein Teil der Energiewende praktisch angepackt.

Ganz anders als unser Antrag, der sich zu einer Energiewende mit innovativen Technologien bekennt, kommt der Alternativantrag der SPD daher. Gleich der erste Absatz des Antrags der SPD soll uns als Maßstab für die Bewertung dieses Antrags dienen. Ich zitiere, Herr Hölck:

„Mensch-gemachten Klimaveränderungen konkrete Handlungskonzepte entgegenzusetzen, darf kein rhetorisches Bekenntnis sein.“

Dann fordert die SPD, was sie immer fordert: Alles soll so bleiben, wie es ist, außer, dass es noch mehr Beratungsangebote und irgendetwas Wohlklingendes, Nebulöses wie „erweiterte Teilhabeoptionen“ geben soll, außerdem noch mehr Kontrolle, Evaluierung und Dokumentation. Herr Hölck, was Sie fordern, ist wirklich eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Protokollanten und nicht die Energiewende, wie wir sie uns vorstellen.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Aber glücklicherweise gibt es auch etwas Gemeinsames, da hat die SPD bei uns abgeschrieben, das kann man machen, das ist auch gut: Wir wollen offenbar genauso wie Sie - den Technologietransfer aus den Unis und Fachhochschulen heraus stärken, wir wollen die Start-ups fördern. Der Rest im Alternativantrag ist typischer SPD-Zentralismus gepaart mit Arbeitskreiswahn.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie wollen heute Abstimmung in der Sache. Dann bitte ich Sie: Seien Sie konsequent!

(Christopher Vogt [FDP]: Du bringst Schärfe rein!)

(Bernd Voß)

Reden Sie nicht von rhetorischen Konzepten, sondern seien Sie konsequent! Ersparen Sie uns Ihre rhetorischen Konzepte, und stimmen Sie einfach unserem Antrag zu! Sie sind herzlich dazu eingeladen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Das Wort für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der regierungstragenden Fraktionen ist so seicht formuliert, dass auch wir ihm eigentlich zustimmen könnten. Auch die AfD ist nicht per se gegen die Energiewende und sieht natürlich auch die guten Ansätze, die Sie mit Ihrem Antrag verfolgen. Jedoch stellen wir uns als Partei klar gegen einen völlig überhasteten und von den Grünen geforderten Kohleausstieg, wie wir es eben gehört haben. Nach dem schnellen Ausstieg aus der Kernenergie mit hohen Schadenersatzansprüchen der Kraftwerksbetreiber gegenüber dem deutschen Staat gilt es, beim beabsichtigten Kohleausstieg nichts übers Knie zu brechen.

Herr Voß, erlauben Sie mir: Bis 2050 aus allen fossilen Energieträgern aussteigen zu wollen, ist wirklich utopischer grüner Irrsinn. Das Kraftwerk Hamburg Moorburg, das mir da in den Sinn kommt,

(Bernd Voß [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Koalitionsvertrag, Seite 55!)

eines der modernsten Kohlekraftwerke Europas mit einem sehr hohen Wirkungsgrad, ist erst vor wenigen Jahren ans Netz gegangen. Kraftwerke, das wissen Sie auch, bleiben üblicherweise mindestens 50 Jahre am Netz. 2050, nach 40 Jahren, wieder abzuschalten, da kommen dann die nächsten Schadenersatzforderungen auf uns zu. Bitte nichts übers Knie brechen! Langfristig kann man sich das vielleicht auf die Fahnen schreiben, aber nicht moderne Kraftwerke mit einem hohen Wirkungsgrad 2050 gleich wieder abschalten wollen. Das ist totaler grüner Quatsch.

Natürlich begrüßen wir es, wenn innovative Energien erfolgreich erforscht und eines Tages auch umgesetzt werden. Auch ist es durchaus richtig, Unternehmen und Existenzgründer wie gefordert intensiv

zu begleiten sowie Projektansätze und Energieforschung im Land weiter zu stärken. Insbesondere für Schleswig-Holstein ist dies bereits jetzt ein Wirtschaftsfaktor.

Wenn Sie jedoch wie in Ihrem Antrag angedeutet fordern, die Strompreisbestandteile so zu regulieren, dass die Kosten der Energiewende letztlich einseitig auf fossile Energieträger verlagert werden, weil derzeit der Windstrom im Verhältnis zu konventioneller Energie einfach zu teuer ist, dann sagen wir als AfD ganz klar Nein dazu.

(Zuruf Dennys Bornhöft [FDP])

Innovative Energien müssen sich auf dem Markt durchsetzen, weil sie eben innovativ und besser sind und nicht weil der Staat sie mit Millionensummen hochsubventioniert.

Um es kurz und knapp zu sagen: Ihr Antrag enthält gute Ansätze, das habe ich schon gesagt, und schöne Formulierungen, aber auch einen großen Anteil an eher utopischen Erwartungen für die Zukunft, insbesondere wenn es um die Erforschung und Entwicklung der Wind- und Solarenergie inklusive deren Veredlungsprodukten wie Wasserstoff und Wärme geht. Zwar wird bereits seit Jahren an effizienten Verfahren im Bereich der solaren Wasserstofferzeugung geforscht, und es gibt bereits Solarzellen für kommerzielle Anwendungen, bei denen im Labor nachgewiesen wurde, dass Rekordwerte von 18 % für die Umwandlungseffizienz des Sonnenlichts in Wasserstoff erreichbar sind. Dennoch ist dies für eine Energiegewinnung in größerem Ausmaß derzeit noch Zukunftsmusik.

Daher sagen wir Ja zu Forschung, Entwicklung und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen, aber Nein zu dieser Gestaltung des regulatorischen Rahmens der Energiewende, Nein zu einer staatlich hochsubventionierten Nischentechnologie. Bitte erst erforschen und entwickeln, dann fördern und stärken. Aber bitte keine weiteren regulatorischen Eingriffe in eine ohnehin schon hochsubventionierte Energiewende.

Aus diesem Grund werden wir dem Antrag nicht zustimmen, sondern uns enthalten. Den Alternativantrag der SPD lehnen wir als nicht zielführend ab. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Kollege Flemming Meyer.

(Oliver Kumbartzky)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wer die Energiewende will, der muss etwas dafür tun - gern auch etwas mehr. Das ist uns allen nicht neu. Nun könnte ich natürlich sagen, dass der vorliegende Antrag lauter Punkte aufweist, die für die Umsetzung der Energiewende eine Selbstverständlichkeit sein sollten. Anders gesagt sehe ich in dem Antrag die Fortführung der Politik der Küstenkoalition für den Bereich der Energiewende - das ist natürlich gut so.

(Beifall SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Es ist zu begrüßen, dass sich die Koalition die Energiewende auf ihre Fahnen geschrieben hat.