Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Frau Abgeordnete Ünsal, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Harms?

Selbstverständlich. Bitte sehr!

Ich wollte nur darauf hinweisen: Zum derzeitigen Zeitpunkt - noch haben wir es nicht beschlossen - haben wir an zwei Grenzen unterschiedliche Feiertage, nämlich einmal zu Mecklenburg-Vorpommern, wo dieser Reformationstag schon begangen wird, und auf der anderen Seite zur deutsch-dänischen Grenze, wo auch auf beiden Seiten der Grenze gearbeitet, gelebt und zur Schule gegangen wird.

(Beifall Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thier- ing [SSW])

Auch dort gibt es Unterschiede. Das war bisher nie ein Problem und wurde auch hier in diesem Parlament nie als ein Problem angesehen.

- Dann sollten wir das an dieser Stelle einmal nachholen. An dieser Stelle finde ich es wichtig, noch einmal deutlich aufzuführen, das hätte man dort natürlich auch machen können, durchaus. Das kann ich gut nachvollziehen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, können wir uns darauf verständigen, dass die Abgeordnete Ünsal jetzt hier vorn spricht?

Deshalb läuft es mehrheitlich vermutlich auf diesen Reformationstag hinaus. Und dieser wurde bereits 1990 aufgrund des Einigungsvertrages in den neuen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch Landesrecht eingeführt. Unabhängig von religiösen oder konfessionellen Überzeugungen war die Reformation faktisch auch prägend für die weitere geschichtliche Entwicklung der norddeutschen Länder.

Inzwischen herrscht auch unter den Feiertagskritikern - wie beispielsweise der FDP in diesem Saal - Einigkeit, einen weiteren arbeitsfreien Tag einzuführen. Darüber freuen wir uns, denn auch die Koalitionäre, das haben wir vorhin durch die Ausführungen von Herrn Koch gehört, mussten doch durchaus noch einmal untereinander streiten, bis es dann überhaupt zu einer Einigung kam und damit auch unserem SPD-Vorstoß - auch wenn Herr Koch das an dieser Stelle so vehement ablehnt - gefolgt werden konnte.

(Beifall SPD)

Wir kommen damit gemeinsam dem Wunsch vieler Menschen in Schleswig-Holstein nach einem zusätzlichen Feiertag im Verbund nach. Nach intensiver Befassung in den letzten Monaten weiß ich um die hohe Emotionalität dieses Themas und danke der interessierten Öffentlichkeit und vielen Institutionen, die mich und viele aus diesem Landtag kontaktiert haben, für ihre vielfältigen Rückmeldungen. Seien Sie gewiss: Sie haben alle Gehör gefunden. Es gab eine Vielzahl an konstruktiven Vorschlägen für mögliche Feiertage. Die waren zum Teil weltlich, auch religiös, sowie unterschiedliche Vorbehalte, unter ihnen eine Vielzahl guter Vorschläge, die in der bisherigen Debatte aber ohne Mehrheiten und leider nicht im Nordverbund durchsetzbar waren. Ich habe Ihren Ausführungen auch nichts anderes entnommen, Herr Koch.

Beim Reformationstag wurde beispielsweise auch die Gefahr gesehen, dass es die Gesellschaft eher spalten könnte, weil er als Affront gegen Andersund Nichtgläubige gesehen werden könnte. Der Reformationstag als gesetzlicher Feiertag sollte deshalb auch über seine religiöse Bedeutung hinaus die Gelegenheit dazu schaffen, die mit der Reformation ebenfalls verbundenen kritischen Aspekte - die gibt es nämlich auch - in den gesellschaftlichen Diskurs zu stellen und das interreligiöse Leben in Deutschland zu reflektieren und darüber nicht bestimmte religiöse Gruppen zu adressieren geschweige denn populistisch über sie entsprechend eine Debatte zu führen.

(Beifall SPD und Eka von Kalben [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ohne das Lutherjahr wären vermutlich auch nicht die antisemitischen Äußerungen des späten Martin Luther aus den Kammern der Gelehrten heraus in die breite Öffentlichkeit getragen und diskutiert worden.

Am Schluss bleibt meine Forderung nach einem weiteren Feiertag für das schönste Bundesland der

(Özlem Ünsal)

Welt. Aber wir wollen nicht die Wer-hat’s-erfunden-Diskussion übertreiben.

(Zurufe)

- Nein, Herr Koch, das wollen wir nicht. Gestehen Sie sich das ein, dass die feiertagspolitische Sprecherin das durchgetragen hat.

(Heiterkeit - Beifall Kay Richert [FDP])

Deshalb sage ich als feiertagspolitische Sprecherin gemeinsam mit meinen feiertagspolitischen Sprecherkollegen des Landtages auch: Am Ende muss für Schleswig-Holstein ein zusätzlicher Feiertag dabei herauskommen.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der ist verdient, längst überfällig und nur gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich die Emotionalität hier höre, treffen wir wohl doch den richtigen Nerv.

Wir werden aus diesem Grunde - hören Sie gut zu dem Änderungsantrag zustimmen und unseren vorliegenden Entwurf selbstverständlich gern zurückziehen

(Zuruf: Sehr gut!)

und damit eben den Feiertag für Schleswig-Holstein zügig ermöglichen, Herr Koch. Darüber freuen Sie sich doch, oder?

(Beifall SPD, SSW, vereinzelt FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wusste nicht, dass es feiertagspolitische Sprecherinnen und Sprecher gibt. Ich beantrage sofort eine auswärtige Sitzung, damit wir uns die Feiertagskultur in anderen Ländern angucken können und dazu eine Ausschussreise machen. Ich erkläre mich für meine Fraktion zuständig.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf: Helgoland! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren, ich werde mich auch nicht an dem Wettkampf beteiligen, wer zuerst für den Reformationstag war. Liebe Vertreterinnen und

Vertreter der evangelischen Kirche: Wir Grünen waren es nicht.

Insofern handelt es sich auch um eine Beendigung dieser Neiddebatte. Ich finde nicht, dass man Feiertage einführen sollte, weil die einen mehr oder andere Feiertage haben. So wie wir die süddeutschen Länder kennen, werden sie vielleicht auf die Idee kommen, den Reformationstag ebenfalls einzuführen, um für ihre protestantische Minderheit einen Vorteil zu haben. Dann hängen wir immer weiter hinterher.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Das ist nicht das, was die Menschen bei uns im Land glücklich macht. Ich glaube, sie waren auch ohne diesen zusätzlichen Feiertag schon die glücklichsten Menschen.

(Zuruf: Die wollen den ganzen Tag Karneval feiern!)

Nichtsdestotrotz hören Sie raus: Der Mehrheit meiner Fraktion fällt die Zustimmung zu dem heutigen Gesetzentwurf nicht leicht; aber beginnen wir mit dem, was uns leicht fällt: Wir beschließen heute einen neuen Feiertag in Schleswig-Holstein, und das ist ein guter Tag für alle - auch für uns.

(Thomas Hölck [SPD]: Chillen oder wie?)

Das Wetter kann übrigens mal so oder so sein Frau Raudies hat das ja eben gesagt -: Wir wissen überhaupt nicht, ob es im Oktober schöner als im Juni wäre. Ein zusätzlicher Feiertag bedeutet eine Pause im Alltag und eine Möglichkeit zur Zusammenkunft für Freundinnen und Freunde und für Familien, Zeit und Raum für Begegnung und Erholung.

Meine Damen und Herren, wir haben zum Beispiel gestern über die Digitalisierung in der Landwirtschaft und natürlich über die vielen Vorteile gesprochen, die das bringt, weil alles sehr viel schneller und sehr viel unkomplizierter geht. Es ist aber gut, wenn wir in dieser Gesellschaft auch Zeiträume finden, in denen man mal wieder Zeit hat und in denen, liebe FDP, ein Geschäft an solchen Tagen vielleicht auch geschlossen ist.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD - Zurufe)

Dabei muss ich sagen, dass so ein Tag im Übrigen auch durchaus zum Tanzen und Feiern genutzt werden darf, auch wenn es ein Gedenktag ist.

(Özlem Ünsal)

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Tobias von Pein [SPD] - Zuruf Christopher Vogt [FDP])

Ich möchte nur eine Sache sagen: Es war im Vorfeld der Diskussion einiges über Tricksereien und „Wer hat was?“ zu hören. Wir haben nach langer Überlegung, welchem Tag wir unsere Zustimmung geben wollen, einen Änderungsantrag zum SSWAntrag eingebracht. Wir finden das gerechtfertigt, weil der SSW hier zumindest parlamentarisch diese Debatte angestoßen hat. Vielen Dank dafür; es hat ja dann auch zu einer Diskussion geführt. Dass wir den fast wortgleichen Antrag der AfD ablehnen, hat auch etwas mit seiner Begründung zu tun.

Jetzt komme ich dazu, warum wir uns diesen Feiertag als einen Feiertag für alle wünschen: Es sollte mitnichten ein allein protestantischer Feiertag werden. So habe ich auch den Brief vom Herrn Bischof verstanden. Es soll ein Tag für das Wir in unserer Gesellschaft werden. Die Reformation war letztlich auch der Beginn der Spaltung der Kirche. Das muss man einfach auch mal so sehen. Deswegen war es auch sehr schön, dass unser katholischer Ministerpräsident dann trotzdem gesagt hat: „Im Zuge des norddeutschen Verbunds schaffen wir einen norddeutschen Feiertag“, und sich auch auf einen protestantischen Tag einlassen konnte.

Lieber Lars Harms, das haben wir im norddeutschen Verbund getan. Es gibt natürlich auch im dänischen Grenzland Menschen, die hin- und herpendeln; aber ihr werdet zugeben: Angesichts der Menge der betroffenen Menschen im Hamburger Umfeld ist es vielleicht doch noch etwas anderes. Hier gehen viele Mütter und Väter zur Arbeit und ihre Kinder haben dann schulfrei. Wenn wir einen Tag als Tag für Familien leben wollen, dann macht es natürlich Sinn, dass man gemeinsam einen Tag lang frei hat.

(Martin Habersaat [SPD]: Habt Ihr die Grüne Jugend mit dabei?)

Wir würden natürlich einen weltlichen Feiertag bevorzugen; auch unsere Grüne Jugend würde das bevorzugen, lieber Herr Habersaat. Deswegen haben wir uns für den 8. März ausgesprochen, den Weltfrauentag; auch das wäre ein starkes Signal aus einer Jamaika-Koalition gewesen. Dafür haben wir keine Mehrheit, und dafür wird es vermutlich auch in den anderen norddeutschen Bundesländern keine Mehrheit geben.

Der Reformationstag eignet sich ganz besonders dazu, auch Kritik an Religion und Kirche zu üben. Das ist es, womit Luther begonnen hat. Er hat sich