Wir haben aber immer darauf gedrungen, dass die Justizvollzugsanstalten auch sachlich und personell so ausgestattet werden, dass die modernen Ansätze im Vollzug auch umgesetzt werden können. Natürlich muss sich der Justizvollzug weiterentwickeln, und idealerweise sollten sich auch alle gesicherten Erkenntnisse für einen modernen und vor allem erfolgreichen Vollzug wiederfinden. Insofern müssen sich auch die Instrumente des Vollzugs verändern.
Was aber nicht geht und was wir scharf verurteilt haben und nunmehr beheben wollen, ist, dass solche Veränderungen zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizvollzug gehen. Nach Meinung der FDP wäre es besser und seriöser gewesen, den tatsächlichen Bedarf umfassend und gründlich zu klären, bevor es zur Verabschiedung des Strafvollzugsgesetzes gekommen ist.
Manch eine Stellungnahme in der damaligen Anhörung zum Strafvollzugsgesetz liest sich wie ein Brandbrief. So wurde von Gewerkschaftsseite eindringlich davor gewarnt, dass für das neue Gesetz nicht genug Personal vorhanden sei und dass die Maßnahmen zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sogar zulasten ihrer Gesundheit gehen würden. Und tatsächlich war der hohe Krankenstand beim Personal in unseren Vollzugsanstalten schon alarmierend, bevor es das neue Strafvollzugsgesetz gab.
Man kann daher erahnen, dass die Personalsituation schon lange nicht ideal war. Die Änderungen im Strafvollzug, denen keine angemessene Ausstattung gegenüberstand, haben dies nochmals verschärft. Längere Besuchszeiten und Ausführungen sind nicht ohne Personalmehraufwand zu bewältigen. Dieser Mehraufwand muss sich auch in der Ausstattung widerspiegeln. Andernfalls wird Politik auf dem Rücken der Beschäftigten gemacht.
Wir sind der festen Überzeugung, dass ein effektiver und erfolgreicher Strafvollzug nur mit motivierten und gut qualifizierten Mitarbeitern zu erreichen ist.
Um dies zu erreichen, ist eine angemessene Personalausstattung Grundvoraussetzung. Das gilt für diesen Bereich ebenso wie für andere Bereiche.
Die Koalition wird hier an vielen Stellen handeln und hat sich, um einen anderen Bereich zu nennen, beispielsweise auf die Schaffung von 500 neuen Stellen für die Polizei bis zum Ende der Legislaturperiode verständigt. Im Justizvollzug müssen wir zunächst einen anderen Schritt gehen, um eine genaue Vorstellung von den tatsächlichen Bedarfen zu haben, um nicht auf Mutmaßungen basierend handeln zu müssen.
Klar ist: Aufwand und Personal müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Mir war besonders wichtig, dass wir dies anhand objektiver Kriterien ermitteln. Deswegen sollen beispielsweise bei der Personalbedarfsanalyse auch die Krankenstände und die Ergebnisse zur Erhebung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement gleichermaßen Berücksichtigung finden. Da sich im Strafvollzug große Unterschiede schon aus der Art und Zusammensetzung der Anstalten ergeben - keine Anstalt ist wie die andere -, soll auch dieses explizit in einer umfassenden Personalbedarfsanalyse berücksichtigt werden.
Wir wollen motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Justizvollzug, die ihre wichtige gesellschaftliche Aufgabe gut und gern erfüllen. Wir wollen einen modernen und erfolgreichen Justizvollzug. Wir wissen, dass dieser nur mit ausreichend gut qualifiziertem Personal zu haben ist. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren verbliebene Abgeordnete! Verehrte Gäste! Gegen den Antrag ist im Grunde nichts einzuwenden, aber lassen Sie mich gleich an dieser Stelle auf den Koalitionsvertrag hinweisen, aus dem ich mit Erlaubnis des Präsidiums zitieren möchte:
„Wir erkennen, dass die derzeitige Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten die Arbeit mit den Gefangenen deutlich erschwert. Deshalb werden wir durch eine unabhängige Personalbedarfsanalyse ermitteln, wie sich der tatsächliche Personalbedarf, auch unter Berück
Das ist nur ein Auszug. Auch in der Begründung Ihres Antrags ergeben sich praktisch keine neuen Aspekte, die über das eigentliche und selbstgesteckte Ziel des Koalitionsvertrages hinausgehen. Sie haben vielleicht noch den Wahlslogan der FDP vor Augen: „Wollen reicht nicht. Man muss es auch können.“ Als AfD-Fraktion gehen wir da gern einen Schritt weiter: „Wollen reicht nicht. Man muss es auch können - und vor allem muss man es auch tun!“
Das von Ihnen als Anstoß angeführte Strafvollzugsgesetz ist seit 14 Monaten in Kraft und bringt ganz offenbar die befürchteten Probleme mit sich. Die von SPD, Grünen und SSW erzielten Erleichterungen für Strafgefangene bedeuten für die Bediensteten im Strafvollzug alles andere als Erleichterungen: Verwaltungsmehraufwand, zusätzliche Wochenend- und Feiertagsdienste sowie Verschlechterung bei der täglichen Arbeitszeit sind die direkten Folgen für die Bediensteten im Justizvollzug.
Dass es so kommen würde - auch das ist bereits angesprochen worden -, hat Ihnen die GdP-Fachgruppe Justiz seinerzeit angekündigt. Auch wir haben hiervor bereits außerparlamentarisch gewarnt. Tatsächlich war der Bereich Justizvollzug schon lange vor dem Landesgesetz personell und strukturell am Rande der Arbeitsfähigkeit. JVA-Bedienstete werden zu Opfern von Geiselnahmen - so geschehen Weihnachten 2014 -, Aufruhr von Insassen, die sich weigern, zurück in ihre Zellen zu gehen - so geschehen vor drei Monaten in Lauerhof in Lübeck -, Verringerung von Aufschlusszeiten und Sportprogrammen durch fehlende Betreuung und damit einhergehend eine zunehmende aggressive Stimmung unter den Gefangenen. - All dies sind Einflüsse, die die Bediensteten und die Strafgefangenen gleichermaßen betreffen.
Wir wollen hier in Schleswig-Holstein keine Zustände wie im rot-grün-regierten Hamburg, wo Gefängnisse wie die JVA Fuhlsbüttel vor dem Kollaps stehen. Mitarbeiter vor Ort haben das so angegeben. Auch hier gibt es Äußerungen, die langsam, aber sicher in diese Richtung deuten.
Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Anwaltvereins werden in Schleswig-Holstein nur etwa 2,3 % des Haushalts für den Erhalt und Ausbau der Justiz investiert. Das ist der zweitschlechteste Wert bundesweit, nur in Bremen wird noch weniger getan.
Das Erheben eines Personalbedarfs und Ermitteln von Verbesserungsmöglichkeiten im Justizvollzug ist dabei sicherlich kein verkehrter Schritt, aber es kann eben nur ein erster Schritt sein, und sehr bald auf diesem Wege und nicht erst am Ende des Weges müssen nach unserer Auffassung die Entscheidungen fallen, den Justizvollzug endlich personell und finanziell deutlich zu stärken.
Ihr Antrag lässt nun die Vermutung aufkommen, dass die regierungstragenden Fraktionen die Landesregierung zum Handeln auffordern, ja sogar auffordern müssen. Ich denke, dass dem tatsächlich so ist. Die Koalition der „Möglichmacher“ erscheint immer häufiger als eine Koalition der „Möglicherweisemacher“.
Sehr geehrte Kollegen der Regierungsfraktionen: Wir stimmen Ihrem Antrag zu, aber es wäre jetzt wirklich an der Zeit, endlich das umzusetzen, wofür Sie auch gewählt wurden.
Wenn es dem Justizvollzug in Schleswig-Holstein wieder auf die Beine hilft, haben Sie selbstverständlich unsere Unterstützung. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Belastung der Justiz hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Das gilt natürlich auch für den Vollzug. Darüber haben wir hier im Parlament schon mehrfach beraten. Dazu wurden in der letzten Wahlperiode auch entsprechende Anhörungen durchgeführt. Das sollten wir nicht vergessen: Wir haben schon einen gewissen Erkenntnisgrad. Auch über die konkreten Zahlen, was Fehlzeiten, Personalmangel oder ähnliches angeht, haben wir hier im Parlament und im Ausschuss mehrfach beraten. Die Zahlen dazu sind also bekannt. Wir haben auch in der letzten Wahlperiode extra deshalb die entsprechenden Stellen aufgestockt, sodass man auch im Justizvollzug besser arbeiten kann.
All das hat aber auch, wie Sie wissen, unterschiedliche Ursachen. Es ist nicht nur Personal, das an sich fehlt, also beispielsweise eine Stelle, die nicht besetzt ist, sondern der Krankenstand in den Justiz
vollzugsanstalten war bisher sehr hoch und ist auch immer noch sehr hoch. Zum anderen wäre da auch das stimmt schon - die neue rechtliche Grundausrichtung des Strafvollzugs, die natürlich auch Mehrarbeit auslöst. Das wussten wir auch alles vorher schon. Es gibt sicherlich auch interne Gründe innerhalb der jeweiligen Justizvollzugsanstalten. Da meine ich jetzt nicht nur die Führung der Anstalten, sondern auch die Frage, mit welchem Klientel man es in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten zu tun hat, was eben auch Auswirkungen auf Krankenstand und ähnliches haben kann.
Dazu kommen dann noch Kooperationen mit anderen Bundesländern, die manchmal angedacht werden, manchmal aber nichts werden. Dazu - das ist vielleicht auch eine ganz große Geschichte - kommen noch die baulichen Herausforderungen, die wir in den Justizvollzugsanstalten haben, die den Arbeitsalltag nicht immer positiv beeinflussen. Wir haben da relativ viele alte Gebäude, die eben das Arbeitsleben im wahrsten Sinne des Wortes schwermachen. Ich glaube, auch das muss man immer im Auge haben, wenn man die Gesamtsituation betrachtet. Schaut man sich dann den Krankenstand an, dann sieht man, dass er sich im April 2016 im Durchschnitt auf 10,9 % belief. Dieser mag nach den Maßnahmen, die angestoßen worden sind, etwas gesunken sein, aber man merkt natürlich schon: Das ist eine Hausnummer, wenn knapp 10 % der Beschäftigten einfach nicht zur Arbeit gehen können. Ich glaube, dass ist das größte Problem, das wir derzeit haben.
Fakt ist auch: Dieses Problem haben die Ministerin und insbesondere auch ihre Vorgängerin richtig erkannt und ebenfalls klar benannt, auch schon im Vorwege dieser Debatte. Es wurden, wie gesagt, auch erste Schritte zur Verbesserung unternommen. So wurde beispielsweise vereinbart, in den letzten Landeshaushalt 200.000 € zusätzlich für die Betreuung von psychisch erkrankten Gefangenen einzustellen. - Das ist ganz wichtig zur Arbeitsentlastung derjenigen, die mit diesen Gefangenen zu tun haben.
Als Zweites haben wir auch 770.000 € zusätzlich für die gerade eben schon genannten 20 weiteren Stellen im Justizvollzug zur Verfügung gestellt. Auch das hat sehr stark zur Entlastung beigetragen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Betroffenen, die Justizvollzugsangestellten, sich sehr darüber gefreut - und man freut sich immer, wenn man einige Kollegen mehr bekommt -, aber auch deutlich gemacht haben, dass es vor zwei Jahren das erste Mal seit Langem wieder so war, dass man
merken konnte, dass Personal aufgestockt wurde. Wenn die Jamaika-Koalition diesen Weg weitergehen will, hat sie uns sicherlich alle an ihrer Seite.
Was muss man jetzt also noch tun, wenn man schon weiß, dass man relativ zu wenig Menschen im System hat, wenn man weiß, dass man einen hohen Krankenstand hat? - Ich glaube, es ist jetzt wichtig, darauf zu schauen, dass in den einzelnen Justizvollzugsanstalten durchaus auch Unterschiede bestehen können, sowohl im Krankenstand als auch in der Frage, wie viel Stellen besetzt werden können beziehungsweise wie viele weitere Stellen notwendig sind. Da noch einmal konzentriert draufzugucken und auch nach den eigenen Erkenntnissen, die man hat, jemanden von extern darüber schauen zu lassen und zu fragen, ob das, was man selbst als Erkenntnis hat, auch die richtige Erkenntnis ist, wenn man von außen die Sache betrachtet, ist, glaube ich, der richtige Weg. Das ist ein vernünftiger Weg, wenn man auf dem Bestehenden, was man hat, aufbaut, wenn man trotzdem das Gesundheitsmanagement weiterführt und fortentwickelt und dann schaut, ob es externe Ratschläge gibt, die man nutzen kann. Ich glaube, das ist der richtige Weg, deswegen werden wir dem Antrag natürlich auch zustimmen. Vielen Dank.
Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung, Frau Dr. Sabine Sütterlin-Waack.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bereits kurz nach meinem Amtsantritt habe ich im August 2017 alle sechs Justizvollzugsanstalten im Land besucht und mir einen Eindruck von der verantwortungsvollen Arbeit im Justizvollzug verschafft. Ich war beeindruckt von der Vielfältigkeit der Aufgaben und dem enormen Engagement der Beschäftigten. Sie leisten jeden Tag hervorragende Arbeit - in einem nicht immer leichten Umfeld, und zwar im Dienste von uns allen.
Wahrgenommen habe ich aber auch die extrem hohe Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es ist daher richtig, dass wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, durch eine Personalbedarfsanalyse
den tatsächlichen Bedarf ermitteln zu wollen, gerade auch unter Berücksichtigung der hier schon oft angesprochenen erheblichen Krankenstände.
Hierbei können wir auf die Ergebnisse aus der Erhebung zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement zurückgreifen. In den Jahren 2014/15 wurden die Bediensteten in den Justizvollzugsanstalten Kiel, Lübeck und Neumünster sowie in der Jugendanstalt Schleswig bereits zu ihrer Arbeitssituation befragt. Bei der Erhebung hat eine überwiegende Anzahl der Bediensteten unter anderem angegeben, dass sie die Verteilung der Belastung über die einzelnen Anstaltsbereiche als ungerecht empfänden. Die JVA Lübeck hat im Rahmen des Organisationsentwicklungsprozesses diesen Aspekt aufgegriffen. Sie hat eine interne Arbeitsgruppe beauftragt, eine IstAnalyse des aktuellen Personaleinsatzes durchzuführen. Dann soll ein Personalbemessungssystem entwickelt werden.
Das analytische Berechnungsverfahren umfasst aber auch eine Aufgabenkritik. Seine Umsetzung erfordert daher großes Erfahrungswissen. Deshalb wurde die Arbeitsgruppe zur Ermittlung des Personalbedarfs in der JVA Lübeck mit erfahrenen Bediensteten aus den unterschiedlichen Anstaltsbereichen besetzt. Dies hatte zudem den Vorteil, dass die Akzeptanz für ein gemeinsam erarbeitetes Ergebnis deutlich höher ist als durch eine komplett extern durchgeführte Begutachtung.
Meine Damen und Herren, die Einführung des Landesstrafvollzugsgesetzes hat den Bedarf für eine derartige Analyse zusätzlich verstärkt. Eine landesweite Personalbedarfsanalyse ist also auch notwendig, um veränderten Herausforderungen und teils neuen Aufgabenstellungen gerecht zu werden. Ziel dieser ist es, aufgrund einer detaillierten Untersuchung eine transparente und möglichst gerechte und damit weitgehend akzeptierte Stellenausstattung der Anstalten zu erreichen. Hierdurch soll eine gleichmäßige Verteilung der Belastung in den einzelnen Anstaltsbereichen und zwischen den Anstalten sichergestellt werden.
Es wird aber auch der spezifische Personalbedarf in den einzelnen Anstalten ermittelt, der erforderlich ist, um gegenwärtige und künftige Herausforderungen bestmöglich zu bewältigen. Denn ermittelt wird dieser Personalbedarf unter Berücksichtigung der jeweiligen Gefangenenklientel, die in den Anstalten sehr unterschiedlich ist, sowie der vollzuglichen, baulichen und organisatorischen Besonderheiten jeder JVA.