Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Meine Damen und Herren, mit Respekt vor den Rednern bitte ich Sie alle, etwas für Ruhe zu sorgen.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Bernd Voß.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hölck, Sie geben uns mit Sicherheit recht, dass wir, um Energie in der Menge zu erzeugen - hier sind wir einer Meinung -, auch darauf eingehen müssen, wie wir dieses Thema im Land vernetzen. Darauf beziehen sich unsere Anträge,

(Thomas Hölck)

und das sind keine Verwuschelanträge, wie Sie sie darstellen wollen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich fange nicht beim VW Käfer an. Im Grunde dominiert seit Jahrtausenden das Pferd das Bild auf unseren Straßen. Um ein bisschen die Zeitgeschichte zu raffen: In den letzten hundert Jahren dominierte der Verbrenner. Jetzt, im 21. Jahrhundert, hat der Antrieb viele Namen: Wasserstoff, Hybrid, Plug in Hybrid und allen vorweg Elektroantrieb. Das sind alles Technologien mit einer zentralen Botschaft: Es ist schlicht nicht notwendig, dass wir unsere Umwelt verschmutzen und sowohl unsere Gesundheit als auch die Erderhitzung riskieren, nur um von A nach B zu kommen.

Der Verkehr ist so, wie er jetzt läuft, mit einem Anteil von 21 % an den Gesamtemissionen auch in Schleswig-Holstein einer der Hauptklimakrisenverursacher. Der Ausstoß an klimaschädlichen Gasen hat in Deutschland im zweiten Jahr in Folge zugenommen. Ursachen sind der zunehmende Verkehr und die Fahrzeuggrößen, um nur zwei Punkte zu nennen. Dabei geht Mobilität längst mit erneuerbaren Energien.

Vor genau zehn Jahren, das war 2007, wurden in Deutschland gerade einmal acht reine E-Autos zugelassen. Dieser junge Markt hat sich vervielfacht. 2017 hat es 25.000 neu zugelassene E-Mobile gegeben. Das war erneut mehr als eine Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahl der alternativ angetriebenen Autos, CNG-Hypride et cetera, hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. In Umfragen können sich mehr als die Hälfte der Deutschen vorstellen, ein rein elektrisches Auto zu kaufen. Doch in der Praxis liegt der Marktanteil bei Neuzulassung für alternative Antriebe gerade einmal bei 2 %. Je nach Jahreszahl liegt der Anteil des E-Antriebs dabei bei 0,42 %. Wir liegen also trotz der Vervielfältigung noch weit zurück.

Zum Vergleich: In den Niederlanden liegt der Anteil bei 10 %, in Oslo sogar bei 40 %. Es sieht ganz so aus, als würden wir den Anschluss an eine neue Entwicklung verpassen. Wir müssen doch sagen: Wir müssen einsteigen in ein lernendes System. Weltweit haben uns schon viele Regionen vorgemacht, welche Fehler wir nicht wiederholen dürfen. Warum fällt uns der Fortschritt hier so schwer? Warum fällt es uns so schwer, hier voranzugehen? Ich nenne vier Gründe, die im Wesentlichen nicht technisch bedingt sind.

Die Hersteller werben nach wie vor mit den alten Geigen. Diese sind zwar, wie Andreas Hein es

dargestellt hat, hochtechnisiert, aber anscheinend verdient man mit diesen noch am meisten Geld. Wenn wir in die Autohäuser gucken, dann stellen wir fest, wie es um die Elektromobilität und die Brennstoffzellentechnik steht. Fragen Sie dort mal nach einer Probefahrt. In den Autozeitschriften finden wir 100 Modelle im SUV-Bereich, als würde es Dieselgate, Luftbelastung und den Klimawandel sowie drohende Fahrverbote in den Städten, auch in Kiel ist dies nun in der Diskussion, sowie geschätzte 7.000 Tote jährlich in Deutschland durch die Abgase des Straßenverkehrs nicht geben. Der vierte Punkt ist im Grunde das „Henne-Ei-Prinzip“, nämlich die begrenzte Ladeinfrastruktur bei uns im Land. Dazu zählt auch der fehlende Überblick über die Standorte der Ladesäulen und die Antwort auf die Frage, wie man an diese rankommt und welche Anschlüsse sie haben. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf.

Wir müssen aber auch feststellen: Wir haben in Schleswig-Holstein, im Energiewendeland, zum Glück eine ganze Reihe an pfiffigen Energie- und Mobilitätspionieren. Wir haben Gemeinden, Vereine, Institute und Unternehmen, die die Vorteile von wind- und wasserstoffbetriebener Mobilität längst erkannt haben. Wir haben vier landeseigene Hochschulen, die mit an den Antrieben basteln. Wir haben Carsharing-Anbieter wie StattAuto, die intensiv in den Markt eingestiegen sind. Wir haben verschiedenste lokale Initiativen, die Ladesäulen anbieten. Dies sind nur einige wenige Punkte.

Man fragt sich natürlich: Sind die Grünen jetzt blind technologiegläubig geworden? - Keineswegs. Zur Mobilität der Zukunft gehört an erster Stelle eine intelligente Vernetzung aller Verkehrsträger. Wir haben auf der Grünen Woche kleine Kommunen wie Klixbüll gesehen, die neu einsteigen und innovativ sind. Dort gibt es Carsharing-Angebote im E-Bereich, Dörpsmobil genannt, um die individuelle Mobilität im ländlichen Raum sicherzustellen.

Wir glauben vielleicht noch nicht, dass der Verbrenner in wenigen Jahren auch bei schweren Transporten verschwunden sein wird. Das wird vielleicht schwer werden, aber wir sind so ambitioniert zu glauben, dass wir mit politischem Willen zügig einen deutlich höheren Anteil an CO2-neutralen Antrieben bekommen können und dass wir diese in der Praxis umsetzen können.

Daher ist wesentlicher Kern des Antrags, dass die E-Strategie fortgeschrieben wird. Mit der alten Strategie ist unter anderem das E-Highway-Projekt auf die Beine gestellt worden. Andreas Hein und

(Bernd Voß)

auch Thomas Hölck haben verschiedene Punkte genannt, was mit diesen Mitteln, die zur Verfügung stehen, jetzt alles gemacht werden kann. Man muss letztlich bei uns im Land sagen: So werden die Akteure der Energiewende gleichzeitig zu Akteuren der Mobilitätswende. Das ist gut für die Menschen und gut für die Wirtschaft.

Herr Abgeordneter, achten Sie bitte auf die Zeit; die ist nämlich eigentlich abgelaufen.

Vielen Dank. - Zukunft heißt: Fahren mit Strom vom Deich statt mit Öl vom Scheich. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und Claus Schaffer [AfD])

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Im letzten halben Jahr hat die Jamaika-Koalition bereits mehrfach gezeigt, dass wir ökonomische Aspekte und ökologische Verantwortung zukunftsgerichtet miteinander verbinden; denn wir möchten darauf setzen, dass regulatorische Hemmnisse abgebaut werden, dass der Wohlstand durch Umweltschutz und erneuerbare Energien gesichert wird und dass Innovationen technologieoffen unterstützt werden. Das haben wir zum Beispiel schon im Dezember beim Thema Sektorenkopplung oder Power to X gezeigt. Das zeigt sich heute beim Thema Elektromobilität, und dies wird sich auch in den kommenden Jahren natürlich wiederkehrend zeigen.

Meine Damen und Herren, ein Pkw stößt heute, kilometerbezogen, 13 % weniger Emissionen aus als vor 20 Jahren. Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Auch die Gesamtemissionen sind trotz stark gestiegenen Verkehrsaufkommens, das wir definitiv haben, zurückgegangen. Die technisch herbeigeführten Entwicklungen sind natürlich zu begrüßen. Aber vor allem im Interesse der Gesundheit der Menschen, insbesondere in Ballungsräumen und in den Städten, muss selbstverständlich versucht werden, die Emissionen noch weiter zu senken.

Eine effektive Reduzierung von Emissionen lässt sich aber nicht durch Verbote oder willkürlich festgelegte Quoten erreichen. Sie lässt sich auch nicht durch politisch motivierte Festlegungen auf die eine, vermutlich optimale Antriebsart erreichen. Stattdessen ist ein differenzierter Ansatz notwendig. Fortschritte lassen sich dann erzielen, wenn wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen verschiedene Mobilitätskonzepte technologie- und ergebnisoffen entwickelt werden können. Diesen Ansatz verfolgen wir auch bei der Elektromobilität.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Denn Ziele politisch festlegen - das ist ja unsere Aufgabe -, das können Politiker wie wir machen. Aber der Weg dahin, die technisch beste Umsetzung, das Entwickeln neuer, besserer Technologien, das ist Sache der Ingenieure, und dafür müssen wir den Rahmen setzen.

Wird im Alltag von Elektromobilität gesprochen, dann wird zumeist an rein batteriebetriebene Fahrzeuge gedacht, die an der Steckdose aufgeladen werden. Das ist allerdings zu kurz gegriffen und lässt andere Antriebsformen außer Acht, zumal die Batterien von Elektrofahrzeugen bisher nur scheinbar emissionsneutral sind. Für die Batterieproduktion werden nicht nur Unmengen an Energie benötigt, sondern auch seltene Metalle, wie zum Beispiel Kobalt. Wo kommt Kobalt vor? Das kommt zum Beispiel im Kongo vor, wo es unter menschenunwürdigen Verhältnissen und häufig durch Kinderarbeit abgebaut wird. Das können wir eigentlich auch nicht wollen. Am Ende ihrer Lebensdauer sind Batterien dann Sondermüll. Sauber ist die Herstellung damit also ganz und gar nicht, weder auf die eine noch auf die andere Art und Weise.

Vielleicht können wir in den kommenden Jahren massive Fortschritte beim Batteriebau erzielen, durch die die Batterien wesentlich effektiver, umwelt- und menschenfreundlicher werden, vielleicht aber auch nicht. In einer aktuellen anonymen KPMG-Umfrage unter Managern der Automobilindustrie gaben zumindest 72 % der Befragten an, dass rein batteriebetriebene Autos wahrscheinlich nicht der Bringer der Zukunft sein werden. Dies ist einer der Gründe, weshalb der Fokus auf die Technologieoffenheit so wichtig ist und man sich nicht ausschließlich auf die vermeintlich beste Variante konzentriert und nicht politisch beschlossen wird, was die technisch beste Lösung ist, ohne potenzielle Alternativen in den Blick zu nehmen.

Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis sind zum Beispiel eine solche Alternative. Im Vergleich zum

(Bernd Voß)

batteriebetriebenen Fahrzeug lässt sich der Kraftstoff hier einfacher transportieren. Es lässt sich mehr Energiemenge speichern. Der Pferdefuß dabei ist, dass es noch sehr teuer ist. Vielleicht aber setzt sich diese Variante langfristig durch. In der bereits erwähnten KPMG-Umfrage sehen zumindest 75 % der Befragten in Brennstoffzellen die Lösung, die sich langfristig durchsetzen wird. Das sind Techniker und Manager der Autoindustrie, nicht Politiker.

Es ist aber auch möglich, dass sich eine ganz andere Antriebsform als die effizienteste und umweltverträglichste Lösung darstellt, zum Beispiel Festkörperbatterien, sogenannte Solid States, an denen ja auch geforscht wird.

Welche Technologien sich letztendlich durchsetzen, lässt sich heute nicht sagen. Aber ich betone es gern noch einmal: Es ist nicht Aufgabe der Politik, sich auf eine bestimmte Technologie festzulegen. Stattdessen müssen wir den angemessenen Rahmen schaffen, in dem verschiedene Ansätze technologieoffen im Wettbewerb stehen, in dem Ingenieure ihre Arbeit tun können und die besten Lösungen für Mensch und Umwelt finden.

Meine Damen und Herren, in unserem vorliegenden Antrag zum technologieoffenen Umgang mit Elektromobilität beweist die Jamaika-Koalition einmal mehr zukunftsgerichteten Weitblick;

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Christopher Vogt [FDP])

denn wir werden die entsprechende Landesstrategie durchdacht und vielfältig fortschreiben und Schleswig-Holstein so zu einer Modellregion für Elektromobilität machen. Der technologieoffene Ansatz fördert dabei den Wettbewerb um Innovationen, optimierte Verfahren und kluge Köpfe, und davon können wir in Schleswig-Holstein natürlich nur profitieren.

Wir bleiben dabei selbstverständlich nicht ausschließlich beim Straßenverkehr, der hier angesprochen worden ist, sondern es müssen Schiene und Schifffahrt mitgedacht werden, und das denken wir natürlich auch mit. Die FDP wird mit ihren Jamaika-Partnern diese innovativen Ziele voranbringen, um Schleswig-Holstein zu einer Vorbildregion zu machen.

Jetzt haben wir noch zwei andere Anträge.

Herr Abgeordneter, Ihre Zeit ist bereits abgelaufen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Redezeit!)

Es wäre gut, wenn Sie jetzt zum Ende kommen.

Zum Glück ist nur meine Redezeit abgelaufen. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Der Änderungsantrag des SSW geht in dieselbe Richtung. Den werden wir natürlich gern mit aufgreifen, weil er auch auf unsere Wasserstoffinitiative eingeht. Das möchten wir gern zusammenführen. Auch im Antrag der SPD befindet sich ein sehr sinnvoller Ansatz zur Normierung von Technik und Verfahren.

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Abgeordneter.

Deshalb beantrage ich die Überweisung in den Ausschuss.

(Beifall FDP, CDU und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Beim Thema Elektromobilität haben die regierungstragenden Fraktionen bereits im Koalitionsvertrag nicht mit Begriffen der Superlative gegeizt. Eine Modellregion Elektromobilität wurde ausgerufen, und auch der hier vorliegende Antrag knüpft daran an.

Wenn ab sofort bei Ausschreibungen für neu zu beschaffende Fahrzeuge ein Anteil von mindestens 20 % an Elektro- beziehungsweise Wasserstofffahrzeugen gefordert wird, wäre es interessant zu erfahren, wie praxistauglich diese Fahrzeuge wirklich sind. Die ersten Rückmeldungen, die mir aus anderen Bundesländern vorliegen, sind eher ernüchternd. Die im Antrag genannte Forderung von CO2neutralen Mobilitätsformen, einer flächendeckenden Infrastruktur für Elektromobilität und eines weiteren Ausbaus von Ladesäulen stellt eine politische Forderung dar, die aber nicht von den wirtschaftlichen und technischen Realitäten losgelöst werden kann. Zum Teil wurde es von den Vorrednern schon betont.

(Kay Richert)