Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Beifall FDP, CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Lars Harms [SSW])

Das Wort für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Gäste! Ich will es kurz machen, denn eigentlich ist zu diesen Gesetzentwürfen bereits in der ersten Lesung im September alles gesagt worden. Sowohl der AfD-Antrag, der sich auf das Kommunalabgabengesetz bezieht, als auch der Antrag der Jamaika-Fraktionen, der sich auf die Gemeindeordnung bezieht, sieht dasselbe vor, nämlich die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen in das Ermessen der Kommunen zu stellen. Wir halten

(Stephan Holowaty)

das für den richtigen Weg, Härtefälle, wie wir sie alle kennen, zu vermeiden. Diese betreffen häufig ältere Anwohner mit großen Grundstücken, aber auch junge Familien oder Landwirte. Wir halten die neue Regelung, die hier vorgestellt wurde, auch für den richtigen Weg, die Kommunen zu rechtzeitiger Instandsetzung maroder Straßen anzuhalten. Dies wurde in der Vergangenheit oft so lange hinausgezögert, bis eine komplette Erneuerung unvermeidlich wurde. In der Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss haben wir gehört, dass es keine verfassungsrechtlichen Hürden für eine solche Regelung gibt. Wir haben ebenfalls gehört, dass die Kommunen auf mögliche Schwierigkeiten in der Übergangsphase hingewiesen haben. Darauf ist natürlich Rücksicht zu nehmen, aber in der Sache und im Kern ändert sich dadurch nichts. Die Sanierungsmaßnahmen der Kommunen, die jetzt noch nach aktueller Rechtslage durchgeführt werden, verärgern manchen betroffenen Bürger ganz besonders. Das ist verständlich, wenn die eine Straße nach der alten Regelung saniert wird, die nächste Straße ohne Beiträge.

Zu diesem Ärger trägt leider auch bei, dass viele Kommunen es bis heute nicht verstanden haben, die Erhebung von Beiträgen gegenüber den betroffenen Bürgern rechtzeitig zu kommunizieren. Hier ist Nachbesserung angesagt.

In der Übergangsphase können Härtefälle durch bereits bestehende Billigkeitsmaßnahmen, also zum Beispiel Stundung, abgemildert werden. Der Landesrechnungshof hat hier auf die zahlreichen Möglichkeiten hingewiesen, die dafür bestehen. Die IHK hat in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Gemeinden endlich Planungssicherheit benötigen. Lassen Sie uns heute dafür sorgen.

In der gestrigen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses hat eine klare Mehrheit dem Gesetzentwurf der Jamaika-Fraktionen zugestimmt. Unser eigener Antrag, der dasselbe Ziel hat, war - ich gebe es zu - nicht ganz so erfolgreich. Da es uns aber um die Sache geht, haben wir gestern dem JamaikaEntwurf im Ausschuss zugestimmt und werden das auch heute hier im Plenum tun. Mehr gibt es dazu heute nicht zu sagen. Über mögliche Kompensation werden wir erst morgen beraten. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es hier mit einem klassischen Gerechtigkeitsthema zu tun. Grundlage für die Erhebung von Ausbaubeiträgen ist der konkrete Vorteil, den ein Hausbesitzer von einer solchen Maßnahme haben kann. Dieser Vorteil wird nur selten gesehen, und wenn man ehrlich ist, gibt es ihn auch oft nicht.

(Beifall Stephan Holowaty [FDP])

In den einschlägigen Internetportalen zum Immobilienkauf spielen Straßenanbindungen in ihrer Qualität überhaupt keine Rolle, die werden da gar nicht erwähnt. Die Zuwegung zum Luxusressort mag preissteigernd wirken, aber die neue Teerdecke für eine Straße in einem alten Wohngebiet ist es eben nicht.

Alle Anzuhörenden haben unisono mitgeteilt, dass es auch keine wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, die mögliche wirtschaftliche Vorteile für Hausbesitzer durch den Ausbau von Straßen nachweisen können. Die Behauptung, es bedürfe grundsätzlich Ausbaubeiträge der Anlieger, weil man als Anlieger immer von diesen Maßnahmen durch Wertsteigerung der Immobilien profitiere, konnte eben gerade nicht bewiesen werden.

(Beifall FDP)

Natürlich stellt sich auch die Frage, warum solche Beiträge nicht einfach auf eine größere Zahl von Eigentümern jährlich umgelegt werden. Hier gibt es schon die Möglichkeit, und es ist sicherlich für jeden einzelnen leichter, jährlich eine geringe Abgabe zu zahlen, als einmalig einen hohen fünf- oder sechsstelligen Ausbaubeitrag. Auch das ist eine Möglichkeit, die es weiterhin geben wird. Denn auch, wenn man nur 4.000 € oder 5.000 € zahlen muss, ist es für einen Rentner oder für eine junge Familie schon zu viel.

Die dritte Ungerechtigkeit ist, dass die, die maßgeblich für Schäden an den Strecken verantwortlich sind, nicht herangezogen werden. Das heißt, der kleine Anlieger muss für die Schäden durch übergroße Fahrzeuge, insbesondere im ländlichen Raum und an Durchgangsstraßen, zahlen. Das alles ist nicht gerecht.

Wir haben jetzt schon die Möglichkeit der wiederkehrenden Beiträge, und wir haben die Möglichkeit, in Härtefällen Zahlungen zu stunden oder zu verringern. Trotzdem fehlt immer noch eine Möglichkeit, die von vielen im Land zusätzlich ge

(Volker Schnurrbusch)

wünscht wird, die völlige Kostenfreiheit für die Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage.

Schon im Jahr 2011 haben wir als SSW gemeinsam mit CDU und FDP für eine solche Möglichkeit gesorgt. Sie ist dann wieder abgeschafft worden. Nun steht an, diese Möglichkeit wieder einzuführen. Wir wollen - wie damals - wieder für die Aufhebung der Erhebungspflicht für Straßenausbaubeiträge sorgen.

Die Anhörung im Ausschuss hat ergeben, dass es weder durchgreifende EU-rechtliche, bundesrechtliche noch verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Es wurde aber schon die Frage von den Anzuhörenden gestellt, warum Bundes- und Landesstraßen, ja selbst Kreisstraßen, aus Steuermitteln finanziert werden, Anliegerstraßen auf Gemeindeebene aber nicht. Auch hier stellt sich die Frage der Gerechtigkeit.

Die Kommunen haben in den Beratungen gefordert, dass das Land Kompensation leistet. Dazu gilt es zunächst einmal festzustellen, dass sich die finanzielle Lage der Kommunen - das habe ich auch gestern bereits dargestellt - in den letzten Jahren extrem verbessert hat. Der Gemeindetag schätzte nun den Bedarf für diese Ausbaumaßnahmen landesweit auf etwa 40 Millionen €. Allerdings ist bei einer vollständigen Übernahme dieser Kosten - wenn wir uns dazu verpflichten würden - natürlich auch nicht auszuschließen, dass diese Kostenübernahme noch zu umfangreicheren Wünschen seitens der Kommunen führen würde. Die Summe ist also nicht sakrosankt, das kann auch noch viel mehr werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Außerdem sind der Straßenausbau und dessen Finanzierung eine kommunale Aufgabe. Das ist so festgelegt. Ich finde, das sollte auch so bleiben.

In der Anhörung ist auch noch einmal deutlich geworden, dass es ein Unterschied ist, ob wir über die Erschließung von Baugebieten nach dem Bundesbaugesetzbuch reden oder über Straßen, für die diese Erschließung bereits erfolgt ist. Nach der Erschließung hat nämlich die jeweilige Kommune die Straßenbaulast, und der kommen die Kommunen natürlich auch nach. Aber es gibt dort von Kommune zu Kommune Unterschiede. Zerfällt eine Straße mangels Unterhaltung, kann man die Anlieger auch nicht für dieses Versäumnis zur Kasse bitten.

(Beifall SSW, CDU, FDP und Volker Schnurrbusch [AfD])

Wir meinen, dass es alle diese Argumente wert sind, auch auf der kommunalen Ebene diskutiert zu werden. Dann wird man auch über die Straßenbau

last und über die Maßnahme der Kommune diskutieren. Das finde ich eigentlich sehr gut. Deshalb ist es auch notwendig, hier eine Möglichkeit für genau diese Diskussion zu schaffen, und dann natürlich auch die weitestgehende Konsequenz zu ziehen, nämlich die Möglichkeit des Verzichts auf Straßenausbaubeiträge in das Gesetz hineinzuschreiben.

Die Aufhebung der Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird Vorteile für viele Bürgerinnen und Bürger bringen. Das ist das Ziel dieser Maßnahme. Das sollte auch das Maß aller Dinge sein. Deshalb können wir diesem Vorschlag natürlich nur voll zustimmen. Wir finden es gut, dass die Bürger entlastet werden. Wir würden uns freuen, wenn möglichst viele Bürgerinnen und Bürger entlastet werden.

(Beifall SSW, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Volker Schnurrbusch [AfD])

Das Wort zu einem ersten Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das könnte den Vertretern der Regierungskoalition so passen, dass wir als Opposition Sie nicht an Ihre Wahlversprechen erinnern, die Sie gemacht haben. Dann würden wir unsere Oppositionsaufgabe schlicht und ergreifend verfehlen.

(Zuruf Tobias Koch [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ich habe mich gerade über Ihren Applaus gewundert. Sie haben in der letzten Wahlperiode hier einen Antrag mit 40 Millionen € Landesgeld gestellt - zu dem Zeitpunkt einer schlechteren Haushaltslage. Jetzt behaupten Sie, dass das Geld nicht da wäre und klatschen beim Beitrag der Kollegin Ines Strehlau. Das nenne ich einmal Dialektik. Herzlichen Glückwunsch, Marx hätte seine Freude an Ihnen gehabt!

(Beifall SPD und Kay Richert [FDP])

Natürlich ist das eine Ausrede. Sie haben gezündelt, jedenfalls Teile von Ihnen haben im Wahlkampf gezündelt. Es gibt x Zitate von Direktkandidaten vor Ort, die kann ich jetzt leider gar nicht alle vorlesen, die kann ich Ihnen aber gern zeigen,

(Zurufe CDU: Oh, oh!)

(Lars Harms)

in denen Sie von der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gesprochen haben. Von Abschaffen, nicht von Entscheidungsverlagerung auf die kommunale Ebene!

(Zurufe CDU)

Das leistet Ihr Gesetz mitnichten. Es ist gar nicht dazu geeignet, das zu tun. Deshalb ist Ihr Wahlversprechen hiermit nicht erfüllt, auch nicht mit der heutigen Sitzung.

Ich bewundere ja die Grünen, dass sie dauernd versuchen, die Kastanien für CDU und FDP aus dem Feuer zu holen. Dafür müsst Ihr euch in anderen Politikbereichen noch etwas geben lassen, würde ich sagen.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Jetzt hat der Abgeordnete Dr. Dolgner das Wort.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren!

Natürlich ist es so, dass der ganze Druck, dass gesagt worden ist, da erhöhten sich ja sogar noch die Kosten, wenn sie nichts bezahlen müssten, trotzdem vorhanden ist. Glauben Sie denn, den haben Sie, wenn die Gemeindekassen das zahlen, dann nicht? Den Spin, den Sie angesprochen haben, haben Sie im Wahlkampf doch selbst erzeugt. Wenn wir hätten Populisten vertreiben wollen, dann hätten wir im Wahlkampf gesagt: „Okay, in dieser Debatte können wir nicht mithalten, wenn es darum geht, dass Bürger etwas nicht mehr bezahlen sollen“, und hätten dann entsprechend mitgemacht.

Herr Garg, Sie haben noch bei der Versammlung der hauptamtlichen Kommunalvertreter in Sankelmark gesagt, das Land habe das Geld, die Kosten zu übernehmen. Das war unter Zeugen. In der Anhörung haben die kommunalen Spitzenverbände gesagt, dass Sie ihnen damit keinen Gefallen tun. Also stellen Sie es nicht so dar, als ob Sie das täten.

(Beifall Martin Habersaat [SPD])

Herr Abgeordneter, jetzt holen Sie Luft, das ist gut.

(Heiterkeit)